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Münchener Universitätsschriften R e i he d er J u r i s t i s c h en F a k u l t ät H e r a u s g e g e b en

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(1)

R e i h e d e r J u r i s t i s c h e n F a k u l t ä t

H e r a u s g e g e b e n

i m A u f t r a g der J u r i s t i s c h e n F a k u l t ä t v o n

Peter L e r c h e , W e r n e r L o r e n z , C l a u s R o x i n B a n d 39

(2)
(3)

Die Risikozurechnung bei Vertragsstörungen in Austauschverträgen

Eine Untersuchung zur Rechtsfortbildung auf dem Gebiet der materiellen Leistungserschwerung,

Zweckstörung sowie Schadensersatzhaftung bei Sach- und Dienstleistungen

v o n

D R . J U R . I N G O K O L L E R Professor an der Universität Passau

C . H . B E C K ' S C H E V E R L A G S B U C H H A N D L U N G M Ü N C H E N 1979

(4)

Univ.-BtbHothek Regensburg

CIP-Kurztitelaufnahmc der Deutschen Bibliothek Koller, Ingo:

D i e Risikozurechnung bei Vertragsstörungen i n Austauschverträgen: c. Unters, zur Rechtsfortbildung auf d. Gebiet d . materiellen Leistungserschwerung, Zweckstörung sowie Schadenersatzhaftung bei Sach- u. Dienstleistungen/von Ingo K o l l e r . - München: Beck, 1979.

(Münchener Universitätsschriften: Reihe d . Jur. Fak.; B d . 39)

I S B N 3 406 05439 0

I S B N 3 406 05439 0

© 1979 C. H . Beck'sche Verlagsbuchhandlung (Oscar Beck) München Als Habilitationsschrift auf Empfehlung der Juristischen Fakultät der

Ludwig-Maximilians-Univcrsität München

gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft Satz und Druck der C. H . Beck'schen Buchdruckerei Nördlingen

(5)

Das Recht der Vertragsstörungen ist seit der Kodifikation des BGB immer stärker differenziert und dadurch äußerst unübersichtlich geworden. Die hier vorliegende Unter- suchung hat sich das Ziel gesetzt, das Recht der „Leistungsstörung im weitesten Sinne"

wieder etwas durchsichtiger zu machen, ohne das inzwischen erreichte Maß an Sicherung der Individualgerechtigkeit aus den Augen zu verlieren. Sie knüpft, um dieses Ziel zu erreichen, nicht an die gesetzlich fixierten Störungsformen, wie Unmöglichkeit, oder an die praeter legem entwickelten Störungsformen, wie Wegfall der Geschäftsgrundlagen, an. Ansatzpunkt ist vielmehr die Frage nach den die Risikozurechnung tragenden Prinzi- pien. Diesen Prinzipien wird - beschränkt auf die wesentlichsten Austauschverträge - im Bereich der Unmöglichkeit, des Unvermögens, der Geschäftsgrundlagen-Figur, aber auch der Beschaffungspflicht bei Gattungsschulden, des Annahmeverzuges, der Gewährlei- stung sowie des arbeitsrechtlichen Betriebsrisikos und der Figur „schadensgeneigte" Ar- beit nachgegangen und es wird versucht, auf ihrer Grundlage überzeugendere und kla- rere Lösungen zu entwickeln.

Die Untersuchung lag im Sommersemester 1977 der Ludwig-Maximilians-Universität München als Habilitationsschrift vor. Sie wurde von meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Claus-Wilhelm Canaris, angelegt und betreut. Hierfür sowie für die vielfältige wissenschaftliche und persönliche Förderung, die mir während meiner Assistententätig- keit an seinem Lehrstuhl zuteil wurde, darf ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken.

Mein besonderer Dank gilt ferner dem Korreferenten der Arbeit, Herrn Prof. Dr. Goetz Hueck, für zahlreiche wertvolle Hinweise. Schließlich darf ich den Herren Prof.

Dr. Dr. Klaus Hopt, Dr. Leenen und Dr. Prölss danken, deren Diskussionsbeiträge und Kritik dem Verfasser sehr geholfen haben, seine Thesen schärfer herauszuarbeiten.

Passau, im Februar 1979 Ingo Koller

(6)
(7)

Einleitung 1 I. Problemstellung 1

1. Der Begriff des Aufwandserhöhungs- und Zweckstörungsrisikos 1 2. Die ursprüngliche Risikoverteilungskonzeption des BGB und ihre Durchbrechungen 2

II. Abgrenzung des Themas 4 1. Merkmal „Materielle Aufwandserhöhung" 4

2. Merkmal „Austauschverträge" 4 3. Merkmal „Sach- und Dienstleistungen" 5

III. Gang der Untersuchung 6

Erstes Kapitel

Die Risikoverteilung anhand des Unmöglichkeitsgedankens und ihre Durchbrechung im Rahmen der Rechtsfortbildung

§ 1 Die Risikoverteilung anhand des Unmöglichkeitsgedankens und die materielle Ver-

tragsgerechtigkeit 7 I. Die Gefahr nutzlosen Aufwandes bei Primärzweckstörungen und § 323 I BGB

(Preisgefahr) 9 II. Die Verteilung des Risikos der Aufwandserhöhung 13

§ 2 Kritische Betrachtung der Ansätze zur Rechtsfortbildung 17 I. Die Lösungsansätze auf psychologischer Grundlage 19

1. Der psychologisierende Ausgangspunkt Oertmanns 19

2. Der Ansatz Schmidt-Rimplers 20 II. Die Lösungsansätze mit Hilfe von normativen Kriterien 22

1. Die „Erkennbarkeit" von Planungsfaktoren für den Vertragspartner 22

2. Die Gemeinsamkeit von Fehlvorstellungen 25 3. Das Verbot des venire contra factum proprium 30 4. Maßstäbe für das Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung 32

a) Der „Sinn des Versprechens" als Risikoverteilungselement 32

b) Auslegung des Vertrages 34 c) Die Formel von der „redlichen Denkweise" 39

d) Die schwere Äquivalenzstörung 39 e) Die Verteilung des Aufwandserhöhungs- und Zweckstörungsrisikos in um-

fassender Interessenabwägung 44

f) Zusammenfassung 4?

5. Primär am Risikogedanken orientierte Lösungsansätze 48

a) Die Opfergrenzen-Theorien 49 b) Die Gefahr der Fehlplanung und vertragliche Risikoordnung 51

(8)

c) Risikozurechnung 53 aa) Verschuldensabhängige Risikozurechnung S. 54; bb) Die „Auswir-

kungs"-Theorien S. 62; cc) Das „Ursprungs-Kriterium" S. 66; dd) Die

„Veranlassungs"-Theorien S. 70

§ 3 Zusammenfassung 74 Zweites Kapitel

Abstrakte Beherrschbarkeit, Absorption und arbeitsteilige Veranlassung als Zurech- nungselemente im System der Verteilung von Risiken planungswidrigen Aufwandes so-

wie von Zweckstörungsrisiken 77

§ 1 Das Prinzip abstrakter Beherrschbarkeit 78 I. Legitimation und Aufgabe des Prinzips abstrakter Beherrschbarkeit 78

II. Der Adressat der Zurechnung kraft abstrakter Beherrschbarkeit 84

III. Die Intensität der Zurechnung 87 IV. Immanente Grenzen der abstrakten Beherrschbarkeit 88

§ 2 Das Absorptionsprinzip 89 I. Legitimation und Aufgabe des Absorptionsprinzips 89

II. Der Adressat des Absorptionsprinzips 91 III. Stellenwert des Absorptionsprinzips im Verhältnis zum Prinzip der abstrakten

Beherrschbarkeit 94 IV. Immanente Grenzen des Absorptionsprinzips 95

§ 3 Das Prinzip der arbeitsteiligen Veranlassung 95

§ 4 Zusammenfassung 97 Drittes Kapitel

Die Prinzipien abstrakter Beherrschbarkeit, Absorption sowie arbeitsteiliger Veranlas-

sung als anerkannte Risikozurechnungsgründe 99

§ 1 Das Prinzip abstrakter Beherrschbarkeit 100 I. Abstrakte Beherrschbarkeit und Risiko planungswidrigen Aufwandes (Auf-

wandserhöhung-Schadensersatz) 100 1. Der Einfluß der abstrakten Beherrschbarkeit auf die Verteilung gegenwartsbe-

zogener Risiken planungswidrigen Aufwandes 100

a) § 306BGB 100 b) § 4 3 7 B G B 104 c) Die Restriktion des § 437 I BGB 107

d) § 436BGB 112 e) § 4391 BGB 113 f) § 4591 BGB 115 2. Der Einfluß der abstrakten Beherrschbarkeit auf die Verteilung zukunftsbezo-

gener Risiken planungswidrigen Aufwandes (Aufwandserhöhung und Scha-

densersatz) 119

(9)

a) §§ 454 H G B , 82 ff E V O , 28 ff K V O , 9 Möbeltarif, 701 f BGB 120 b) § 304 i.V.m. §§ 293ff, 615, 642 BGB, 572ff, 594ff, 666 H G B , 29ff, 48ff

