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Prozessoptimierungen in der Broilerschlachtung zur quantitativen Reduktion von thermophilen Campylobacter spp. auf frischem Geflügelfleisch und -produkten

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Academic year: 2022

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Tierärztliche Hochschule Hannover

Prozessoptimierungen in der Broilerschlachtung zur quantitativen Reduktion von thermophilen Campylobacter spp. auf frischem Geflügelfleisch und

-produkten

INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer Doktorin

der Veterinärmedizin

- Doctor medicinae veterinariae - (Dr. med. vet.)

vorgelegt von

Yvonne Lehner, geb. Radke Bremen

Hannover 2010

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. G. Klein

Institut für Lebensmittelqualität und –sicherheit

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. G. Klein

2. Gutachter: PD Dr. G. Glünder

Tag der mündlichen Prüfung: 05.08.2010

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Für meine Familie

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INHALTSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

1 EINLEITUNG ... 1

2 LITERATURÜBERSICHT... 3

2.1 Historie ... 3

2.2 Taxonomie ... 4

2.3 Eigenschaften von Campylobacter spp. ... 7

2.3.1 Morphologie ... 7

2.3.2 Kultivierung... 7

2.3.2.1 Anreicherungsmedien ... 8

2.3.2.2 Selektivmedien ... 8

2.3.2.3 Viable but Non-Culturable (VBNC)-Zellen ... 9

2.3.3 Identifizierung und Differenzierung ... 10

2.3.3.1 Phänotypische und biochemische Charakterisierung... 10

2.3.3.2 Serotypisierung... 12

2.3.3.3 Genotypische Differenzierung ... 12

2.3.4. Tenazität ... 13

2.4 Epidemiologie ... 15

2.4.1 Campylobacter-Quellen ... 16

2.4.1.1 Umwelt ... 16

2.4.1.2 Wildvögel ... 18

2.4.1.3 Säugetiere... 19

2.4.1.4 Haus- und Heimtiere ... 22

2.4.2 Vorkommen beim Menschen ... 23

2.4.2.1 Disposition ... 23

(6)

2.4.2.2 Infektionsquellen ... 24

2.4.2.3 Virulenzfaktoren ... 25

2.4.2.4 Toxine ... 27

2.4.2.5 Klinik ... 28

2.4.2.6 Therapie ... 30

2.4.2.7 Antibiotikaresistenz ... 31

2.4.2.8 Status Quo in Deutschland ... 32

2.4.2.9 Klimatologische, soziologische und technische Erklärungsversuche ... 33

2.4.3 Vorkommen bei Wirtschaftsgeflügel... 36

2.4.3.1 Kolonisation während der Aufzucht und der Mast... 37

2.4.3.2 Kontamination während des Transports zum Schlachthof... 38

2.4.3.3 Kreuzkontaminationen während des Schlachtprozesses ... 39

2.4.3.4 Gefährdungspotential des Endproduktes... 43

2.4.4 Aktuell mögliche Interventionsmaßnahmen ... 45

2.4.4.1 Broileraufzucht... 45

2.4.4.2 Transport ... 47

2.4.4.3 Schlachthof ... 47

2.4.4.4 Vertrieb und Lagerung... 49

2.4.5.5 Information und Prävention des Verbrauchers ... 50

2.4.6 Perspektiven und Zielsetzung ... 51

3 MATERIAL UND METHODE... 53

3.1 Konzept der Probenentnahme ... 53

3.2 Untersuchung der Sockentupfer ... 55

3.3 Beschreibung der Probenentnahmetage ... 56

3.3.1 Der Vorversuch... 56

3.3.2 Die Status Quo Erhebung ... 56

3.3.3 Die 1. Prozessvariation ... 57

3.3.4 Die 2. Prozessvariation ... 58

(7)

3.3.5 Die 3. Prozessvariation ... 58

3.4 Durchführung der einzelnen Probenentnahmen... 59

3.4.1 Kotproben ... 59

3.4.2 Wasserproben vom Brüher und Rupfer... 60

3.4.3 Entnahme der Karkassen, Blinddärme und zerlegten Produkte ... 60

3.5 Bearbeitung im Labor ... 61

3.5.1 Probenvorbereitung ... 61

3.5.2 Qualitative Untersuchung ... 63

3.5.3 Quantitative Untersuchung... 63

3.5.4 Bestätigungsreaktionen von Campylobacter-verdächtigen Kolonien ... 64

3.5.5 Biochemische Differenzierung ... 64

3.5.6 Cryokonservierung... 68

3.6 Statistische Auswertungen ... 68

3.7 Endprodukt Filet ... 69

3.8 Material und Geräte ... 70

3.9 Medien ... 71

3.9.1 Flüssige Medien... 71

3.9.2 Feste Medien... 73

3.9.3 Medien zur biochemische Differenzierung... 74

4 ERGEBNISSE ... 77

4.1 Vorversuch ... 77

4.2 Status Quo Erhebung ... 77

4.3 Prozessvariation Brühwassertemperaturerhöhung... 82

4.4 Prozessvariation Abschaltung des Zusatzaußenwäschers nach dem Rupfen ... 89

(8)

4.5 Prozessvariation Vergleich zweier Innen- und Außenwäscher mit

unterschiedlichem Wassereinsatz ... 96

4.6 Endprodukt Filet ...107

5 DISKUSSION...115

5.1 Vorversuch ...115

5.2 Status Quo Bestimmung der neuen Schlachtlinie ...116

5.3 Prozessvariation Brühwassertemperaturerhöhung...117

5.4 Prozessvariation Abschaltung des Zusatzaußenwäschers nach dem Rupfen ...119

5.5 Prozessvariation Vergleich zweier Innen- und Außenwäscher mit unterschiedlichem Wassereinsatz ...120

5.6 Endprodukt Filet ...122

5.7 Methode zur Bestimmung des Campylobacter-Status der Broilerherden durch Untersuchung von Sockentupfern ...123

5.8 Untersuchung der Campylobacter-Proben nach der Standardmethode ISO 10272 von 2002 ...124

5.9 Ausblicke ...125

6 SCHLUSSFOLGERUNGEN ...127

7 ZUSAMMENFASSUNG...129

8 SUMMARY ...131

9 ABBILDUNGSVERZEICHNIS ...133

10 TABELLENVERZEICHNIS...135

11 LITERATURVERZEICHNIS ...137

12 ANHANG ...207

(9)

13 DANKSAGUNG...213

(10)
(11)

Abkürzungsverzeichnis

AFLP= Amplified fragment length polymorphism AMP= Adenosinmonophosphat

Aqua dest. = destilliertes Wasser ATP= Adenosintriphosphat BaSO4= Bariumsulfat BD= Blinddarmproben

BfR= Bundesinstitut für Risikobewertung BW= Brühwasserproben

C. = Campylobacter CO2 = Kohlendioxid

CadF= Campylobacter adhesin to fibronectin CBF= cell-binding-factor

CDT-Protein= cytolethal distending toxin Protein Cia-Protein= Campylobacter invasion antigen Protein CT= Vibrio cholerae Toxin

DNA= Deoxyribonucleic acid

EDV= Elektronische Datenverarbeitung et al. = et alii

FBP= Eisensulfat-Natriummetabisulfit-Natriumpyruvat GBS= Guillain-Barré-Syndrom

H2S= Schwefelwasserstoff

HACCP= Hazard Analysis and Critical Control Points IfSG= Infektionsschutzgesetz

ISO = International Organization for Standardization KbE = Kolonie-bildende Einheiten

KnBE= Karkassen nach Brühen und Entfedern KnE= Karkassen nach Eviszeration

KnEnt= Karkassen nach Entbluten KnK= Karkassen nach Kühlung

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KP= Kotproben Log= Logarithmus

LPS= Lipopolysaccharide LT= Hitzelabiles Toxin

mCCD-Agar= modified Charcoal Cephoperazone Desoxycholate Agar MHB= Müller-Hinton-Agar mit Schafblut

MLST= Multilocus sequence typing MPN= Most Probable Number MW= Mittelwert

n = Stichprobenumfang N2= Stickstoff

NaCl = Natrium Chlorid O2= Sauerstoff

p= Signifikanz

PCR = Polymerase Chain Reaction

PEB1= von Pei und Blaser identifiziertes Protein PFGE= Puls-Feld-Gel-Elektrophorese

PT= Probentag

PV= Prozessvariation

RAPD= Random Amplified Polymorphic DNA ReA= reaktive Arthritis

RFLP= Restriktions-Fragment-Längen-Polymorphismus RKI= Robert Koch-Institut, Berlin

RW= Rupfwasserproben

SAS= Statistics Analysis Systems SD= Standardabweichung

spp. = Spezies

STABA= Statistisches Bundesamt subsp. / ssp. = Subspezies

VBNC = Viable But Nonculturable

(13)

1 Einleitung

Thermophile Campylobacter sind eine der häufigsten Ursachen für bakterielle Gastroenteritiden des Menschen. C. jejuni und C. coli gelten dabei als dominierende Spezies unter den Erregern. Die besondere Gefahr liegt in der geringen Infektionsdosis von 500 Keimen. Im Jahre 2009 waren Campylobacter spp. die häufigste bakterielle lebensmittelbedingte Infektionsursache in Deutschland. Auf dem zweiten Platz lagen Infektionen durch Salmonellen, gefolgt von Infektionen durch Yersinia spp. Aufgrund der jährlich steigenden Infektionszahlen, wurde die Campylobacteriose folgerichtig 2001 in das Infektionsschutzgesetz (IfSG) aufgenommen und ist nun meldepflichtig. Die Campylobacteriose des Menschen ist hauptsächlich lebensmittelbedingt, wobei kontaminiertes Geflügelfleisch, epidemologischen Studien zufolge, als Hauptinfektionsquelle gilt. Zwei Infektionswegen kommt besondere Beachtung zu. Zum einen liegt eine beträchtliche Gefahr in unzureichend gegartem Geflügelfleisch und Produkten, zum anderen kommen Kreuzkontaminationen im Umgang mit und bei der Zubereitung von Geflügelfleisch in Frage.

Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde durch spezielle Prozessoptimierungen in der Broilerschlachtung versucht, die quantitative Konzentration von thermophilen Campylobacter spp. auf frischem Geflügelfleisch und –produkten zu reduzieren.

Als erste Prozessvariation wurde eine Brühwassertemperaturerhöhung durchgeführt.

Die zweite Prozessvariation beinhaltete die Abschaltung eines Zusatzaußenwäschers nach dem Rupfen. Die dritte Prozessvariation verglich zwei Innen- und Außenwäscher mit unterschiedlichem Wassereinsatz. Ziel der Studie war es, geringer belastetes Geflügelfleisch und -produkte zu produzieren, um dem Verbraucher größere Sicherheit bieten zu können.

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(15)

2 Literaturübersicht 2.1 Historie

Der Kinderarzt THEODOR ESCHERICH (1886) schrieb über die Entdeckung eines spiralförmigen, unbekannten, nicht kultivierbaren Bakteriums, welches er aus Stuhl- und Darmproben von an Diarrhoe erkrankten Katzenwelpen isolierte. Er nannte es

„Vibrio felinus“. Später isolierte er ähnliche Spirillen aus dem Colon von Säuglingen, die an „Cholera infantum“ verstorben waren, die er unter dem Mikroskop eingehend untersuchte. Trotz dieser erstaunlichen Beobachtungen, wurde dem neu entdeckten spiralförmigen Bakterium zunächst keine Bedeutung in Bezug auf die Ätiologie von Gastroenteritiden zugeschrieben. MCFADYEAN UND STOCKMAN (1913) berichteten über ein unbekanntes vibrio-ähnliches Bakterium, welches in Zusammenhang mit einem seuchenhaften Verlammen von Schafen gebracht wurde.

SMITH and TYLOR (1919) beschrieben morphologisch ähnliche spiralisierte Bakterien bei abortierten Rinderföten. Sie nannten den Erreger Vibrio „fetus“. JONES et al. (1931) isolierten aus dem Jejunum von Kälbern und Rindern, die an Winterdysenteritis erkrankt waren, ein Bakterium, welches er Vibrio jejuni taufte, entsprechend seiner Quelle. DOYLE (1944) wies Vibrionen im Colon von Schweinen nach, die an Dysenteritis erkrankt waren und nannte sie, der Isolierungsstelle entsprechend Vibrio coli. LEVI (1946) wies Vibrionen ähnliche Organismen bei Menschen in Blut- und Stuhlproben nach, die an Enteritis erkrankt waren. Er vermutete einen epidemiologischen Zusammenhang durch Rohmilchverzehr, da das Bakterium morphologisch dem des Vibrio fetus glich. Daher gab er dem isolierten Erreger auch den Namen Vibrio fetus. Eine Kultivierung gelang ihm nicht. VINCENT et al. (1947) isolierten erstmalig Vibrio fetus aus dem Blut von schwangeren Frauen mit Schwangerschaftsbeschwerden. KING (1957) wies im Blut von Enteritis- Patienten Bakterien nach, die morphologische Ähnlichkeit mit Vibrio fetus hatten, jedoch ein Wachstumsoptimum bei höheren Temperaturen aufwiesen. Sie stellte zwei Gruppen zusammen:

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Die erste Gruppe enthielt Vibrio fetus, die zweite Gruppe bestand aus den vibrio- ähnlichen Bakterien, die ein Wachstumsoptimum bei 42°C hatten und bei Enteritis- Patienten zu isolieren waren. SEBAND und VERON (1963) bezeichneten diese zweite Gruppe auch als “closely relatet vibrios“ und grenzten diese von der ersten Gruppe aufgrund des unterschiedlichen Guanosin-Cytosin-Gehalts der DNA ab. So entstand die erste Gruppe der Spezies Vibrio cholerae und die zweite Gruppe mit Namen Campylobacter (griechisch. Campyl = gebogen, bacterion = Stäbchen).

Durch DEKEYSER et al. (1972) gelang die erstmalige Isolierung des Erregers aus Stuhlproben. SKIRROW (1977) verbesserte die Nachweismöglichkeiten und Isolierungen von Campylobacter mit Hilfe von antibiotikahaltigen Selektivnährböden weiter, sodass sich bezüglich dieses Erregers eine Routinediagnostik etablieren ließ.

Diese Neuerungen änderten die Wahrnehmung des Erregers Campylobacter Ende der 70er Jahre nachhaltig; er wurde nun als Erreger für menschliche Gastroenteritiden publik. (BUTZLER et al. 1973; DE MOL u. BOSMANS 1978)

2.2 Taxonomie

Nachdem Sebald und Véron 1963 den Genus Campylobacter aufstellten, begannen die Versuche, diese neue Gattung einzuordnen.

Infolge der anspruchsvollen Wachstumsansprüche von Campylobacter spp. und der relativen biochemischen Inaktivität der damaligen konventionellen Labortests, war es besonders schwierig, Campylobacter spp. über ihren phänotypischen Charakter abzugrenzen. Eine Zeit lang herrschte Ungewissheit, bis zu Beginn der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts die Fortschritte in der Molekular- und DNA-Technologie Klarheit in die Verwandtschaftsverhältnisse brachten (VANDAMME et al. 1991;

VANDAMME u. GOOSSENS 1992; SKIRROW 1994). 1989 wurde die Gattung Helicobacter von der Gattung Campylobacter getrennt (GOODWIN et al. 1989;

GOODWIN 1994). 1992 konnte unter zur Hilfenahme der DNA-DNA-Hybridisierung die Gattung Arcobacter von der Gattung Campylobacter separiert werden (VANDAMME et al.). GARRITY et al. (2002) klassifizierten Campylobacter spp. 2002 im Bergey´s Manual of systematic bacteriology (Abb. 1).

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Domäne: Bacteriadom nov.

Stamm: BXII Proteobacteria phy. nov.

Klasse V: Epsilonproteobacteria Ordnung I: Campylobacterales

Familie I: Campylobacteraceae Gattung I: Campylobacter

Abbildung 1: Klassifikation von Campylobacter spp. nach GARRITY et al. (2002).

Nach EUZEBY (2009) gehören aktuell 22 verschiedene Campylobacter-Spezies und zehn Supspezies zur Gattung Campylobacter (Abb. 2).

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Spezies und Subspezies der Gattung Campylobacter

C. avium C. canadensis C. coli

C. concisus C. cuniculorum C. curvus

C. fetus subsp. fetus C. fetus subsp. veneralis C. gracilis

C. helveticus C. hominis C. hyoilei

C. hyointestinalis subsp. hyointestinalis C. hyointestinalis subsp. lawsonii C. insulaenigrae

C. jejuni subsp. doylei C. jejuni subsp. jejuni C. lanienae

C. lari subsp. concheus C. lari subsp. lari C. mucosalis C. peloridis C. rectus C. showae

C. sputorum subsp. bubulus C. sputorum subsp. sputorum C. upsaliensis

Abbildung 2: Auflistung der verschiedenen Spezies und Subspezies der Gattung Campylobacter nach EUZEBY von 2009.

(19)

2.3 Eigenschaften von Campylobacter spp.

2.3.1 Morphologie

Bakterien der Gattung Campylobacter spp. sind gramnegative gebogene feingliedrige Stäbchen mit einer überwiegend spiralförmigen Gestalt, die einem „s“

gleicht. Der Durchmesser eines Campylobacter spp. beträgt 0,2 bis 0,8 μm und ist 0,5 bis 5 μm lang. Sie sind sehr mobil und bewegen sich in einer charakteristischen korkenzieherartigen Weise fort. Sie können polar oder bipolar begeißelt sein und bilden keine Sporen aus. Zellen aus älteren Kulturen können eine kokkoide Erscheinung ausbilden. (SEBALD u. VERON 1963; SMIBERT 1978; URSING et al.

1994; VANDAMME 2000; HUMPHREY et al. 2007).

Campylobacter-Kolonien haben ein unterschiedliches Erscheinungsbild, je nachdem auf welchem Nährboden sie angezüchtet werden. Campylobacter spp. produzieren meistens graue, flache, unregelmäßig ausgebreitete Kolonien. Auf bluthaltigen Nährböden bilden sie keine Hämolyse aus. Sinkt der Feuchtigkeitsanteil, ist das Wachstum reduziert und die Kolonien nehmen eine zunehmend runde, konvexe Form an; die Oberfläche kann glitzern (VANDAMME 2000). Junge Kulturen, die 18 bis 24 h gewachsen sind, bilden fast transparente Kolonien aus, die an feine Wassertropfen erinnern (SKIRROW u. BENJAMIN 1980a).

