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Univ.-BtWiothek Regensburg

56 Trüstedt, GRUR 39, 517

5 7 In diese Richtung argumentiert RGZ 78, 366.

5 8 Dahin tendiert P. Schwerdtner, GRUR 68, 21, wenn er § 437 BGB vom Prinzip der Sachnähe her interpretiert und damit wohl die konkrete Beherrschbarkeit meint, wenn er nicht mit der Wertung des § 459 BGB in Konflikt geraten will.

5 9 Ansätze bei Nirk, Festschrift Wilde, S. 155 f.

6 0 RG, JW 32, 1837 zu dem Verkauf einer „durchaus nicht neuen Erfindung". Vgl. ferner Prot. I, S. 453.

der publizierten oder p r a k t i z i e r t e n technischen M e t h o d e n u n d Fertigkeiten z u i n -f o r m i e r e n6 1 u n d gegebenenfalls ihre P l a n u n g z u berichtigen. Dieselbe K o n s t e l l a t i o n der Beherrschungsmöglichkeiten ist auch bei der Beurteilung der Erfindungshöhe gegeben. Mögen auch die K r i t e r i e n für d e n Maßstab einer anerkennenswerten E r f i n -d u n g v e r s c h w i m m e n , so w i r -d m a n -d o c h sagen können, -daß sich normalerweise -der E r w e r b e r ebenfalls ein sicheres U r t e i l darüber bilden k a n n , ob das Patent gegen Nichtigkeitsklagen gefeit i s t .6 2

Gegen diese Deutung der Restriktionen des § 437 I BGB von der dem Käufer zuzurechnen-den Beherrschbarkeit des Risikos her könnte man freilich versuchen, zuzurechnen-den § 437 II BGB ins Feld zu führen. Danach haftet der Verkäufer eines Wertpapieres auch dafür, daß es nicht zum Zwecke der Kraftloserklärung aufgeboten ist. Das Aufgebot des Rechtes gehört nun fraglos zu den offenkundigen, der neutralen Sphäre angehörenden, von beiden Parteien beherrschbaren Risikofaktoren. Es besagt jedoch noch nicht, daß das aufgebotene Recht in Wirklichkeit nicht dem Verkäufer zustehe. Dieser kann vielmehr im Aufgebotsverfahren seine Berechtigung noch nachweisen. Ob dieser Nachweis gelingen oder ob sich das die geplante Bedürfnisbefriedigung gefährdende Risiko realisieren wird, vermag allerdings der Käufer nicht mit Gewißheit abzu-schätzen. Das Gesetz hat daher den Käufer nicht gezwungen abzuwarten, ob das Wertpapier wirklich rechtskräftig für kraftlos erklärt wird oder nicht, sondern den Verkäufer, der typi-scherweise allein die Intensität der Gefährdung der aus dem Wertpapier fließenden Rechtsstel-lung zu beurteilen vermag, zum Schadensersatz verpflichtet.

d) § 436 B G B

D i e Relevanz des P r i n z i p s abstrakter Beherrschbarkeit für die Z u o r d n u n g v o n planungswidrigem A u f w a n d i n F o r m v o n Schadensersatz erhellt auch § 436 B G B . Diese V o r s c h r i f t gehört i n die Reihe der N o r m e n , bei denen der Beherrschbarkeits-gedanke auch auf Seiten des Gläubigers eingreift u n d damit die Z u r e c h n u n g des R i s i k o s an den Schuldner abschwächt.

§ 436 B G B entbindet den Verkäufer v o n der H a f t u n g für die Rechtsmängelfrei-heit der v o n i h m veräußerten Sache, falls der Rechtsmangel auf der Belastung des Grundstücks m i t öffentlichen A b g a b e n u n d anderen öffentlichen Lasten beruht, die z u r E i n t r a g u n g ins G r u n d b u c h nicht geeignet sind. I n den M o t i v e n w i r d z u seiner Begründung angeführt, daß die K e n n t n i s v o n d e m V o r h a n d e n s e i n der auf einem Grundstück ruhenden Lasten bei d e m E r w e r b e r i n der Regel vorauszusetzen sei u n d

„eventuell es seine Sache ist, sich nach deren V o r h a n d e n s e i n z u e r k u n d i g e n " .6 3 D e r historische Gesetzgeber hat damit klar die Abwälzung des R i s i k o s auf den Gläubiger aus dessen abstrakten Beherrschungsmöglichkeiten abgeleitet. Z w a r ist die Behauptung, daß der E r w e r b e r die öffentlichen Lasten kenne, eine durch nichts begründete Unterstellung. A u f die K e n n t n i s des Käufers k o m m t es aber auch gar nicht an. F ü r eine R i s i k o e n t l a s t u n g des Schuldners genügt es schon, daß sich sein

6 1 Im Ergebnis zutreffend daher auch O L G München, NJW 71, 1807.