BSchG, 80 VIII, XIV E V O , 25 IV K V O 132

c) § 243 II i.V.m. § 275 BGB 134

d) §§ 629ffHGB 138 II. Abstrakte Beherrschbarkeit und das Risiko sinnlosen Aufwandes bei Zweckstö-

rungen (Preisgefahr) 139 a) § 306BGB 141 b) § 4591 BGB 142

aa) Die Deutung der ratio des § 459 I BGB in der Literatur S. 143. bb) Die Bedeutung des Veranlassungs- und Beherrschbarkeitsprinzips für die Deutung der ratio des § 459 I BGB S. 147

c) § 4 4 6 1 i.V.m. §§ 323 1,4591 BGB 152

d) § 552 BGB 156 e) § 6451 BGB 157

aa) Wurzeln des § 645 I BGB S. 157; bb) Die Deutung des § 645 I BGB in Literatur und Rechtsprechung S. 159; cc) Der Beherrschbarkeitsgedanke in Fällen anfänglicher Stoffmängel S. 160; dd) Der Beherrschbarkeitsgedanke in Fällen nachträglicher Stoffmängel S. 160; ee) Die Relevanz der Sachkunde des Unternehmers S. 161; ff) Die Gefahr einer Externalisierung von Risiken S. 163;

gg) Die Bedeutung des Veranlassungsgedankens für die Risikoverteilung S. 165; hh) Die Rolle des Beherrschbarkeitsgedankens bei fehlerhaften Anwei- sungen S. 165; ii) Ergebnis S. 166

f) §§ 618, 667 H G B , 65 BSchG 167 g) Abgrenzung von Dienst- und Werkverträgen 169

h) Die Haftung für die Bonität beim Verkauf von Forderungen 171

i) § 4 4 7 B G B 172 III. Zusammenfassung 176

§ 2 Das Absorptionsprinzip 178 I. Die Zurechnung des Risikos an den Gläubiger mangels eines Absorptionsvor-

sprunges des Schuldners 179 a) §§ 293ff, 324 II, 615, 642 BGB, §§ 572ff, 594ff, 666 H G B sowie die §§ 552,

645 BGB, 618, 667 H G B 179 aa) Absorptionsvorsprung des Gläubigers bzw. gleich gute Absorptionsmög-

lichkeiten beider Parteien S. 180; bb) Verhinderung einer Externalisierung von Risiken S. 181; cc) Ergebnis S. 183

b) §447 BGB 184 c) Bonitätsrisiko beim Verkauf von Forderungen 184

II. Die Zurechnung des Risikos an den Schuldner aufgrund besserer Absorptions-

möglichkeiten 186 a) Untergang der vom Schuldner zur Leistung eingesetzten Hilfsmittel 186

b) Beschädigung bzw. Zerstörung des Mietobjektes 188

§ 3 Das Prinzip arbeitsteiliger Veranlassung 190 I. Der Veranlassungsgedanke im Rahmen von Gesellschaftsverträgen (§110

HGB) 191

(10)

II. Der Veranlassungsgedanke in bürgerlich-rechtlichen Austauschverträgen 193

a) Kritik der in der Literatur vertretenen Ansichten 193 b) Die Bedeutung des Veranlassungsprinzips für die ratio der Vorschriften über

den Annahmeverzug und für § 645 BGB 196 c) Die Bedeutung des Veranlassungsprinzips für die ratio des § 552 BGB 197

III. Der Veranlassungsgedanke in schiffahrts- und versicherungsrechtlichen Normen 201

§ 4 Zusammenfassung 204

Viertes Kapitel

Die Verteilung des Aufwandserhöhungs-, Schadensersatz- und Zweckstörungsrisikos bei

Austauschverträgen mit Ausnahme der Arbeitsverhältnisse 207

§ 1 Das Risiko planungswidrigen Aufwandes infolge einer Fehleinschätzung der zukünf-

tigen Entwicklung 209 I. Die Grundstrukturen der Verteilung des Risikos planungswidrigen Aufwandes

(Leistungserschwerung und Schadensersatz) am Beispiel des Kauf- und Werklie-

ferungsvertrages 211 1. Die Zurechnung des Risikos an den Schuldner im Falle der Erhöhung des zur

Erfüllung „in natura" erforderlichen Aufwandes 211 aa) Der Organisation des Schuldners entspringende Störungen S. 211;

bb) Störungen durch Marktänderungen S. 211; cc) Von außen unmittelbar einwirkende Störungen, insbesondere in Form hoheitlicher Maßnahmen S. 212; dd) Uberprüfung der Zurechnungskriterien anhand der höchstrich- terlichen Rechtsprechung S. 213

2. Grenzen der Zurechnung aufgrund mangelnder Beherrschbarkeit bzw. Absor-

bierbarkeit des Risikos 217 a) Die Bedeutung der „Vorhersehbarkeit" für die Begrenzung der Risikozu-

rechnung 217 aa) Das Kriterium „Vorhersehbarkeit" S. 217; bb) Die Bedeutung der „Vor-

hersehbarkeit" bei Gefahren, die dem Organisationsbereich des Schuldners entspringen S. 223; cc) Die Bedeutung der „Vorhersehbarkeit" bei Gefah- ren, die „von außen" kommen S. 224; dd) Die „Unvorhersehbarkeit" des Ausmaßes der Störung S. 228

b) Die Entlastung des Schuldners trotz „Vorhersehbarkeit" des Risikos 232 c) Die Belastung des Schuldners trotz „Unvorhersehbarkeit" des Risikos . . . . 232

aa) Liquiditätsrisiken S. 232; bb) Verlustkompensation S. 234

3. Die Entlastung des Schuldners bei gleichwertigen oder besseren Beherr-

schungs- bzw. Absorptionsmöglichkeiten des Gläubigers 235 4. Das Verschuldensprinzip als Zurechnungsgrenze bei Schadensersatzpflichten 236

5. Rechtsfolgen 240 II. Werkvertrag 244

1. Die Zurechnung des Risikos an den Schuldner 244 2. Die Beherrschbarkeit und Absorbierbarkeit des Risikos durch den Besteller . . 245

a) Die Unzulänglichkeit der §§ 642, 645 BGB 245 b) Risikobelastung des Bestellers bei eigenem Fehlverhalten 246

(11)

c) Fehler des vom Besteller zu liefernden Leistungssubstrates 247

d) Störung aus der neutralen Sphäre 247

3. Rechtsfolgen 250 III. Miete 250

1. Die Zurechnung vorhersehbarer Risiken an den Vermieter 251

2. Die Zurechnung unvorhersehbarer Risiken 252 3. Der Einfluß des Veranlassungs-, Beherrschbarkeits- und Absorptionsprinzips

auf Vereinbarungen, die vom dispositiven Recht abweichen 253

4. Rechtsfolgen 255 IV. Darlehen 256

1. Die Lösungsvorschläge der Literatur bei einer Unmöglichkeit der Rückerstat-

tung 256 2. Die Risikoverteilung auf der Grundlage des Veranlassungs-, Beherrschbar-

keits- und Absorptionsprinzips 257

3. Zusammenfassung 259 V. Vertrag über die Bestellung von Sicherheiten 259

1. Die Veranlassung eines Risikos planungswidrigen Aufwandes 260 2. Beherrschbarkeit und Absorbierbarkeit des Risikos planungswidrigen Auf-

wandes durch den Sicherungsgeber 261

VI. Zusammenfassung 263

§ 2 Das Risiko planungswidrigen Aufwandes infolge unzulänglicher Berücksichtigung

von Gegenwartsfaktoren 264 I. Der planungswidrige Aufwand in Form einer Schadensersatzpflicht 265

1. Das anfängliche Unvermögen 265 a) Streitstand und Kritik 265 b) Haftung für anfängliches Unvermögen auf der Basis des Versprechens und

der abstrakten Beherrschbarkeit 269 2. Ausdehnung der Haftung auf Schadensersatz im Bereich der objektiven Un-

möglichkeit 277 3. Restriktion der Schadensersatzhaftung , 277

II. Planungswidriger Aufwand in Form der Aufwandserhöhung 278

III. Zusammenfassung 279

§ 3 Primärzweckstörungen und die Gefahr nutzloser Investitionen (Preisgefahr) 280

I. Miete 281 1. Die Zurechnung des Risikos an den Vermieter bei nachträglicher

Unmöglichkeit 282 2. Die Zurechnung des Risikos an den Mieter bei nachträglicher Unmöglichkeit 284

3. Die Preisgefahr bei anfänglicher Unmöglichkeit 285

4. Rechtsfolgen 287 II. Werkvertrag 287

1. Die Belastung des Unternehmers mit dem Aufwandsrisiko bei nachträglicher

Unmöglichkeit bzw. Verschlechterung der Werkleistung 288

(12)

XII

2. Die Belastung des Bestellers mit dem Aufwandsrisiko bei nachträglicher Un-

möglichkeit oder Verschlechterung der Werkleistung 289 3. Die Preisgefahr bei anfänglicher Unmöglichkeit 294

4. Rechtsfolgen 294 III. Dienstvertrag 297

1. Dem Schuldner zuzurechnende Risiken (Preisgefahr) 297 2. Dem Dienstberechtigten zuzurechnende Risiken (Preisgefahr) 300

3. Rechtsfolgen 300 IV. Kaufvertrag 302

1. Zurechnung der Preisgefahr an den Verkäufer 302 2. Zurechnung der Preisgefahr an den Käufer 304

V. Zusammenfassung 306

§ 4 Das Aufwandsrisiko (Preisgefahr) bei Störungen der Verwendungsplanung (Sekun-

därzweckstörung) 306 I. Die Zurechnung des Risikos an den Gläubiger 307

1. Beherrschbarkeits- bzw. Absorptionsvorsprung des Verwenders

(Gläubigers) 308 a) Gefahren, die der Sphäre des Verwenders entspringen 308

b) „Von außen" kommende Störungen, die sich zuerst auf die Sphäre des

Verwenders auswirken 308 2. Gleiche Beherrschungs- und Absorptionsmöglichkeiten von Schuldner und

Gläubiger 311 a) Die Veranlassung der Gefahr 311

b) Fälle heterogener Sekundärzweckstörungen 314

3. Zusammenfassung 320 II. Die Zurechnung des Sekundärzweckstörungsrisikos an den Schuldner 321

1. Homogene Sekundärzweck- und Äquivalenzstörungen, die von beiden Par-

teien gleich gut beherrscht bzw. aufgefangen werden können 321 a) Das Kriterium der homogenen Verwendungsstörung 321

aa) Fehlen der Veranlassung S. 321; bb) Auseinandersetzung mit den in der Literatur vorgetragenen Entscheidungskriterien S. 324

b) Unvorhersehbarkeit der Verwendungsstörung als Kriterium einer relevanten

subjektiven Äquivalenzstörung 328 aa) Unvorhersehbarkeit S. 328; bb) Ausnahme S. 330; cc) Fallanalyse S. 331

c) Abgrenzung 334 2. Beherrschbarkeits- und Absorptionsvorsprung des Schuldners 338

a) Störungen aus der Sphäre des Schuldners 340 b) Störungen aus der neutralen Sphäre 342

aa) Verkauf von Mitgliedschaftsrechten S. 342; bb) Hoheitliche Bau verböte beim Verkauf von Grundstücken S. 344; cc) Einflußnahme des Schuldners auf die Verwendungsplanung S. 347; dd) Finanzierte Abzahlungsgeschäfte S.351