2.3.2 Kultivierung

Campylobacter spp. haben laut PARK (2002) ein einmalig anspruchsvolles Wachstum und eine ungewöhnlich sensible Reaktion auf äußere klimatische Begebenheiten. Campylobacter spp. sind strikt mikroaerophil; sie wachsen weder aerob noch anaerob. Dies ist ein Grund, warum sie 1987 immer noch eher unbekannt waren (SKIRROW). Neben dem mikroaeroben Klima benötigen sie für ein optimales Wachstum weitere spezielle Parameter: Neben 5% O2 wird eine angereicherte Atmosphäre mit 10% CO2 benötigt. Die restlichen 85% werden durch N2 besetzt. Die Bebrütung wird für 48 h vorgenommen (DOYLE u. ROMAN 1982a;

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ROTHENBERG et al. 1984; BEUCHAT 1985). C. jejuni, C. coli und C. lari sind thermophil. Sie erreichen ein optimales Wachstum bei hohen Temperaturen im Bereich von 42°C (SKIRROW 2003). Um ein solches Wachstum zu ermöglichen, werden spezielle Gas-Inkubatoren benutzt (THOMPSON et al. 1990).

2.3.2.1 Anreicherungsmedien

Nach der Entwicklung eines Selektivmediums für Campylobacter (SKIRROW 1977) schritt die Spezialisierung und Entwicklung zur Anreicherung von Campylobacter spp. weiter voran (DOYLE u. ROMAN 1982a; ROTHENBERG et al. 1984; BEUCHAT 1985). Heute stehen unterschiedlichste Anreicherungsmedien zur Verfügung. Häufig wurden in den letzten Jahren Preston- oder Bolton-Bouillon als Anreicherungsmedium verwendet (PEZZOTTI et al. 2003; SAILS et al. 2003;

SCATES et al. 2003). KIM et al. (2009) untersuchten acht verschiedene Anreicherungsflüssigkeiten, um das optimale Medium für C. jejuni zu identifizieren.

Neben Preston-Bouillon und Bolton-Bouillon wurden Brucella-FBP-Bouillon, Doyle und Roman-Bouillon, mCCD-Bouillon, Park und Sanders-Bouillon, Hunt und Radle- Boillon und Hunt-Bouillon untersucht und verglichen. Hunt- und Bolton-Bouillon zeigten das höchste und schnellste Wachstum, gefolgt von Preston-, Park and Sanders-, und mCCD-Bouillon. Das Schlusslicht bildete die Brucella-FBP-Bouillon.

2.3.2.2 Selektivmedien

Um Campylobacter spp. erfolgreich anzuzüchten, sind verschiedene Selektivmedien erhältlich. Für C. jejuni und C. coli stehen neben kohlehaltigen, blutfreien Nährböden wie dem Charcoal Cefoperazone Deoxycholate Agar (HUTCHINSON u. BOLTON 1983) und dem Charcoal-based Selektivagar (KARMALI et al. 1986) auch bluthaltige Nährböden wie beispielsweise dem Skirrow´schen Medium zur Verfügung (SKIRROW 1977). Den Nährmedien sind verschiedene Antibiotika zugesetzt, die das Auftreten von Begleitflora verhindern bzw. eindämmen sollen; einige Antibiotika wie

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z.B. Cephalothin, Colistin und Polymyxin B, die in einigen Rezepturen verwendet werden, hemmen ebenfalls unerfreulicherweise das Wachstum von einigen Campylobacter-Stämmen (GOOSSENS et al. 1986; NG et al. 1988). Laut ENGBERG et al. (2000) erwies sich als alleiniges Medium mCCD-Agar als das sensitivste Nährmedium im Vergleich zum Skirrow´schen Medium. Jedoch zeigten Studien, dass eine Kombination aus zwei verschiedenen Medien bessere Untersuchungsergebnisse erzielten, als ein einziges Medium allein (ENDTZ et al.

1991). In aktuellen Studien wurden häufig mCCD-Agar und Karmali-Agar verwendet (KLEIN et al. 2007; REICH 2007; KOENE et al. 2008).

2.3.2.3 Viable but Non-Culturable (VBNC)-Zellen

Campylobacter spp. treffen im Wirtstier, auf Lebensmitteln oder in der Umwelt auf viele Stressoren und ungünstige Wachstumsbedingungen. Im Konkurrenzkampf mit anderen enteralen Bakterien entstand ein erfolgreicher Überlebensmechanismus; der Übergang in ein lebendes aber nicht anzüchtbares Stadium, das so genannte „viable but non culturable state“ (ROLLINS u. COLWELL 1986; PEARSON et al. 1993;

MURPHY et al. 2006). Stressoren können suboptimale Temperaturen (LAZARO et al. 1999), ungünstige pH-Umgebungswerte (CHAVEERACH et al. 2003) oder ein Mangel an Nährstoffen sein (REEZAL et al. 1998). Der Übergang in diesen Zustand führt häufig zu einer Veränderung der äußeren Gestalt; die Größe nimmt ab und die spiralförmige Gestalt verwandelt sich in eine kokkoiden Form (ROLLINS u.

COLWELL 1986). Die metabolische Aktivität und die makromolekulare Biosynthese der VBNC-Zellen minimiert sich, ebenso die Respirationsraten, der ATP-Haushalt, die Proteinbiosynthese und die äußere Beschaffenheit der Bakterienwand (OLIVER 2005). Die Umstrukturierung in das viable-but-non-culturable-Stadium hat jedoch nur eine arterhaltende Funktion, wenn dieser Prozess bei günstigeren Lebensbedingungen wieder umkehrbar ist. Dieser Aspekt führte zu einigen Kontroversen. Sollten Campylobacter spp. in diesem Stadium dazu fähig sein, eine Infektion von Menschen zu initiieren oder den Intestinaltrakt von Säugetieren und Vögeln zu besiedeln, würde dieses Stadium ein potentielles Risiko für eine Infektion

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darstellen (MURPHY et al. 2006). PEARSON et al. (1993) berichteten, dass sich Campylobacter spp., die sich im viable-but-non-culturable-Stadium befanden, über die Wasserversorgung in Broiler gelangten und im Wirtskörper wieder revitalisiert werden konnten und so zu einer neuen Besiedlung führten. MEDEMA et al. (1992) gelang dieses mit Eintagskücken allerdings nicht. BAFFONE et al. (2006) konnten demonstrieren, dass C. jejuni im viable-but-non-culturable-Stadium über Monate in 4°C kaltem Wasser überlebten und über die Darmpassage einer Maus wieder reaktiviert werden konnten. Das Ergebnis dieser Studie war besonders in der Lebensmittelbranche von Interesse.

2.3.3 Identifizierung und Differenzierung

2.3.3.1 Phänotypische und biochemische Charakterisierung

Campylobacter spp. sind aufgrund der relativen biochemischen Inaktivität, den speziellen Wachstumsanforderungen und der komplexen Taxonomie phänotypisch schwierig zu identifizieren (ON 1996). Nach Identifikation und Einordnung über Bakterien- und Koloniemorphologie können einige wenige biochemische Untersuchungen durchgeführt werden. Neben einem Oxidasetest (BASCOMB et al.

1973), können Katalasereaktion (ROOP et al. 1984) und Hippurathydrolyse getestet werden (SKIRROW u. BENJAMIN 1980b). Des Weiteren kann die Fähigkeit der H2S- Produktion und der Nitratreduktion zur Differenzierung herangezogen werden (ON u.

HOLMES 1992). Durch Testung auf Hipporathydrolyse können C. jejuni und C. coli von einander unterschieden werden (SKIRROW u. BENJAMIN 1980b), jedoch muss beachtet werden, dass ein geringer Anteil an C. jejuni-Stämmen Hipporat nicht lysieren kann (TOTTEN et al. 1987). Campylobacter spp., die Oxidase positiv getestet werden, eine s-förmige Gestalt besitzen, gramnegativ sind, bei 42°C wachsen und Hipporat lysieren, können ohne weitere Untersuchungen routinemäßig als C. jejuni ssp. jejuni bezeichnet werden (FITZGERALD et al. 2008). In Tab. 1 sind ausgewählte Campylobacter spp. nach ihren phänotypischen und biochemischen Charakteristika gegenüber gestellt.

(23)

Tabelle 1: Phänotypische und biochemische Charakteristika ausgewählter Campylobacter-Spezies, modifiziert nach LASTOVICA und ALLOS (2008).

