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Archiv "Gesundheitsreform: Rehabilitationskliniken positionieren sich" (05.01.2004)

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ie annähernd 1 400 Rehabilitati- onseinrichtungen und Institutio- nen zur ambulanten Rehabilitation müssen sich kurzfristig am Markt neu po- sitionieren und mit veränderten Versor- gungsangeboten reagieren, wenn sie überleben wollen. Zugleich sehen sie sich mit neuen Herausforderungen konfron- tiert, seit das diagnosebasierte Fallpau- schalensystem (Diagnosis Related Groups; DRGs) am 1. Januar 2004 obli- gatorisch und flächendeckend in den Akutkrankenhäusern angewendet wer- den muss (2004 noch unter den geschütz- ten Bedingungen der Budgetneutralität).

Das zu Jahresbeginn in Kraft getretene GKV-Modernisierungsgesetz

(GMG) hat den Akutkranken- häusern und Rehabilitations- kliniken die Rolle einer Ent- wicklungsführerschaft zuge- wiesen, vor allem bei der Vor- haltung von Komplettangebo- ten, auf die die Krankenkassen setzen, und bei der erneuten institutionellen Öffnung der Krankenhäuser für weitere ambulant zu erbringende Lei- stungen und bei Unterversor- gung. Daneben können neue medizinische Versorgungszen- tren (Gesundheitszentren) für die Rehabilitationskliniken

zur missliebigen Konkurrenz oder zum willkommenen Vertragspartner werden – je nach der Richtung und der Eigendy- namik der von der Politik ersonnenen Selbstläufer. Wie sich die Rehabilitati- onskliniken auf die neue Situation ein- stellen und wie Experten der Unterneh- mensberatung und der Politik die neuen strukturellen Elemente bewerten, dar- über verständigten sich die Experten bei einer Fachtagung des Bundesverbandes Deutscher Privatkrankenanstalten e.V.

und des Arbeitskreises Gesundheit e.V., dem rund 450 Rehabilitationseinrichtun- gen angehören, am 10. Dezember in Frankfurt/Main. Eines zeichnet sich jetzt bereits ab: Die Rehabilitationskliniken stehen vor einem Berg von strategischen Aufgaben, beginnend mit der Umstel- lung der Marktstrategie, gefolgt von der Vertragspolitik, von „wasserdichten“

Verträgen und dem Umgang mit den

„Konkurrenten“ Akutkliniken und Pfle- ge sowie anderen Leistungsträgern (der vertragsärztlichen Versorgung). Rehabi- litationskliniken können nur dann pros- perieren, wenn sie für die übrigen Lei- stungserbringer als Vertragspartner und

kompetente Leistungserbringer attraktiv sind. Es ist den Experten sonnenklar: Die Krankenkassen wollen sowohl die Inte- grationsversorgung als auch die medizi- nischen Versorgungszentren nur dann mit Leistungsverträgen bedenken, wenn daraus möglichst eine Effizienzsteige- rung und eine Gewinnsituation für die Kostenträger (Krankenkassen) resultie- ren. Die Rehabilitationskliniken wollen möglichst eine „Win-Win-Situation“ er- zeugen und sich nicht in der völlig libera-

lisierten Vertragsfreiheit bei der Integra- tionsversorgung dem Diktat der Kassen ausliefern. Mit Sicherheit wird der Lei- stungsdruck mit kostenträchtigeren Fäl- len auf die Rehabilitationseinrichtungen wachsen – infolge des schnelleren Patien- tendurchsatzes bei den Akutkliniken und der verkürzten Verweildauer. Es könne aber nicht angehen, dass die Integrierte Versorgung, die Anschlussheilbehand- lung und die Frührehabilitation aus- schließlich über Komplexpauschalen oder über „kongeniale“ diagnosebezogene Pauschalen in der Rehabilitation analog wie im Akutsektor abgerechnet werden.