3. Rechtsfolgen 358 a) Zurechnung des Risikos an den Schuldner aufgrund eines Beherrschbar-

keits- bzw. Absorptionsvorsprunges 358

(13)

b) Homogene, unvorhersehbare Verwendungs- und Äquivalenzstörungen . . . 361 aa) Vor Erbringung der Leistung S. 361; bb) Nach Erbringung der Leistung S.361

III. Rücktritt vom Vertrag wegen Sekundärzweckstörungen bei infungiblen Leistun-

gen, die dem Verwender zuzurechnen sind 363

IV. Zusammenfassung 368

§ 5 Störungen des Schuldnerinteresses am Vertrag bei Unerreichbarkeit des weiteren mit

der Sach- bzw. Dienstleistung verfolgten Zweckes 368

I. Tragweite des § 812 I 2 2. Alt. BGB 369 II. Die Korrektur des § 812 I 2 2. Alt. BGB 372 III. Abgrenzung zu verwandten Äquivalenzstörungen 374

§ 6 Die Leistungserleichterung und die erhöhte Nutzbarkeit der Leistung 375

I. Leistungserleichterung 376 II. Die erhöhte Nutzbarkeit der Leistung 377

§ 7 Die Bedeutung der „Gemeinsamkeit" von Fehlvorstellungen bei Leistungserschwe-

rungs-, Zweckstömngs- und sonstigen Äquivalenzstörungsrisiken 378

Fünftes Kapitel

Planungswidriger Aufwand und Zweckstörung in Arbeitsverhältnissen 383

§ 1 Die Eigenständigkeit der arbeitsrechtlichen Risikoverteilung 383 I. Das Risiko der gefahrengeneigten Tätigkeit aus der Perspektive des „Veranlas-

sungs-, Beherrschbarkeits- sowie Absorptionsprinzips" 383 II. Das Primärzweckstörungsrisiko und das sog. Betriebsrisiko 390

§ 2 Der arbeitsrechtliche Schutzgedanke 393 I. Die Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers 394

II. Die Remedien 397 III. Die ratio der arbeitsrechtlichen Schutzgesetzgebung auf wirtschaftlichem

Gebiet 398

§ 3 Das Zusammenspiel von Veranlassungs-, Beherrschbarkeits- und Absorptionsprin- zip mit dem arbeitsrechtlichen Schutzgedanken bei der Zuordnung von Schadenser-

satz- und Zweckstörungsrisiken 403 I. Die Risikoverteilung bei gefahrengeneigter Tätigkeit 403

1. Die gefahrengeneigte Tätigkeit im Rahmen von Arbeitsverhältnissen 403

a) Materielle Äquivalenz und Risikozurechnung 403 b) Die Ausgestaltung des Haftungsprivilegs des Arbeitnehmers 406

2. Die gefahrengeneigte Tätigkeit selbständig beschäftigter Dienst- und Werkver-

tragsschuldner 414

(14)

II. Die Risikohaftung des Arbeitgebers bei Schäden an Sachen des Arbeitnehmers . . 418 III. Die Verteilung des sog. Betriebsrisikos unter Ausschluß der Arbeitskampf-

problematik 423 1. Die Verteilung des Risikos nach allgemeinen Grundsätzen 423

2. Der Einfluß des arbeitsrechtlichen Schutzgedankens 425

3. Rechtsfolgen 432

§ 4 Zusammenfassung 433

Ergebnisse 435 Literaturverzeichnis 451 Sachverzeichnis 467

(15)

aaO am angegebenen Ort a.A anderer Ansicht

Abt Abteilung

AbZG Gesetz betreffend die Abzahlungsgeschäfte v. 16.5. 94, RGBl 450, BGBl III 4 Nr. 402 - 2

AcP Archiv für die zivilistische Praxis

A D H G B Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch ADSp Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen a. F alte Fassung

A G Amtsgericht AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen Anm Anmerkung

AP Nachschlagwerk des Bundesarbeitsgerichts (bis 1954 Zeitschrift: Ar- beitsrechtliche Praxis, Jahrgang und Seite; seit 1954 Gesetzesstelle und Entscheidungsnummern)

AR-Blattei Arbeitsrecht-Blattei, Handbuch für die Arbeitsrechtspraxis ArbR Arbeitsrecht

ArchBürgR Archiv für bürgerliches Recht (Band und Seite) ARS Arbeitsrecht-Sammlung (Band und Seite) ARSt Arbeitsrecht in Stichworten

A T Allgemeiner Teil Aufl Auflage

AuR Arbeit und Recht, Zeitschrift für Arbeitsrechtspraxis B A G Bundesarbeitsgericht

B A G E Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (Band und Seite) BauR Baurecht

BayObLGZ Bayerisches Oberstes Landesgericht, Entscheidungssammlung in Zivil- sachen (Jahr und Seite)

BB Betriebsberater Bd Band

bes besonders BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl Bundesgesetzblatt B G H Bundesgerichtshof

B G H Z Bundesgerichtshof, Entscheidungen in Zivilsachen (Band und Seite) BschG Binnenschiffahrtsgesetz

BT Bundestag

BVerfG Bundesverfassungsgericht bzw beziehungsweise

D A R Deutsche Außenwirtschafts-Rundschau (Jahr und Seite) DB Der Betrieb (Jahr und Seite)

ders derselbe d.h das heißt

Diss Dissertation DJ Deutsche Justiz (Jahr und Seite) DJT Deutscher Juristentag

DJZ Deutsche Juristen-Zeitung (Jahr und Seite)

(16)

DNotZ Deutsche Notar-Zeitschrift (Jahr und Seite)

EE Eisenbahnrechtliche Entscheidungen des Reichsgerichtes

E K G Einheitliches Gesetz über den Abschluß von internen Kaufverträgen über bewegliche Sachen v. 17. 7. 73, BGBl. I, 856

E V O Eisenbahnverkehrsordnung v. 8. 8. 38, RGBl II 663, BGBl III 9 Nr. 934 - 1

ff folgende Fn Fußnote

G G Geschäftsgrundlage GoA Geschäftsführung ohne Auftrag

Gruch Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, begründet von Gru- chot (Band und Seite)

GrünhZ Zeitschrift für das Privat- und öffentliche Recht der Gegenwart, be- gründet von Grünhut

GRUR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Jahr und Seite) GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen id. F. v. 4. 4. 74, BGBl I 869 HaftPflG Haftpflichtgesetz v. 4. 1. 78, BGBl I 145

HdSW Handwörterbuch der Sozialwissenschaften

H E Z Höchstrichterliche Entscheidungen; Sammlung von Entscheidungen der Oberlandesgerichte und der obersten Gerichte in Zivilsachen (Band und Seite)

H G B Handelsgesetzbuch v. 10. 5. 97, RGBl 219, BGBl III 4 Nr. 4100 - 1 h. M Herrschende Meinung

HRR Höchstrichterliche Rechtsprechung (Jahr und Nr.) i. E im Ergebnis

Jherjb Jherings Jahrbücher der Dogmatik des bürgerlichen Rechts JR Juristische Rundschau (Jahr und Seite)

Jur. Blätter Juristische Blätter (Jahr und Seite) JuS Juristische Schulung (Jahr und Seite) JW Juristische Wochenschrift (Jahr und Seite) JZ Juristen-Zeitung (Jahr und Seite) Kap Kapitel KFZ Kraftfahrzeug K G Kammergericht

KSchG Kündigungsschutzgesetz v. 25. 8. 69, BGBl I 1317, BGBl III 8 Nr. 800-2

K V O Kraftverkehrsordnung für den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen (Beförderungsbedingungen) i.d.F. v. 23.12. 58, BAuZ 31.12. 58 Nr. 249 (mehrere Änderungen)

L A G Landesarbeitsgericht

LandpachtG Landpachtgesetz v. 25. 6. 52, BGBl I 343, BGBl III 7 Nr. 7813 - 2 L G Landgericht

L M Lindenmaier - Möhring

LuftVG Luftverkehrsgesetz i.d.F. v. 4. 11. 68, BGBl I 1113, BGBl III 9 Nr. 96 - 1

LZ Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht (Jahr und Seite) MDR Monatsschrift für Deutsches Recht (Jahr und Seite) Mot Motive zum BGB

MuSchG Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter i.d.F. v. 18. 4. 68, BGBl 315

MuW Markenschutz und Wettbewerb (Jahr und Seite) m. weit.Nachw. . . . mit weiteren Nachweisen

(17)

n.F neue Fassung

NJW Neue Juristische Wochenschrift (Jahr und Seite)

O G H Z Oberster Gerichtshof für die britische Zone; Sammlung der Entschei- dungen für Zivilsachen (Band und Seite)

O L G Oberlandesgericht

O L G Z Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen (Jahrgang und Seite)

PatG Patentgesetz i.d.F. v. 2. 1. 68, BGBl I 2, BGBl III

Prot Protokolle der Kommission für die II. Lesung des Entwurfs des BGB RabelsZ Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, begründet

von Emst Rabel (Jahr und Seite) R A G Reichsarbeitsgericht RdA Recht der Arbeit (Jahr und Seite) RG Reichsgericht

RGRK Kommentar, herausgegeben von Reichsgerichtsräten und Bundesrich- tern

RGZ Reichsgericht, amtliche Sammlung der Reichsgerichtsrechtsprechung in Zivilsachen (Band und Seite)

RheinZt Rheinische Zeitschrift für Zivilrecht und Prozeßrecht (1909-1925/26) (Band und Seite)

S Seite

SAE Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen der Vereinigung der Ar- beitgeberverbände

SchR Schuldrecht

SchwbG Schwerbehindertengesetz v. 29. 4. 74, BGBl I 1005

SeuffA Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deut- schen Staaten (Band und Nr.)