Spezies / Subspezies

Katalase Nitrat Reduktion Arylsulfatase Pyrazinamidase Hippurathydrolyse Nalidixinsäure Cephalothin Schnelle H2S Produktion Indoxylacetate H2 required Urease

C. coli + + - + - S R - + - -

C. concisus - + + + - (R) (S) - (-) + -

C. curvus - + + + - R S - + + -

C. fetus subsp. fetus + + - - - R S - - - -

C. gracilis - + NB NB - S R NB NB + -

C. hyointestinalis + + - - - R S - - - -

C. jejuni subsp. doylei + - - + (+) S (S) - + - -

C. jejuni subsp. jejuni + + V + + (S) R V + - -

C. lari + + - + - R R + - - -

C. mucosalis - + - - - R S - - + -

C. rectus - + + + - (R) S - + + -

C. showae + + + NB - R S NB + + -

C. sputorum - + + (+) - R S + - - -

C. upsaliensis (+) + - + - S S - + - -

+= positiv, (+)= meist positiv, = negativ, (-)= meist negativ, NB= nicht bestimmt, S= sensible, (S)= meist sensible, R= resistent, (R)= meist resistent, V= variable

Kommerzielle Testverfahren zur Identifikation von Campylobacter-Spezies stehen zur Verfügung. Das API Campy System besteht aus einem zweiteiligen Testverfahren, dass von ELHARRIF und MEGRAUD (1986b, a) entwickelt wurde, um thermophile Campylobacter spp. zu identifizieren. Der Einsatz von API-Campy Testsystemen ist aufgrund der komplizierten Auswertbedingungen nur bedingt empfehlenswert (HUYSMANS et al. 1995). Weitere kommerzielle Systeme, wie das INDX Campy-JCL (NACHAMKIN u. BARBAGALLO 1990) und das Dry Spot Campylobacter Test Kit von Oxoid sind erhältlich.

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2.3.3.2 Serotypisierung

Die Serotypisierung ermöglichte eine weitere Methode zur Identifizierung und Klassifizierung von Campylobacter spp. Erste Untersuchungen einer serologischen Identifizierung von Campylobacter spp. wurden 1957 durchgeführt (KING).

Aufgezeigt wurden Unterschiede bezüglich der Antigene zwischen dem „related vibrio“ und dem Vibrio fetus. BERG et al. (1971) teilten die Gruppe Campylobacter fetus in drei Serotypen auf, basierend auf hitzestabilen Antigenen.

Zwei erfolgreiche Serotypisierungsschemata für Campylobacter spp. wurden in den 80er Jahren entwickelt. Das Penner-Schema basierte auf hitzestabilen Antigenen während das Lior-Schema hitzelabile Antigene nachwies (PENNER u. HENNESSY 1980; LIOR et al. 1982). Beide Schemata können kombiniert verwendet werden (PATTON et al. 1985). Die begrenzte Verfügbarkeit von Serotypisierungsreagenzien schränkt die Verwendung dieser Nachweismethode ein, doch wenn durchführbar, stellt die Serotypisierung eine geeignete Methode zur epidemiologischen Auswertung dar (PATTON et al. 1991).

2.3.3.3 Genotypische Differenzierung

Die Entwicklung und Verbesserung von genotypischen Differenzierungsmethoden ermöglichte die routinemäßige und erfolgreiche Subtypisierung von Campylobacter- Stämmen. Eingesetzt werden die Flagellin-Typisierung (fla typing), die Puls-Feld-Gel- Elektrophorese (PFGE), die Ribo-Typisierung, AFLP (Amplified fragment length polymorphism), auf PCR basierende Verfahren wie PCR-RFLP (PCR-Restriktions- Fragment-Längen-Polymorphismus) und RAPD (Random Amplified Polymorphic DNA), Nucleotid Sequenzierung (WASSENAAR u. NEWELL 2000) und MLST (Multilocus sequence typing) (MILLER et al. 2005), um epidemiologische Zusammenhänge effektiv ermitteln zu können.

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2.3.4. Tenazität

Die Tenazität (lat. tenacitas, das Festhalten) beschreibt die Widerstandsfähigkeit bzw. das Haftvermögen von Mikroorganismen; eine Fähigkeit, die zum Überleben unter Stressfaktoren notwendig ist.

Campylobacter spp. hat signifikant höhere Ansprüche an Wachstums- und Überlebensbedingungen, als andere Bakterien (PARK 2002). Nichtsdestoweniger müssen und können Campylobacter spp. in zahlreichen Umgebungen überleben, die jeweils verbunden sind mit unterschiedlichsten Stressoren, um als Pathogen erfolgreich zu sein.

Hitzestress

C. jejuni wächst unter thermophilen Bedingungen, ideale Wachstumstemperaturen sind zwischen dem Bereich der menschlichen Körpertemperatur von 37°C und der Körpertemperatur von Vögeln bei 42°C (DUFFY u. DYKES 2006).

C. jejuni ist in der Lage, höhere Temperaturen durch die Synthese von Hitzeschockproteinen zu kompensieren (PARK 2002); diesbezüglich wurden 24 Proteine lokalisiert, die in Temperaturbereichen zwischen 43°C und 46°C synthetisiert wurden. Die Hitzeschockproteine sichern die Überlebensfähigkeit; sie kontrollieren die Expression virulenter Gene und beeinflussen so die Pathogenese (KONKEL et al. 1998). Proteindenaturierung und somit der Zelltod erfolgen ab Temperaturen zwischen 56°C und 57°C (NGUYEN et al. 2006).

Kältestress

Unterhalb von etwa 30°C können sich C. jejuni nicht mehr vermehren. Bei Temperaturen von 4°C sind sie länger als 4 Monate überlebensfähig, jedoch nicht wieder anzüchtbar (ROLLINS u. COLWELL 1986). Sie sind jedoch metabolisch aktiv, sie betreiben Proteinbiosynthese und produzieren ATP (HAZELEGER et al. 1998;

PARK 2002). Kälteschockproteine konnten nicht festgestellt werden (HAZELEGER et al. 1998). Daher kann das Einfrieren von Campylobacter-belastetem Geflügelfleisch bei -20°C / -45°C zu signifikanten Campylobacter-Reduktionen führen; eine

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komplette Inaktivierung scheint jedoch auch bei längeren Gefrierzeiten schwierig (OOSTEROM et al. 1983b; CHAN et al. 2001).

Stress durch Trockenheit

Studien haben gezeigt, dass Campylobacter spp. empfindlich auf Trockenheit reagieren (LUECHTEFELD et al. 1981; DOYLE u. ROMAN 1982b). In der Untersuchung von OOSTEROM et al. (1983b) wurde das Überleben von C. jejuni auf verschiedenen feuchten Oberflächen getestet. Dabei wurde ein schnelles Trocknungsverfahren einem langsamen Trocknungsverfahren gegenübergestellt.

Aus beiden Verfahren und allen getesteten Oberflächen konnte nach Abtrocknung kein C. jejuni mehr isoliert werden.

Säurestress

Das Wachstum und das Überleben von C. jejuni reagiert sehr empfindlich auf Säure.

Das pH-Optimum zum Wachstum und Überleben von C. jejuni liegt zwischen pH 6,5 und pH 7,5 (DOYLE u. ROMAN 1981). Daher scheint der niedrige pH-Wert eines Magens eine bedeutende defensive Maßnahme zum Schutz gegen eine Kolonisierung durch C. jejuni zu sein; jedoch ermöglichten Studien Einblicke in die Überlebensstrategien von C. jejuni während eines Säureschocks. Es konnten speziell synthetisierte Proteinstrukturen gefunden werden, die das Überleben bei einem lethalen pH-Wert von 4,5 ermöglichten (MURPHY et al. 2003). Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass das Hitzeschockprotein HtrB ebenfalls unter Säurestress synthetisiert wurde und dies entscheidend für das Überleben während eines Säureschocks war (PHONGSISAY et al. 2007).

Osmotischer Stress

C. jejuni ist weit weniger resistent gegenüber osmotischem Stress als andere Bakterien. Aufgrund der Verbreitung in der Umwelt und während seiner Existenz in vivo sind C. jejuni ständigem hypo-osmotischen und hyper-osmotischem Stress ausgesetzt. Wenig ist bekannt über die Strategien zum Bestehen in hypo- osmotischen Umgebungen, obwohl C. jejuni in diesem Umfeld lange überleben kann.

(27)

Im Gegensatz dazu ist C. jejuni sensibel gegen hyperosmotischen Stress. Dies wurde in verschiedenen Lebensmittelstudien festgestellt; die optimale NaCl- Konzentration für C. jejuni liegt bei 0,5% (DOYLE u. ROMAN 1982c; ALTER u.

SCHERER 2006).

Der Biofilm

Trotz anspruchsvollen Wachstumsbedingungen ist C. jejuni paradoxerweise ein erfolgreicher Erreger. Dies ist möglicherweise dadurch zu erklären, dass C. jejuni fähig ist, in verschiedenen natürlichen Umgebungen zu persistieren. Mehr als 99%

aller bakteriellen Spezies existieren in natürlicher Umgebung nicht als freischwimmende einzelne Bakterien, sondern als Teil eines Zusammenschlusses, einem so genannten Biofilm (EHRLICH et al. 2005). Biofilme sind oberflächenabhängige Verbindungen von Mikroorganismen, eingebettet in einer Matrix, die vor Stressoren der Umwelt schützt (EHRLICH et al. 2002). BUSWELL et al. (1998) stellten das verlängerte Überleben und Persistieren von Campylobacter- Biofilmen in Wasser fest. Des Weiteren scheinen Bakterien, die in Biofilmen wachsen, resistenter gegen chemische Desinfektion und Antibiotika zu sein (FUX et al. 2005; BERRY et al. 2006). Die Gründe dafür sind vielfältig, effektiv scheint die Verlangsamung des Stoffwechsels zu sein (FUX et al. 2005). Diese Erkenntnis ist besonders relevant in Bezug auf Campylobacter spp. und auf die Reinigung und Desinfektion von Geflügelställen und Schlachthöfen. Tatsächlich reagierte laut SOMERS et al. (1994) der C. jejuni-Biofilm weniger sensitiv auf die Desinfektion mit Trisodiumphosphat.

