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Archiv "Kassen wollen das „Überangebot“ eindämmen" (19.02.1987)

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DEUTSCHES ARZTEBLATT

Die erweiterte Bedarfsplanung reicht den gesetzlichen Krankenkassen nicht. Sie verlangen Handhaben, um die Zulassung von Kassenärzten zu be- grenzen. Das ist eine der „Gemeinsamen Forderungen zur Strukturreform im Gesundheitswesen", die die Bundesverbände der RVO- und der Ersatz- kassen dem Bundesarbeitsminister und der Presse in Bonn präsentierten.

G

emeinsam haben die

Kassen ihre Forderun- gen zur Strukturreform im Gesundheitswesen beim Bundesarbeitsmi- nister abgeliefert. Die Vorstände der RVO- und Ersatzkassenverbän- de müssen selbst erstaunt gewesen sein, einen gemeinsamen Nenner ge- funden zu haben. Der derzeitige Sprecher der Kassen, die in einer lo- sen Arbeitsgemeinschaft zusammen- arbeiten, Karl Stumpf von den Landwirtschaftlichen Krankenkas- sen, sprach immerhin von einem hi- storischen Datum in der hundertjäh- rigen Geschichte der deutschen so- zialen Krankenversicherung. Die Kassen stellten freilich weder Ex- tremforderungen, noch hingen sie Blütenträumen nach, dämpfte Stumpf vorsorglich hochgesteckte Hoffnungen.

Tatsächlich wollen die Kassen im Grunde überhaupt keine Struk- turreform. Ihnen behagt das System, und sie nutzen lediglich die Gelegen- heit, einige alte Wünsche wieder einmal vorzubringen. Das sind zum Beispiel:

• die wenigen noch verbliebe- nen Unterschiede im Mitglied- schafts- und im Leistungsrecht sol- len, wenn möglich und soweit die Ersatzkassen mitspielen, ausgegli- chen werden;

• die Verhandlungsmacht der Kassen gegenüber den Leistungs-

„anbietern” soll ausgeweitet wer- den;

• die Kontrollinstrumente der Kassen (und der „gemeinsamen Selbstverwaltung" von Kassen und Leistungsanbietern) sollen perfek- tioniert werden.

Weitergehende Eingriffe in die gewachsenen Strukturen der Kran- kenversicherung begegnen dem hin- haltenden Widerstand der Kranken- versicherung (das gilt etwa für die Selbstbeteiligung) oder sie werden

Kassen wollen das

„Überangebot"

eindämmen

Vorschläge

für die Strukturreform im Gesundheitswesen

auf maitt tad

glatt abgelehnt. Das gilt vor allem für den Blütentraum der Gesund- heitsökonomen, den marktwirt- schaftlichen Wettbewerb. In den

„gemeinsamen Forderungen" heißt es klipp und klar: „In der weit stär- ker gesetzlich gebundenen sozialen Krankenversicherung sind wettbe- werbliche Elemente nur begrenzt zu verwirklichen. Sie sind nur insoweit möglich, als sie einem grundsätzlich gleichen Rahmen entsprechen und die soziale Funktion der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gefähr- den. Das bestehende System von Mitgliedschaftszuweisungen und Wahlfreiheiten darf nicht durch eine generelle Wahlfreiheit ersetzt wer- den. Generelle Wahlfreiheit würde zu einer Konzentration der sozialen Krankenversicherung führen und das bewährte Gefüge der geglieder- ten Krankenversicherung zerstö- ren. "

Der Selbstbeteiligung und der Leistungseinschränkung können die Kassen nicht viel abgewinnen. In Sa- chen Selbstbeteiligung beschränken sie sich auf die Floskel, Selbstbeteili- gung sei nur dann vertretbar, wenn sie steuernd wirke, sozial verträglich

und gesundheitspolitisch unbedenk- lich sei und die Beitragszahler entla- ste. Ähnlich steht es schon im Zehn- Punkte-Katalog des Bundesarbeits- ministers, und ähnlich haben sich so- eben noch die Sozialausschüsse in ei- nem Positionspapier geäußert.