Identische Spielregeln

Nach Einschätzung des gesundheitspo- litischen Sprechers der FDP-Bundes- tagsfraktion, Dr. Dieter Thomae, ist beim Schnellschuss der Integrationsver- sorgung noch nicht alles ausgegoren und in der Praxis umsetzbar. Mit Sicherheit müssten Akutkrankenhäuser und Reha- bilitationskliniken bei der Integrierten Versorgung unterschiedliche Wege ge- hen. Die Spielregeln seien allerdings so- wohl für Akut- als auch für Rehabilitationskrankenhäuser identisch. Das gesundheitspo- litische Ziel einer engeren Verzahnung und Integration von ambulanter und statio- närer Versorgung sei richtig, so Thomae. Allerdings müss- ten tatsächlich auch mithilfe des Startkapitals der Inte- grationsversorgung („Integra- tionstopf“) die bisherigen Hemmnisse dieses als Selbst- läufer der Gesundheitsrefor- men 2000/2003 erdachten Strukturelementes überwun- den werden. Durch die pau- schale Abzweigung von bis zu einem Prozent von der vertragsärztlichen Ge- samtvergütung und durch pauschale Kürzung der Krankenhausrechnungen ebenfalls in Höhe bis zu einem Prozent werde in der Anschubphase 2004 bis 2006 ein Volumen von bis zu 680 Millio- nen Euro thesauriert. So könne das Geld der Leistung folgen. Die Neurege- lungen der §§ 140 a bis h SGB V – die In- tegrierte Versorgung – bedeuten, dass künftig der Kernbereich der gesund- P O L I T I K

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A16 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1–25. Januar 2004

Gesundheitsreform

Rehabilitationskliniken positionieren sich

Integrierte Versorgung und Versorgungszentren sollen zur künftigen Regelversorgung werden.

Zeichnung:Reinhold Löffler

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heitlichen Versorgung neu ausgerichtet werden muss. Allerdings ist es noch ein weiter Weg, um die Integrierte Versor- gung zur künftigen Regelversorgung auszubauen.

Keine Umsetzungshilfen

Für den FDP-Politiker ist es allerdings nicht nachvollziehbar, dass es der Ulla Schmidt-Administration und der Man- power der zuständigen Fachabteilung bisher nicht gelungen ist, Umsetzungs- hilfen für integrationswillige Vertrags- partner zu entwickeln und als „Katalysa- tor“ bei den Vertragsentwürfen mitzu- helfen. Jetzt alles dem Hauen und Ste- chen auf Selbstverwaltungsebene zu überlassen oder sogar die Krankenkas- sen weiter in die Vorhand zu bringen sei keine akzeptable Lösung. Schon bald werde der Selbstläufer erneut lahmen, prophezeit Thomae, falls nichts passiert und der Wettbewerb ausschließlich über Vertragsselektion und ungleiche Ausgangsbedingungen (Krankenkassen/

Leistungserbringer) zementiert werden sollte.

Entscheidend sei der Standortfaktor.

Wegen der kaum verkraftbaren hohen Investitionskosten von Gesundheits- zentren sei es sinnvoll, dass sich künf- tig vermehrt Facharztpraxen an die Krankenhäuser „andocken“ oder sich auf dem Klinikgelände komplementär und/oder substitutiv zum Akutkranken- haus betätigen. Für die Krankenhaus- träger sei es interessant, sich in die ver- tragsärztliche Versorgung ergänzend einzuschalten, wenn sie die Erbringung zusätzlicher ambulanter hoch speziali- sierter Leistungen vertraglich garantie- ren oder sich bei besonderen Krank- heitsverläufen betätigen.

Sinnvoll sei es, um eine unkoordinierte Überversorgung zu vermeiden, dass Ver- sorgungszentren nur mit Zustimmung des paritätisch besetzten Zulassungsausschus- ses gestartet werden dürfen. Zielführend sei es auch, dass weder die Rechts- noch die Organisationsform von Zentren im Gesetz begrenzt noch zwangsweise fest- gelegt würden (GmbH und Partner- schaftsgesellschaften seien hier indiziert).

Auch müssten die gesetzlich vorgeschrie- benen Regulative der vertragsärztlichen Bedarfsplanung beachtet werden.

Versorgungszentren in Groß- und Mit- telstädten gibt Thomae kaum Entwick- lungschancen, weil in Ballungsräumen oh- nedies tendenziell Überversorgung herr- sche. Dagegen seien diese als „Lückenfül- ler“ regional begrenzt, möglicherweise in ländlichen Gebieten positionierbar – mit allen notwendigen finanziellen Ausstat- tungen und personeller Vorhaltung.

Eine rasche Marktbereinigung auch im Hinblick auf die Vertragsgestaltung prognostiziert Thomae und die Variati- ons- und Gestaltungsbreite und -tiefe.