2.4 Epidemiologie

In vielen industrialisierten Ländern wurde von einem Anstieg der Campylobacteriose- Fällen in den letzten Jahren berichtet; für viele dieser Länder wurde Campylobacter spp. die häufigste gemeldete bakterielle Gastroenteritis (FRIEDMAN et al. 2000).

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In Deutschland überstiegen die Campylobacteriose-Meldungen die der Salmonellose erstmals im Jahr 2005 mit 62.133 zu 52.267 gemeldeten Fällen. Dieser Trend hält bis heute an (RKI 2007b).

2.4.1 Campylobacter-Quellen

Thermophile Campylobacter sind in der Umwelt weit verbreitet. Sie werden durch Wildvögel, Fliegen und andere kleine wildlebende Tiere eingetragen. Durch ihre Exkremente werden Campylobacter spp. verbreitet und belasten Landwirtschaft sowie Gewässer (HIETT et al. 2002; HALD et al. 2004b; MEERBURG et al. 2006).

Die intestinale Beförderung von Campylobacter durch Tierbestände von Haustieren, Wildtieren, Wildvögeln und Wirtschaftsgeflügel ist allgegenwärtig. Kontaminationen der Umwelt mit Campylobacter-belasteter Fäzis variiert je nach Jahreszeit und vorhandenen Stressoren wie Licht, Trockenheit und Nährstoffmangel (JONES 2001).

Infolge dieser anspruchsvollen Natur von Campylobacter spp. wurde allgemein angenommen, dass Campylobacter spp. unfähig wären, lange in der Umwelt zu überleben (COOK u. BOLSTER 2007). Allerdings konnten in verschiedenen Studien von unterschiedlichsten Standorten in der Umwelt Campylobacter spp. isoliert werden.

2.4.1.1 Umwelt

Neben einer Studie von STANLEY et al. (1998) konnten ebenfalls HANNINEN et al.

(2003) in ihrer Studie Campylobacter spp. im Grundwasser nachweisen. Sie berichteten, dass Krankheitsausbrüche, verursacht durch Kontaminationen von Trinkwasser mit C. jejuni, häufig in Ländern wie Schweden, Norwegen und Finnland auftreten würden, da in diesen Ländern in spärlich besiedelten Gegenden Grundwasser landläufig ohne Desinfektionen verwendet werden würde. Die Gefahr von Campylobacter verseuchtem Brunnenwasser bestätigten auch SCHÖNBERG- NORIO et al. (2004) in ihrer Studie. In einer kanadischen Studie konnten ST.-

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PIERRE et al. (2009) ebenfalls in Wasserproben aus Flüssen, Bächen und Brunnen Campylobacter spp. isolieren. MOORE et al. (2001) berichteten über die Häufigkeit von Campylobacter spp. in Wasserproben in Nordirland. Es wurden neben Trinkwasserproben aus Wasserleitungen, Brunnen, Bohrlöchern und aus Flaschen auch Wasserproben aus Swimming Pools, Seen, Flüssen und aus dem Meer untersucht. Campylobacter spp. wurden sowohl in Trinkwasserproben aus unbehandeltem Brunnenwasser (9,1%), als auch in unbehandeltem Oberflächenwasser aus Seen (41,7%) und in unbehandeltem Flusswasser (87,5%) nachgewiesen. Übergreifend repräsentierte unbehandeltes Oberflächengewässer eine Kontaminationsquelle durch Campylobacter spp., sowohl im Freizeitbereich, als auch als Trinkquelle für Mensch und Tier. Schwimmen in natürlichen Gewässern sahen SCHÖNBERG-NORIO et al. (2004) ebenfalls als Risiko an. In einer französischen Studie von DENIS et al. (2009) wurde die An- oder Abwesenheit von Campylobacter spp. in Wasserproben von fünf Flüssen an Trinkwasserproduktionspunkten untersucht. Die Isolate wurden genetisch mit menschlichen Isolaten, Isolaten von Schweinen und von Geflügel verglichen, zwecks Ermittlung der Quelle. Das Fluss- und Trinkwasser wurde einmal pro Monat für den Zeitraum eines Jahres auf das Vorkommen von Campylobacter spp. untersucht.

Campylobacter wurde nicht im behandelten Trinkwasser gefunden, jedoch waren 50% der Flussproben kontaminiert. Die Kontaminationen konnten zu jeder Jahreszeit nachgewiesen werden. C. jejuni war mit 74,1% das häufigste Isolat, gefolgt von C.

coli mit 17,8% und C. lari mit 8,1%. Bei den Vergleichen stellte sich heraus, dass Menschen, Schweine und Geflügel Quelle der Kontaminationen der Flüsse darstellten. Da Campylobacter spp. in dieser Studie nicht im Trinkwasser nachgewiesen werden konnte, wurde das Risiko einer Campylobacteriose, ausgelöst durch Trinkwasser, in dieser Studie als gering bezeichnet. COOLS et al. (2003) untersuchten in ihrer Studie das Überleben von 19 C. jejuni Stämmen unterschiedlicher Herkunft in sterilem Trinkwasser. Reine Proben der 19 Campylobacter-Stämme wurden dafür in 4°C kaltem sterilem Trinkwasser für 64 Tage inkubiert. Nach Anreicherung in Boulton konnten alle 19 Campylobacter- Stämme nach 64 Tagen wieder angezüchtet werden. Ähnliche Ergebnisse lieferte

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eine Studie von BUSWELL et al. (1998). Die mittleren Überlebenszeiten von Campylobacter im Wasser war viel höher bei 4°C und 10°C, nämlich bei 202 h bzw.

176 h, im Vergleich dazu die Werte bei 22°C und 37°C mit 43 h und 22 h. Da Campylobacter spp. in der Umwelt überleben können, sind sie immer eine Infektionsquelle für wildlebende Tiere, besonders für Wildvögel.

2.4.1.2 Wildvögel

Wildvögel gelten als natürliches Reservoir für Campylobacter spp.; Campylobacter sind speziell darauf adaptiert, den Gastrointestinaltrakt von Vögeln zu kolonialisieren.

Bei vielen Vogelspezies kommen sie als normale Kommensale vor.

In einer Studie von GLÜNDER (1989) konnten Campylobacter spp. in 28 Krähen (Corvus frugilegus), einem Rotmilan (Milvus milvus), einem Kiebitz (Vanellus vanellus), einer Teichralle (Gallinula chloropus) und einer Stockente (Anas platyrhynchos) isoliert werden. YOGASUNDRAM et al. (1989) untersuchten die Prävalenz von C. jejuni von domestizierten und frei lebenden Vögeln in Louisiana, USA. Von 445 Proben wurden 45 auf C. jejuni positiv getestet, das entsprach einer Rate von 10,1%. Die höchste Prävalenz lag bei den Hühnervögeln (Galliformes) mit 25,2%, gefolgt von den Gänsevögeln (Anseriformes) mit 12,9% und schließlich den Taubenvögeln (Columbiformes) mit 8,3%. Nur ein Isolat konnte bei 179 Proben von Papageienvögeln (Psittaciformes) ermittelt werden. In dieser Studie wurden, unter Berücksichtigung der Serovare von Penner, die Campylobacter-Isolate der Hühnervögel als Reservoir eines zoonotischen Potentials für humane Campylobacteriose angesehen. Die Rate der Isolate der Gänsevögel mit 12,9%, welche ebenfalls die frei lebenden Zug- und Wasservögel beinhaltete, wurde als Carrier von C. jejuni angesehen. Dagegen stellten psittaciforme Vögel ein geringes Campylobacter-Risiko für den Menschen da. In der Studie von CRAVEN et al. (2000) wurde die Inzidenz von verschiedenen Bakterien in Vögeln bestimmt, die sich in der Nähe von Broilerfarmen aufhielten; unter anderem auch von C. jejuni. Einige intestinale Proben und Kloakentupfer wurden von europäischen Staren (Sturnus vulgaris) und Spatzen (Passer domesticus) entnommen. Die meisten Proben

(31)

stammten jedoch von Wildvögeln, deren Fäzes rund um die Broilerfarmen aufgesammelt wurden. Die Proben wurden an vier verschiedenen Broilerfarmen und zu unterschiedlichen Jahreszeiten entnommen. Die Infektionsraten für C. jejuni lagen zwischen 0% und 50%. Die Inzidenz von C. jejuni und weiteren enteropathogenen Bakterien in Wildvögeln, die sich in der Nähe von Broilerfarmen aufhalten, ließ vermuten, dass Wildvögel, die in einen Broileraufzuchtsstall gelangen würden, ein Übertragungspotential dieser Pathogene mit sich bringen könnten. In einer schwedischen Studie von WALDENSTRÖM et al. (2005) wurde das Resistenzverhalten auf antibiotische Stoffe von Campylobacter-Stämmen aus Wildvögeln untersucht. Als Ergebnis konnten Resistenzen bei 10 antibiotischen Substanzen bei 137 untersuchten C. jejuni Isolaten genannt werden. Ein Isolat war sogar gegen Nalidixin-Säure und Ciprofloxacin resistent.