Zum Leistungsspektrum: Die Kassenverbände fordern allgemein, versicherungsfremde Leistungen müsse der Staat übernehmen. An- sonsten wollen die Krankenkassen das Leistungsspektrum, das sie der- zeit bieten, offenbar beibehalten.

Hart lehnen sie Vorschläge, den Lei- stungsrahmen in Grund- und zusätz- liche Leistungen zu splitten, ab. An- dererseits wollen die Kassen keine grundlegend neuen Leistungen zu- geschoben bekommen: eine Absi- cherung des Pflegefallrisikos inner- halb der Krankenversicherung wei- sen sie zurück; das sei eine gesamt- gesellschaftliche Aufgabe. Erneut haben die Kassenverbände, allen voran Dr. Detlef Balzer vom AOK- Verband, das Glaubensbekenntnis abgelegt, das gegebene Leistungs- spektrum sei mit den gegebenen Beitragssätzen zu finanzieren. Bal- zer: „Wir sind in der historischen neuen Situation: die medizinische Versorgung reicht."

Um die Beitragsätze stabil zu halten (Balzer: „Unsere Grundvor- aussetzung"), genügt es nach Mei- nung der Krankenversicherung of- fenbar, das „Überangebot" zu be- grenzen, jedenfalls gibt es dazu die konkretesten Vorschläge.

• Die Kassenverbände fordern wirksame Befugnisse, „nicht benö- tigte Leistungsangebote ausgrenzen zu können". Sprich: sie wollen ge- setzliche Handhaben, um den Kreis der Ärzte und der Krankenhäuser zu begrenzen; auch ihre Forderung nach direkten Verhandlungen mit den Pharmaherstellern und nach Auswahl unter den Heil- und Hilfs- mitteln, geht in dieselbe Richtung.

Dt. Ärztebl. 84, Heft 8, 19. Februar 1987 (17) A-405

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EBM-Reform Zeitplan der KBV

13. März 1987 Beschlußfassung über den neuen Einheitlichen Be- wertungsmaßstab (EBM) durch den Bewertungsaus- schuß gemäß § 368 i Abs. 8 RVO

Anschließend Veröffentlichung des EBM im DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATT.

Bis 1. Mai Vereinbarungen mit den Krankenkassenverbänden über die Umsetzung des EBM in die Vertragsgebüh- renordnungen BMA und E-GO.

Bis Ende Mai Veröffentlichung der vertraglichen Zusätze im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT.

Mai Schulung der Lehrgangsleiter für die Einführung der Kassen- und Vertragsärzte in die neuen Abrech- nungsbestimmungen durch die Kassenärztliche Bun- desvereinigung.

Gleichzeitig Erarbeitung von Synopsen für einzelne Teilgebiete und anderem Informationsmaterial.

Anfang Juli Versand der neuen Vertragsgebührenordnungen für RVO- und Ersatzkassen an die Kassen- und Vertrags- ärzte.

Informationskurse auf Bezirks- und Kreisebene der einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen für alle Kassen- und Vertragsärzte über die Anwendung der neuen Gebührenordnungen.

Diese Infonnationskurse der Kassenärztlichen Verei- nigungen sind kostenlos.

Beginn der Abrechnung kassen- und vertragsärzt- licher Leistungen nach den neuen Vertragsgebühren-

ordnungen. KBV

September

1. Oktober Die „gemeinsame Selbstverwal-

tung" von Ärzten und Kassen soll das Recht erhalten, rechtsverbind- liche regionale Bedarfszahlen für die ärztliche Versorgung festzulegen, fordern die Krankenkassen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen stünden, so hieß es in Bonn am Ran- de, einer solchen Forderung aufge- schlossen gegenüber. Die soeben erst Gesetz gewordene erweiterte Bedarfsplanung, die „nur" eine gleichmäßige Verteilung der Ärzte zum Ziel hat, reicht nach Auffas- sung der Krankenkassen nicht aus.