6 2 Die Restriktion des § 437 BGB ist auch dort richtig, wo das Risiko unbeherrschbar ist, da dann beide Parteien die Gefahr nicht steuern können und der Veranlassungsgedanke den Ausschlag gibt. Vgl. hierzu S. 95ff.

6 3 Mot. II, S.215.

Vertragspartner ausreichend über E x i s t e n z u n d U m f a n g der Hindernisse i n f o r m i e -ren k a n n , die bei Vertragsschluß d e m geplanten A u s t a u s c h i m Wege stehen. D i e h i e r z u n o t w e n d i g e n D a t e n , die Lage des Grundstückes u n d die N o r m e n des objek-tiven Rechts, die den öffentlichen Lasten z u g r u n d e liegen, sind i h m ohne weiteres zugänglich. E r m u ß also n u r n o c h die n o t w e n d i g e n M i t t e l einsetzen, u m die G e f a h r auszuschalten, daß das v o n i h m erworbene O b j e k t w i d e r E r w a r t e n mit öffentlichen Lasten beschwert ist. Diese abstrakte Beherrschungsmöglichkeit rechtfertigt es so-mit, daß der Verkäufer bei d e n aus der E x i s t e n z v o n öffentlichen Lasten stammen-den Planungsfehlern jestammen-denfalls v o m R i s i k o eines p l a n u n g s w i d r i g e n A u f w a n d e s i n F o r m des Ersatzes des Erfüllungsinteresses befreit w i r d .6 4 O b der Verkäufer i n den Fällen, i n denen er ein Grundstück veräußert, auf d e m eine dem Käufer unbekannte öffentliche Last ruht, seinerseits einen Beherrschbarkeitsz>ors/?r#ttg besitzt u n d d a -her ein M i n d e r u n g s r e c h t des Käufers angebracht erscheint,6 3 k a n n hier dahingestellt bleiben.

e) § 439 I B G B

In § 439 I B G B tritt die prägende K r a f t des Beherrschbarkeitsgedankens nicht so deutlich i n E r s c h e i n u n g .

Dieser V o r s c h r i f t zufolge hat der Verkäufer einen M a n g e l i m Recht, der nicht unter die öffentlichen Lasten eines Grundstückes fällt, n u r dann nicht z u vertreten, w e n n der Käufer i h n bei Abschluß des Vertrages positiv kannte. N a c h herrschender A n s i c h t soll die bloße K e n n t n i s der Tatsachen, auf die sich der Rechtsmangel gründet, nicht für die Entlastung des Veräußerers genügen. H a t sich der E r w e r b e r allerdings bloß über die Tragweite des rechtlich richtig qualifizierten Mangels geirrt, so w i r d i h m der I r r t u m v o l l zugerechnet.6 6 Weiß der Käufer beispielsweise, daß der Verkäufer lediglich V o r e r b e ist, so w i r d h i e r d u r c h der Verkäufer nicht entlastet;

denn der Verkäufer kann die Verfügung ja m i t E i n w i l l i g u n g des N a c h e r b e n tätigen.

D i e K e n n t n i s schadet i h m aber, w e n n er glaubt, das Veräußerungsverbot w i r k e n u r obligatorisch.

D i e ganz überwiegende M e i n u n g i n L i t e r a t u r6 7 u n d R e c h t s p r e c h u n g6 8 sieht n u n i m Anschluß an d e n historischen G e s e t z g e b e r6 9 die ratio dieser Risikoentlastung des Schuldners i n einem V e r z i c h t des Gläubigers auf seine Rechte, jedenfalls aber i n d e m

64 Müller-Erzbach, Festschrift H . Lehmann (1937), S. 149. Zu Recht zieht auch ein Teil der Literatur entgegen der Ansicht der I. Kommission (Mot. II, S.215) beim Kauf beweglicher Sachen eine Parallele zu § 436 BGB. Vgl. Larenz, SchR II, S. 24 Fn. 1 m.weit. Nachw.

6 5 Vgl. unten S. 346.

