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Archiv "Komitee „Ärzte für die Dritte Welt“: Die Einsätze sind immer ein Gewinn" (05.11.1993)

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Die Aalener Ärztin Dr. med. Irmela Seraphim bei der Untersuchung eines Kindes in der Ambulanz des Komitees „Ärzte für die Dritte Welt" in der indischen Stadt Kalkutta.

THEMEN DER ZEIT BLICK INS AUSLAND

Komitee „Ärzte für die Dritte Welt"

M

it Stethoskop, Otoskop, RR-Gerät, Taschenlampe, gesundem Menschenver- stand und einigen schul- medizinischen Grundkenntnissen mußte ich den Bergbewohnern in al- len Krankheitssituationen weiterhel- fen, und das ging ganz gut", berichtet Döring von seinem jüngsten sechswö- chigen Einsatz auf der philippini- schen Südinsel Mindanao, wo er ins- gesamt drei Impfkampagnen be- treute.

„Wir bezogen gewöhnlich einen Standort in einem Barangay, versorg- ten dessen Bevölkerung als erstes und wanderten dann täglich mit ein- bis zweistündigen Märschen in die abgelegeneren Ortsteile, wobei die Entfernungen nicht so groß waren, aber durch die Wegeverhältnisse in der Regenzeit diese Märsche oft stärkste körperliche Anforderungen an mich stellten, vergleichbar viel- leicht Bergwanderungen im Tief- schnee, nur daß der zu durchpflügen- de Matsch noch viel klebriger ist und man dabei entweder vom Schwitzen

bei Sonne klatschnaß wird oder von den über einen hereinbrechenden Tropenschauern. Dabei mußte ich mir dann häufig auch Schuhe und Strümpfe ausziehen und barfuß wei- terwaten", schreibt Döring. In den Dörfern wurde dann nicht nur ge- impft, sondern gleichzeitig bot der Hautarzt auch unentgeltliche ärztli- che Konsultationen und eine medika- mentöse Versorgung an.

Der Vorsitzende des Vereins, Dr. med. Lothar Watrinet, schildert die Entstehungsgeschichte des Komi- tees, das vor zehn Jahren von Bern- hard Ehlen ins Leben gerufen wurde.

Der Frankfurter Jesuitenpater such- te damals zunächst Ärztinnen und Ärzte, die bereit waren, für Projekte in Kalkutta und Manila ihren Urlaub

zu opfern. Zwar meldeten sich an- fangs nur wenige Freiwillige zur Mit- arbeit, doch kaum waren die ersten Teams von ihren Einsätzen in den Slums zurückgekehrt, schrieben sie Artikel über ihre Erfahrungen. Auf- grund ihrer Berichte meldeten sich bald genug Ärzte für die beiden Pro- jekte.

Dabei sind die Bedingungen für die mitarbeitenden Mediziner alles andere als einladend. Die Einsätze werden nicht vergütet, und die Ärzte müssen sogar für mindestens die Hälfte der Flugkosten aufkommen.

Außerdem sind sie verpflichtet, in unmittelbarer Nähe der Slums zu le- ben. Es gibt keinerlei Gehälter, Spe- senabrechnungen oder Aufwands- entschädigungen. Die Selbstbeteili- gung der Ärzte an den Flugkosten war anfangs pure Notwendigkeit, räumt Ehlen ein, „denn wir fingen ja fast mit Null an. Und niemand gibt Ihnen Geld bloß auf eine schöne Idee hin." Der Eigenanteil ist jedoch bis heute ein Auswahlkriterium ge- blieben, um „Mitarbeiter mit der richtigen Einstellung zu bekommen".

Doch nicht nur den beteiligten Ärzten werden Opfer abverlangt.

„Die Spender wollen wissen, was mit ihrem Geld geschieht, und sie wollen vor allem keine Verwaltung bezah- len", betont Ehlen. Bis heute werden deshalb die Kosten für Telefon und Büromaterial von einem eigenen Förderkreis aus Ärzten und vom Je- suitenorden getragen.

Watrinet erläutert die „Philoso- phie" des Komitees, die bei zahlrei- chen Medizinern immer mehr An- klang fand: „Unser ärztlicher Einsatz versteht sich im Massenelend der Slums als Zeugnis für den Wert und die Würde des einzelnen Menschen.

Die Einsätze sind immer ein Gewinn

Doppelten Anlaß zum Feiern hat das Komitee „Ärzte für die Dritte Welt": Am 2. November jährte sich zum zehnten Mal der erste Einsatz von zwei Ärzten, die für das Komitee nach Ostasien reisten, und bereits im Sommer konnte Bundespräsi- dent Richard von Weizsäcker dem Dermatologen Dr. med. Frieder Döring aus Troisdorf das Ticket für den 1000. Einsatz des Komitees überreichen.

A1-2902 (22) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 44, 5. November 1993

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Für uns sind alle Menschen und Reli- gionen gleichwertig. Auf keinen Fall wollen wir missionieren oder koloni- alisieren. Wir haben Respekt vor der Armut und den Traditionen, in de- nen die Menschen leben." Deshalb arbeiten die Ärzte vor Ort grundsätz- lich mit einheimischen Kranken- schwestern zusammen: "Durch die einheimischen Mitarbeiter ist die notwendige Anpassung unserer Ar- beit an die fremde Kultur und Men- talität, an die Sprache und Religion unserer Patienten gewährleistet."