„Wir wollen", präzisiert der Vorsit- zende des Verbandes der Angestell- tenkrankenkassen, Karl Kaula, „die Zahl der Zulassungen der Ärzte be- grenzen können." Dieselbe Forde- rung haben unlängst auch die Sozial- ausschüsse erhoben. Darüber hinaus setzen sich die Kassen für eine drei- jährige Mindestweiterbildung jener Ärzte, die sich als Kassenärzte nie- derlassen wollen, ein.

Schließlich plädieren die Kran- kenkassen einmal mehr für „Trans- parenz"; Leistungen sollen „Arzt- wie versichertenbezogen" erfaßt werden. Dabei sollen nicht nur jene Leistungen, die der Arzt selbst ab- rechnet, auf die Versicherten zusam- mengeführt werden, sondern auch die veranlaßten Leistungen. Dazu bedürfe es eines „umfassenden Datenträgeraustausches" . Die Kas- sen erhoffen sich davon Handhaben für eine bessere Wirtschaftlichkeits- prüfung.

Erstaunlicherweise haben sich sämtliche Kassenverbände dafür ausgesprochen, „Privilegien" der Ersatzkassen auch auf die RVO- Kassen auszudehnen. Denn das steckt hinter der Devise „Chancen- gleichheit" und Forderungen wie

• gleiche Möglichkeiten zur Gewährung von gesetzlichem Kran- kengeld für alle Kassenarten

• gleiche Möglichkeiten für die Kostenerstattung innerhalb der so- zialen Krankenversicherung. Außer- dem wünschen die Kassenverbände

• das Recht der Beitragsver- rechnung nach Beitragsklassen bei freiwilligen Mitgliedern für alle Kas- senarten.

Solche Forderungen sind mit dem von den Kassen ansonsten

hochgehaltenen Sachleistungsprin- zip schwerlich in Einklang zu brin- gen; die gesetzlichen Krankenkassen stellen sie dennoch, um im internen Wettbewerb und im Wettbewerb mit der privaten Krankenversicherung besser bestehen zu können. Aus dem gleichen Grunde plädieren sie auch für Teilkosten-Tarife bei Bei- hilfeberechtigten — auch das an sich nicht mit dem Sachleistungsprinzip vereinbar. Der Verband der Priva- ten Krankenversicherungen hat sol- che Prinzipienverstöße gleich genüß- lich aufgespießt — nicht uneigennüt- zig, denn auch er möchte zusätzliche Konkurrenz möglichst vermeiden.

Was wird die Bundesregierung mit den „gemeinsamen Forderun- gen" machen? Minister Norbert Blüm versicherte den Kassen, bei der Strukturreform gehe es nicht um

einen Einschnitt in die wichtigen Versorgungsbereiche, sondern um eine Konzentration auf das medizi- nisch Notwendige, damit der medizi- nische Fortschritt für alle erreichbar aber auch bezahlbar bleibe — auch das eine schon häufiger gehörte Floskel. Verständlich. Blüms Partei und die Koalition sind uneins. Da sind die Sozialausschüsse (siehe oben), da ist die Mittelstandsvereini- gung, deren Vorsitzender Gerhard Zeitel gerade wieder den Wettbe- werb im Gesundheitswesen be- schwört. Solches steht auch in den Programmen der FDP. Die hat sich einstweilen zu den Kassenvorschlä- gen, die den FDP-Anliegen direkt zuwider laufen, vorsichtig geäußert.

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer will mit den Verbänden deren Positionen demnächst ausführlich beraten. NJ A-406 (18) Dt. Ärztebl. 84, Heft 8, 19. Februar 1987

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