Bisher gab es bei Verträgen zur Integra- tionsversorgung eher die „Light-Varian- te“ – eine indikationsbezogene inter- disziplinär-fächerübergreifende Versor- gung über zwei Sektoren hinweg, die über Komplexpauschalen vergütet wird.

Beispiel: Krankenhausbehandlung und Rehabilitation beim Einsetzen einer Hüftendoprothese, vergütet über eine Komplexpauschale und vertraglich ver- ankerter zehnjähriger Garantiezeit. Sol- che Verträge muss man aber mit der Lu- pe suchen. Die „Full-Size-Variante“ von Integrationsverträgen gibt es bis dato kaum. Das Modell „prosper“ der Bun- desknappschaft, das seit 1998 erfolgreich läuft, ist nicht auf das gesamte System übertragbar, weil es sich hierbei um eine Besonderheit handelt. Die Bundes- knappschaft ist, wie ein amerikanisches Managed-Care-Unternehmen, Versiche- rungs- und Leistungserbringer in einem.

Daher gibt es keine Schnittstellenpro- bleme zwischen ambulanter und sta- tionärer Versorgung.

Optimierung des Angebots

Eine Chance auch für Rehabilitationskli- niken bei der Integrierten Versorgung wird von einer Optimierung des Versor- gungsangebots erwartet – und zwar aus- gerichtet an bestimmten Krankheitsbil- dern, wie etwa den Krebserkrankungen.

Hier müsse eine spezielle, möglichst wohnortnah erbrachte Versorgung und Betreuung der Patienten gewährleistet werden, die reibungslos funktionieren müsse. Auch könne sich der Trend zur Fachrehabilitationsklinik dadurch ver- stärken. Infolge der zu erwartenden ver- kürzten stationären Akutbehandlung (infolge der DRGs) wird die Anschluss- rehabilitation zu einer wichtigen Kom-

plementärbehandlung des Akutsektors werden. Krankenhäuser, Rehabilitati- onseinrichtungen und niedergelassene Ärzte seien prädestiniert, sich in die Durchführung strukturierter Disease- Management-Programme (DMP) ein- zuschalten. Bei der Behandlung von chronischen Erkrankungen, wie bei- spielsweise von Diabetes mellitus, sei es nicht erforderlich, das Akutkrankenhaus einzubeziehen. Zudem seien die Durch- führung und Administration von DMP sehr verwaltungsaufwendig. Immerhin müssten 150 „Frontoffiziere“ der Klinik- administration und der Arztpraxen für die Durchführung eines einzigen Pro- gramms eingeschaltet werden – viel zu viel, um kostensparend und effizient zu wirken. Niedergelassene Vertragsärzte, vor allem Hausärzte, könnten Diabetiker künftig direkt in eine spezialisierte Reha- bilitationseinrichtung überweisen, wenn diese nicht oder nicht mehr hinreichend ambulant eingestellt werden könnten.

Dadurch würden nicht nur Synergie-Ef- fekte genutzt, sondern es würde auch ge- samtwirtschaftlich gespart.

Ins Chaos?

Nach Einschätzung von Harry Fuchs, Klinikberater aus Düsseldorf, wäre es fatal, wenn die liberalisierte Vertrags- gestaltung (außerhalb des Kassenarzt- und Krankenhausrechts) in einem Ver- tragswirrwarr endet. Praxisärzte, Kran- kenhäuser und Rehabilitationsträger wären gut beraten, die Strategien der Krankenkassen zu antizipieren.

Der Ausbau der Integrationsversor- gung führt zu einem Machtzuwachs der Kassen. Denn die Politik hat sich infol- ge der Vertragsfreiheit bei der Integra- tionsversorgung aus der Vertragsausge- staltung verabschiedet. Dies kann zu neuen Versorgungsstrukturen führen, die die Krankenkassen weder sach- noch versorgungsgerecht, noch qua- litätsbezogen mit „Leben erfüllen“ wer- den. Wichtig ist es deshalb, dass sich Kassenärzte, Zentren und zugelassene Krankenhäuser sowie die Rehabilitati- onskliniken aktiv einbringen. Es genügt nicht, dass lediglich zwei Leistungssek- toren kooperieren, sondern es müssten über drei Sektoren hinweg Verträge ge- schlossen werden. Dr. rer. pol. Harald Clade P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1–25. Januar 2004 AA17

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