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Ziel der Arbeit war es, ein Programm zu entwickeln, das automatisch gemessene NMR-chemische Verschiebungen eines Proteins den Atomgruppen zuordnet, wobei davon aus-gegangen wird, dass die 3D-Struktur des Proteins bereits gelöst wurde. Dies könnte zum Beispiel dafür verwendet werden um Wechselwirkungen mit anderen Proteinen oder Li-ganden zu untersuchen. Eine weit verbreitete Methode ist der Ansatz derchemical shift perturbation, ein Verfahren, bei dem ein HSQC-Spektrum, meist ein NH-HSQC Spek-trum, eines Proteins gemessen wird und dann nach und nach ein zweites Protein oder ein Ligand zugegeben wird. Im Spektrum können dann Signale beobachtet werden, die sich durch die sich ändernden chemischen Verschiebungen im HSQC-Spektrum auszeichnen.

Von besonderem Interesse sind weiterhin Untersuchungen zur Dynamik von Proteinen, da die aus Kristallen gewonnenen 3D-Strukturen starre Gebilde sind und keine Informa-tion über die Dynamik eines Proteins liefern können. Um das Ziel, die Zuordnung der chemischen Verschiebungen, zu erreichen, wurden in dieser Arbeit zwei unterschiedliche Verfahren entwickelt.

Der in Kapitel 3 beschriebene Weg basiert auf existierenden Programmen, welche die chemischen Verschiebungen des Proteins zu berechnen. Am schnellsten lassen sich chemische Verschiebungen mit empirischen Programmen vorhersagen, welche auf der statistischen Analyse von Datenbanken basieren. Zum einen gibt es strukturbasierte Verfahren. Hierbei wird das gegebene Strukturelement, das heißt die das vorauszusagen-de Atom umgebenvorauszusagen-den Atome und die von vorauszusagen-dem Atom ausgehenvorauszusagen-den Bindungen, mit vorauszusagen-denen der in der Datenbank gespeicherten Strukturelementen verglichen. Zum anderen gibt es sequenzbasierte Verfahren, welche ausnutzen, dass Proteine aus nur wenigen Aminosäu-ren bestehen, die als Bausteine begriffen werden können. Dabei wird die Sequenz, also die Abfolge der Aminosären, mit Datenbankeinträgen verglichen und so eine chemische Verschiebung ermittelt. Bei der Berechnung mit SHIFTX2 [49], einem aktuellen empiri-schen Programm, welches struktur- und sequenzbasierte Ansätze verknüpft, wurden da-bei mittlere Fehler im Bereich von1,0 ppmfür Kohlenstoffe und0,2 ppmfür Wasserstoffe erhalten. Auch bei der Berechnung der chemischen Verschiebungen mit ADMA [54–57], einem fragmentbasierten quantenmechanischen Programm, wurden ähnliche Fehler er-halten. Wurde nun versucht durch den Vergleich der berechneten mit den gemessenen chemischen Verschiebungen eine Zuordnung zu erreichen, ergab sich allerdings das Pro-blem, dass ähnliche Gruppen im Protein, wie zum Beispiel Methylgruppen, sehr ähnliche chemische Verschiebungen besitzen. Da deren Unterschiede meist viel kleiner waren als die mittleren Fehler in der Berechnung, mussten weitere Informationen hinzugenommen werden.

Ein erster Schritt hierzu bestand in der Hinzunahme von HSQC-Spektren. In einem HSQC-Spektrum werden die chemischen Verschiebungen von Wasserstoffen (x-Achse)

und Kohlenstoffen (y-Achse) miteinander verknüpft. Aus der 3D-Struktur ist bekannt, welcher Kohlenstoff welchem Wasserstoff benachbart ist, so dass auch die berechne-ten chemischen Verschiebungen zu zweidimensionalen Signalen zusammengefasst werden konnten. Die Aufgabenstellung reduzierte sich somit auf die Zuordnung der berechne-ten HSQC-Signale zu den gemessenen HSQC-Signalen. Diese zusätzliche Information alleine reichte aber nur in Einzelfällen für eine Zuordnung mit großer Sicherheit aus.

