A 2204 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 106|
Heft 44|
30. Oktober 2009MULTIPLE SKLEROSE
Verminderte Schubrate
Der oral applizierbare Immunmodulator Cladribin verzögert die Progression bei schubförmiger MS, wie eine zulassungsrelevante Phase-III-Studie belegt.
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er Wunsch vieler Multiple- Sklerose(MS)-Patienten nach einer oralen Therapie ist in greifbare Nähe gerückt. Die auf dem Kongress der US-amerikanischen Akademie für Neurologie erstmalig vorgestell- ten Ergebnisse der CLARITY-Stu- die* zeigen eine signifikante Überle- genheit des oralen Immunmodulators Cladribin im Vergleich zu Placebo.Cladribin ist ein Purin- Nukleosid-Analogon, dessen immunmodulatorische Wir- kung mit Leukozytendepleti- on schon länger bei der The- rapie der Haarzellleukämie genutzt wird. Nach Ein- schleusung der Substanz in die Zelle hält die Wirkung lange an, sodass der Wirk- stoff nur über wenige jährli- che Zyklen eingenommen werden muss.
Im Rahmen der zulas- sungsrelevanten Phase-III- Studie sei über zwei Jahre bei 1 326 Patienten mit schubförmiger MS die Wirk- samkeit einer Cladribin- Monotherapie gegen Placebo getestet worden, berichtete Dr. Berit Rosche von der Berliner Charité.
Die kumulative Dosierung betrug im ersten Jahr in den zwei Verumar- men 5,25 oder 3,5 mg/kg/Körperge- wicht (KG), verabreicht in vier oder zwei fünftägigen Behandlungszy- klen, und im zweiten Jahr 3,5 mg/kg/
KG in zwei Zyklen. In den beiden Cladribin-Gruppen erreichten signi-
Rote-Hand-Brief zur HIV-Therapie mit Intelence® (Etravirin) – Der Nicht-Nu- kleosid-Reverse-Transkriptase-Inhibitor (NNRTI) Etravirin ist in Kombination mit einem geboosteten Proteasehemmer und anderen antiretroviralen Arzneimit- teln zugelassen für die HIV-Therapie bei antiretroviral vorbehandelten er- wachsenen Patienten. Ein Rote-Hand- Brief informiert über Fälle von toxischer epidermaler Nekrolyse (TEN), darunter ein Fall mit letalem Ausgang, sowie über Fälle von Hautausschlag mit Eosi-
nophilie und systemischen Sympto- men (DRESS-Syndrom), die im Zusam- menhang mit der Gabe von Etravirin aufgetreten sind. Danach muss bei Verdacht auf einen schweren Hautaus- schlag oder eine Überempfindlichkeits- reaktion Etravirin sofort abgesetzt wer- den (www.akdae.de/20/40/Archiv/
2009/20091019.pdf).
Zulassungserweiterung für Revatio® – Nachdem der PDE-5-Inhibitor Revatio (Sildenafilcitrat, Firma Pfizer) bisher aus-
schließlich zur Therapie der pulmonal- arteriellen Hypertonie der WHO-Funkti- onsklasse III indiziert war, können nun auch Patienten mit einer geringen Ein- schränkung der körperlichen Leistungs- fähigkeit von dem Wirkstoff profitieren.
Nach Definition der Weltgesundheitsor- ganisation werden der Funktionsklasse II Betroffene zugerechnet, bei denen in Ruhe keine Beeinträchtigung vorliegt.
Gewöhnliche körperliche Aktivitäten füh- ren jedoch zu Dyspnoe, Fatigue, Brust- schmerzen oder (Prä-)Synkopen. EB
KURZ INFORMIERT
fikant mehr Patienten Schubfreiheit als unter Placebo (78,9/79,7 Prozent versus 60,9 Prozent). Damit sei die Schubrate um 58 beziehungsweise 55 Prozent im Vergleich zu Placebo reduziert worden, so Rosche. Das Risiko für eine Krankheitsprogressi- on war in den Verumgruppen um 31 beziehungsweise 33 Prozent vermin- dert. Ebenfalls überlegen war Cladri- bin bei der Reduktion der Krank- heitsaktivität (gemessen an Gado - linium anreichernden T1-Läsionen und aktiven T2-Läsionen).
Cladribin erwies sich als sehr gut verträglich; als Folge der guten Ver- träglichkeit wird die sehr geringe therapiebedingte Abbruchrate von nur 5,8 Prozent bewertet. Opportu- nistische Infektionen traten nicht auf.
Vier Patienten erkrankten im Be- handlungszeitraum an verschiedenen soliden Tumoren und 2,3 Prozent der Patienten entwickelten einen Herpes zoster, der aber auf die Haut be- schränkt und gut behandelbar war.
Auf Grundlage der jetzt zur Verfü- gung stehenden Daten wird in Kürze die Zulassung für Cladribin für die Behandlung der schubförmigen MS in den USA und Europa beantragt.
Unklar sei zurzeit noch, ob Cladribin als Basistherapeutikum oder als Es- kalationstherapie zur Anwendung kommen werde, sagte die Expertin. ■
Maria Weiß
*Cladribine tablets in treating MS orally Veranstaltung: Merck-Serono Post AAN (American Academy of Neurology), Fortbildung, 17. Juni 2009, Berlin
Autoreaktive T-Zellen und Makrophagen schä- digen die Myelin- scheiden von Nervenzellen: ein Pathomechanismus bei der multiplen Sklerose.
Abbildung: DMSG Bundesverband e.V.