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Archiv "Diagnosenverschlüsselung: Die ICD-10 kommt" (30.07.1999)

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ast unbemerkt und völlig un- erwartet hat Bundesgesund- heitsministerin Andrea Fi- scher den seit Jahren umstrittenen Diagnosencode ICD-10 in Kraft ge- setzt. Niedergelassene Ärzte und Krankenhausärzte werden danach verpflichtet, vom 1. Januar 2000 an Diagnosen nach der überarbeiteten zehnten Revision der ICD zu ver- schlüsseln.

Die Ärzte haben das, eher zu- fällig, einer Bekanntmachung im Bundesanzeiger entnommen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) zeigte sich über den Allein- gang der Ministerin „mehr als be- fremdet“. Die Kassenärztliche Bun- desvereinigung (KBV) sprach von einer überstürzten und stillosen Entscheidung. Mit einer Politik der vollendeten Tatsachen habe sich die Ministerin der parlamentarischen Diskussion über die Folgen der ver- schärften Transparenzvorschriften entzogen.

Der zuständige Referatsleiter im Bundesgesundheitsministerium, Dr. Gunnar Griesewell, sieht das anders. Da Ärzte und Krankenkas- sen in den vergangenen Jahren in die inhaltlichen Arbeiten an der ICD-10 eingebunden waren, sei ei- ne weitere Rücksprache nicht not- wendig gewesen. Die Inkraftset- zung ist nach seiner Darstellung zum jetzigen Zeitpunkt bekanntge- geben worden, um eine ausreichend lange Vorlaufzeit sicherzustellen.

Das Bundesarbeitsministerium und das Statistische Bundesamt hätten überdies mehrfach angemahnt, die

ICD-10 einzuführen. Sowohl die Rentenversicherung als auch das Bundesamt benötigten die ver- schlüsselten Daten.

Seit 1995 Protest und Widerstand

Die meisten niedergelassenen Ärzte schreiben ihre Diagnosen bis- her noch im Klartext. Doch die ICD- 10 ist seit Jahren ein berufspolitischer Dauerbrenner. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte sie bereits 1995 verbindlich in der vertragsärztlichen Versorgung eingeführt werden. Die Kassenärzte wollten indes mit der ursprünglichen Version, die rund 14 000 Diagnosenbegriffe umfaßte, nicht arbeiten. Sie kritisierten vor al- lem die mangelhafte Übersichtlich- keit und die Vielzahl der hierzulan- de nicht anzutreffenden Diagnosen.

Der damalige Bundesgesundheitsmi- nister Horst Seehofer setzte die Ver- pflichtung zunächst aus und kündigte eine Erprobungszeit an. Ärzte und Krankenkassen entwickelten eine praktikablere Fassung, die 1997 in den Kassenärztlichen Vereinigungen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt getestet wurde. Das Ergebnis: Viele Ärzte beurteilten die überarbeitete Codierung als praktikabel, jedoch auch als bürokratisch, zeitaufwendig und ohne medizinischen Wert – See- hofer hat sein Vorhaben daraufhin zum Ende seiner Amtszeit nicht mehr mit Nachdruck verfolgt.

Andrea Fischer verspricht sich von der Diagnosenverschlüsselung

mehr Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen. Aus Sicht des Zweiten Vorsitzenden der KBV, Dr. med. Eckert Weisner, müssen sich die Kassenärzte indes auf eine maximale bürokratische Belastung einstellen und noch mehr Zeit für die aufgeblähten Transparenzappa- rate der Krankenkassen aufwenden.

Und die fehle ihnen dann für ihre Patienten. Nicht nur der einzelne Arzt kann künftig von den Kassen besser kontrolliert werden. Ver- blüfft zeigte sich Weisner darüber, daß ausgerechnet eine grüne Ge- sundheitsministerin den Weg zum

„gläsernen Patienten“ ebne.

Die niedergelassenen Ärzte trifft die jetzige Entscheidung aller- dings nicht unvorbereitet. Das Zen- tralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI) hat bereits im ver- gangenen Jahr einen Diagnosen- thesaurus herausgegeben, der die Klartextdiagnosen den dazugehöri- gen ICD-10-Nummern zuordnet. Er kann in die entsprechende Praxis- software integriert werden.

Ganz anders sieht das offenbar in den Krankenhäusern aus, die seit mehr als zehn Jahren mit der ICD-9 arbeiten. Der Hauptgeschäftsführer der DKG, Jörg Robbers, steht der einheitlichen Diagnosenverschlüs- selung zwar grundsätzlich positiv ge- genüber. Es sei indes eine „pure Illusion“, sagte er, die ICD-10 am 1. Januar 2000 verbindlich einfüh- ren zu können. Da der komplette EDV-Abrechnungsverkehr umge- stellt werden müsse, drohe ein Um- setzungschaos. Dr. Sabine Glöser A-1941

P O L I T I K LEITARTIKEL

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 30, 30. Juli 1999 (13)

Diagnosenverschlüsselung

Die ICD-10 kommt

Andrea Fischer hat die Ärzte vor vollendete Tatsachen gestellt:

Vom 1. Januar 2000 an müssen sie ihre Diagnosen nach der überarbeiteten zehnten Revision der

International Classification of Diseases (ICD-10) verschlüsseln.

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