Oftmals waren sich die HSQC-Signale noch sehr ähnlich. So sind insbesondere die Si-gnale ähnlicher Gruppen, wie wiederum diejenigen der Methylgruppen, sich in beiden Dimensionen immer noch zu ähnlich und die mittleren Fehler der Berechnung zu groß für eine eindeutige Zuordnung.

Um noch mehr Informationen zu erhalten, wurden noch TOCSY-Spektren hinzu ge-nommen. Diese verknüpfen die chemischen Verschiebungen aller beteiligten Wasser-stoffe und KohlenWasser-stoffe eines ganzen Spinsystems. In einem dreidimensionalen HCH-TOCSY, werden von einem HSQC-Signal ausgehend, die chemischen Verschiebungen aller Wasserstoffe des Spinssystems erhalten. Alternativ werden bei einem dreidimensio-nalen HCC-TOCSY, ausgehend von einem HSQC-Signal, die chemischen Verschiebun-gen aller Kohlenstoffe des Spinssystems erhalten. Bei Proteinen werden die Spinsysteme durch die Peptidbindung begrenzt, so dass ein Spinsystem gerade einer Aminosäure entspricht. Aus den TOCSY-Spektren kann somit die Information gewonnen werden, welche HSQC-Signale zu einer Aminosäurenseitenkette gehören. Diese so gewonnene In-formation lässt sich veranschaulichen, indem die als zusammengehörig identifizierten Signale im HSQC-Spektrum miteinander verbunden werden. Jeder Aminosäurentyp be-sitzt dabei eine charakteristische Seitenkette. Je nach Art der Seitenkette unterscheidet sich dann auch das mittels der TOCSY-Spektren erhaltene Muster im HSQC-Spektrum.

Betrachtet man die erhaltenen Muster, kann aus der Form der Muster auf die Aminosäu-re geschlossen werden. Diese Graphen sind so charakteristisch, dass durch deAminosäu-ren Form auch die Atome innerhalb der Seitenkette direkt zuzuordnen sind. Beispielsweise besitzen die CαHα-Gruppen innerhalb einer Seitenkette die größten chemischen Verschiebungen und erscheinen unten links im HSQC-Spektrum. Der Punkt unten links innerhalb ei-nes TOCSY-Graphen gehört folglich zur CαHα-Gruppe. Nun musste jedem erhaltenen Graphen nur noch die zugehörige Aminosäure zugeordnet werden. Ist also zum Beispiel für einen Graphen, auf Grund dessen Form, bekannt, dass dieser zu einem Valin gehört, muss diesem noch das richtige Valin in der 3D-Struktur zugeordnet werden.

Aus der Proteinstruktur und den berechneten chemischen Verschiebungen ließen sich Graphen erzeugen. Jedem experimentellen Graphen sollte nun ein berechneter Graph zugeordnet werden. Um diese Zuordnung zu erreichen, eigneten sich drei Zuordnungsva-rianten: Das direkte, das Graph- und das Offset-korrigierte Matching. Der Unterschied zwischen Offset-korrigiertem und direktem Matching war, dass vorher der Schwerpunkt des berechneten Graphen auf den Schwerpunkt des experimentellen Graphen gelegt wur-de (siehe Kapitel 3).