6 6 RGZ 52, 167ff; RG, JW 11, 645ff; O L G Celle, L Z 1917, 1101; Erman-Weitnauer, BGB,

§ 439 Anm. 2; Palandt-Putzo, BGB, § 439 Anm. 2; Soergel-B allerste dt, BGB, § 439 Anm. 3;

Staudinger-Ostler, BGB, § 439 Anm. 5; Enneccerus-Lehmann, SchR, S. 426.

67 Soergel-Ballerstedt, BGB, § 439 Anm. 1; Staudinger-Ostler, BGB, § 439 Anm. 1; Ennec-cerus-Lehmann, SchR, S. 426.

6 8 R G Z 106, 355; RG, GRUR 40, 267; JW 1911, 646; B G H , NJW 60, 721.

6 9 Mot. II, S.215.

8 Münchener Universitätsschriften Bd. 39

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W i l l e n , die F o l g e n des Mangels, der bekannt sei, auf sich z u nehmen. D i e Beherrsch-barkeit des R i s i k o s als Verteilungskriterium w i r d nicht weiter erwogen, d a sich der Gläubiger sogar auf d e n Rechtsmangel berufen dürfe, w e n n i h m die d e m M a n g e l zugrunde liegenden Tatsachen bekannt gewesen seien. D i e an eine W i l l e n s f i k t i o n gemahnende Begründung, der Gläubiger, der den M a n g e l kenne, wolle auf sein Recht verzichten, Schadensersatz wegen Nichterfüllung z u verlangen, k a n n indes-sen nicht überzeugen. E i n unumschränkter V e r z i c h t wäre nämlich beispielsweise dann z u verneinen, w e n n der Gläubiger z w a r den Rechtsmangel kannte, sich jedoch über dessen Ausmaß irrte. V o m Standpunkt der Verzichtstheorie wäre es deshalb konsequent, den Schuldner n u r i n d e m Ausmaß z u entlasten, i n d e m der Gläubiger wußte, daß er m i t der L e i s t u n g seinen Bedarf nicht werde decken können. Schüt-zenswerte Interessen des Schuldners würden durch diese R e s t r i k t i o n nicht tangiert, falls der Schuldner nicht erfahren hat, daß d e m Gläubiger der Rechtsmangel als solcher bewußt gewesen w a r , weil er dann keinerlei Anlaß hatte, sich auf einen umfassenden V e r z i c h t einzustellen.7 0 D i e herrschende M e i n u n g hat aber z u Recht den I r r t u m über das Ausmaß eines Rechtsmangels für schlechthin irrelevant erklärt.

D i e v o n der herrschenden M e i n u n g vertretene Interpretation des § 439 I B G B w i r d freilich verständlich, w e n n m a n an die Stelle des angeblichen Verzichtes die abstrakte Beherrschbarkeit des R i s i k o s d u r c h den Gläubiger setzt; denn die Beherr-schungsmöglichkeiten des Gläubigers sind so begrenzt, daß i h m ein Rechtsmangel n u r zugerechnet werden k a n n , soweit er dessen E x i s t e n z7 0 3 u n d nicht n u r die F a k t e n kennt, auf denen er beruht. D e r Gläubiger vermag sicherlich das R i s i k o einer zutref-fenden rechtlichen Q u a l i f i k a t i o n des Rechtsmangels z u beherrschen, w e n n er z u d e m Ergebnis g e k o m m e n ist, daß überhaupt ein Rechtsmangel vorliegt. S i n d d e m Gläubiger jedoch n u r die Tatsachen bekannt, aus denen sich ein Rechtsmangel ergibt, so folgt daraus n o c h nicht, daß er dieses Leistungshindernis bei entsprechen-den Anstrengungen hätte positiv feststellen können. D e r Schluß v o n bestimmten Tatsachen auf die Existenz eines Rechtsmangels läßt sich nur dann zuverlässig ziehen, w e n n m a n die für die Beurteilung notwendigen D a t e n vollständig kennt. D e s -sen k a n n sich der Gläubiger aber nie sicher sein. Weiß er beispielsweise, daß ein Anfechtungsrecht entstanden ist u n d daß auch angefochten w u r d e , so mag die A n -fechtung infolge vorheriger Bestätigung des Rechtsgeschäftes u n w i r k s a m gewesen sein. Gleiches gilt für die E i n w i l l i g u n g des N a c h e r b e n , die dem V o r e r b e n gegenüber erklärt w u r d e .