2.4.1.3 Säugetiere

Weltweit können Säugetiere ebenfalls Träger von Campylobacter spp. sein. In einer aktuellen Studie aus Tansania wurden unterschiedliche Proben von Rindern untersucht. Die Prävalenz von thermophilen Campylobacter spp. von geschlachteten Rindern lag bei 5,6%, während die Kontaminationsrate von zerlegten Rinderkarkassen und Rinderfleisch bei 9,3% und 1,9% lagen. Mit 88,9% konnte C.

jejuni am häufigsten isoliert werden, danach folgte C. coli mit 11,1%. Die Ergebnisse dieser Studie vermittelten die Möglichkeit der Infektion des Menschen mit Campylobacter spp. durch Rindfleisch (NONGA et al. 2010). In einer Studie aus Großbritannien wurden 3-17 Monate alte Kälber auf 56 Rinderfarmen in England und Wales untersucht. Die Kontaminationsrate der Rinderfarmen mit Campylobacter spp.

lag bei 62,5% (ELLIS-IVERSEN et al. 2009). In einer Prävalenzstudie aus Kanada wurden Kotproben von Rindern auf Campylobacter spp. untersucht. 87% von 2776 frisch entnommenen Stallbodenkotproben konnten Campylobacter-positiv getestet werden, die Prävalenzen an den sieben Futterplätzen schwankten zwischen 76%

und 95%. 69% der 1486 positiven Campylobacter-Proben wurden als C. jejuni identifiziert (HANNON et al. 2009). Laut ENOKIMOTO et al. (2007) gelten gesunde

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Rinder als Reservoir für eine Vielfalt von Campylobacter-Spezies. Um bakterielle Kontaminationen in der Fleischproduktion zu kontrollieren, wurden quantitative Untersuchungen von Leber und Gallenblasenproben von Rindern auf Campylobacter an Schlachthöfen durchgeführt. Leber- und Gallenproben wurden von 108 gesunden Rindern nach Eviszeration entnommen. Campylobacter spp. konnten von 49 (45%) Galleproben und von 6 (5%) Leberproben isoliert werden. Die Werte lagen bei Gallen- und Leberproben zwischen Log10 3-7 bzw. Log10 1-2 KbE/ml bzw. g. Diese Campylobacter-Spezies konnten als C. fetus, C. jejuni, und C. coli identifiziert werden. Infektionen mit mehreren Campylobacter-Spezies konnten bei 16 Rindern festgestellt werden. C. fetus und C. jejuni waren die dominierende Spezies in der Galle. Bei einem Wachstumsversuch von C. fetus, C. jejuni, und C. coli in gewonnener Galle, konnte eine initiale exponentielle Wachstumsphase offen gelegt werden, gefolgt von einer Periode ohne weitere Steigerung der Kolonienzahl innerhalb von 28 Tagen. Dies zeigte, dass Campylobacter spp. in Gallenflüssigkeit für lange Zeit überleben konnten. Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichten, dass Gallenflüssigkeit von Rindern als wichtige Kontaminationsquelle von Campylobacter spp. im Arbeitsablauf am Schlachthof berücksichtigt werden sollte.

Eine genitale Infektion von Bullen mit Campylobacter spp. kann bei Rindern zu Aborten führen. In einer Studie von CAMPERO et al. (2005) wurde in 22 bei Rindern durch Campylobacter spp. hervorgerufenen Aborten in 13 Fällen C. fetus ssp.

veneralis identifiziert, in einem Fall C. fetus ssp. fetus, in sieben Fällen war C. jejuni die Ursache. Eine Campylobacter-Spezies konnte nicht identifiziert werden.

Schweine können ebenfalls als Träger von Campylobacter spp. auftreten. In der Studie von WEBER et al. (1985) wurden C. jejuni und C. coli von gesunden Schweinen isoliert. C. coli scheint jedoch die dominierende Campylobacter-Spezies bei Schweinen zu sein (HARVEY et al. 1999). In einer aktuellen Studie von FARZAN (2009) wurden insgesamt 359 Proben von Schweinen und deren Umgebung entnommen und untersucht. Neben einer Vielzahl von Bakterien, konnte in 131 Fällen Campylobacter spp. nachgewiesen werden. 118 Isolate wurden als C. coli identifiziert. GEBREYES et al. (2005) untersuchten in ihrer Studie 526

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Campylobacter-Isolate; 292 Proben stammten von lebenden Schweinen, 254 Proben wurden später von den Karkassen entnommen. Alle Isolate wurden als C. coli identifiziert. ALTER et al. (2005) isolierten in ihrer Studie ebenfalls nur C. coli von allen beprobten Schweinen. Die Prävalenz von Campylobacter, die zur Geburt der Ferkel noch nicht nachzuweisen war, stieg im Laufe der Aufzucht auf bis zu 79,1%

vor Abtransport zum Schlachthof an. PEARCE et al. (2003) untersuchten in ihrer Studie neben unterschiedliche Proben von Schweinen während des Schlachtprozesses auch Proben der technischen Ausrüstung des Schlachthofes.

33% der Schweinekarkassen nach dem Entbluten waren Campylobacter-positiv, 7%

der Karkassen wurden vor dem Kühlen als positiv getestet, keine Karkasse nach Kühlung über Nacht. 100% der rektalen Proben waren Campylobacter-positiv und 80% aller Kolonproben. Neben 4,8% der Schlachthofausrüstung konnten 3,3% der Arbeitsausrüstung Campylobacter-positiv getestet werden. C. coli war auch in dieser Studie mit 75% die dominierende Spezies. C. jejuni konnte nur mit 1% nachgewiesen werden.

Schafe können ebenfalls Träger von Campylobacter spp. sein. ACIK und CETINKAYA (2006) untersuchten das Auftreten von Campylobacter spp. in 610 gesunden Schafen. Die Proben wurden aus Darminhalten, Gallenblasen und Fäzes zusammengestellt. Von 610 Proben konnten 49,5% positiv auf Campylobacter spp.

getestet werden. 34,1% wurden als C. jejuni identifiziert, 33,1% als C. coli. In 11,9%

der Darminhaltsproben konnten beide Spezies festgestellt werden. CORNELIUS et al. (2005) untersuchten Schafleber auf das Vorkommen von C. jejuni und C. coli im Frühling und Herbst. In dieser Zeit wurden ebenfalls Isolate von humanen Fällen aus der Region gesammelt. Von insgesamt 272 Leberproben waren 66,2% mit Campylobacter spp. belastet. Die meisten Proben wiesen Werte von < 3 MPN/g auf, nur 6,7% waren mit Werten über 100 MPN/g belastet. Mehr als die Hälfte der 106 C.

jejuni Isolate der Leberproben waren Subtypen, die auch in den humanen klinischen Fällen isoliert werden konnte. ROTARIU et al. (2009) untersuchten ebenfalls Campylobacter-Subtypen und kamen zu dem Ergebnis, dass Campylobacter spp.

von Rindern und Schafen zu Infektionen des Menschen fähig wären. Neben der

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Rolle als Vektor von Campylobacter spp. können bei Schafen durch eine Campylobacter-Infektion Aborte auftreten. VARGA et al. (1990) konnten in ihrer Studie 38 abortierten Schaffeten aus 23 Schafherden untersuchen. Ursache der Aborte waren in 78,3% der Ställe C. fetus ssp. fetus und zu 21,7% C. jejuni.

2.4.1.4 Haus- und Heimtiere

Haustiere, wie Hunde und Katzen sind bekanntermaßen Träger von unterschiedlichsten Krankheitserregern; unter anderem auch von Campylobacter spp. (GEFFRAY 1999). Sie beherbergen die Erreger in ihrem Gastrointestinaltrakt.

Die Inzidenz, die via Stuhlproben in Studien nachgewiesen wurde, liegt in den Bereichen von 11% bis zu 92% (BAKER et al. 1999; SHEN et al. 2001; DAMBORG et al. 2004; WORKMAN et al. 2005). Viele Haustiere sind mit mehreren Campylobacter-Spezies besiedelt. Dies wurde in einer Studie von SHEN et al. (2001) berichtet, in der in einem Zeitraum von sechs Jahren 16 verschiedene Campylobacter-Spezies in Katzen isoliert werden konnten. C. upsaliensis und C.

helveticus sind laut Studien die häufigsten vorkommenden Spezies bei Hunden und Katzen (BAKER et al. 1999; MOSER et al. 2001; SHEN et al. 2001; HALD et al.

2004a; WORKMAN et al. 2005). Ähnliche Ergebnisse lieferte eine Studie von KOENE (2008); auch hier wurden Stuhlproben von Hunden und Katzen unterschiedlichen Alters untersucht. Einige litten an Diarrhoe, andere waren symptomfrei. In drei von 34 caninen Proben (9%) waren mehr als ein Campylobacter- Genotyp nachzuweisen, genauso wie in vier von sechs felinen Proben. Auch in dieser Studie waren die vorherrschenden Campylobacter-Spezies C. upsaliensis, C.

helveticus und C. jejuni. In einer zweijährigen dänischen Studie wurden bei Hunden 278 von 366 Tupferproben Campylobacter-positiv getestet. C. upsaliensis war mit 75% die häufigste nachgewiesene Spezies, gefolgt von C. jejuni mit 19,4%. C. jejuni konnten in dieser Studie bei jungen Hunden mit einem Alter von unter einem Jahr häufiger isoliert werden, als bei Hunden mit einem Alter von einem bis zwei Jahren (HALD et al. 2004a). Die Möglichkeit der direkten Übertragung von Campylobacter spp. von Hunden und Katzen auf den Menschen ist in vielen Studien beschrieben

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worden (WOLFS et al. 2001; NEIMANN et al. 2003; DAMBORG et al. 2004) und auch die Übertragung von Campylobacter spp. durch andere Haustiere auf den Menschen ist immer ein mögliches Risiko (HORROCKS et al. 2008). Heimtiere können ebenfalls Träger und Vektor von Campylobacter spp. sein. HAHN und SCUPIN (1988) konnten C. lari bei Ratten nachweisen, WEBER et al. (1982) isolierten C. jejuni aus Kaninchen und Meerschweinchen in einer Versuchstierhaltung.