Der entwickelte Algorithmus wurden an zwei Proteinen, dem YuaF und dem Ubiqui-tin, getestet. Für die Tests wurde aus den Proteinstrukturen und den veröffentlichten chemischen Verschiebungen jeweils ein künstliches TOCSY-Spektrum erzeugt. Die ent-wicklten Matching-Algorithmen wurden für die Graphen mit den drei Aminosäuren

Leu-Tabelle 7.1.: Übersicht über die Anzahl korrekter Zuordnungen an beiden Testsystemen Ubiquitin (oben) und YuaF (unten)

Ubiquitin

Isoleucine Leucine Valine direktes Matching 4 von 7 4 von 9 4 von 4

Graphmatching 4 von 7 4 von 9 4 von 4 offset-korrigiertes Matching 7 von 7 5 von 9 4 von 4

YuaF

Isoleucine Leucine Valine direktes Matching 3 von 7 4 von 6 6 von 11

Graphmatching 4 von 7 4 von 6 6 von 11 offset-korrigiertes Matching 3 von 7 4 von 6 6 von 11

cin, Isoleucin und Valin getestet. Bei den verwendeten Strukturen handelte es sich um NMR-Strukturen, die als Ensemble aus 32 Strukturen beim Ubiquitin und 20 Struktu-ren beim YuaF bestanden. Die in Tabelle 7.1 zusammengefassten Ergebnisse sind hierbei die Summe über die Zuordnungen der einzelnen Ensemblemitglieder. Die am häufigsten vorkommende Zuordnung über alle Ensemblemitglieder wurde als Zuordnung aufgefasst.

Leider zeigte sich aber, dass diese finale Zuordnung nicht für alle Signale die richtige Aminosäure identifiziert. Deswegen wurde bei einem Ensemblemitglied auch die weite-ren Zuordnungen und deweite-ren Bewertungen betrachtet. Hierbei konnte gezeigt werden, dass die korrekte Zuordnung nicht um mehr als 10 bis 15 Prozent schlechter bewertet wird, als die am besten bewertete Zuordnung. Ohne Kenntniss der korrekten Zuordnung kann somit mit großer Sicherheit die Aussage getroffen werden, dass diejenigen einzelnen Zuordnungen, die in allen Zuordnungen vorkommen, die nicht um mehr als 15 Prozent schlechter bewertet wurden, korrekt sind.

Die erzielten Ergebnisse ließen sich durch die Hinzunahme weiterer Spektren noch weiter verbessern. Zum einen könnten durch die Hinzunahme von NOESY-Spektren räumliche Abstände einzelner Signale erhalten werden, so dass es möglich sein sollte die Zuordnungen, welche mit Hilfe der TOCSY-Spektren erhalten wurden, nochmals zu überprüfen. Zum anderen könnten durch die Aufnahme sequentieller Spektren Informa-tionen darüber gewonnen werden, welche Aminosäuren benachbart sind, um damit die Graphen, welche aus den TOCSY-Spektren erhalten wurden, zuzuordnen. Allerdings wäre die Aufnahme weiterer Spektren auch mit einem erheblichen Maß an zusätzlicher Messzeit verbunden.

Durch den nur partiellen Erfolg des ersten Ansatzes motiviert, wurde im folgenden Ka-pitel 4 getestet, ob vierdimensionale NOESY-Spektren die notwendigen Informationen enthalten, um die Signale eines HSQC-Spektrums den Amidgruppen einer gegebenen 3D-Struktur zuzuordnen. Ausgangspunkt für die folgende Optimierung war eine

voll-ständig mehrdeutige Zuordnung der Signale, so dass jedem Signal zunächst einmal jede Amidgruppe zugeordnet wurde. Mit den aus dem NOESY-Spektrum abgeleiteten Res-traints konnte diese mehrdeutige Zuordnung schrittweise reduziert werden. Am Ende wurde dann eine für die meisten Signale eindeutige Zuordnung erhalten. Neben den Restraints wurde dabei einzig die 3D-Struktur verwendet.

