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Integrierte Versorgung

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Academic year: 2022

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EMIL DREYER

Ich bin zwar Netzpräsident, aber wie die allermeisten meiner Kollegen kein heissblütiger Verfechter der aus ökono- mischen Überlegungen heraus gebo - renen neuen integrierten Versorgung.

Wir lassen diese Entwicklung als mög- liche Zukunftsvariante aber gelten und machen deshalb mit, weil wir über- zeugt sind, durch Mitgestalten und Mitreden am Puls der Zeit zu bleiben und das Steuer in der Hand zu halten.

Als Praktiker haben wir ja zeitlebens nichts anderes als integrierte Versor- gung gelebt, indem jeder von uns sich stets weitergebildet hat (offizielle Qua- lität), jeder eine volle Praxis mit zufrie- denen Patienten hat (reelle Qualität) und jeder sein eigenes Überweisungs- netz mit Spezialisten und Spital hat (privates Netzwerk).

Heute haben uns die modernen Netz- werke einander etwas näher gebracht.

Die Kontakte sind über den Zirkel des Notfalldienstkreises hinaus intensiver

durch Qualitätszirkel, durch Zusam- menschluss in einem Verein, durch ver- mehrte Berücksichtigung der Spezialis- ten in unserem Netz bei Überweisungen (etwas Spezielles in unserem Netz), durch zunehmend finanzielle und auch standespolitische Mitverantwortung in- nerhalb unseres Netzes. Noch sind wir in unserem relativ jungen Netz politisch nicht so weit, dass wir die nächsten Schritte des MC-Gedankens jetzt schon machen könnten, nämlich die kontrol- lierte und implementierte Vereinheitli- chung der ärztlichen Arbeit in unserem Netz zwecks Kostenoptimierung oder Ressourcenschonung, das heisst evidenz- basierte Diagnose- und Therapie - richtlinien, aber auch praktisch-admi- nistrative Optimierungen wie Medika- menten einkauf, überhaupt gemeinsame Ressourcennutzung, dann auch poli- tisch geschlossener gemeinsamer Auf- tritt. Letztlich soll der Arzt mit diesem Korsett in seiner beruflichen Existenz besser gestützt sein, allerdings zum Preis seiner Anpassung an und Unterordnung unter das Diktat des Ärztenetzwerks.

Anpassung

Anpassung ist das halbe Leben (es gibt ja die Diagnose der «Anpassungsstö- rung»), es fragt sich nur, ob man sein Diktat selber mitgestalten oder es sich von Aussenstehenden aufoktroyieren lassen will. Sofern man überzeugt ist, dass die neue MC-Philosophie die Ge- sundheitspolitik bestimmen wird, ist man besser beraten, mitzugestalten, als einfach abzuwarten, das heisst in einem Netzwerk mitzuwirken, statt wie bis anhin isoliert zu verharren. Die aktuelle politische Lage mit noch unentschiede- ner Gesundheitspolitik lässt uns Ge- mässigten oder uns Unentschlossenen eine Verschnaufpause. Wohl auch des- halb zählen wir uns im Netz Bantiger (noch?) nicht zu den Speerspitzen des MC-Gedankens.

Idealisierte Medizin versus knappes Geld

Unsere Generation (ich bin 60) hat eine unabhängige Art der Medizin gelernt, nach dem Motto: Wir entscheiden nach bestem Wissen und Gewissen, bemü- hen uns, eine State-of-the-Art-Medizin und Good Practice zu verfolgen, haben ethische und moralische Prinzipien, sollten sozial und liberal im Wesen sein – und die Kasse bezahlt. Tja, letzterer Punkt ist der berühmt-berüchtigte Pfer- defuss in dieser idealisierten Medizin.

