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Archiv "Rentenversicherung fährt ins Defizit" (22.01.1976)

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DEUTSCHES Leserdienst

ÄRZTEBLATT

Hinweise -Anregungen

Rentenversicherung fährt ins Defizit

WIRTSCHAFT:

Rentenversicherung fährt ins Defizit Widerrufsrecht auch bei Bargeschäften Bauspar-Rendite beachten

Tagegeld ohne

„Aussteuerung"

REISE:

Grüner Tee am Skilift

PRAXIS UND HAUS:

Die Einrichtung aus dem Paket

AUTO:

Porsche 924

Die Finanzlage der gesamten So- zialversicherung wird immer prekä- rer. Die Arbeitslosenversicherung hat ihren Beitrag von zwei auf drei Prozent des Arbeitsentgelts erhöht. Auch in der Krankenver- sicherung gehen die Beitragssätze in die Höhe. Nun muß die Bun- desregierung auch noch zuge- ben, daß die Rentenversicherung nicht mehr lange mit dem heutigen Beitrag von 18 Prozent zu finanzie- ren ist.

Das Bundesarbeitsministerium spricht zwar davon, daß die Renten mit dem heutigen Beitragssatz bis Ende 1979 zu bezahlen seien; noch im August wurde von eben demsel- ben Ministerium eine Beitragsan- hebung bis 1989 ausgeschlossen.

Tatsache aber ist, daß alle Voraus- berechnungen mit realistischen Annahmen über die Wirtschaftsent- wicklung eine dramatische Ver- schlechterung der Finanzlage der Rentenversicherung ausweisen.

Bereits 1978 wird die gesetzlich vorgeschriebene Mindestrücklage von drei Monatsausgaben unter- schritten. Schon 1977 kann es so zu finanziellen Engpässen kommen.

Der Beitrag von 18 Prozent reicht damit, wenn es bei der jährlichen vollen Anpassung der Renten an die Lohn- und Gehaltsentwicklung der versicherten Arbeitnehmer bleibt, bestenfalls noch bis 1978, wahrscheinlich nur bis 1977 aus.

Dennoch hält die Regierung daran fest, daß die Sozialrenten nach dem eingespielten Anpassungsver- fahren am 1. Juli 1976 um 11 Pro- zent angehoben werden. Dieser Anpassungssatz entspricht der Ein- kommensentwicklung der Jahre

von 1972 bis 1974. Für die Renten- versicherung bedeutet das eine jährliche Mehrbelastung von gut 10 Milliarden Mark. Der Sozialbeirat, in dem die Sozialpartner, Wissen- schaftler und die Bundesbank ver- treten sind und der stets die Fi- nanzentwicklung der Rentenversi- cherung und die Anpassungsvor- schläge der Regierung zu begut- achten hat, ist den Regierungsvor- schlägen in diesem Jahr nur zö- gernd gefolgt. Der vollen Renten- anpassung hat nur die knappe Mehrheit von 7 zu 5 zugestimmt.

Die Minderheit hat sich dafür aus- gesprochen, das 1972 eingeführte Vorziehen der Rentenanpassung um ein halbes Jahr rückgängig zu machen und die Renten erst zum 1. Januar 1977 um 11 Prozent zu er- höhen. Dies hätte eine Ersparnis von zunächst 5 Milliarden Mark be- deutet; über den Zeitraum der fünf- zehnjährigen Vorausschätzung der Rentenfinanzen hätte dies zu Min- derausgaben von mehr als 100 Mil- liarden Mark geführt. Die drohende Gefahr einer Beitragserhöhung hätte damit gebannt werden kön- nen, ohne daß der einzelne Rent- ner dadurch ernsthaft belastet wor- den wäre.

Der Arbeitsminister ist verpflichtet, jährlich eine die nächsten 15 Jah- re erfassende Vorausschätzung der finanziellen Entwicklung der Ren- tenversicherung zu geben. Bislang hatte er stets eine Rechnung vor- gelegt, die für den Zeitraum der er- sten fünf Jahre die Daten der mit- telfristigen Projektion des Wirt- schaftsministers als Annahmen übernahm; für die folgenden zehn Jahre wurde dann eine jährliche Einkommenssteigerung von sechs

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 4 vom 22. Januar 1976 227

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Leserdienst

Hinweise •Anregungen Rentenversicherung

Prozent unterstellt. Bundesarbeits- minister Arendt hat sich jahrelang dagegen gesträubt, Alternativrech- nungen vorzulegen.

Nun hat Arendt aber entsprechen- den Wünschen des Sozialbeirates und des Bundesrates plötzlich Rechnung getragen. Statt der er- warteten zwei oder drei ,Modell- rechnungen präsentierte der Ar- beitsminister aber gleich 15 Modell- rechnungen.

Diskussion über

Beitragserhöhungen soll im Wahljahr vermieden werden Dabei fällt auf, daß auf die reali- tätsbezogeneren Annahmen der mittelfristigen Wirtschaftsprojek- tion verzichtet wird. Eigene Be- rechnungen des Sozialbeirates las- sen die Motive des Ministers für den überraschenden Wechsel des Berechnungsverfahrens erkennen.