Wie in jedem anderen Spektrum, kann es auch in 4D-NOESY-Spektren dazu kommen, dass sich zwei Signale so nahe kommen, dass sie nicht mehr aufzulösen sind. Signale, mit

∆δ1H = 0,01 ppm und mit ∆δ15N = 0,1 ppm wurden als Doppelsignale aufgefasst, das heißt diese Signale wurden zwei Aminosäuren zugeordnet. Ein weiteres Problem war, dass aus den 4D-Spektren durch die Integration der Signale zwar die Signalvolumina erhalten wurden, diese aber noch in Restraints, also Abstände, umgerechnet werden mussten. Es ist bekannt, dass Abstände und Peakvolumen sich ineinander umrechnen lassen, und die Umrechnungskonstante hierbei für ein Spektrum konstant ist. Die Um-rechnungskonstante variiert aber von Spektrum zu Spektrum und muss somit für ein gegebenes Spektrum erst bestimmt werden. Um dieses Problem zu lösen, wurden für die Umrechnungskonstante verschiedene Werte getestet. Hierfür wurde zunächst ein sehr kleiner Wert gewählt, um sicherzustellen, dass kein zu großer Startwert gewählt wird.

Solange der gewählte Wert zu klein ist, bricht die Optimierung ab, da jede Zuordnung zu mindestens einem verletzten Restraint führt. Dieser Abbruch sollte relativ schnell auftreten. Selbst wenn somit sehr viele Rechenschritte nötig sind, bis der richtige Wert gefunden wurde, ist der zeitliche Mehraufwand überschaubar (siehe hierzu Kapitel 4).

Wie bereits erwähnt, war die Idee, die bei der Entwicklung dieses Algorithmus verfolgt wurde, dass von einer vollständig mehrdeutigen Zuordnung ausgegangen wird und von dieser dann Schritt für Schritt einzelne Zuordnungsmöglichkeiten entfernt werden. Im ersten Schritt wurde eine erste Zuordnung für alle nicht Doppelsignale erreicht. Hierfür wurde für jedes Signal gezählt, wie viele Restraints es besitzt und wie lange die Res-traints sind. Es wurden diejenigen Amidgruppen als mögliche Zuordnungen behalten, die in der 3D-Struktur mindesten so viele Nachbarn besitzen, wie Restraints gezählt wurden. Gab es nicht genügend Nachbarn in der Nähe, wurden die Zuordnungen ver-worfen. In einem zweiten Schritt wurden dann die Doppelsignale hinzugenommen. Diese wurden allen verbleibenden noch nicht eindeutig zugeordneten Aminosäuren zugeordnet.

Diese erste Zuordnung wurde dann im Optimierungsschritt im Sinne einer Dead-End -Elimnierung weiter vereinfacht. Für eine genaue Beschreibung der einzelnen Schritte und der Optimierung sei auf den Theorieteil in Kapitel 4 verwiesen.

Um die erhaltenen Zuordnungen bewerten zu können, wurde der Prozentsatz eindeutig zugeordneter Amidgruppen, kurz UASR (engl.unambigous assignment rate) verwendet.

Zunächst konnte gezeigt werden, dass der Ansatz robust ist, indem einige Testrechnun-gen an einem künstlich erzeugten vollständiTestrechnun-gen 4D-Spektrum des Ubiquitins mit einiTestrechnun-gen Unsicherheiten in der Länge der Restraints durchgeführt wurden. Hierbei wurden auch mit um bis zu 1 Å zu langen Restraints noch eine nahezu eindeutige Zuordnung mit einer UASR von 95 % erhalten. Auch eine Verlängerung der Restraints auf bis zu 2 Å führte nur in einzelnen Regionen des Proteins zu Mehrdeutigkeiten, wohingegen ein Großteil des Proteins noch eindeutig zugeordnet werden konnte (UASR von 87 %). Zudem gelang es, zu zeigen, dass auch fehlende Restraints nicht sofort zum Versagen des Ansatzes

füh-ren. Hierfür wurde wiederum das künstlich erzeugte Spektrum des Ubiquitin genommen und es wurden zufällig Restraints entfernt. Um die Ergebnisse besser bewerten zu kön-nen wurde jede Rechnung 100 Mal wiederholt, wobei jeweils andere Restraints entfernt wurden. Selbst wenn die Hälfte aller Restraints entfernt wurde, konnte im ungünstigsten Fall (niedrigste UASR) noch eine sehr hohe UASR von 80 % erreicht werden.