In dieser A r t gibt es eine V i e l z a h l v o n F a k t o r e n , die i n d e m Internbereich des Schuldners w u r z e l n u n d daher v o m Gläubiger nicht vollständig aufgeklärt w e r d e n

7 0 Damit soll nicht geleugnet werden, daß man in gewissen Fällen, in denen beiden Parteien der Rechtsmangel bekannt war, aufgrund einer Auslegung der Willenserklärungen zu dem Ergebnis kommen kann, daß von vornherein nur das durch einen Rechtsmangel geschmälerte Recht veräußert wurde. Vgl. Flume, Eigenschaftsirrtum aaO, S. 80f.

7 0 a Kenntnis der „Existenz" ist auch vorhanden, falls die Parteien glauben, daß der Mangel

später rückwirkend aufgehoben wird, sofern dem Gläubiger bewußt ist, daß er alle zur Beur-teilung der Rechtsfrage erforderlichen Fakten kennt. Vgl. B G H , GRUR 73, 668.

können. A u s der K e n n t n i s v o n Tatsachen, die an sich einen Rechtsmangel begrün-den, folgt m i t h i n für d e n Gläubiger weder, daß ein Rechtsmangel auch w i r k l i c h existiert, n o c h , daß er imstande wäre, die wahre Rechtslage z u verifizieren. Deshalb rechnet § 439 I B G B i n U b e r e i n s t i m m u n g mit dem Beherrschbarkeitsgedanken d e m Gläubiger die K e n n t n i s eines Rechtsmangel erst i n d e m M o m e n t z u , i n d e m der Gläubiger z u der U b e r z e u g u n g gelangt ist, daß ein Rechtsmangel vorliege. D a n n besteht nämlich für d e n Gläubiger kein unüberwindbares H i n d e r n i s mehr, d e n Rechtsmangel i n seinem Ausmaß richtig z u qualifizieren u n d ausreichend bei seiner Äquivalenzentscheidung z u berücksichtigen.

D a m i t soll nicht gesagt sein, daß i n Fällen, i n denen die K e n n t n i s bestimmter Tatsachen geradezu z u r Bejahung des Rechtsmangels zwingt, der Gläubiger das positive Interesse m i t der B e h a u p t u n g verlangen darf, er sei sich der Existenz eines Mangels nicht sicher gewesen. I n derartigen Fällen w i r d man darauf bestehen müs-sen, daß der Gläubiger seine Z w e i f e l plausibel macht. Diese auf der Beweisebene angesiedelte Einschränkung des § 439 I B G B stellt jedoch den G r u n d s a t z nicht i n Frage, daß d e m Gläubiger das R i s i k o zugerechnet w i r d , w e i l u n d soweit er es z u beherrschen i n der Lage ist.

f) § 459 I B G B

E i n weiteres G l i e d i n der Kette der Indizien, die die F u n k t i o n des Beherrschbar-keitsprinzips als hahungsmilderndes Element signalisieren, liefert der § 459 I B G B , dessen Wertungsgehalt v o r dem H i n t e r g r u n d des gerade besprochenen § 439 I B G B besonders klar hervortritt. D i e Gewährleistungsregeln erfüllen zwei A u f g a b e n . E i n m a l weisen sie dem Verkäufer m i t d e m Wandelungsrecht die Gefahr sinnlosen A u f -wandes i n F o r m der Preisgefahr z u u n d befreien damit den Käufer v o n d e m Ver-wendungsrisiko. Z u m anderen entlasten sie aber auch den Verkäufer v o n der G e f a h r , das Interesse des Käufers an dem plangerechten A u s t a u s c h unter planungswidrigem A u f w a n d , gegebenenfalls m i t H i l f e v o n G e l d , befriedigen z u müssen; m i t anderen W o r t e n , sie befreien den Schuldner von der Pflicht, nachzubessern oder Schadenser-satz leisten zu müssen. Diese F o r m der Risikoentlastung beruht auf den Beherr-schungsmöglichkeiten, die den Käufern typischerweise offenstehen.

D i e ratio der Beschränkung der Sachmängelgewährleistung auf W a n d e l u n g u n d M i n d e r u n g w i r d z w a r i m allgemeinen mit d e m A r g u m e n t begründet, der Verkäufer sei i n aller Regel Händler u n d als solcher nicht i n der Lage, Reparaturen v o r z u n e h -men. W o l l t e m a n die Nachbesserung i n d e n Pflichtenkatalog des Kaufvertrages aufnehmen, so würde m a n hiermit ein vertragsfremdes Element einführen, dessen A u f n a h m e normalerweise nicht i m Interesse der Parteien liegen k ö n n e .7 1 W i e jedoch

§ 633 II B G B demonstriert, liegt eine Nachbesserung, die dem Nachfrager die p l a -nungsgerechte W e r k l e i s t u n g verschafft, durchaus i m Interesse des Käufers. D e r Verkäufer würde damit auch nicht u n z u m u t b a r beschwert w e r d e n , da er sich ja der

7 1 Vgl. Süß, Wesen und Rechtsgrund der Gewährleistung für Sachmängel, S. 59,106; Raape, AcP 150, 487.