2.4.2 Vorkommen beim Menschen 2.4.2.1 Disposition

Campylobacter-Infektionen treten in allen gesellschaftlichen Schichten auf. Einige Personengruppen haben ein höheres Risiko zu erkranken, andere Personengruppen erkanken seltener. Ursächlich dafür scheinen Lebensalter, Geschlecht, allgemeine Lebensumstände und der jeweilige Gesundheitszustand zu sein.

Nach BUTZLER (2004) erkranken besonders Kinder unter vier Jahren und junge Erwachsene in einem Alter zwischen 15 und 44 Jahren. Säuglinge unter sechs Monaten sind vor allem gefährdet, wenn sie nicht gestillt werden (FULLERTON et al.

2007). Bei älteren Menschen treten häufiger Komorbiditäten auf (GRADEL et al.

2008). Während bei Schwangeren selbst eine Campylobacter-Infektion zumeist mild und selbst-limitierend verläuft, besteht für das Ungeborene eine ernstzunehmende Gefahr, besonders im dritten Trimester. Es können spontane Aborte, Totgeburten, Frühgeburten, neonatale Sepsis und Enterocolitiden auftreten (SIMOR u. FERRO 1990). Immunsuppressive Menschen mit HIV zeigten ein längeres Krankheitsbild mit Fieber; die Überlebenszeit verkürzte sich (LEYES et al. 1994). Bei wiederholt beruflich exponierten Personen wie Bauern, Fleischern, Schlachthofmitarbeitern und Arbeitnehmern der Geflügelfleischproduktion, besteht die Gefahr einer direkten Übertragung (BUTZLER 2004), jedoch verläuft die Erkrankung meist subklinisch, da sich über die Zeit eine Immunität entwickeln kann (MOORE et al. 2005).

(36)

2.4.2.2 Infektionsquellen

Campylobacter spp. sind Ursache hoher Raten an bakterieller Gastroenteritis des Menschen; dadurch entstehen große Belastungen der weltweiten Gesundheitssysteme. Welche Rolle die Vielzahl an möglichen Campylobacter- Quellen tatsächlich für die menschliche Infektion spielen, bedarf weiterer Klärung.

Laut einer Studie von SHEPPARD et al. (2009) konnten die meisten ihrer untersuchten klinischen Isolate des Menschen Hühnerfleisch zugeordnet werden.

Das betraf C. jejuni mit 58% bzw. 78% und C. coli mit 40% bzw. 56%; Hühnerfleisch wurde als Hauptquelle für Campylobacter-Infektionen des Menschen identifiziert. In Abb. 3 sind weitere mögliche Infektionsquellen dargestellt.

Wildvögel Wasser Haustiere

Menschen Milch und Fleisch

zubereitetes Hähnchenfleisch

Hühner Nutztiere

Abbildung 3: Darstellung der wichtigsten Infektionswege des Menschen mit Campylobacter spp., modifiziert nach DASTI et al. (2009).

(37)

2.4.2.3 Virulenzfaktoren

Virulenzfaktoren ermöglichen Campylobacter spp., sich dem Immunsystem des Wirtes zu entziehen und sich so im Organismus anzusiedeln, zu vermehren und auszubreiten. Die spezifischen Virulenzmechanismen von Campylobacter spp. sind noch weitestgehend unbekannt.

Die Adhäsionsfähigkeit von C. jejuni an die Zellen des Gastrointestinaltraktes ist essentiell für das Entwickeln einer Campylobacter-verursachten Enteritis, da der Organismus versucht, durch mechanische Säuberung mittels Darmperistaltik, den Erreger zu entfernen. Campylobacter spp. ist mit gleicher Effizienz fähig, sich an verschiedene Zellstrukturen von menschlichen und nicht menschlichen Zellen zu binden. C. jejuni kann sich an eine Vielzahl von Molekülen binden, wie Fibronektin (KONKEL et al. 1997), Phosphatidylethanolamin, Phosphatidylcholin, Phosphatidylinositol, Phospatidylserin, Phosphatidylglycerol und Sphingomyelin (SZYMANSKI u. ARMSTRONG 1996). Die Adhäsion an INT 407 (menschliche intestinale Epithelzellen) ist weit reichend untersucht worden (KONKEL u. CIEPLAK 1992; MOSER et al. 1992; MOSER u. SCHRODER 1997; BISWAS et al. 2003). Die Adhäsion von Campylobacter spp. an Wirtszellen wird vermittelt durch bestimmte synthetisierte Proteine. Beteiligt sind unter anderem Lipopolysaccharide (LPS), das Flagellum und weitere Proteine der äußeren Membran (MCSWEEGAN u. WALKER 1986). Zu den beschriebenen äußeren an der Adhäsion beteiligten Membranproteine gehörte das zunächst durch FAUCHERE et al. (1989) beschriebene CBF1 (cell- binding factor), welches in einer späteren Studie von PEI und BLASER (1993) als PEB1 bezeichnet wurde. Ein weiteres Adhäsin beschrieben KONKEL et al. (1997) in ihrer Studie. Das als CadF (Campylobacter adhesin to fibronectin) bezeichnete Protein hatte die Fähigkeit, sich an Fibronektin, Strukturproteine bzw.

Adhäsionsproteine der extrazellulären Matrix zu binden.

Der bakteriellen Adhäsion folgt die Invasion des Erregers in die Wirtszellen. Die Fähigkeit von C. jejuni in Wirtszellen einzudringen, dort zu überleben und sich zu replizieren wurde in vielen Studien beschrieben (NEWELL et al. 1985; KONKEL u.

JOENS 1989; EVEREST et al. 1992; RUSSELL u. BLAKE 1994; PEI et al. 1998).

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Das Eindringen in Wirtszellen schützt den Erreger unter anderem vor Einflüssen von Antibiotika, wie z.B. Gentamicin, welches nicht vermag, eukaryotische Zellen zu penetrieren (KONKEL et al. 1992b). Innerhalb der Zellen bietet sich den Bakterien eine nährstoffreiche Umgebung. Die Fähigkeit zur Zellinvasion ist bei C. jejuni von Stamm zu Stamm unterschiedlich (NEWELL et al. 1985; KONKEL u. JOENS 1989;

EVEREST et al. 1992). Das Eindringen in Zellen ist abhängig von der Produktion von spezifischen Invasionsproteinen. Ein solches ist das Cia-Protein (Campylobacter invasion antigen Protein) (KONKEL et al. 1999). Die spezifische Funktion dieses Protein ist noch nicht eindeutig geklärt, jedoch wird vermutet, dass es eine Rolle bei der Auslösung von Wirtszellsignalen bei der Invasion von C. jejuni spielt.

Während die Bindung von C. jejuni annäherungsweise gleichwertig bei menschlichen und nichtmenschlichen Zellen abläuft, ist die Invasion von menschlichen Zellen durch C. jejuni sehr viel effizienter (KONKEL et al. 1992a). In einer Studie von WATSON und GALAN (2008) wurde das Überleben von C. jejuni in intestinalen Epithelzellen untersucht. Es konnte festgestellt werden, dass C. jejuni signifikante Veränderungen innerhalb der Epithelzellen erfuhren und C. jejuni-haltige Vakuolen in intestinalen Epithelzellen von den üblichen endozytotischen Wegen abwichen und so den Lysosomen und ihrer Lysis entkamen. Im Gegensatz dazu konnten C. jejuni in Makrophagen den Lysosomen nicht ausweichen und wurden schnell lysiert und unschädlich gemacht. Laut HICKEY et al. (2005) waren C. jejuni zu extensiver Replikation innerhalb von menschlichen Monozyten fähig und konnten dort die Zellapoptose über das CDT-Protein (cytolethal distending toxin Protein) einleiten. DE MELO et al. (1989) untersuchten das Überleben von C. jejuni in HEp-2 Zellen (menschliche epidermale Krebszellen). Nach neun Stunden zeigten die Bakterien Anzeichen einer Entartung mit einer morphologischen Metamorphose von der spiralförmigen zur kokkoiden Form. KIEHLBAUCH et al. (1985) untersuchten die Phagozytose und das intrazelluläre Überleben von C. jejuni in Phagozyten. Nachdem C. jejuni und Phagozyten im Verhältnis von 75:1 kombiniert wurden, konnte festgestellt werden, dass C. jejuni leicht phagozytiert wurde. Innerhalb von vier bis acht Stunden erfolgte eine morphologische Veränderung der Bakterien von der spiralförmigen zur kokkoiden Form. Nach 96 h waren die morphologischen

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Veränderungen abgeschlossen. C. jejuni konnte innerhalb der Phagozyten sechs bis sieben Tage überleben.

