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Archiv "Multiple Sklerose: Neuer Wirkstoff reduziert Schubrate" (15.11.2013)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 46

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15. November 2013 A 2219 MULTIPLE SKLEROSE

Neuer Wirkstoff reduziert Schubrate

Ein monoklonaler Antikörper, der bereits für die Leukämiebehandlung zugelassen war, zeigt sich in klinischen Studien der Standardtherapie bei multipler Sklerose mit Beta-Interferonen überlegen. Sein Preis sorgt jedoch für Kritik.

D

ie Basistherapie bei der schub- förmig remittierenden multi- plen Sklerose (RR-MS) besteht heu- te aus dauerhaft verabreichten und subkutan injizierten Beta-Interfero- nen. Seit kurzem besteht für RR- MS nun eine neue Therapieoption:

Die Europäische Arzneimittelbehör- de EMA hat im September den Wirkstoff Alemtuzumab unter dem Namen Lemtrada® für diese Indi - kation zugelassen. Alemtuzumab ist ein humanisierter monoklonaler An- tikörper, der selektiv an das Leu - kozytenantigen CD52 bindet und die im Blut zirkulierenden T- und B-Zellen depletiert. Ein grundle- gender Unterschied im Vergleich zu den Beta-Interferonen besteht in der Verabreichung der neuen The rapie.

Lemtrada® wird als Infusion gege- ben – im ersten Behandlungsjahr an fünf aufeinanderfolgenden Tagen, im zweiten Jahr an drei Tagen und, falls notwendig, im dritten Jahr ebenfalls an drei weiteren Tagen.

Danach ist die Behandlung abge- schlossen.

Eine Art „Reset-Taste“

„Mit Alemtuzumab haben wir einen neuartigen Wirkmechanismus, eine Art ,Reset-Taste‘ in der MS-Behand- lung gefunden“, meinte Martina Ochel, Geschäftsführerin von Gen- zyme Deutschland, einem Tochter- unternehmen der Sanofi-Gruppe, das Lemtrada® in Deutschland vertreibt, bei einer Veranstaltung in Berlin.

Zum ersten Mal müsse keine Dauer- therapie bei RR-MS-Patienten ver- abreicht werden. Und erstmals kön- ne ein Medikament für diese Indika- tion zudem nicht allein in der Basis- oder der Eskalationstherapie, son- dern in allen Phasen der Erkrankung angewandt werden.

Zur Behandlung von RR-MS mit Alemtuzumab liegen bislang Ergeb-

nisse aus zwei Phase-III- und einer Phase-II-Studie vor, in denen der Wirkstoff mit der Standardtherapie durch Interferon beta-1a subkutan (Rebif®) verglichen wurde. Ergeb- nis: In der Phase-III-Studie „CARE- MS I“, an der 581 therapienaive Pa- tienten teilnahmen, reduzierte Alem- tuzumab die jährliche Schubrate um 54,9 Prozent. Unter Alemtuzumab blieben 77,6 Prozent der Patienten zwei Jahre lang schubfrei – unter In- terferon waren es 58,7 Prozent.

Kein Unterlagenschutz mehr Die „CARE-MS II“-Studie schloss 840 Patienten mit aktiver MS ein, die unter ihrer bisherigen Therapie min- destens einen Schub erlitten hatten.

Hier reduzierte Alemtuzumab die jährliche Schubrate im Vergleich zu Interferon um 49,4 Prozent. Zudem verringerte es das Risiko für eine über sechs Monate bestätigte Behin- derungsprogression um 42 Prozent.

65 Prozent der Pa tienten waren nach zwei Jahren schubfrei, in der Ver- gleichsgruppe waren es 47 Prozent.

Häufigste unerwünschte Ereignisse unter Alemtuzumab waren infusions- bedingte Reaktionen. Infektionen tra- ten in beiden Behandlungsgruppen häufig auf – die meisten waren leicht bis mittelschwer ausgeprägt und mit der Standardtherapie behandelbar.

Aus der Verlängerung der Phase- II-Studie „CAMMS223“ liegen dar - über hinaus Daten über fünf Jahre vor. In diesem Zeitraum hat Alemtu- zumab das Risiko für eine anhalten- de Akkumulation von Behinderun- gen im Vergleich zu Interferon von 38 auf 13 Prozent reduziert. Zudem betrug die gemittelte jährliche Re - zidivrate unter Alemtuzumab 0,11 im Vergleich zu 0,35 unter Interfe- ron. Unerwünschte Ereignisse traten unter Alemtuzumab jedoch häufiger auf: bei sieben Prozent der Patienten

schwere Infektionen (Interferon: drei Prozent) und bei 30 Prozent auto - immune Störungen der Schilddrüse (Interferon: vier Prozent).

Alemtuzumab ist zwar für die In- dikation RR-MS neu zugelassen – dennoch ist der Wirkstoff nicht neu.

Bereits 2001 war er unter dem Na- men MabCampath® zur Behand- lung bestimmter Patienten mit chro- nischer lymphatischer Leukämie vom B-Zell-Typ (B-CLL) zugelas- sen worden. Als sich ein Nutzen in der Therapie von MS abzeichne- te, nahm Genzyme MabCampath® aber vom Markt, um eine Zulas- sung für die MS-Behandlung zu be- antragen. Denn bei dieser Indikati- on konnte das Unternehmen einen höheren Preis für den Wirkstoff ver- langen: So kostete MabCampath® 21 Euro pro Milligramm. Für Lem- trada® liegt der Preis pro Milligramm nun bei 887 Euro. Dies sei völlig überzogen, sagen Kritiker.

Genzyme dagegen argumentiert, man habe sich bei der Preisgestal- tung am Komparator Interferon ori- entiert – und da die Studien einen Zusatznutzen ergeben hätten, sei auch ein höherer Preis gerechtfertigt.

Der Fall Alemtuzumab wirft zudem ein neues Licht auf das Arzneimittel- marktneuordnungsgesetz (AMNOG).

Denn gerne würde Genzyme eine Nutzenbewertung von Alemtuzu- mab in Anlehnung an das AMNOG- Verfahren durchführen lassen. Weil für Alemtuzumab jedoch kein Un- terlagenschutz mehr besteht, ist dies nicht möglich. „Das Thema, dass sich Altsubstanzen für neue In- dikationen eignen, liegt auf dem Tisch“, sagt Ochel. Nun müsse grundsätzlich geklärt werden, wie damit umzugehen sei.

Falk Osterloh Pressegespräch: Kurzporträt des Wirkstoffes Alemtuzumab, Veranstalter: Sanofi-Aventis

P H A R M A

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