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H i l f e D r i t t e r bedienen k a n n .7 2 F l u m e versucht daher, die Gewährleistungsregelung nicht v o n der A r t der potentiellen Leistungserschwerung, sondern v o n der k o n k r e -ten Beherrschbarkeit des R i s i k o s durch den Verkäufer her z u deu-ten: „ W e n n der Verkäufer bei Abschluß des Kaufvertrages v o n d e m Fehler nichts weiß, so wäre es unbillig, i h m das gesamte R i s i k o für die Beschaffenheit der Kaufsache aufzubürden u n d i h n auf das positive Interesse haften z u lassen."7 3 K o n f r o n t i e r t m a n dieses A r g u m e n t jedoch m i t der Regelung des § 437 B G B , w o der Verkäufer für das Erfüllungsinteresse einzustehen hat, obgleich er v o n d e m Rechtsmangel nichts wußte, ja auch nichts wissen mußte, so erscheint diese Begründung als u n z u r e i -chend.

Eine einleuchtende Erklärung dieser F o r m der R i s i k o v e r t e i l u n g ist n u r auf der Basis des Prinzips der abstrakten Beherrschbarkeit möglich. D a s G e w i c h t des G e -dankens der abstrakten Beherrschbarkeit zeigt schon die mittelalterliche Parömie,

„Augen auf, K a u f ist K a u f . "7 4 Sie dürfte bei der N o r m i e r u n g der Gewährleistung angeklungen sein. Freilich k a n n diese auf einfache u n d technisch u n k o m p l i z i e r t e Verhältnisse zugeschnittene Parömie nicht ohne weiteres auf eine ausdifferenzierte, d u r c h eine umfassende Spezialisierung gekennzeichnete Verkehrswirtschaft übertra-gen werden, i n der sich die Informationschancen auch beim Spezieskauf7 5 eindeutig zugunsten des Verkäufers verschoben h a b e n .7 6 Das Gesetz hat d e m R e c h n u n g getra-gen, indem es d e m Käufer i m Unterschied z u der erwähnten Parömie Gewährlei-stungsrechte eröffnete. E s hat i h m jedoch keinen Schadensersatzanspruch zugestan-d e n7 7 u n d damit die Möglichkeiten z u r abstrakten Beherrschung d u r c h den Käufer berücksichtigt, die ein Gegengewicht z u den Beherrschungsmöglichkeiten des V e r -äußerers bilden. Während der Käufer nämlich die für die Existenz eines Rechtsman-gels relevanten Tatsachen weder vollständig n o c h zuverlässig z u eruieren vermag, da sie entweder i n der Vergangenheit oder i m internen Bereich des Veräußerers liegen, k a n n sich der Käufer einer Sache ohne weiteres unter entsprechendem A u f w a n d

72 Götz, Sachmängelbeseitigung beim Kauf, S. 22.

73 Flume, Eigenschaftsirrtum aaO, S. 54.

74 Leiser, Festschrift Schnorr v. Carolsfeld, S. 304; Müller-Erzbach, Festschrift H . Lehmann (1937), S. 148.

7 5 Anders ist die Konstellation der Beherrschungsmöglichkeiten bei Gattungsschulden. Dort fehlen dem Käufer bis zum Moment der Lieferung alle Steuerungsmöglichkeiten. Das Gesetz hat deshalb dem Käufer folgerichtig in § 480 I BGB das weitergehende Recht auf Lieferung einer mangelfreien Sache zugebilligt. Es hat ihm allerdings einen Schadensersatzanspruch versagt. Die Verweigerung eines Schadensersatzanspruches ist durchaus systemgerecht; denn die Gefahr der Lieferung einer mangelhaften Sache gehört zu den zukunftsbezogenen Risiken, bei denen das Nichterfüllungsinteresse grundsätzlich nur bei Verschulden zu ersetzen ist. Vgl.

dazu unten S. 236ff.