1985 konnte eine zusätzliche Ambulanz mit jeweils zwei Ärzten in der kolumbianischen Industriestadt

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BLICK INS AUSLAND

tionen unerreichbaren Gebieten sind seitdem jeweils zwei deutsche Ärzte eingesetzt. In Begleitung eines erfah- renen, einheimischen Teams sind die deutschen Mediziner auf Mindanao jede Woche unterwegs, um Kinder zu impfen.

Als sich herausstellte, daß für die schwereren Erkrankungen aus- reichende Weiterbehandlungsmög- lichkeiten fehlten, konnte mit finan- zieller Hilfe der deutschen Entwick- lungshilfe in der philippinischen Ha- fenstadt Cagayan de Oro ein kleines Krankenhaus erbaut werden. Es soll- te außerdem der Weiterbildung ein- heimischer Mediziner dienen. Sieben

Die Hornburger Kinderärztin Marie Coen untersucht im ,,La Chacra" -SI um in San Salvedar ein während des Krieges durch Brandwunden schwer verletztes Kind. Fotos {2), Bernhord Ehlen

Cali aufgebaut werden. Zwei Jahre später wurde das Team um einen Zahnarzt erweitert. 92 Ärztinnen und Ärzte waren bisher allein in Süd- amerika eingesetzt.

Bei den Urlaubseinsätzen von sechs Wochen ist das wichtigste An- liegen der Ärzte vor allem die medi- zinische Hilfe und Therapie. Auf Mindanao bot sich außerdem die Chance zur präventiven Arbeit. An- geregt durch das "Expanded Pro- gram on Immunisation" der WHO begann das Komitee dort im Sommer 1988 eine eigene Impfkampagne. Vor allem in den für die Gesundheitssta-

deutsche Ärztinnen und Ärzte sind ständig dort tätig.

Gleichzeitig mit dem Bau des Krankenhauses auf Mindanao be- gann eine umfangreiche Zusammen- arbeit auch mit anderen einheimi- schen medizinischen und Sozialmedi- zinischen Projekten. Teils mit finan- zieller Unterstützung durch das Ent- wicklungshilfeministerium, teils durch eigene Mittel werden inzwi- schen 80 Partnerprojekte in 13 Län- dern gefördert.

Seit 1989 sind die Ärzte auch in Bangladesch aktiv. In fünf Einsatz- orten in Dakka behandeln sie unter

anderem kranke, wurmbefallene Kinder. Außerdem wurden Trink- wasserbrunnen gebohrt, Latrinen ge- baut und eine Abwasserentsorgung angelegt. In kleinen Hütten wird Schulunterricht vor allem auch für Mädchen angeboten. Zum zehnjähri- gen Bestehen startete das Komitee jetzt das bislang letzte Projekt in ei- nem Elendsviertel in San Salvador.

Insgesamt hat der Verein nach eigenen Angaben in allen Projekten in der "Dritten Welt" mehr als 7,5 Millionen DM für humanitäre Zwek- ke ausgegeben. Mehr als 3,5 Millio- nen DM wurden dem Komitee im vergangeneo Jahr gespendet. Zu fast 2,8 Millionen DM Zuschüssen durch den Bund und die EG kamen noch rund eine Million DM Bußgeldzu- weisungen deutscher Gerichte.

Rund 750 Ärzte haben sich bis- her an den humanitären Einsätzen beteiligt. 170 Ärzte setzen jedes Jahr für diese Idee ihren Jahresurlaub ein oder lassen sich sogar einige Monate für die Arbeit freistellen. Etwa 60 Ärzte waren dreimal oder noch häu- figer eingesetzt. Gut ein Drittel der Ärzte, die für das Komitee arbeiten, sind Frauen. Rund die Hälfte der Mitarbeiter sind Krankenhausärzte.

Trotz der finanziellen Verluste und der Strapazen des Einsatzes schrieb Döring: "Das Fazit, das ich bis jetzt daraus ziehen kann, und so ging es, glaube ich, den meisten, die solche Einsätze mitgemacht haben, ist ein enormer Gewinn sowohl menschlich wie fachlich für einen sel- ber." Ähnlich geht es wohl den mei- sten Ärzten nach ihrer Rückkehr von einem Einsatz. "Teilweise enthalten die Abschlußberichte Kritik und Verbesserungsvorschläge. Doch habe ich noch nie einen Brief erhalten, in dem die Ärzte nicht schreiben, daß sie durch den Einsatz gewonnen hät- ten", sagte Watrinet.

~ Das Komitee "Ärzte für die Dritte Welt" sucht weitere Mitarbei- ter für die verschiedenen Projekte.

Außerdem wird um finanzielle Un- terstützung gebeten. Informationen:

Komitee "Ärzte für die Dritte Welt", Elsheimer Straße 9, 60322 Frankfurt, Tel 0

69/71 9114

56, Fax

71 911450.

Bankverbindung: Frankfurter Spar- kasse, Konto 234567, BLZ 500 502 01. Gisela Klinkhammer Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 44, 5. November 1993 (23) A1-2903

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