Eine Modellrechnung nach dem bisherigen Verfahren hätte für die Rentenversicherung schon 1978 deutlich ein Defizit ans Licht ge- bracht und damit Arendt schon jetzt verpflichtet, einen Vorschlag zur Beitragserhöhung dem Parla- ment vorzulegen. Das hat der Ar- beitsminister mit Blick auf den Wahltermin im Herbst 1976 vermei- den wollen. Da von den 15 Varian- ten seiner Rechnung immerhin vier den Verzicht auf eine Beitragserhö- hung möglich erscheinen lassen, glaubt Arendt wohl, sich der Dis- kussion über die Beitragshöhe vor- erst entziehen zu können.

In seinen Rechnungen werden fol- gende Annahmen für die nächsten fünfzehn Jahre miteinander kombi- niert: Arbeitslosenquote 2,5 Pro- zent, 2 Prozent, 1,5 Prozent; jährli- che Lohnsteigerungen 6, 7, 8, 9 und 10 Prozent. Aus den Modell- rechnungen lassen sich folgende Schlüsse ziehen:

fl

Ausschlaggebend für die Ent- wicklung der Rentenfinanzen sind die jährlichen Einkommenssteige- rungen der Erwerbstätigen; die

Höhe der Arbeitslosigkeit ist von geringerer Bedeutung. Steigen die Löhne jährlich um 6 Prozent, so wird die Mindestrücklage bereits 1978 unterschritten, und zwar selbst bei der relativ günstigen Ar- beitslosenquote von 1,5 Prozent.

Bei einer jährlichen Einkommens- steigerung von 7 Prozent reicht die Rücklage 1979 nicht mehr aus. Be- trägt die jährliche Zuwachsrate 8 Prozent, so wird die Mindestrückla- ge 1980 unterschritten.

Erst wenn die Löhne jährlich um 9 Prozent steigen und die Arbeitslo- senquote unter zwei Prozent liegt, ergäbe sich eine positive Bilanz.

Mittelfristig ist eine so günstige Ar- beitslosenquote nicht zu erreichen;

selbst auf lange Sicht wird heute eine Arbeitslosenquote von immer- hin 2,5 Prozent als optimal ange- sehen.

Lohnsteigerungen von 9 oder mehr Prozent passen weder kurz- noch langfristig zur Wirtschaftspolitik der Bundesregierung, die darauf abzielt, die Lohnquote zu senken, um Anreiz zum Investieren zu schaffen.

0

Bei Lohnsteigerungen von 6 Prozent jährlich müßten die Ren- tenbeiträge 1978 um zwei Prozent- punkte erhöht werden. Bei 7 Pro- zent Einkommenszuwachs reichte eine Beitragsanhebung um 1,7 Pro- zentpunkte von 1979 an aus. Bei 8 Prozent Zuwachsrate wäre immer noch eine Beitragserhöhung um ei- nen Prozentpunkt von 1980 an fäl- lig.

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Die Rechnungen des Arbeitsmi- nisters sind mit hohen Risiken be- lastet. So ist darin bereits berück- sichtigt, daß die Krankenkassen der Rentenversicherung die wach- sende Last der Krankenversiche- rung der Rentner abnehmen sol- len.

Der entsprechende Gesetzentwurf der Bundesregierung hat aber we- nig Chancen, fristgerecht und in der vorliegenden Fassung verab- schiedet zu werden. Hier geht es um Milliardenbeträge. Auch wird in

den Rechnungen des Ministers un- terstellt, daß der Bund seine stän- dig wachsenden Zuschüsse — 22 Milliarden Mark im Jahre 1976 — zahlen und die früher gestunde- ten Milliardenbeträge nachzahlen kann. Das erscheint bei der heuti- gen Finanzlage des Bundes als au- ßerordentlich unwahrscheinlich.

Fazit: Die Finanzierung der dyna- mischen Rente wäre mittelfristig und langfristig nur dann als gesi- chert anzusehen, wenn Löhne und Gehälter Jahr für Jahr um wenig- stens 10 Prozent steigen. Damit kann niemand rechnen, und es wäre nicht einmal wünschenswert;

die Inflationierung würde auf 15 Jahre programmiert. wst

Widerrufsrecht auch bei

Bargeschäften

Die Mitglieder des Arbeitskreises

„Gut beraten — zu Hause gekauft"

haben beschlossen, vom 1. Januar 1976 an ihren Kunden bei Barge- schäften das gleiche Widerrufs- recht wie bei Abzahlungsgeschäf- ten zu gewähren. Damit bekommt der Käufer die Möglichkeit, beim Kauf in der Wohnung jeden Ver- tragsabschluß innerhalb einer Wo- che ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Der Beschluß sieht vor, daß das Widerrufsrecht, wie auch im Abzahlungsgesetz geregelt, durch ein Rückgaberecht ersetzt werden kann. Die 16 Mitgliedsfir- men des Arbeitskreises hatten im letzten Jahr 1,6 Milliarden DM Um- satz. Sie repräsentieren rund 70 Prozent des klassischen Vertreter- versandhandels. VD

Bauspar-Rendite beachten

Mit der Sparförderung geht es bergab. Für das Kalenderjahr 1975 wurde sie eingeschränkt durch Einführung der Nettoeinkommens- Höchstgrenze von 24 000/48 000 DM für Ledige/Verheiratete und

228 Heft 4 vom 22. Januar 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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