Schöngeist versus Geld. Dieses knappe Geld gilt es möglichst effizient = sparsam

Integrierte Versorgung

Keine hohen (Aare-)Wellen in Bern FORUM

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ARS MEDICI 10 2012

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auszugeben, und das versprechen sich die Politiker von der integrierten Versor- gung. Wir Grundversorger versprechen uns eine berufspolitische Aufwertung, konkret geht es um mehr Macht bei Tarifverhandlungen. Die Enttäuschung beim Tarmed ist nicht ver ges sen. Als 60-Jähriger nach mehr als 30 Jahren Berufserfahrung habe ich natürlich eine verklärte, weniger stürmische, auf fi- nanziell besserem Polster basierende und teilweise auch resignierte Sicht- weise auf den MC-Zeitgeist, ohne überheblich sein zu wollen. Der Jugend gehört die Zukunft, und es sind daher die jungen Kollegen, die entscheiden werden, ob integrierte Versorgung zum Standard wird oder nicht.

Medikamentenabgabe und Notfalldienst

Prinzipiell sind wir alle für die direkte Medikamentenabgabe (DMA), aber wir haben mit dem Versandsystem (mehrheitlich über die Apotheke Zur Rose) einen Kompromiss zwischen un- serem Wunsch nach DMA und dem bernischen Gesetzgeber gefunden, der in der Agglomeration Bern, das heisst dem Einzugsgebiet unseres Netzes, nur die beschränkte Dispensation duldet, also Erst- und Notfallabgabe. Unsere Patienten schätzen die Versandmög- lichkeit überaus. In unserem Netz ist die DMA zurzeit kein Thema.

Im Raum Bern musste der Notfallarzt während seines Dienstes durchschnitt- lich etwa einmal pro Dienst ausrücken (Studie Dr. Beat Gafner im Auftrag der Bekag). Während vor 10 oder 20 Jah- ren der Notfalldienst (NFD) ziemlich stressig war (mehrmaliges Ausrücken auch nachts), so sucht in den letzten Jahren die Bevölkerung immer mehr direkt die vielen Notfallpforten und Walk-in-Kliniken auf. Unsere Dienste wurden deshalb deutlich angenehmer, auch wenn die Präsenzzeit blieb. Unser Netz konnte vor zwei Jahren den NFD an den City-Notfall, eine von der Bekag, dem Inselspital und der Sonnenhofklinik finanzierte Walk-in- Klinik im Stadtzentrum, delegieren, was abrupt zum praktischen Sistieren unseres Ausrückens im NFD führte, wir leisteten nur noch Hintergrund- dienst. Vor einem Jahr verlangte der City-Notfall zur Verlängerung seines Angebots viel Geld, weshalb wir uns nach einer anderen Lösung umsahen.

Glücklicherweise bot uns das Tiefenau- spital der Stadt Bern an, unseren NFD kostenlos zu übernehmen, sofern wir Hintergrunddienst für jene Fälle leis- ten, die nicht transportfähig sind. Dies funktioniert ausgezeichnet, die Notrufe werden von unserem Triagezentrum di- rekt ans Tiefenauspital weitergeleitet, weshalb wir nur noch selten ausrücken müssen, und fast nie mehr nachts. So

leisten wir alle im Netz (ausser einigen Spezialisten, die eine Abgabe zahlen) 23 Tage im Jahr Hintergrunddienst, wobei die aktuelle Lösung mit dem Tie- fenauspital unisono als ideal betrachtet wird. Zudem haben wir die Möglich- keit, uns vom NFD freizukaufen, diese Option wird allerdings nur wenig be- ansprucht.

Gutes kollegiales Verhältnis

In den Ferien klappt die gegenseitige Vertretung sehr gut, wir haben glückli- cherweise ein gutes kollegiales Verhält- nis und keinen Futterneid. Die Knapp- heit an Grundversorgern bewirkt ja, dass wir alle mehr als genug Patientin- nen und Patienten haben. Der Zusam- menschluss im Verein Bantiger wirkt sich zudem positiv auf die Kollegialität und die Bereitschaft aus, sich gegensei- tig zu vertreten. Hier gibt es bei uns keine Probleme.

❖ Dr. med. Emil Dreyer

Präsident Ärztenetz Bantiger Bern

Erstveröffentlichung in «ARGOMED/DEFACTO» 1/12.

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