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3. Zuordnungen basierend auf theoretischen Vorhersagen chemischer Ver-

3.2. Theorie und Methodik

3.2.1. TOCSY-Spektren

Eine Möglichkeit die Signale eines HSQC-Spektrums miteinander zu verknüpfen bietet das TOCSY-Spektrum. TOCSY steht dabei für total correlation spectroscopy. Im Falle eines zweidimensionalen1H-1H-TOCSY Spektrums werden von einem Proton ausgehend alle über ein Spinsystem verknüpften Protonen korreliert. Dafür wird ein einzelnes Pro-ton angeregt und die Magnetisierung wandert dann schrittweise über das gesamte Spin-system zu allen anderen Protonen dieses SpinSpin-systems. Ein einzelnes SpinSpin-system zeichnet sich dabei dadurch aus, dass die einzelnen Protonen dabei nicht weiter als drei kovalente Bindungen voneinander entfernt sind. Die räumliche Entfernung der Kerne spielt bei einem TOCSY-Spektrum keine Rolle [10]. In Proteinen besteht zwischen den einzelnen

Aminosäuren eine Peptidbindung. Die dort vorhandene Carbonylgruppe trennt die Spin-systeme. Auf diese Weise ist jede Aminosäure in einem Protein ein einzelnes Spinsystem.

Ausgehend von zum Beispiel den Hα-Signalen, können diese dann mit der Seitenkette korreliert werden.

Hierbei ergibt sich allerdings wiederum das Problem, dass es in einem Protein viel zu viele Wasserstoffsignale gibt, so dass es zu einer Vielzahl an Überlagerungen kommt und ein 2D-TOCSY-Spektrum zumindestens für mittelgroße Proteine nicht mehr auswertbar ist. Um ein übersichtlicheres Spektrum zu erhalten, kann das TOCSY-Spektrum um eine dritte Dimension erweitert werden. Hierbei wird der ursprüngliche Kern von dem aus das TOCSY-Spektrum gemessen wird zuerst mit dem benachbarten Kohlenstoff korreliert.

Auf diese Weise wird diex-Achse im 3D-Spektrum in zwei Achsen aufgespalten, die dann diexy-Ebene bilden. Die TOCSY-Spur ist dann alsz-Achse zu finden. Diexy-Ebene des 3D-TOCSY Spektrums ist dabei analog zum HSQC-Spektrum aufgebaut. Dort wo im HSQC-Spektrum Signale zu erwarten sind, sind diese auch in dieser Ebene zu erwarten.

Zusätzlich zum HSQC-Spektrum enthält das 3D-Spektrum noch die TOCSY-Spur. Wird ein beliebiges Signal ausgewählt, so erscheinen dann in derz-Dimension alle chemischen Verschiebungen aller Wasserstoffe, die sich in demselben Spinsystem befin-den. Auf diese Weise wird die gleiche Information erhalten wie im zweidimensionalen TOCSY-Spektrum, es wird aber die Überlagerung aufgelöst. Da ein Spinsystem in ei-nem Protein auf eine Aminosäure beschränkt ist, sind die TOCSY-Signale, die hier zu sehen sind, gerade die Signale der Seitenkette der entsprechenden Aminosäure. So kann man zum Beispiel vom CαHα-HSQC-Signal ausgehen und in der indirekten Dimensi-on des TOCSY-Spektrums die chemischen Verschiebungen der Seitenkettenwasserstoffe erhalten.

Neben der Möglichkeit, ein Proton mit einem Proton zu korrelieren, kann auch ein Proton mit einem anderen Kern korreliert werden. Für die Protein-NMR ist hier beson-ders die 1H-13C-Korrelation von Bedeutung. Auf diese Weise werden in der indirekten Dimension statt der chemischen Verschiebungen der Wasserstoffe die chemischen Ver-schiebungen der Kohlenstoffe des Spinsystems erhalten. Auch hierfür kann und sollte bei Proteinen ein 3D-Spektrum aufgenommen werden um zahlreiche Überlagerungen aufzu-lösen. Die xy-Ebene bleibt dabei unverändert, da in diesem Spektrum nur die Korrela-tionsziele geändert werden. Bei der Auswahl eines Signals in der xy-Ebene erscheinen dann auf der z-Achse die Signale aller 13C-Kerne dieses Spinsystems. Die hier zu se-henden korrelierten chemischen Verschiebungen der Kohlenstoffe entsprechen allesamt den chemischen Verschiebungen der Kohlenstoffe in der Seitenkette, da sich auch diese Spinssysteme jeweils auf eine Aminosäure beschränken.

Mit der Aufnahme eines 3D-CH-H Spektrums und eines 3D-CH-C TOCSY-Spektrums können dann sowohl die chemischen Verschiebungen der Wasserstoffe der Seitenkette als auch die chemischen Verschiebungen der Kohlenstoffe der Seitenketten erhalten werden. Mit der Erweiterung des TOCSY-Spektrums um eine vierte Dimension zu einem 4D CH-CH TOCSY-Spektrums sieht man in der indirekten Dimension die chemischen Verschiebungen der Wasserstoffe und der Kohlenstoffe beide gleichzeitg, so dass direkt ersichtlich wird, welche HSQC-Signale zu dieser Aminosäure gehören.