SJZ Süddeutsche Juristenzeitung (Jahr und Seite, ab 47 Spalte) ab 1. 1. 51 in die Juristenzeitung übergeleitet

sog sogenannt StudK Studienkommentar

StVG Straßenverkehrsgesetz v. 19. 12. 52, BGBl I 837, BGBl III 9 Nr. 9233 - 1

v.c.f.p venire contra factum proprium Verf Verfasser

VersR Versicherungsrecht-Juristische Rundschau für die Individualversiche- rung (Jahr und Seite)

vgl vergleiche V O Verordnung

V O B Verdingungsordnung für Bauleistungen, Fassung 1973, BAuZ 1973, Beilage zu Nr. 216

Vorbem Vorbemerkung

W G Gesetz über den Versicherungsvertrag v. 30. 5. 08, RGBl 263 Warn = WarnR . . . . Warneyer, Die Rechtsprechung des Reichsgerichts (Jahr und Seite) W M Wertpapiermitteilungen

WuW Wirtschaft und Wettbewerb (Jahr und Seite) z zum

z.B zum Beispiel

ZfA Zeitschrift für Arbeitsrecht (Jahr und Seite)

ZGR Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (Jahr und Seite) ZHR Zentralblatt für Handelsrecht (Jahr und Seite)

ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik (Jahr und Seite) zutr zutreffend

(18)
(19)

/. Problemstellung

1. Der Begriff des Aufwandserhöhungs- und Zweckstörungsrisikos Austauschverträge dienen in einer Verkehrswirtschaft der wechselseitigen Bedürf- nisbefriedigung nach selbstverantwortlich gesetzten Maßstäben u n d Z i e l e n . W i e jedem auf Bedarfsdeckung gerichteten Wirtschaften liegt auch ihnen ein Planungs- vorgang zugrunde. So plant der anbietende T e i l i m wesentlichen den Leistungser- bringungsprozeß, d . h . wie u n d m i t welchen M i t t e l n dem Vertragspartner das i n A u s s i c h t gestellte G u t verschafft werden soll. D e r Vertragspartner plant - v o n der E r b r i n g u n g der Gegenleistung abgesehen - seinen Einsatz z u r D e c k u n g des Bedar- fes. A u c h diese P l a n u n g enthält eine V i e l z a h l v o n Zwischengliedern. Sie beginnt mit der E m p f a n g n a h m e der Leistung u n d setzt sich i n der Entscheidung über die A r t u n d Weise ihrer V e r w e n d u n g fort. Ihr Z i e l ist die Befriedigung des als am dringlich- sten erkannten Bedürfnisses. Diese Planungen können m e h r oder m i n d e r detailliert sein, - fehlen werden sie nie ganz; denn jeder Vertragspartner w i r d i n seiner R o l l e als Nachfrager den E m p f a n g der L e i s t u n g u n d das Z i e l ihrer V e r w e n d u n g einplanen.

U m g e k e h r t w i r d sich der Anbieter der Leistung zumindest i n groben U m r i s s e n überlegen, welcher W e g einzuschlagen ist, u m die Leistung z u erbringen, da k a u m anzunehmen ist, daß ein Vertragsteil die subjektive Äquivalenz v o n Leistung u n d Gegenleistung bejahen w i r d , ohne vorher den für die Leistung erforderlichen A u f - w a n d überschlagen z u haben.

D i e Situation, i n der die Planung erfolgt, ist durch Ungewißheit gekennzeichnet.

D e r Planende w i r d nämlich k a u m jemals alle der Gegenwart oder Vergangenheit angehörenden D a t e n , die für seine Planung v o n Bedeutung sind, i n E r f a h r u n g b r i n - gen. Erst recht besitzt er keine exakten Kenntnisse über die zukünftigen Ereignisse, die für die E r r e i c h u n g seiner Ziele erheblich sind. A u s dieser Unsicherheit über die D e c k u n g v o n Plandaten u n d faktischen D a t e n resultiert die Gefahr einer Fehlent- scheidung. D i e Möglichkeit einer Planabweichung läßt - mit anderen W o r t e n - das mit einer zielgerichteten Entscheidung regelmäßig verbundene Risikox entstehen.

Bei Austauschverträgen schlägt es sich unter anderem i n der F o r m v o n R i s i k e n der Aufwandserhöhung oder des Schadensersatzes nieder. D a b e i w i r d unter mate- riellem R i s i k o der Aufwandserhöhung die Gefahr verstanden, daß der Schuldner genötigt ist, aufgrund v o n Ereignissen, die er nicht eingeplant hat, höhere oder andere A u f w e n d u n g e n an sachlichen b z w . personellen M i t t e l n z u machen, als er i m R a h m e n seiner P l a n u n g beabsichtigt hatte. Das R i s i k o einer Zweckstörung entsteht

1 Philipp, Risiko und Risikopolitik, S. 13; Eucken, Die Grundlagen der Nationalökonomie, S. 139ff; Krelle, Preistheorie, S. 391.

1 Münchener Universitätsschriften Bd. 39

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2

d u r c h die Gefahr, daß der Gläubiger die i h m i m V e r t r a g i n A u s s i c h t gestellte L e i - stung nicht erhält oder die Leistung nicht so verwenden k a n n , w i e er geplant hatte.

I m Anschluß an K ö h l e r2 w i r d deshalb die Unmöglichkeit der L e i s t u n g als Primär- zweckstörung bezeichnet, da jeder der Vertragspartner m i t dem Austausch zunächst den Erhalt der Leistung bezweckt u n d dieses D a t u m am Beginn der auf die Bedarfs- deckung gerichteten V e r w e n d u n g s p l a n u n g steht. D i e v o m Leistungsempfänger m i t der Leistung angestrebten Ziele stellen die Sekundärzwecke dar. Können diese Ziele nicht erreicht w e r d e n , weil ein als für die N u t z u n g der L e i s t u n g erheblich einge- planter F a k t o r v o n A n f a n g an nicht existiert oder die zukünftige E n t w i c k l u n g v o n den i n der P l a n u n g angenommenen D a t e n abweicht, so verwirklicht sich ein Se- kundärzweckstörungsrisiko.

2. Die ursprüngliche Risikoverteilungskonzeption des BGB und ihre Durchbrechungen

Für die Fälle, i n denen die Störung der P l a n u n g nicht d u r c h einen Sorgfaltsverstoß einer der Vertragspartner ausgelöst w o r d e n ist, hat der Gesetzgeber ein relativ einfa- ches Risikoverteilungssystem entworfen. D a n a c h trägt grundsätzlich der Sach- b z w . Dienstleistungsgläubiger das Verwendungsstörungsrisiko. D a s Primärzweckstö- rungsrisiko, d . h . die Unmöglichkeit, hat der Gläubiger normalerweise insoweit auf sich z u nehmen, als er nicht verlangen k a n n , daß der Schuldner3 Schadensersatz zahlt, i h m also zumindest eine Geldleistung z u k o m m e n läßt. D e r Schuldner sieht sich hingegen m i t der G e f a h r konfrontiert, daß er für den Leistungsversuch seine Leistungskapazität nutzlos bereitgehalten sowie A u f w e n d u n g e n getätigt hat, weil seine Bemühungen nicht entgolten w e r d e n (§ 323 B G B ) . B e i den K o n s t e l l a t i o n e n der Aufwandserhöhung ist d e m Schuldner das R i s i k o normalerweise bis z u r G r e n z e der subjektiven Unmöglichkeit, bei Gattungsschulden sogar bis z u r objektiven U n - möglichkeit, auferlegt w o r d e n . Jenseits dieser G r e n z e hat der Schuldner keine pla- nungswidrig erhöhten A n s t r e n g u n g e n z u machen, insbesondere nicht das Bedürfnis des Gläubigers m i t d e m Surrogat „ G e l d " z u befriedigen.

V o m Standpunkt der Praktikabilität u n d Rechtssicherheit sind gegen diese R i s i - koverteilungskonzeption keine E i n w e n d u n g e n z u erheben, da der Unmöglichkeits- begriff verhältnismäßig scharfe K o n t u r e n aufweist. E s hat sich jedoch gezeigt, daß sie m i t d e m Z i e l materieller Vertragsgerechtigkeit n u r schwer i n E i n k l a n g z u b r i n - gen ist. Sie w u r d e deshalb allenthalben d u r c h b r o c h e n . Es braucht i n diesem Z u s a m - menhang n u r an die Stichworte „Geschäftsgrundlage", „ O p f e r g r e n z e " , „Sphären- theorie", „Ausdehnung des Inhalts des Leistungsversprechens" erinnert z u w e r d e n .

2 Köhler, Unmöglichkeit und Geschäftsgrundlage bei Zweckstörungen im Schuldverhältnis, S.3ff, bes. S. lOff.

3 Unter „Gläubiger" und „Schuldner" wird im folgenden, soweit nichts anderes gesagt ist, immer derjenige Vertragspartner verstanden, der eine Sach- oder Dienstleistung erhalten soll oder zu erbringen hat.

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D i e N o t w e n d i g k e i t , i m Vergleich z u m ursprünglichen Risikoverteilungssystem des B G B die materielle Vertragsgerechtigkeit stärker z u berücksichtigen, steht heute außer Z w e i f e l . Allerdings können die bisherigen Lösungsvorschläge - wie alsbald näher darzulegen sein w i r d - nicht v o l l überzeugen. Das gilt auch u n d gerade für die Rechtsfigur „Geschäftsgrundlage" i n ihren verschiedenen Varianten. A l l e n diesen Varianten ist nämlich gemeinsam, daß sie auf die verschiedensten R i s i k e n u n d auf sämtliche Vertragstypen zugeschnitten sind. Sie sollen gleichermaßen bei U n t e r - halts- wie bei Kaufverträgen A n w e n d u n g finden können. Dieser A n s a t z hatte z u r Folge, daß die Voraussetzung für eine A b w e i c h u n g v o n der d u r c h die §§ 275, 279, 323 B G B vorgezeichneten R i s i k o o r d n u n g v o n Tatbestandsmerkmalen abhängig ge- macht w u r d e , die auf höchster Abstraktionsebene umschrieben sind u n d erst in einer umfassenden Interessen- u n d Güterabwägung konkretisiert werden müssen.