Der entwickelte Algorithmus wurde einem Praxistest an zwei realen Systemen unter-zogen. Zunächst wurde hierzu ein reales 4D-Spektrum von Ubiquitin verwendet. Die Signale im Spektrum wurden von Hand ausgewählt und integriert. Zunächst wurde ein Lauf gestartet, bei dem die Referenz, also die Umrechnungskonstante von Peakvolumina in Restraints, bestimmt wurde. Mit dieser wurde das Programm dann erneut gestar-tet und es konnte nach einer Rechenzeit von 38 Sekunden eine UASR von 82 % erzielt werden. Somit zeigte sich, dass das entwickelte Programm in der Lage ist, auch mit realen Daten gute Ergebnisse zu erzielen. Die nicht eindeutig zugeordneten Gruppen sind hierbei Paare von benachbarten Aminosäuren, die nur durch wenige Restraints be-schrieben werden. Hier kann nicht unterschieden werden, welches Signal zu welcher der beiden Aminosäuren gehört. Das zweite reale System war das Enzyme I. Dessen Struk-tur wurde unter anderem mittels Restraints aus 4D-NMR-Spektren bestimmt. Aus den dabei verwendeten Restraints und chemischen Verschiebungen, die mir für dieses Pro-jekt zur Verfügung standen, konnte ich ein experimentelles NMR-Spektrum erzeugen.

Bei der Optimierung konnte eine UASR von 74 % erhalten werden. Neben der UASR kann aber auch die Mehrdeutigkeit selbst beschrieben werden. Da 251 Amidsignale im HSQC-Spektrum zu sehen waren, ergaben sich vor Beginn der Optimierung insgesamt 251! = 8,1·10495 Zuordnungsmöglichkeiten. Nach Abschluss der Optimierung konnte die Zahl an Möglichkeiten auf nur noch 4,6·106 erlaubte Möglichkeiten reduziert werden.

Diese Zahl enthält hauptsächlich Paare von Signalen, die noch nicht eindeutig zugeordnet sind. Da alle diese Paare unabhängig voneinander vertauscht werden können, potenziert sich deren Zahl auf diese etwa 4,6 Millionen verbleibenden Möglichkeiten.

Die erhaltenen Ergebnisse der realen Spektren wurden ergänzenden durch weitere Kriterien bewertet. Hierbei wurden aus der teilweise mehrdeutigen Zuordnung alle mög-lichen eindeutigen Zuordnungen erzeugt und jede dieser eindeutigen Zuordnungen be-wertet. Als Bewertungskriterium diente dabei zum einen die Bewertung anhand der quadratischen Abweichung der Länge der Restraints von den Abständen der zugehöri-gen Amidgruppen in der 3D-Struktur. Bisher wurde nur untersucht, ob ein Restraint erfüllt ist oder nicht. Mit dieser Bewertung soll derjenige Fall, in dem mehrere Res-traints nur etwas zu lang sind, deutlich günstiger bewertet werden, als derjenige Fall, in dem einige Restraints deutlich zu lang sind. Um Ausreißer mit einer besonders schlech-ten Bewertung zu versehen, wurden quadratische Abweichungen verwendet. Das andere Bewertungskriterium war die Abweichung der gemessenen chemischen Verschiebungen in dieser Zuordnung von den berechneten. Wie oben beschrieben, reicht die Qualität berechneter chemische Verschiebungen alleine zwar nicht aus, um eine Zuordnung zu erreichen. Sollen aber nur wenige verbleibende Zuordnungsmöglichkeiten miteinander verglichen werden, können damit doch noch viele weitere Signale mit sehr großer Sicher-heit zugeordnet werden.