3.2.2. Zuordnung mit Hilfe von TOCSY-Spektren

Durch die Aufnahme beider TOCSY-Spektren, sowohl des CH-H TOCSY-Spektrums als auch des CH-C TOCSY-Spektrums, erhält man die Möglichkeit festzustellen, welche Signale des HSQC-Spektrums zusammen gehören, das heißt aus der gleichen Aminosäure stammen.

Für dasexperimentelleTOCSY-Spektrum werden dafür folgende Annahmen getroffen:

1. Es ist vollständig, es werden also keine Bereiche abgeschnitten.

2. Alle Seitenkettensignale sind zu sehen, es fehlen keine Signale.

3. Alle Signale sind eindeutig aufgenommen. Es kommt nur soweit zur Überlagerung von Signalen, dass alle Signale noch eindeutig aufgelöst werden können.

Durch die TOCSY-Spuren ist bekannt, welche Signale der verschiedenen Atomgruppen zu derselben Aminosäure gehören. Anschaulich kann dies beschrieben werden, indem die Punkte im HSQC-Spektrum zu Graphen verbunden werden. Verbindet man alle Seiten-kettensignale einer Aminosäure so entsteht dabei je nach Aminosäuretyp ein charakteris-tisches Muster. Diese Muster können nun dazu verwendet werden, Gruppen chemischer Verschiebungen den Aminosäuretypen zuzuordnen.

Neben diesen so erzeugten Graphen sollen auch aus den berechneten chemischen Ver-schiebungen solche Graphen erzeugt werden. Die so erzeugten Graphen sollen dann mit-einander verglichen werden, in dem Sinne, dass jedem berechneten Graphen ein experi-menteller Graph zugeordnet werden soll. Dabei kann zunächst jeder berechnete Graph jedem gemessenen zugeordnet werden, so dass alle Permutationen in Frage kommen. Für jede Permutation wird eine Bewertungsfunktion berechnet, die aussagt wie stark in die-ser Zuordnung die Abweichungen der berechneten von den gemessenen Graphen ist. Um einen solchen Wert zu berechnen, werden drei prinzipielle Möglichkeiten verwendet diese Abweichung zu bewerten. Allen drei Möglichkeiten liegt jedoch zu Grunde, dass alle Ab-weichungen in der Wasserstoffdimension mit einem Faktor von 10 multipliziert werden, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass der Bereich der Wasserstoffdimension und auch deren Fehler viel kleiner sind als der Bereich und die Fehler in der Kohlenstoffdi-mension.

• Direktes Matching: Die erste und naheliegendste Möglichkeit ist alle absoluten Ab-weichungen aufzusummieren. Dazu werden die beiden Graphen miteinander vergli-chen, die in der gewählten Permutation der gleichen Aminosäure zugeordnet sind.

Die beiden Signale, welche dieselbe Atomgruppe bezeichnen, werden miteinander verglichen, indem die Differenz ihrer jeweiligen chemischen Verschiebung berechnet wird. Die Summe der absoluten Differenzen aller beteiligten Atomgruppen eines Graphs (entsprechend einer Aminosäure) beschreibt die Abweichung für die zwei verglichenen Aminosäuren. Die Summe dieser Abweichungen über alle miteinan-der verglichenen Graphen beschreibt die Bewertungsfunktion, die die Permutation bewertet. Mathematisch bedeutet das:

S= 10 (|Hαexp−Hαcalc|+|Hβexp−Hβcalc|+. . .)+|Cαexp−Cαcalc|+|Cβexp−Cβcalc|+. . .

• Graphmatching: Hier werden nicht die Punkte der HSQC-Signale miteinander ver-glichen, sondern die Abstände der einzelnen Punkte zueinander. Dazu werden in einem Graph die Längen aller Verbindungslinien berechnet. Dann vergleicht man die beiden Graphen miteinander, die in der gegebenen Permutation der gleichen Aminosäure zugeordnet wurden. Die absoluten Differenzen der Längen der Verbin-dungslinien werden aufsummiert und ergeben die Abweichung für die beiden mit-einander verglichenen Graphen. Aus diesen wird dann wie beim direkten Matching die Summe gebildet und so die Bewertungsfunktion für die gewählte Permutation berechnet.

• Offset korrigiertes Matching: Sollen zwei Graphen mit dieser Methode miteinan-der verglichen werden, so wird zunächst die Differenz ihrer beiden Schwerpunkte berechnet. Diese Differenz wird als Offset bezeichnet und entspricht einer syste-matischen Abweichung. Um zu verhindern, dass solche systesyste-matischen Fehler die Bewertung beeinflussen, wird beim Vergleich eines experimentellen mit einem be-rechneten Graphen diese Differenz beim bebe-rechneten Graphen addiert, so dass bei-de Schwerpunkte dann aufeinanbei-derfallen. Der anschließenbei-de Vergleich bei-der beibei-den Graphen und die Berechnung erfolgt wie beim direkten Matching.