76 Müller-Erzbach, Festschrift H . Lehmann (1937) S. 148; Simon, Verhandlungen des 47 DJT, Bd II, S. M/13f; vgl. auch Posner, Analysis aaO, S. 51.

7 7 Ob es de lege ferenda angemessen ist, den Käufer von durch Sachmängel verursachten Körperschäden, also von besonders gravierenden Nachteilen, freizustellen, kann hier offen bleiben.

vergewissern, o b das K a u f o b j e k t i m Z e i t p u n k t des Vertragsschlusses7 8 die pla-nungsrelevanten Eigenschaften aufweist.7 9

D a z u braucht er nicht i n der Vergangenheit liegende Tatsachen auszugraben, da ihn allein interessiert, o b die Sache i m M o m e n t des Vertragsschlusses z u r Befriedi-gung seiner Bedürfnisse geeignet ist. E r braucht auch nicht i n die Interna der ge-schäftlichen oder persönlichen Sphäre des Veräußerers einzudringen; denn der Käufer k a n n darauf bestehen, daß i h m das z u m V e r k a u f angebotene O b j e k t , das t y p i -scherweise i n die Kategorie der Grundstücke, Kunstgegenstände u n d Antiquitäten sowie gebrauchten W a r e n fällt, z u einer sachgerechten U n t e r s u c h u n g bereitgestellt w i r d , i n der er sich ein eigenes U r t e i l über dessen Qualität bilden k a n n .

Sicherlich w i r d der Käufer bei einer mit verkehrsüblichen M i t t e l n vorgenomme-nen U n t e r s u c h u n g8 0 nicht alle verdeckten Fehler aufspüren können, selbst w e n n er Fachleute8 1 heranzieht. D a s ist v o m Standpunkt des Prinzips abstrakter Beherrsch-barkeit aus aber irrelevant. I m R a h m e n des das P r i n z i p abstrakter BeherrschBeherrsch-barkeit konkretisierenden, selbststeuernden Systems ist allein der U m s t a n d erheblich, daß der Käufer die Möglichkeit besitzt, das R i s i k o z u steuern u n d so z u verhindern, daß seine mit dem K a u f o b j e k t verknüpften E r w a r t u n g e n enttäuscht w e r d e n . E s ist Sache des Käufers, der beispielsweise eine gebrauchte technische A n l a g e erwirbt, z u entscheiden, wie h o c h er die Wahrscheinlichkeit eines Mangels einschätzt u n d z u w e l -chen Schäden dieser M a n g e l angesichts seiner individuellen V e r w e n d u n g s p l a n u n g führen kann. A n h a n d dieser D a t e n hat er sich z u überlegen, o b u n d i n welchem U m f a n g eine U n t e r s u c h u n g des Kaufobjektes angesichts der dadurch entstehenden K o s t e n rentabel ist. Dies w i r d u m so eher der Fall sein, je größer die Schäden sind, die aus dem individuellen Einsatz der A n l a g e resultieren können u n d je wahrschein-licher ein M a n g e l ist. D e r Käufer vermag also den Untersuchungsaufwand verhält-nismäßig genau m i t seinem positiven Interesse an der A n l a g e b z w . den aus d e m A u s f a l l der A n l a g e drohenden Schäden abzustimmen. Hält der Käufer eine U n t e r -suchung für unrentabel, so k a n n er i m m e r h i n das v o n i h m angebotene Entgelt i m Vergleich z u der Vergütung, die er für eine m i t Sicherheit qualitativ vollwertige Anlage z u zahlen bereit wäre, herabsetzen. Diesen Risikoabschlag mag er i n die Rückstellungen einbringen, aus denen er gegebenenfalls etwaige Schäden abdecken kann.

Lag der konkrete M a n g e l außerhalb aller Wahrscheinlichkeit u n d hatte der Käufer daher keinen Anlaß, Überlegungen anzustellen, wie das R i s i k o optimal z u

beherr-7 8 Zu den nach Vertragsschluß entstehenden Mängeln vgl. unten S. 152 ff.

7 9 Vgl. auch Herberger, Rechtsnatur, Aufgabe und Funktion der Sachmängelgewährleistung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, S. 90ff, der die Parallele zu § 306 BGB und damit nach der hier vertretenen Auffassung zur beiderseitigen Beherrschbarkeit zieht.

8 0 In diesem Sinne ist Leiser, Festschrift Schnorr v. Carolsfeld, S. 310, daß die bei diesem Kompromiß miteinkalkulierte „Eigenverantwortlichkeit des Käufers . . . sinnlos ist", zuzu-stimmen.