Mit beiden Bewertungskriterien konnten viele der übrigen Möglichkeiten nicht nur als unplausibel, sondern als praktisch ausgeschlossen verworfen werden, so dass letzlich fast alle Signale eindeutig zugeordnet werden konnten. Lediglich einzelne Paare von Signalen, die zu benachbarten Amidgruppen gehörten, konnten nicht eindeutig aufgelöst werden.

Um die Ergebnisse noch weiter zu verbessern, könnten weiterer Spektren hinzugezogen werden. Besonders durch die Hinzunahme von13C-NOESY-Spektren oder sequentiellen Spektren, wieHNCACB-Spektren, ist zu erwarten, dass sich die Zahl eindeutiger Zuord-nungen noch deutlich erhöhen ließe. Allerdings ist für die Aufnahme solcher mehrdimen-sionaler Spektren auch ein erhebliches Maß an zusätzlicher Messzeit und das vorherige Einbringen von13C-Labeln nötig.

In Kapitel 5 konnte gezeigt werden, dass sich der gerade beschriebene Ansatz auch auf die Zuordnung von Methylgruppen übertragen lässt. Als Testsysteme dienten die beiden Proteine Ubiqutin und YuaF, die auch schon als Testsysteme bei der Entwicklung des Algorithmus an den Amidgruppen zum Einsatz kamen.

In einer ersten Testreihe wurden die Metyhlgruppen der Aminosäuren Valin, Leu-cin, IsoleuLeu-cin, Alanin und Methionin betrachtet. Aus den beiden Proteinenstrukturen und den veröffentlichten chemischen Verschiebungen wurde nun jeweils ein 4D-Methyl-Methyl-NOESY-Spektrum erzeugt. Mit dem Spektrum des Ubiquitins konnte eine UASR von 95 % erreicht werden und mit dem Spektrum des YuaF eine UASR von 85 %. Im Fall des Ubiquitins konnten lediglich zwei Methylgruppen am C-Terminus nicht korrekt zugeordnet werden. Im Fall des YuaF waren es die acht isolierten Methylgruppen, die keine Restraints zu weiteren Methylgruppen, außer zu ihren direkten Nachbarn derselben Aminosäure zeigten. Wurden die Ergebnisse nochmals anhand der Abweichung berech-neter chemischer Verschiebungen bewertet, so wurde für beide Testsysteme die jeweils korrekte Zuordnung am besten bewertet.

In einer zweiten Testreihe wurden nur noch die Methylgruppen der Valine und der Leucine sowie die δ1-Methylgruppen der Isoleucine berücksichtigt. In beiden Fällen er-gab sich keine Änderung am Ergebnis. Es kamen keine Mehrdeutigkeiten hinzu, nur diejenigen Signale, die in der ersten Testreihe nicht eindeutig zugeordnet werden konn-ten, konnten auch dieses Mal nicht eindeutig zugeordnet werden. Da die Gesamtzahl an Methylgruppen aber kleiner war als in der ersten Testreihe, sank die UASR jeweils geringfügig. So konnte für Ubiqutin noch eine UASR von 94 % und für YuaF eine UASR von 83 % erreicht werden. Bei der Bewertung der einzelnen Zuordnungsmöglichkeiten an-hand der Abweichungen der chemischen Verschiebungen wurden wiederum die korrekten Ergebnisse am besten bewertet.

Leider konnte der entwickelte Algorithmus für Methylgruppen auf Grund des Mangels an experimentellen Daten noch nicht an einem realen Spektrum getestet werden. Das Einbringen gelabelter Methylgruppen ist deutlich aufwändiger als das Einbringen von Amidlabeln, so dass mir zum jetzigen Zeitpunkt noch kein vierdimensionales Spektrum zur Verfügung steht. Mit der Weiterentwicklung der Technik und der Etablierung vier-dimensionaler Spektren ist aber zu erwarten, dass bald mehr vierdimensionale Methyl-Methyl-NOESY-Spektren aufgenommen werden.

