A3330 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 49⏐⏐8. Dezember 2006
M E D I E N
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er Befund ist da, Diagnose:multiple Sklerose (MS). So- wohl für Patienten als auch für Ärz- te ist das eine schlechte Nachricht, mit der beide jedoch umgehen müs- sen. Besonders bei jungen Betroffe- nen ist der Schock groß. Wie geht es jetzt weiter?
Viele Patienten denken, wenn sie von ihrer Erkrankung er- fahren, nun sei das Leben vorbei.
„Morgen sitzst Du im Rollstuhl, und übermorgen bist Du tot“, so be- schreibt Barbara Vißer (41), seit zwölf Jahren MS-Patientin, ihre ers- ten Gedanken nach der Diagnose.
Dass ein erfülltes Leben auch mit der Krankheit MS möglich ist, versucht „Nina – Ein Leben mit MS“, das neue Filmprojekt der Deutschen Multiple-Sklerose-Ge-
sellschaft Bundesverband (DMSG), zu verdeutlichen. Der halbstündige Spielfilm begleitet die junge Nina, gespielt von Anna Eger, die uner- wartet mit der Diagnose MS kon- frontiert wird. Sie muss sich mit der Krankheit arrangieren, und das sollen auch die Patienten versu- chen. Deshalb wird „Nina – Ein Leben mit MS“ in Zukunft in Krankheitsbewältigungsprogram- me einiger Kliniken integriert
werden.
Verständnis und Öffentlichkeit schaffen
Nach der Diagnose brauche man Verständnis, vor allem von Freunden und Familie, beschrei- ben viele Betroffene die ersten Schritte auf dem Weg zur eige- nen Akzeptanz der Krankheit.
Dorothea Pitschnau-Michel, Geschäftsführerin der DMSG, betont: „Die Symptome und Probleme von MS-Erkrank- ten müssen noch viel mehr in die Öffentlichkeit getragen werden, um auf diese Weise auch den Erkrankten die Möglichkeit zu geben, in ihrer Lebenswelt Verständ- nis zu bekommen.“ Das versucht der Spielfilm, indem er auch medizini- sche, interaktive 3-D-Animations- sequenzen zeigt. Diese können während des Films bei bestimmten Szenen nach dem Klicken auf einen Button abgerufen werden. Die Idee dazu hatte Adam Michel, Geschäfts- führer des DMSG-Landesverbandes in Baden-Württemberg. Er nennt diese Art der Aufklärung „emotional science“. Das Projekt sei etwas Neuartiges, weil die Vermittlung von sinnvollem Wissen mit emotio- nalem Erleben und Verstehen ver- bunden werde.
Nach Meinung von Ärzten und Betroffenen ließe sich „emotional science“ auch bei anderen Krank- heiten nutzen. „Es fallen mir auf An- hieb weitere Erkrankungen ein, wie zum Beispiel Parkinson, für die es ein hervorragendes Medium wäre“, sagt der Neurologe Prof. Dr. Horst Wiethöller. Generell scheint das Konzept „Nina“ sowohl bei MS-Pa- tienten als auch bei den behandeln- den Ärzten sehr gut angenommen zu werden. Der Spielfilm sei „le- bensnah“ und nicht „so kompliziert und trocken“, wie es Dokumentatio- nen und medizinische Vorträge oft seien, erklärt MS-Patientin Vißer, die den Film während ihrer Reha sah. Viele Neuerkrankte könnten sich in der Hauptperson wiederfin- den. Dazu trage unter anderem „der etwas raue Neurologe“ bei, gespielt von Hendrik Martz, da er authen- tisch den Arzt verkörpere, dem vie- le Patienten begegneten, sagt sie.
Auch das romantische Ende wurde von den meisten als Mut machend, beruhigend und optimistisch stim- mend empfunden. Denn in der letz- ten Szene erfahren die Zuschauer, dass Nina ihre Krankheit akzeptiert hat. Sie ist nun in der Lage, sich ei- nen neuen Job zu suchen und eine Beziehung zu ihrem ehemaligen Chef einzugehen. Das kritisierten einige Erkrankte jedoch als „ein bisschen zu weich gespült“.
Zusatzinformationen
Das Projekt soll aber nicht nur die Betroffenen, sondern auch deren Angehörige und Freunde informie- ren. Sowohl Ärzte als auch Patien- ten sind der Meinung, dass dieser Film dabei helfen kann, sich den Mitmenschen gegenüber verständ- lich zu machen und ihnen die Angst zu nehmen. „Extrem hilfreich“ sei- en dabei die Zusatzinformationen in Form von Interviews und 3-D-Ani- mationen, die die Symptome und die immunologischen Vorgänge ver- anschaulichten, befand Priv.-Doz.
Dr. Peter Flachenecker, Chefarzt ei- nes Rehabilitationszentrums.
Die DVD mit der dazugehörigen CD-ROM ist kostenfrei im Internet bestellbar. Weitere Informationen un- ter www.emotional-science.de. I Viktoria Elisa Zipper MULTIPLE SKLEROSE
Mehr Mut für Patienten
Die Spielfilm-DVD „Nina – Ein Leben mit MS“ verbindet emotionales Verständnis mit wissenschaftlichen 3-D-Animationen.
Das in Berlin vorgestellte Projekt begeisterte Ärzte und Betroffene.
Dreidimensionale Animations- sequenzen lassen sich bei bestimmten Szenen des Films als medizinische Zusatzinformatio- nen abrufen.