D i e in der ursprünglichen R i s i k o v e r t e i l u n g s k o n z e p t i o n realisierte Rechtssicherheit blieb auf der Strecke.

D i e vorliegende Schrift bezweckt ein Doppeltes. Es sollen einmal in den Gedan- ken der abstrakten, verschuldensunabhängigen Beherrschbarkeit sowie A b s o r b i e r - barkeit Zurechnungselemente entwickelt w e r d e n , die der Idee eines optimalen E i n - satzes wirtschaftlicher Güter verpflichtet sind, - ein Z i e l , das auch mit d e m gesetzli- chen Schutz des Wettbewerbes angestrebt w i r d . Diese Z u r e c h n u n g s p r i n z i p i e n w e r - den ebensowenig wie das dritte maßgebliche Element, nämlich der G e d a n k e arbeits- teiliger Risikoveranlassung, neu i n das Risikoverteilungssystem eingeführt; denn sie lassen sich i n vielen Leistungserschwerungs- u n d Zweckstörungsrisiken z u o r d n e n - den N o r m e n nachweisen. M i t H i l f e dieser zentralen Zurechnungsprinzipien, neben die auch andere Zurechnungselemente treten können, soll versucht werden, die K o r r e k t u r der ursprünglichen K o n z e p t i o n einer Verteilung v o n Leistungs- u n d Zweckstörungsrisiken an der Idee eines v o m Wettbewerb geprägten A u s t a u s c h p r o - zesses z u orientieren u n d die N e u o r d n u n g der Risikobelastung auf R i s i k o v e r t e i - lungselemente z u stützen, deren Gerechtigkeitsgehalt rational einsichtig gemacht werden kann.

Z u m anderen soll ein Risikoverteilungssystem aufgebaut werden, das den Bedürf- nissen der Rechtssicherheit besser R e c h n u n g trägt. Dieses Z i e l soll dadurch erreicht werden, daß i m Einzelfall die Risikobelastung b z w . -entlastung v o m Z u s a m m e n - spiel relativ weniger Elemente abhängig gemacht w i r d . Diese Elemente bewegen sich auch nicht auf der hohen Abstraktionsebene, wie die Begriffe „ U n z u m u t - b a r k e i t " ,4 „redlich"5 oder die F o r m e l v o n d e m , was „schlechthin Gerechtigkeit u n d Billigkeit w i d e r s p r i c h t " .6 Sie müssen daher auch nicht v o n Fall z u Fall in einer Interessen- u n d Güterabwägung ausgefüllt werden. Das heißt nicht, daß die hier als maßgeblich ins Spiel gebrachten Zurechnungsgesichtspunkte nicht konkretisie-

4 Vgl. hierzu Nachweise bei Wollny, Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Geschäfts- grundlage, S. 104 ff.

5 Larenz, Geschäftsgrundlage und Vertragserfüllung, S. 20 ff, 163.

6 B G H Z 2, 188; B G H , L M Nr. 25, 27, 39, 51 zu § 242 (Bb) BGB; B G H , NJW 76, 143; 59, 2203; O L G Braunschweig NJW 76, 571.

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rungsbedürftig wären. D i e K o n k r e t i s i e r u n g hat jedoch nach generell-typischen K r i - terien z u erfolgen, so daß die Parteien schon bei Vertragsschluß mit großer Sicher- heit das Ausmaß einer etwaigen Risikobelastung feststellen u n d einkalkulieren können.

IL Abgrenzung des Themas

1. Merkmal „materielle Aufwandserhöhung1'

Bei Austauschverträgen sind Leistungserschwerungen in zweierlei F o r m denkbar:

als materielle u n d als ideelle. D i e materielle Leistungserschwerung ist dadurch ge- kennzeichnet, daß der Schuldner z u r Leistungserbringung höheren A u f w a n d an A r b e i t oder Kapital treiben m u ß , als er bei Vertragsschluß eingeplant hatte. Bei der ideellen Leistungserschwerung geht es hingegen d a r u m , daß der Schuldner die L e i - stung nur mit ideellen O p f e r n erbringen könnte, mit denen er bei Vertragsschluß nicht gerechnet hatte. Gedacht ist hierbei etwa an Fälle der Gewissensnot oder an das bekannte Schulbeispiel, daß die Sängerin sich weigert aufzutreten, weil ihre Anwesenheit am Bette ihres schwer erkrankten Kindes erforderlich ist. In diesen Fällen gerät das Z i e l einer i m rein ökonomischen Sinne optimalen A l l o k a t i o n v o n Ressourcen m i t dem Persönlichkeitsrecht des Schuldners u n d anderen i n der W e r t - skala hochstehenden Gütern i n K o l l i s i o n . Diese R i s i k e n können nicht nach den gleichen Maßstäben zugewiesen w e r d e n , wie sie für die Gefahr gelten, daß größere Investitionen an sachlichen M i t t e l n oder Arbeitskraft n o t w e n d i g w e r d e n . Für die Verteilung ideeller Leistungserschwerungsrisiken muß vielmehr eine R a n g o r d n u n g der ideellen Werte i n Relation z u bloßen Vermögensinteressen aufgestellt w e r d e n .7

Dies stellt eine eigenständige Aufgabe dar, die sich klar v o n der V e r t e i l u n g vermö- gensrelevanter R i s i k e n abhebt u n d daher i n dieser A r b e i t nicht behandelt w i r d .

2. Merkmal „Austauschverträge"

M i t dem M e r k m a l „Austauschverträge" soll ein Trennungsstrich z u den Gesell- schaftsverträgen u n d den ihnen verwandten partiarischen Verträgen ebenso gezogen werden, wie beispielsweise z u Unterhalts-, Vergleichs- sowie Schenkungsverträgen.

Das i m folgenden z u entwickelnde Risikoverteilungsmodell ist auf den Austausch- vertrag zugeschnitten, der i n einer Verkehrswirtschaft der arbeitsteiligen Bedürfnis- befriedigung dient. D e r Gedanke der Arbeitsteilung führt vor allern dazu, daß die Risikobereiche beider Parteien danach abgegrenzt werden, wie sie den ihnen i m arbeitsteiligen Prozeß zugewiesenen Bereich beherrschen u n d die i n i h m auftreten- den Verluste auffangen können. B e i der Gesellschaft geht es hingegen u m eine G e w i n n - u n d Verlustgemeinscbaft* D i e Bedarfsdeckung erfolgt nicht in der w e c h - selseitigen Ergänzung, sondern i m Miteinander der Gesellschafter. Dies hat zur

7 Larenz, SchR I, S. 114 f m.weit. Nachw.; Diesselborst, Festschrift Michaelis, S. 36 ff.

8 Schulze-Osterloh, Der gemeinsame Zweck der Personengesellschaften, S. 21 ff.

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F o l g e , daß beispielsweise i m Innenverhältnis der Gedanke der arbeitsteiligen Spezia- lisierung, des Beherrschbarkeitsvorsprunges einer der Parteien nicht die gleiche R o l l e wie bei reinen Austauschverträgen spielt. N u n sind z w a r auch bei A u s t a u s c h - verträgen Wertungen z u berücksichtigen, die für die verschiedenen Vertragstypen charakteristisch sind. Diese W e r t u n g e n bewegen sich aber alle n o c h i m R a h m e n der Arbeitsteilung. Dieser R a h m e n w i r d jedoch gesprengt, sobald es gilt, die für A u s - tauschverträge erarbeiteten Risikoverteilungselemente mit d e m G e d a n k e n der G e - w i n n - u n d Verlustgemeinschaft abzustimmen. D a s hiermit aufgeworfene P r o b l e m m u ß in einer gesonderten U n t e r s u c h u n g bewältigt werden. N u r so w i r d verhindert, daß F o r m e l n entwickelt w e r d e n , die entweder den Spezifika der Gesellschaftsver- träge nicht hinreichend gerecht werden oder aber so allgemein bleiben, daß die eigentliche Konkretisierungsarbeit erst n o c h z u leisten ist. Diese Erwägung führt auch dazu, die anderen genannten Vertragstypen a u s z u k l a m m e r n ; denn bei partiari- schen Verträgen müßte beispielsweise dem Einfluß der vertragstypischen oder i n d i - viduell vereinbarten partiellen G e w i n n - b z w . Verlustgemeinschaft, bei Unterhalts- verträgen der Bedeutung des angemessenen Lebensstandards beider Parteien für die Risikoverteilung R e c h n u n g getragen werden. Gleiches gilt für unentgeltliche V e r - träge, wo für die Risikozuweisung der U m s t a n d nicht unbeachtet bleiben darf, daß der Schuldner keine Vergütung erhält, mit der er erhöhte Anstrengungen finanzie- ren oder Verluste auffangen könnte.

