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Archiv "Kapitallebensversicherungen: Urteil zugunsten der Versicherten" (16.09.2005)

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in Sieg für den Verbrau- cherschutz, ein großer Tag für die Versicherten. So lauteten die Kommentare zu einem Urteil des Bundesver- fassungsgerichts, in dem die Karlsruher Richter entschie- den, dass die Lebensversiche- rungen ihre Kunden künftig besser an den stillen Reserven des Unternehmens beteiligen und ihnen Einblick in ihre Kal- kulation der Überschussbetei- ligung geben müssen. Aller- dings richtet sich der Spruch nicht unmittelbar gegen die Versicherungen, sondern an den Gesetzgeber, der bis Ende 2007 das Gesetz entsprechend nachbessern muss.Eine Novel- le zum Versicherungsvertrags- gesetz war ohnehin vorgese- hen, lag aber zuletzt auf Eis.

Geklagt hatten drei Ver- sicherte mit Unterstützung des Bundes der Versicherten (BdV). Dabei ging es darum, dass die Kunden die Ansicht vertraten, nicht angemessen an den Überschüssen beteiligt worden zu sein, die die Unter- nehmen mit den Prämien auf- bauen. Die Karlsruher Richter gaben den Klägern Recht.

Im Fokus:

der Schlussüberschussanteil Bei der Überschussbeteiligung wird zwischen laufender Über- schussbeteiligung und dem Schlussüberschussanteil unter- schieden.

Die laufende Überschuss- beteiligung wird jährlich gut- geschrieben und ist unwider- ruflich. Überschüsse ergeben sich daraus, dass die Prämie vorsichtiger kalkuliert wird, als dies tatsächlich notwendig ist.

Sie entstehen etwa, wenn der Sterblichkeitsverlauf bei den Versicherten günstiger ist als von den Versicherungen ange- nommen, die Erträge aus den Vermögensanlagen höher sind als der Rechnungszins oder die Verwaltungskosten geringer sind als in den Beiträgen kal- kuliert. Die Lebensversicherer müssen mindestens 90 Prozent des so erzielten Überschusses an die Versicherungsnehmer weitergeben, tatsächlich zahlt die Branche im Durchschnitt sogar 95 Prozent aus.

Die Schlussüberschussan- teile werden jeweils für das laufende Jahr festgesetzt und gelten nur für Verträge, die in diesem Jahr zur Auszahlung kommen. Sie werden in späte- ren Jahren neu festgesetzt und können erheblich von den zu- geteilten Überschussanteilen früherer Jahre abweichen oder ganz entfallen.

In dem vom Bundesver- fassungsgericht entschiedenen Fall ging es nur um den Schlussüberschussanteil. Die Kläger machten geltend, dass sie an den stillen Reserven, die der Konzern gebildet hatte, nicht ausreichend beteiligt worden seien. Das Urteil kann aber auch Folgen für die lau- fende Überschussbeteiligung haben, meinen Experten.

Stille Reserven entstehen, wenn die Kapitalanlagen im Wert steigen. In der Bilanz der Lebensversicherungen dürfen sie entsprechend dem Nie- derstwertprinzip nur mit dem niedrigen Wert aus Kaufpreis oder aktuellem Börsen- oder Marktpreis angesetzt werden.

Die deutschen Lebensversi- cherungen haben nach Anga- ben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirt- schaft 19 Milliarden Euro an stillen Reserven gebildet. Die Ratingagentur Fitch schätzt sogar 25 Milliarden Euro.

Die Versicherungen bestim- men, wann und wie diese aus- zulösen sind. Zum Streitpunkt wird dies, wenn ganze Lebens- versicherungsbestände auf ei- ne neue Lebensversicherungs- gesellschaft übertragen wer- den. Von Bedeutung sind die stillen Reserven aber auch, wenn ein Versicherter die Le- bensversicherung wechseln will. Kann er dann seinen An-

teil an den gebildeten stillen Reserven mitnehmen?