8 1 Der Käufer ist natürlich nicht verpflichtet, einen Fachmann beizuziehen. O L G Köln, NJW 73, 904.

sehen ist, so k a n n freilich die Belastung des Käufers m i t der Gefahr, daß sein Bedarf ungedeckt bleibt, nicht auf dessen Beherrschungsmöglichkeiten zurückgeführt w e r -den. A u s der Tatsache, daß § 459 I B G B die unvorhersehbaren Mängel u n d die vorhersehbaren Fehler gleich behandelt, k a n n indessen kein E i n w a n d gegen die These abgeleitet werden, § 459 B G B spiegele den Einfluß des Beherrschbarkeitsge-dankens wider. I n den Fällen unvorhersehbarer Mängel können nämlich weder Käufer n o c h Verkäufer das R i s i k o beherrschen. W e i l der Verkäufer die G e f a h r eines Mangels i m abstrakten Sinne z u steuern außerstande ist, w i r d auch er nicht m i t einer Schadensersatzpflicht belastet. D i e aus d e m M a n g e l resultierenden Schäden, die sich i m Bereich des Käufers niederschlagen, werden diesem als „Veranlasser" auferlegt.

In beiden F a l l g r u p p e n ist somit die V e r n e i n u n g einer Schadensersatzpflicht des Verkäufers auf das Beherrschbarkeitsprinzip zurückzuführen: bei der Masse der Mängel, die vorhersehbar sind, auf den U m s t a n d , daß der Käufer das R i s i k o eben-falls - w e n n auch schlechter als der Veräußerer - z u beherrschen i n der Lage ist; bei den gänzlich unwahrscheinlichen Mängeln auf die beiderseitige Unbeherrschbarkeit des R i s i k o s . D a i n beiden Fällen die Rechtsfolgen dieselben sind, konnte das Gesetz die Sachmängelgewährleistung i n einer V o r s c h r i f t regeln.

Diese Deutung des § 459 I BGB wird auch nicht durch den § 538 I BGB widerlegt. Im Unterschied zum Verkäufer ist zwar der Vermieter zum Ersatz des positiven Interesses des Mieters verpflichtet, falls das vermietete Objekt schon zur Zeit des Vertragsabschlusses mit einem Mangel behaftet war. Dem Vermieter wird also das volle Risiko zugerechnet, obgleich doch dieses Risiko normalerweise der Mieter ebenso wie der Käufer im abstrakten Sinne beherrschen kann.

Dieser Wertungswiderspruch läßt sich jedoch leicht auflösen. Dazu muß man den § 538 I nicht, wie es ein Teil der Literatur getan hat, auf der Grundlage des Beherrschbarkeitsprinzips restringieren. Ihrer Ansicht zufolge fehlt einer Haftung des Vermieters aus stillschweigender Garantie82 jeder Rückhalt im Willen der Parteien, die oft gar nicht an die Möglichkeit von Mangelschäden dächten.8 3 Man müsse daher die Haftung auf das unmittelbare Erfüllungsinter-esse unter Ausschluß von Mangelfolgeschäden begrenzen.84 Larenz85 geht noch einen Schritt weiter. Dem Vermieter dürfe die Gefahr, daß das Vertrauen des Mieters auf eine fehlerfreie Sache enttäuscht werde, nur zugerechnet werden, wenn er den Mangel bei Anwendung der äußersten, überdurchschnittlichen Sorgfalt entdecken konnte.

Diese Form der Restriktion ist nicht nur mit dem Prinzip abstrakter Beherrschbarkeit unvereinbar, demzufolge es völlig unerheblich ist, ob der Vermieter den Mangel bei über-durchschnittlicher Sorgfalt entdecken konnte, da es keinen Maßstab für eine überdurchschnitt-liche Sorgfalt gibt.85a Als Zurechnungsschranke käme allenfalls die Unvorhersehbarkeit des Mangels in Betracht. Damit würde man jedoch die Intentionen des historischen Gesetzgebers durchkreuzen, der den Mieter aus sozialpolitischen Erwägungen für besonders schutzwürdig hielt.86 In der Tat gehören die Mieter auch heute noch vielfach den sozial schwächeren

Schich-8 2 So im Anschluß an Mot. II, S. 377, R G Z 52, 173; R G , JW 35, 3459; HRR, 1930, 1724;

B G H Z 9, 321; Soergel-Mezger, BGB, § 538 Anm. 5.