3. Merkmal „Sach- und Dienstleistungen'1

N i c h t erörtert werden i n dieser Schrift auch Aufwandserhöhungs- u n d Zweckstö- rungsrisiken i m H i n b l i c k auf reine Geldleistungen. Sie treten v o r allem bei Infla- tions- und Deflationsprozessen i n Erscheinung. I m Vergleich z u den Sach- oder Dienstleistungen werfen die m i t reinen Geldleistungen verbundenen A u f w a n d s e r - höhungen u n d Zweckstörungen Sonderprobleme auf. D a s beruht einmal auf dem U m s t a n d , daß G e l d ein M i t t e l z u r Befriedigung unbestimmter Bedürfnisse ist. Es müßte daher beispielsweise geklärt werden, ob eine verbreitete Verteuerung für den individuellen Geldgläubiger auch dann relevant ist, w e n n sich die Inflation bei den v o n i h m überwiegend nachgefragten Gütern nicht so deutlich bemerkbar gemacht hat. E i n auf Geldleistungen zugeschnittener Maßstab müßte ferner für die Fälle entwickelt w e r d e n , i n denen die Inflation gerade den Geldgläubiger besonders hart trifft, während sie große Teile der Bevölkerung n o c h nicht so stark erfaßt hat. V o r allem aber läßt die währungsrechtliche Seite des N o m i n a l p r i n z i p s Fragen entstehen, die unter Einschluß der wirtschaftspolitischen A u s w i r k u n g e n bestimmter F o r m e n der Verteilung v o n Inflationsrisiken einer eingehenden A n a l y s e bedürfen.9 Das gilt auch für die Behandlung v o n Deflationsrisiken. Ihre B e a n t w o r t u n g bedarf einer gesonderten U n t e r s u c h u n g .

9 Vgl. hierzu Reuter, ZHR 137 (1974), 482 ff; Horn, Geldwertveränderung, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S. 7ff; v. Maydell, Geldschuld und Geldwert, S. 53ff mit w. Nachw.

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III. Gang der Untersuchung

I m ersten Kapitel soll der ratio der für die Z u w e i s u n g v o n R i s i k e n der A u f w a n d s - erhöhung u n d der Primärzweckstörung (Preisgefahr) zentralen § § 275, 279, 323 B G B nachgegangen werden. D a b e i zeigt sich, daß einleuchtende Gründe materieller Austauschgerechtigkeit, die die ursprüngliche K o n z e p t i o n der B e h a n d l u n g v o n L e i - stungs- u n d Preisgefahren voll erklären, sich nicht finden lassen. Es drängt sich vielmehr der E i n d r u c k auf, daß diese Vorschriften z u m wesentlichen T e i l Zweckmä- ßigkeitsgesichtspunkten R e c h n u n g tragen u n d an dem Z i e l ausgerichtet sind, mit H i l f e des „Unmöglichkeits"-Kriteriums eine möglichst einfach strukturierte und durch genau umrissene Begriffe gekennzeichnete R i s i k o o r d n u n g z u errichten.

D i e Vernachlässigung der materiellen Vertragsgerechtigkeit, die v o r allem in der Zeit des ersten Weltkrieges offenbar geworden war, w u r d e nicht h i n g e n o m m e n . Sie löste eine V i e l z a h l v o n K o r r e k t u r e n aus, die i m Verlauf des ersten Kapitels z u analysieren sind. Diese A n a l y s e w i r d den N a c h w e i s liefern, daß die bisherigen Vorschläge z u einer stärkeren Berücksichtigung der Austauschgerechtigkeit k r i t i - scher Uberprüfung nicht standhalten, da sie entweder z u w e n i g G e w i c h t auf die Gebote der Rechtssicherheit legen oder K r i t e r i e n benutzen, deren Bedeutung für das Risikoverteilungssystem nicht überzeugend begründet w e r d e n k a n n .

Dieses D e f i z i t an Rechtssicherheit u n d sachgerechten Risikoverteilungselementen soll v o r allem mit H i l f e der P r i n z i p i e n „abstrakte Beherrschbarkeit" u n d „Absorp- t i o n " sowie des Gedankens der „arbeitsteiligen Veranlassung" beseitigt w e r d e n . Sie werden i m zweiten Kapitel thesenartig umrissen. Anschließend w i r d i n einer i n d u k - tiv angelegten U n t e r s u c h u n g dargetan, daß Gesetz u n d Rechtsprechung diese zen- tralen Zurechnungselemente i m Bereich der Austauschverträge durchaus anerkannt haben. In den beiden folgenden K a p i t e l n sind - getrennt für Arbeitsverhältnisse und sonstige Austauschverträge - anhand v o n Fällen, i n denen Literatur oder Rechtspre- chung eine D u r c h b r e c h u n g der ursprünglichen Risikoverteilungskonzeption befür- wortet oder zumindest erwogen haben, Folgerungen für eine sachgerechte R i s i k o - z u o r d n u n g i m Lichte des Beherrschbarkeits-, A b s o r p t i o n s - u n d Veranlassungspiin- zips z u ziehen.

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Die Risikoverteilung anhand des Unmöglichkeitsgedankens und ihre Durchbre- chung im Rahmen der Rechtsfortbildung

§ 1 Die Risikoverteilung anhand des Unmöglichkeitsgedankens und die materielle Vertragsgerechtigkeit

D i e gesetzliche Risikoverteilung bewegt sich i m Spannungsfeld z w i s c h e n subjek- tiver Äquivalenz u n d absoluter Vertragstreue.

D i e Berücksichtigung jeder subjektiven Äquivalenzstörung entlastet den Verspre- chenden v o n der G e f a h r , die Leistung oder gegebenenfalls deren Surrogate erbrin- gen z u müssen, o b w o h l i h m die Gegenleistung die eigenen Anstrengungen nicht (mehr) wert ist. Vertragstreue heißt hingegen, u m m i t Jhering1 z u sprechen, die Sicherung des ursprünglichen Zweckes gegen den nachteiligen Einfluß einer späte- ren Interessenverschiebung oder einer veränderten Interessenbeurteilung i n der Per- son des anderen Teiles - k u r z : die rechtliche Einflußlosigkeit der Interessenände- r u n g .

Das Gesetz hat weder die Vertragstreue2 verabsolutiert3 n o c h d e m Versprechen- den durchwegs erlaubt, sich auf einen Fehler bei seiner subjektiven Äquivalenzent- scheidung z u berufen. I n einer V i e l z a h l v o n V o r s c h r i f t e n hat es die G e w i c h t e bald näher z u d e m einen, bald z u d e m anderen der beiden Pole gelegt.4 D a b e i spielen die verschiedensten W e r t u n g e n eine R o l l e . I m R a h m e n der N o r m e n , die die A u f w a n d s - erhöhungs-, Schadensersatz- u n d Zweckstörungsrisiken auf die Parteien verteilen, n i m m t i n der ursprünglichen K o n z e p t i o n der R i s i k o z u o r d n u n g der Unmöglich- keitsgedanke eine zentrale P o s i t i o n ein.

Solange die L e i s t u n g möglich ist, hat der Schuldner grundsätzlich das R i s i k o z u

1 Jhering, Der Zweck im Recht, Bd. I, S. 76.

2 Zu den Wurzeln der Vertragstreue Larenz, Festschrift G. Husserl, S. 132, 139; Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäftes, S. 131 ff;

Schmidt-Rimpler, Festschrift Nipperdey (1955), S. 11 ff; Lüderitz, Auslegung von Rechtsge- schäften, S. 79f; Titze, Festschrift E. Heymann, S. 111; Schloßmann, Der Vertrag, S. 308;

Eichler, Die Rechtslehre vom Vertrauen, S. 8; Koller, BB 73, 1561 mit jeweils weit. Nachw.

3 Vgl. Ulmer, AcP 174 (1974), 183, bes. 184; in diesem Zusammenhang ist festzuhalten, daß der Rechtsgedanke die Einhaltung des Vereinbarten nicht schlechthin bis zu dem Punkt ver- langt, an dem das Vereinbarte der Gerechtigkeit offensichtlich zuwiderläuft. Die Aufstellung dispositiv ergänzender Risikoverteilungsnormen kann nicht nur den Sinn haben, die Parteien vor Belastungen zu schützen, die schlechthin der Gerechtigkeitsidee widersprechen. Vielmehr sind sie am Ziel einer angemessenen Gefahrenverteilung derart auszurichten, daß die Vertrags- treue als solche zurücktreten muß, sobald gewichtigere Gesichtspunkte einer nach generell- typischen Kriterien angemessenen Risikoverteilung eine Risikoentlastung des Versprechenden nahelegen.

4 Vgl. Bydlinski, Privatautonomie aaO., S. 106ff.

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tragen, daß er z u ihrer E r b r i n g u n g höhere K o s t e n auf sich nehmen oder andere M i t t e l einsetzen m u ß , als er sie sich bei Vertragsschluß vorgestellt hatte.

V o n diesem R i s i k o , das sich auch5 i n der F o r m einer Schadensersatzpflicht reali- sieren k a n n , w i r d er - grundsätzlich - entlastet, w e n n die L e i s t u n g v o n A n f a n g an objektiv unmöglich ist oder nachträglich ohne sein V e r s c h u l d e n unmöglich w i r d . D a b e i genügt es, daß der Schuldner - mit der A u s n a h m e v o n Gattungsschulden - z u r Leistung lediglich unvermögend w i r d (§§ 275, 279, 306 B G B ) .

A u f der anderen Seite hat normalerweise der Gläubiger das Gegenleistungsver- sprechen z u erfüllen, falls die L e i s t u n g z w a r möglich ist u n d i h m auch zugeleitet w i r d , der Gläubiger aus i h r aber nicht den erwarteten N u t z e n z u ziehen vermag. E r hat also das V e r w e n d u n g s r i s i k o z u tragen. N u r die Unmöglichkeit der Leistung befreit i h n v o n der Pflicht, die Vergütung für eine für ihn nutzlose Tätigkeit des Schuldners z u entrichten. D i e Gefahr, daß die für den Leistungsversuch getätigten Investitionen nutzlos, w e i l unentgolten, bleiben, fällt dann i n die Risikosphäre des Schuldners (§ 323 I B G B ) .

D i e unverschuldete Unmöglichkeit der Leistung begrenzt somit für den Schuld- ner das R i s i k o uneingeplanten A u f w a n d e s i n F o r m v o n Schadensersatz, weist i h m andererseits aber auch die Gefahr nutzlosen A u f w a n d e s für den Leistungsversuch z u . U m g e k e h r t entlastet sie den Gläubiger v o n der Gefahr, A u s g a b e n für A n s t r e n - gungen z u machen, die für i h n i m Ergebnis wertlos sind. Dafür m u ß er es h i n n e h - men, daß er seinen Bedarf nicht w i e geplant decken k a n n u n d daß dieser A u s f a l l auch nicht d u r c h eine Geldleistung des Schuldners ausgeglichen w i r d . Solange die Leistung möglich ist, bedeutet dies demnach für den Schuldner, daß er jedes A u f - wandserhöhungsrisiko, u n d für den Gläubiger, daß er i n der Regel jedes V e r w e n - dungsrisiko z u tragen hat.