Ein erheblicher Teil der von den Lebensversicherungen an- gehäuften stillen Reserven ging allerdings in der Börsen- baisse von 2000 bis 2003 verlo- ren. Damals brachen die Akti- enkurse um mehr als 50 Pro- zent ein. 2000 verfügten die Lebensversicherungen über stille Reserven von annähernd 79 Milliarden Euro. In den Fol- gejahren kam es zu so genann- ten stillen Lasten, weil die ak- tuellen Börsennotierungen deutlich unter die Einstands- kurse fielen, aber viele Versi- cherungsgesellschaften aus Solvenzgründen nicht in der Lage waren, die entsprechen- den Abschreibungen vorzu- nehmen und das Ergebnis ent- sprechend zu belasten.

In den Fällen, die die ober- sten Richter jetzt zu entschei- den hatten, ging es um Policen aus den 80er-Jahren, als Aktien günstig eingekauft worden wa- ren. Die Karlsruher Richter monierten, dass gesetzliche Regelungen fehlen, um sicher- zustellen, dass die angesam- melten stillen Reserven auch tatsächlich den Versicherten gutgeschrieben werden, die diese durch ihre Beitragszah- lungen finanziert haben. Der Gesetzgeber muss bis Ende 2007 das Gesetz ändern. Die Versicherungsgesellschaften ha- ben demnach noch mehr als zwei Jahre Zeit, sich auf die neue Lage einzustellen.

Das Gericht kritisierte aber auch die mangelnde Transpa- renz. Kein Versicherungsneh- mer könne nachvollziehen,wie die Überschussbeteiligung fest- gestellt wird, und damit auch nicht klären, ob sein Anteil an- gemessen ist. Allerdings rich-

tet sich diese Kritik insgesamt gegen die Lebensversiche- rung. Der Versicherungsneh- mer erfährt nicht, wie viel sei- ner Prämie für Verwaltungs- kosten verwandt wird und wie hoch letztlich der Sparan- teil ist, der verzinst wird – und auszurechnen, wie hoch am Ende die Summe ist, die aus- gezahlt wird, ist kaum mög- lich. Hier ist der Versiche- rungsnehmer auf den guten Willen und die Korrektheit der Versicherung angewiesen.

Bei der Riester-Rente ist bei- spielsweise mehr Transparenz gesetzlich vorgeschrieben.

Das Urteil kann indes auch unerwünschte Folgen haben:

Die Versicherungen haben bis- lang auch in guten Börsenzei- ten bewusst stille Reserven ge- bildet, um aus diesen in schlechteren Zeiten schöpfen zu können. Auf diese Weise konnten die Überschussbetei- ligungen stabil gehalten wer- den, auch wenn die Erträge ei- ne Herabsetzung nahe gelegt hätten. Diese Glättung wird wohl bald erschwert oder un- möglich. Im Endeffekt könnte dies darauf hinauslaufen, dass die Gesellschaften weniger ga- rantieren können als heute.

Keine Ungleichbehandlung alter und neuer Verträge Die Versicherungsgesellschaf- ten haben bereits angekündigt, dass sie nach einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften alle Verträge (nicht nur die nach dem 31. Dezember 2007 abgeschlossenen) auf die neue Rechtslage anpassen werden.

Es dürfte damit keine Un- gleichbehandlung von Alt- und Neuverträgen geben. Der- zeit gibt es rund 90 Millionen Lebensversicherungen.

Im Clinch mit der Bran- che liegt der BdV schon seit Jahrzehnten. Legendär ist der Streit aus den 80er-Jahren, der sich an der Aussage des BdV entzündete: „Lebens- versicherung zur Altersver- sorgung ist legaler Betrug.“

Streitpunkt waren schon da- mals neben der Verwendung der Beiträge und die Höhe der Zinsen die Überschussbe- teiligungen. Armin Löwe V E R S I C H E R U N G E N

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 37⏐⏐16. September 2005 [75]

Kapitallebensversicherungen

Urteil zugunsten der Versicherten

Es fehlen gesetzliche Regelungen, die sicher-

stellen, dass die stillen Reserven auch tatsächlich

den Versicherten gutgeschrieben werden.

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