Im Kapitel 6 wurden Weiterentwicklungen präsentiert. Zunächst wurde erfolgreich ei-ne Routiei-ne eingebaut, die es erlaubt, falsche, das heißt zu kurze Restraints, zuverlässig

als solche zu identifizieren und zu entfernen. Ein bis zwei zu kurze Restraints konnten da-bei schnell als solche identifiziert werden. Die Rechenzeit des Programms blieb dada-bei in einem akzeptablen Bereich. Ebenfalls konnte erfolgreich derjenige Fall getestet werden, in dem in einem flexiblen Teil des Proteins sämtliche Restraints zu diesem verkürzt wur-den. Diese Region konnte automatisch entfernt und der Rest des Proteins unverändert zugeordnet werden. In einem zweiten Schritt wurde eine Routine eingebaut, welche es erlaubt, Doppelsignale, das heißt ein Signal von zwei Aminosäuren mit praktisch identi-schen chemiidenti-schen Verschiebungen, automatisch als solche zu identifizieren. Hierbei stieg zwar die Rechenzeit teils deutlich an, es konnten aber dieselben Ergebnisse wie bei der manuellen Identifikation der Doppelsignale erhalten werden.

Zukünftig könnte der Ansatz noch weiterentwickelt und an realen Systemen getestet werden. So sollte es möglich sein, das Spektrum automatisch auszuwerten, das heißt die Signale werden automatisch ausgewählt und integriert. Dies würde gegenüber der manu-ellen Auswahl der Signale dazu führen, dass einige Signale weniger ausgewählt werden und dass einige Artefakte ausgewählt werden. Es ist aber immernoch davon auszugehen, dass damit eine Zuordnung erreicht werden kann, da der entwickelte Ansatz auch mit we-niger Restraints noch zu einer für die meisten Signale eindeutigen Zuordnung kommt und auch einzelne Artefakte entfernen kann. Somit könnte eine vollautomatische Zuordnung erreicht werden. Zudem könnte mit realen vierdimensionalen Spektren großer Proteine demonstriert werden, dass der Ansatz auch mit großen Systemen zu einer eindeutigen Zuordnung der meisten Signale kommt.

Anhang

A. Berechnung chemischer Verschiebungen

A.1. Vergleich berechneter mit gemessenen chemischen Verschiebungen

Tabelle A.1.: Übersicht über die Fehler der chemischen Verschiebungen am YuaF für alle vorkommenden Kohlenstoffatome vorausgesagt mit SHIFTX2 gegen die gemessenen chemischen Verschiebungen.

Atom Häufigkeit Summe der Fehler mittlerer absoluter maximaler minimaler

offset Fehler Fehler Fehler

Cα 80 -0.70 1.30 -4.14 0.012

Cβ 71 0.30 0.93 -3.75 0.017

Cγ 23 0.14 0.52 2.34 -0.047

Cγ1 17 0.50 0.72 1.64 0.204

Cγ2 22 0.06 0.90 -2.83 0.014

Cδ 7 -0.03 0.53 1.56 -0.048

Cδ1 16 0.90 1.04 2.71 -0.265

Cδ2 12 -0.03 0.76 -2.10 -0.285

Cǫ 3 -0.28 0.29 -0.39 -0.157

Cǫ1 6 1.44 1.44 2.83 0.613

Cǫ2 4 0.53 0.53 0.61 0.497

Cζ 2 -0.42 0.43 -0.48 -0.370

Tabelle A.2.: Übersicht über die Fehler der chemischen Verschiebungen am YuAF für

Tabelle A.2.: Übersicht über die Fehler der chemischen Verschiebungen am YuAF für