A u f den ersten B l i c k verteilt der Unmöglichkeitsgedanke einleuchtend die G e - wichte z w i s c h e n d e n beiden P o l e n Vertragstreue u n d Relevanz jeder subjektiven Äquivalenzstörung. B e i näherer Betrachtung zeigt sich indessen, daß er n u r u n z u - reichend der materiellen Vertragsgerechtigkeit R e c h n u n g trägt u n d - aus der Sicht der späteren Versuche, m i t H i l f e der Geschäftsgrundlagen-Lehre u n d ähnlicher Rechtsfiguren z u einer differenzierteren R i s i k o v e r t e i l u n g z u k o m m e n - der V e r - kehrs- u n d Rechtssicherheit z u großen Einfluß verleiht.

5 Es gehört zum immanenten Sinn des Versprechens, daß der Versprechende den Bedarf des Versprechensempfängers notfalls mit Substitutionsgütern, insbesondere Geld deckt (Baller- stedt, Festschrift Nipperdey [1955], S. 271). Die Vertragstreue endet also, wie beispielsweise der § 437 BGB und die rechtliche Identität von Naturalleistungs- und Schadensersatzpflicht aus § 325 BGB (Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts [SchR], Bd. I, 10. Aufl. S. 243 [anders 11. Aufl. S. 270]; Enneccerus-Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse [SchR], S.208; Esser, Schuldrecht [SchR], Bd. I, 4. Aufl., S. 358; Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung, S. 227ff; Brehm, JZ 74, 575; ablehnend Meincke, AcP 171 [1971], 28ff m. w. Nachw., der die Schadensersatzpflicht vom Versprechen löst, indem er die Unmöglichkeit zum eigenständigen, anspruchsbegründenden Tatbestand erhebt) zeigen, nicht schon bei der Unmöglichkeit der Naturalerfüllung. (Rabel, Festschrift Bekker, S. 178 ff; Stoll, Die Lehre von den Leistungsstö- rungen, S. 31; Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf, S. 46f).

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I. Die Gefahr nutzlosen Aufwandes bei Primärzweckstörungen und § 323 I BGB Zur ratio des § 323 I B G B , der d e m Schuldner bei Unmöglichkeit der L e i s t u n g (Primärzweckstörungen) den A n s p r u c h auf Vergütung entzieht u n d damit für i h n den Einsatz seiner sachlichen u n d personellen M i t t e l wertlos werden läßt, hat sich bislang n o c h keine einheitliche M e i n u n g herauskristallisiert. I m wesentlichen w e r - den z w e i W e r t u n g e n ins Feld geführt.

M a n c h e S t i m m e n i n der L i t e r a t u r6 sehen das tragende Wertungselement i n der Gleichheit der Gefahrenbelastung, m i t der Schuldner u n d Gläubiger i m Falle einer Primärzweckstörung z u rechnen hätten. § 323 I B G B habe die R i s i k e n so verteilt, daß die F o l g e n einer nicht z u vertretenden Leistungsunmöglichkeit stets jede der Parteien gleichmäßig treffe; keiner der Vertragspartner solle aus einem d u r c h eine Unmöglichkeit der Erfüllung gestörten Vertrag einen G e w i n n z u Lasten des ande- ren Teiles ziehen.

D i e i n § 323 I B G B realisierte Symmetrie der Risikobelastung bleibt jedoch for- m a l .7 I n wirtschaftlicher Betrachtungsweise fehlt die „Gleichheit" der R i s i k e n n a - hezu gänzlich. W e r d e n w i e bei den meisten Austauschgeschäften Sach- oder D i e n s t - leistungen gegen G e l d z a h l u n g erbracht, so sind nämlich die für den Gläubiger m i t der Erfüllung seiner Geldschuld verbundenen Gefahren regelmäßig bedeutend ge- ringer als die R i s i k e n , die bei der Erfüllung des A n s p r u c h s auf Dienste oder die Verschaffung v o n Sachwerten auftreten.

E b e n s o w e n i g k a n n man v o n einer Parität der R i s i k o f o l g e n sprechen, w e n n auf das Ausmaß der Verluste abgehoben w i r d . Z w a r w e r d e n die R i s i k o f o l g e n d u r c h § 323 I B G B auf beide Parteien verteilt: der Gläubiger hat den A u s f a l l der geplanten B e - dürfnisbefriedigung z u tragen, während der Schuldner auf die erhoffte Gegenlei- stung verzichten m u ß . Parität existiert also insoweit, als jeder T e i l die sich i n seinem Bereich auswirkenden Nachteile zugewiesen erhält. D i e Parität verhindert aber nicht, daß normalerweise gerade bei Kaufverträgen, an denen der Gesetzgeber of- fensichtlich die Regeln des funktionellen Synallagmas entwickelt hatte, die w i r t - schaftlichen A u s w i r k u n g e n einer Primärzweckstörung stark voneinander abwei- chen. W i r d das K a u f o b j e k t ohne V e r s c h u l d e n des Verkäufers zerstört, so bedeutet das nach der Regelung des § 323 I B G B noch nicht, daß der Gläubiger n u n auf die

6 Beuthien, Zweckerreichung und Zweckstörung im Schuldverhältnis, S. 118, 123; Esser, SchR I, 4. Aufl., S. 223f; Esser-Schmidt, Schuldrecht (SchR), Bd. I 1, S.252; ähnlich v.

Schenck, Der Begriff der „Sphäre" in der Rechtswissenschaft, S. 265; Trautmann, Gruch 59, 451; van den Daele, Probleme des gegenseitigen Vertrages, S. 28.

7 „Formal" ist die „ Gleichheit" freilich dann nicht, wenn man sie als Gegenposition zu älteren Regelungen begreift, denen zufolge die Verpflichtungen beider Parteien völlig selbstän- dig waren, so daß der andere Teil trotz der Ungültigkeit seiner eigenen Verpflichtung die Gegenleistung verlangen konnte. Insofern entspricht es der Gleichheit, daß der eine „nicht mehr einziehen solle, als er ausgebe" (Jörgensen, Festschrift Larenz, S. 553 f). Dieses Ziel wird durch einen Fortbestand der Gegenleistungspflicht jedoch nicht in Frage gestellt, wenn das zu leistende Gut untergegangen ist, die Partei also das Gut im Austauschprozeß schon „ausgege- ben" hat, auch wenn das Gut nicht beim Leistungsempfänger angelangt ist.

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Befriedigung seines Bedürfnisses gänzlich verzichten müßte. I h m verbleibt ja das von i h m versprochene Entgelt, das er z u m E r w e r b eines gleichartigen Gegenstandes einsetzen k a n n . N u r recht selten w i r d das verkaufte O b j e k t so einzigartig sein, daß mit seinem U n t e r g a n g der Bedarf des Käufers ungedeckt bleiben müßte u n d der Käufer selbst unter A b s t r i c h e n sein Z i e l nicht mehr erreichen könnte. E i n e w i r k l i c h gleichmäßige Belastung mit dem R i s i k o der Unmöglichkeit k a n n n u r d u r c h eine 50- prozentige Beteiligung beider Parteien an der Summe aller R i s i k o f o l g e n erreicht werden. Diese F o r m der R i s i k o z u r e c h n u n g hat die erste K o m m i s s i o n8 indessen ausdrücklich abgelehnt: „ D i e Gefahr zwischen beiden Vertragsschließenden z u theilen, w i e neuerdings . . . aus angeblichen ethischen oder Billigkeitsgründen v o r - geschlagen w o r d e n (ist), hieße, einen jeder juristischen G r u n d l a g e entbehrenden Satz anzunehmen, welcher alle Schwierigkeiten u n d Streitfragen, welche das römi- sche P r i n z i p (seil.: p e r i c u l u m est emptoris) hervorgerufen hat, i n verstärkter u n d vermehrter A u f l a g e i m Gefolge hätte."

D i e herrschende M e i n u n g versucht denn auch die ratio des § 323 I B G B weniger v o n der formalen Gleichheit der Risikobelastung her als vielmehr i n p s y c h o l o g i - scher Betrachtungsweise d u r c h den A u s t a u s c h z w e c k b z w . die subjektive Äquiva- lenz z u erklären: Jede Partei verpflichte sich z u ihrer L e i s t u n g , u m dadurch die andere Partei z u r Gegenleistung z u verpflichten;9 mit dem eigenen Vermögensopfer werde der Leistungserfolg b e z w e c k t .1 0 D a s Streben nach subjektiver Äquivalenz w i r d herausgestrichen, w e n n betont w i r d , daß jeder Vertragspartner eine B e w e r t u n g von Leistung u n d Gegenleistung vornehme u n d der A u s t a u s c h zustande k o m m e , falls jedem T e i l die Leistung des anderen die eigene wert sei.1 1 D i e eigene Leistung werde als bestimmungsgemäßer Gegenwert i n der F o r m zugesagt, daß sie als Äqui- valent versprochen w e r d e .1 2 Daraus w i r d der Schluß gezogen, daß jeder d e m ande- ren erkennbar nur verpflichtet sein w o l l e , gegen Erhalt der Gegenleistung z u erfül- l e n .1 3 D e r § 323 I B G B trage m i t h i n einem „urwüchsigen E m p f i n d e n "1 4 R e c h n u n g , demzufolge jede Vertragspartei z u r L e i s t u n g nur unter der „ V o r a u s s e t z u n g "1 5 ver- pflichtet sei, daß auch der Gegner seinerseits erfüllt.