83 Larenz, SchR II, S. 155; Diederichsen, AcP 165, 167.

84 Enneccerus-Lehmann, SchR, S. 518 m. w. Nachw.

85 Larenz, SchR II, S. 155f; ihm folgt Diederichsen, AcP 165, 167f.

8 5 3 Siehe unten S. 124.

8 6 Prot. VI, S. 186.

ten an, die einen durch ein Mietobjekt verursachten Mangelfolgeschaden nicht ohne weiteres auf sich nehmen87 können.8 8 Der Gesetzgeber hat aus diesem Grunde der Fähigkeit des Mie-ters, das Risiko zu steuern, wenig Gewicht beigemessen.

Freilich darf nicht verkannt werden, daß sich die Verhältnisse auf dem Mietsektor seit 1900 nachhaltig verändert haben. Man sollte daher bei denjenigen Mietverhältnissen, die wie das Leasing von Produktionsgütern typischerweise von kapitalkräftigeren Kreisen begründet wer-den, den § 538 I BGB der Sachmängelgewährleistung beim Kauf annähern. Im übrigen besteht aber kein Anlaß, den sozialpolitisch motivierten Schutz des Mieters dadurch auszuhöhlen, daß den Mietern ein Teil des durch einen Mangel des Mietobjektes verursachten Schadens auferlegt wird.8 9

2. Der Einfluß der abstrakten Beherrschbarkeit auf die Verteilung zukunftsbexoge-ner Risiken planungswidrigen Aufwandes (Aufwandserhöhung und Schadensersatz)

D i e G e l t u n g des Beherrschbarkeitsgedankens läßt sich auch bei Vorschriften nachweisen, die das R i s i k o planungswidrigen A u f w a n d e s bei zukunftsbezogenen Gefahren verteilen.

Erfüllt der Schuldner sein Versprechen nicht ordnungsgemäß, so w i r d er i n aller Regel nicht ohne ein V e r s c h u l d e n sofort mit der Pflicht belastet, den Bedarf des Gläubigers mit dem Surrogat, „ G e l d " z u befriedigen. D i e Schadensersatzpflicht des Schuldners wegen N i c h t - oder unzulänglicher Erfüllung ist bei zukunftsbezogenen R i s i k e n verschuldensabhängig, selbst w e n n der Schuldner die G e f a h r allein z u be-herrschen imstande gewesen wäre. So hat der Schuldner beispielsweise das positive Interesse des Gläubigers i m Falle einer nachträglichen Unmöglichkeit nur z u erset-zen, w e n n i h m ein Sorgfaltsverstoß vorgeworfen w e r d e n k a n n (§§ 275, 280, 325, 276 B G B ) . Diese i m V e r g l e i c h z u r B e h a n d l u n g gegenwartsbezogener R i s i k e n H a f -tungsmilderung k a n n - w i e n o c h eingehender dargetan w i r d9 0 auf das Z u s a m m e n -treffen v o n z w e i F a k t o r e n zurückgeführt w e r d e n : A u f die schwere Kalkulierbarkeit des „positiven Interesses", dessen D a t e n z u m wesentlichen T e i l i n dem Bereich des Gläubigers liegen (§ 252 B G B ) u n d auf den U m s t a n d , daß sich ein gegenwartsbezo-gener R i s i k o f a k t o r leichter erkennen läßt, als die zukünftige E n t w i c k l u n g abzu-schätzen ist.

I m m e r h i n existieren auch i m R a h m e n der zukunftsbezogenen R i s i k e n Schadensersatznormen, die verschuldensunabhängig ausgestaltet sind. Sie waren i m G e m e i -nen Recht verbreiteter u n d erstreckten sich beispielsweise auch auf die H a f t u n g der Frachtführer u n d Schiffer.9 1 Sie w u r d e n später jedoch stark zurückgedrängt u n d erst i m Laufe einer stärkeren E n t w i c k l u n g des Kraftverkehrs auf bestimmte i n der K V O

I m m e r h i n existieren auch i m R a h m e n der zukunftsbezogenen R i s i k e n Schadensersatznormen, die verschuldensunabhängig ausgestaltet sind. Sie waren i m G e m e i -nen Recht verbreiteter u n d erstreckten sich beispielsweise auch auf die H a f t u n g der Frachtführer u n d Schiffer.9 1 Sie w u r d e n später jedoch stark zurückgedrängt u n d erst i m Laufe einer stärkeren E n t w i c k l u n g des Kraftverkehrs auf bestimmte i n der K V O