N u n ist die Aussage sicher richtig, daß die Parteien bei jedem vertraglichen A u s - tauschverhältnis eine Leistung n u r deshalb versprechen, weil sich i h r jeweiliger Vertragspartner auch seinerseits z u einer Leistung verpflichtet. E b e n s o richtig ist es auch, daß die A n g e b o t s - u n d Nachfrageentscheidungen auf einer Abwägung der

8 Motive zum Entwurf eines BGB (Mot.), Bd. II, S. 207; vgl. auch Dubischar, Festschrift L.

Raiser, S. 105.

9 Larenz, SchR I, S. 166; ähnlich betonen die finale Struktur des Versprechens Esser, SchR I, 4. Aufl., S. 103; Fikentscher, Schuldrecht (SchR), S. 37f; Medicus, Bürgerliches Recht, S. 94.

10 Heck, Schuldrecht (SchR), S. 126.

u A. Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, S. 105; Palandt-Heinriebs, BGB, vor §320 Anm. 1 caa.

12 Enneccerus-Lehmann, SchR, S. 138.

13 Larenz, SchR I, S. 166f, 253; Heck, SchR, S. 126; Fikentscher, SchR, S. 37.

14 Hedemann, Festschrift Rosenthal, S. 186, 211 f.

1 5 Wilburg, AcP 163, 353.

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V o r - u n d Nachteile beruhen, die einerseits v o n der eigenen Leistung u n d anderer- seits v o n der Gegenleistung erwartet werden. N u r w e n n jeder der Kontrahenten sich v o n der Gegenleistung mehr Vorteile verspricht als v o m Behalten der eigenen L e i s t u n g b z w . ihrem Einsatz z u anderen Geschäften, w i r d er die subjektive Äquiva- lenz des Austausches bejahen u n d sich v o n seinem Leistungsobjekt trennen wollen.

Diese subjektive Äquivalenzentscheidung w i r d nachhaltig enttäuscht, sobald die Gegenleistung ausbleibt. V o n daher k a n n m a n i n der Tat eine1 6 W u r z e l des § 323 I B G B i n der D u r c h k r e u z u n g der subjektiven Äquivalenzentscheidung des jeweiligen Nachfragers erblicken. M a n darf allerdings nicht den Fehler begehen, hierin die alleinige W u r z e l z u sehen. § 323 I B G B schreibt nämlich nicht n u r vor, den Gläubi- ger aus seinem Gegenleistungsversprechen z u entlassen, falls die Gegenleistung aus- bleibt, sondern begrenzt zugleich auch die Relevanz subjektiver Äquivalenzstörun- gen auf das Unmöglichwerden der Leistung. Würde m a n der psychologisch begrün- deten Austauschidee u n d damit d e m subjektiven Äquivalenzgedanken w i r k l i c h den R a n g einräumen, der i h m z u r Erklärung des § 323 I B G B gemeinhin zuerkannt w i r d , so müßte m a n weit häufiger die Entgeltgefahr d e m Schuldner auferlegen; denn in psychologischer Sicht ist die eigene Leistung lediglich M i t t e l , u m einen konkreten Bedarf z u decken. D e r v o m Vertragspartner versprochene E r f o l g ist auf diesem Wege n u r Zwischenstation z u m eigentlich angestrebten Z i e l . Jede Verschiebung der für die Bedürfnisbefriedigung relevanten Faktoren, u n d sei es auch n u r , daß andere z u r Bedarfsdeckung besser geeignete Güter aufgetaucht sind, erschüttert mit der subjektiven Äquivalenz auch den W u n s c h nach A u s t a u s c h .1 6 3 Könnte sich der Sach- leistungsgläubiger frei entscheiden, so würde er auf den A u s t a u s c h verzichten u n d die A u f w a n d s - u n d Kapazitätsgefahr d e m Schuldner z u w e i s e n .1 7 Entscheidend für den Gerechtigkeitsgehalt des § 323 I B G B ist m i t h i n neben d e m G e d a n k e n , daß der Gläubiger die v o n i h m zugesagte Gegenleistung n u r hergeben w i l l , w e n n i h m der Schuldner seinerseits einen V o r t e i l verschafft, diejenige Wertung, die dazu führt, daß der Gläubiger aus seinem Versprechen entlassen w i r d , falls dieser gerade wegen der Unmöglichkeit der Leistung den erwarteten V o r t e i l nicht z u ziehen vermag, während er in anderen Konstellationen, i n denen der V o r t e i l ebenfalls ausbleibt, an seinem Versprechen festgehalten w i r d .

M a n kann sich hier des E i n d r u c k e s nicht erwehren, daß diese W e r t u n g weniger i m Bereich der materiellen Vertragsgerechtigkeit, denn auf d e m B o d e n der V e r k e h r s - und Rechtssicherheit angesiedelt ist. D a s D e f i z i t an materieller Vertragsgerechtig-

1 6 Vgl. auch Schmidt-Rimpler, Die Gegenseitigkeit bei einseitig bedingten Verträgen, insbe- sondere bei Versicherungsverträgen, S. 59, der der h. M . vorwirft, sie würde nur auf ein Motiv der Vereinbarung von Verträgen hinweisen.

1 6 3 Zutreffend im Ergebnis Dubischar, Festschrift Raiser, S. 106 f.

1 7 Kritisch auch Beuthien, Zweckerreichung aaO., S. 116; van den Daele, Probleme aaO., S. 15; v. Schenck, Sphäre aaO., S. 269; E. Wolf, Das Arbeitsverhältnis, S. 88. Die Ansicht Schmidt-Rimplers, Gegenseitigkeit aaO., S. 59ff, die subjektive Äquivalenz sei Geschäfts- grundlage, führt nicht weiter, da offen bleibt, warum die Geschäftsgrundlage rechtserheblich ist.

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keit zeigt sich nämlich n u r z u deutlich i n den Fällen, i n denen die L e i s t u n g d u r c h eine Störung unmöglich w i r d , die aus der Sphäre des Gläubigers stammt. Stirbt beispielsweise der Schüler, so hat der Lehrer gemäß § 323 I B G B m i t d e m Fortfall des Vergütungsanspruches die K o n s e q u e n z e n einer nutzlosen B i n d u n g seiner L e i - stungskapazität1 8 auf sich z u nehmen, o b w o h l er an sich v o l l leistungsfähig ist u n d das Leistungshindernis i m Bereich des Gläubigers entstanden ist, w o es der S c h u l d - ner weder z u steuern n o c h besser als der Gläubiger e i n z u k a l k u l i e r e n in der Lage war.

D i e unzulängliche Berücksichtigung der materiellen Austauschgerechtigkeit k o m m t allerdings v o l l der Praktikabilität der R i s i k o v e r t e i l u n g s n o r m zugute.

Dies tritt besonders klar bei der A b g r e n z u n g z w i s c h e n der Gefahrtragung bei der nicht z u vertretenden Unmöglichkeit (§ 323 I B G B ) u n d d e m Gläubigerverzug ( § § 2 9 3 f f , 324 II B G B ) i n Erscheinung.

D i e § § 300 bis 304 B G B sowie die § § 324 II, 615, 642 B G B z w i n g e n z u d e m Schluß, daß nach der ursprünglichen gesetzlichen K o n z e p t i o n n u r derjenige Schuld- ner den Vergütungsanspruch behält u n d damit v o n der G e f a h r nutzlosen A u f w a n - des befreit w i r d , der die infolge der mangelnden M i t w i r k u n g des Gläubigers unter- bliebene L e i s t u n g nachzuholen imstande i s t .1 9 U n v e r s c h u l d e t e Störungen, die der Sphäre des Gläubigers entspringen, führen m i t h i n nur d a n n z u einer Z u r e c h n u n g des R i s i k o s an den Gläubiger, w e n n sie sich (zunächst) lediglich i n der F o r m v o n Leistungsverzögerungen ausgewirkt haben. W i r d die L e i s t u n g hingegen sofort u n - möglich, so hat der Schuldner die Preisgefahr unabhängig d a v o n auf sich z u neh- men, welcher Sphäre die Störung entspringt. D u r c h diese Lösung des R i s i k o v e r t e i - lungsproblems ersparte sich der Gesetzgeber die schwierige D e f i n i t i o n der , , i n der Sphäre des Gläubigers" liegenden Störungen b z w . der „abstrakten Leistungsfähig- k e i t " des Schuldners.2 0 B e i bloßen Leistungsverzögerungen taucht das P r o b l e m , die abstrakte Leistungsfähigkeit näher z u bestimmen u n d die hierfür relevanten K r i t e - rien z u entwickeln, nicht auf, da bei ihnen die K o n s t a n z der k o n k r e t e n Leistungsfä- higkeit Tatbestandsmerkmal ist. D i e E n t s c h e i d u n g über die A b g r e n z u n g der für die R i s i k o z u r e c h n u n g maßgeblichen Sphären fällt nämlich erst dann schwer, w e n n die Erfüllung der V e r p f l i c h t u n g endgültig unmöglich geworden ist. D i e s hat die D i s - kussion u m die Z w e c k v e r e i t e l u n g s p r o b l e m a t i k2 1 n u r z u deutlich gezeigt.

W i e sehr die Praktikabilität dieser Risikoverteilung dem historischen Gesetzgeber am H e r z e n lag, erhellen auch die M o t i v e . D o r t w i r d die Regel des § 323 I B G B mit

1 8 Zur Klarstellung sei angemerkt, daß in diesem Fall der Lehrer seine Arbeitskraft, die er bereitgehalten hatte, nicht mehr rechtzeitig anderweit einsetzen kann und daß davon auszuge- hen ist, daß er die Chance besessen hatte, seine Leistung ungestört an andere Nachfrager zu erbringen, die er nur deshalb nicht genutzt hatte, weil seine Arbeitskraft bereits vertraglich gebunden war.

19 Köhler, Unmöglichkeit und Geschäftsgrundlage bei Zweckstörungen im Schuldverhält- nis, S. 25 f; Kress, Allgemeines Schuldrecht, S. 100.

20 Erman-Battes, BGB, vor § 293, Anm. 6ff.

2 1 Vgl. unten S.62ff.

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