Zusammenfassend führt die Invasion und das intrazelluläre Wachstum von Campylobacter spp. im Wirtsorganismus zu Zellschäden, die in einer inflammatorischen Diarrhoe resultieren. Der Übertritt in das lymphatische System führte zu einer Generalisierung der Infektion mit Konsequenzen für den gesamten Organismus.

2.4.2.4 Toxine

Zytotoxine sind von Bakterien sezernierte Proteine, die auf vielfältige Weise spezifische Zielzellen schädigen oder zerstören. Ein häufig untersuchtes Zytotoxin von C. jejuni ist das cytolethal distending Toxin (CDT). WHITEHOUSE et al. (1998) untersuchten CDT von C. jejuni in HeLa- und Caco-2-Zellen. C. jejuni verursachte einen rapiden spezifischen Stopp des Zellzykluses in der G2 bzw. frühen M Phase.

Die Zellteilung konnte nicht vollendet werden, die Zellen schwollen an, der Zelltod war die Folge. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen JAIN et al. (2009).

Kita et al. (1990; 1992) isolierten einen hepatotoxischen Faktor in C. jejuni. Dieser sollte für eine chronische Leberschädigung in Mäusen verantwortlich sein, die zuvor intragastrial mit diesen C. jejuni-Stämmen infiziert wurden.

In einigen Studien wurde über die Fähigkeit von zell-assoziierten, hämolytischen Aktivitäten und sezernierten, hämolytischen Aktivitäten von C. jejuni und C. coli Stämmen berichtet (ARIMI et al. 1990; PICKETT et al. 1992; HOSSAIN et al. 1993;

TAY et al. 1995). Jedoch ergaben sich bislang noch keine Hinweise auf Hämolysin- Gene von C. jejuni. Daher ist es möglich, dass die beobachteten hämolytischen Aktivitäten Folgen von bereits beschriebenen zytotoxischen Aktivitäten oder von der Lysis älterer Bakterienkulturen sein könnten.

Enterotoxine sind von Bakterien sezernierte Proteine, die in Epithelzellen des Darmes eindringen, nachdem sie sich an Rezeptoren der Zelloberfläche gebunden haben. Sie greifen in den Stoffwechsel der Wirtszelle ein und verursachen den Anstieg von zyklischen AMP (Adenosinmonophosphat). Die dadurch ausgelöste

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Aktivierung von Ionenpumpen verursacht einen enormen Ausstrom von Na+ und Wasser in den Darm. Eine schwere, wässrige Diarrhoe ist die Folge. Die Prototypen der Enterotoxine sind das Vibrio cholerae Toxin (CT) und das nahe verwandte Escherichia coli hitzelabile Toxin (LT) (SPANGLER 1992). Da bei C. jejuni- Infektionen häufig das klinische Bild einer wässrigen Diarrhoe festgestellt werden konnte, wurde davon ausgegangen, dass C. jejuni ein eben solches Enterotoxin produzieren könnte. Dies wurde zumindest für einige C. jejuni-Stämme in Studien berichtet, beispielsweise in der Studie von RUIZ-PALACIOS et al. (1983). Jedoch bleibt die Existenz eines Enterotoxins bei C. jejuni weiterhin umstritten (WASSENAAR 1997), da einerseits zahlreiche Studien keine Enterotoxin-Aktivitäten bei C. jejuni Stämmen feststellten (WADSTROM et al. 1983; PEREZ-PEREZ et al.

1989; MCFARLAND u. NEILL 1992) und andererseits keine entsprechenden Gene für C. jejuni-Enterotoxine entschlüsselt werden konnten (OLSVIK et al. 1984). Somit bleibt ein abschließendes Ergebnis bislang offen.

2.4.2.5 Klinik

Eine Campylobacter-Enteritis ist eine akute meist selbstlimitierende Durchfallerkrankung, die sich klinisch nicht von anderen bakteriellen Darminfektionen, wie beispielsweise einer Salmonellose, unterscheidet. Neben dem Leitsymptom Diarrhoe können Fieber, Schwäche, Übelkeit, Erbrechen, Abdominalschmerzen, Krämpfe, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen und Blut im Stuhl auftreten (WILLIAMS u. DEACON 1980; POTTER et al. 1983; PONKA et al.

1984; MELBY et al. 1990; FAHEY et al. 1995). Die Infektionsdosis ist meistens niedrig (BLACK et al. 1988); Infektionen konnten schon durch 500 Keime ausgelöst werden (ROBINSON 1981). Die Inkubationszeit liegt meist bei 2 bis 5 Tagen (KARMALI u. FLEMING 1979; BUTZLER 1982), sie kann aber auch im Rahmen von 1 bis 10 Tagen liegen (WHO 2000). Die Durchfallsymptome klingen nach etwa 2 bis 3 Tagen ab, die Abdominalschmerzen können jedoch weiterhin bestehen bleiben (BUTZLER et al. 1992). Patienten können nach Abklingen der Krankheitssymptome weiter wochenlang Campylobacter spp. über die Fäzes ausscheiden, insofern sie

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nicht mit Antibiotika behandelt wurden. In einer Studie von KAPPERUD et al. (1992) konnten Campylobacter spp. aus Fäzis noch durchschnittlich 37,6 Tagen (maximal 69 Tage) nachgewiesen werden. Meistens verläuft die Erkrankung milde, Todesfälle sind selten (SMITH u. BLASER 1985). Allerdings kann es zu Spätkomplikationen kommen.

Die reaktive Arthritis (ReA) kann in 1-5% der Fälle nach einer Campylobacter- Infektion auftreten (POPE et al. 2007; TOWNES et al. 2008; SCHONBERG-NORIO et al. 2009). Das mittlere Intervall zwischen dem Auftreten der Enteritissymptomen und dem Erscheinen der Gelenkschmerzen und Gelenkschwellungen lag in einer Studie von PETERSON bei 14 Tagen und dauerte zwischen 3 Tagen und 6 Wochen (1994).

Das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) ist eine weitere, allerdings seltene Spätkomplikation einer Campylobacter-Infektion. Dabei handelt es sich um eine akute Polyradikulitis, bei der die isolierende Myelinschicht des peripheren Nervensystems durch die Produktion von körpereigenen cross-reaktiven Antikörpern zerstört wird. Die Produktion dieser Antikörper scheint durch eine vorangegangene Campylobacter-Infektion eingeleitet zu werden (HUGHES et al. 1999; ANG et al.

2000). Durch die Schädigung der Myelinschicht der peripheren Nerven kommt es zu Lähmungserscheinungen der Gliedmaßen, einer so genannten Tetraparese, die aufsteigen und sogar zu Atemstörungen führen kann, die eine künstliche Beatmung zu Folge hat. Die jährliche Inzidenz-Rate des GBSs liegt bei 0,6 bis 1,9 pro 100.000 Einwohnern (SCHONBERGER et al. 1981). Männer erkranken häufiger als Frauen.

Es können Personen jeden Alters erkranken, ältere Personen haben jedoch eine erhöhte Inzidenz (VAN KONINGSVELD et al. 2000). Ebenfalls wurden familiär bedingte Häufigkeiten beschrieben, dies scheint allerdings ein seltenes Phänomen zu sein (GELEIJNS et al. 2004). Die meisten GBS-Patienten berichten von vorangegangenen gastrointestinalen bzw. von respiratorischen Symptomen (ASBURY u. CORNBLATH 1990; VAN KONINGSVELD et al. 2001). 1-4 Wochen später beginnen Taubheitsgefühle oder Kribbeln in Armen und Beinen mit Koordinationsverlust von Händen und Füßen und münden in einer Paralyse von Glieder-, Torso-, Extraokular,- Fazial,- Pharyngeal,- und Zungenmuskulatur.

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Schmerzen empfinden etwa 50% der Patienten (WINER et al. 1988a; WINER et al.

1988b). Das Fortschreiten der Erkrankung dauert in etwa 4 Wochen. Die Genesung erfolgt nach einer Plateau-Phase von etwa 2 bis 4 Wochen, kann sich jedoch für mehrere Monate hinauszögern (ASBURY u. CORNBLATH 1990). Schätzungsweise verbleiben bei 20% der Patienten Spätschäden des GBSs (HAHN 1998). Die Mortalität ist eher niedrig, in verschiedenen Studien wurden Werte zwischen 2,4% bis 8% angegeben (HAHN 1996; YAKOOB et al. 2005; DHAR et al. 2008).

Bei immundefizienten Patienten kann eine Campylobacter-Infektion zu Komplikationen führen - intestinale Infektionen können auftreten. In einer Studie von MOLINA et al. (1995) wurden Campylobacter-infizierte HIV-Patienten untersucht.

76% der Patienten waren bereits an AIDS erkrankt. 17% der Patienten entwickelten während der Campylobacter-Infektion eine Bakteriämie, eine höhere Rate als sie bei immunkompetenten Campylobacter-Patienten zu finden ist (SKIRROW et al. 1993).

2.4.2.6 Therapie

Die meisten Patienten, die an einer Campylobacter-induzierten Enteritis erkranken, benötigen keine spezifische Behandlung; Flüssigkeit und Elektrolyte können jedoch gegen den Mangel, verursacht durch Vomitus und Diarrhoe, verabreicht werden (MINER u. VOTH 1983; DI JOHN u. LEVINE 1988). Eine antibiotische Behandlung ist meist nicht angebracht, da sich viele der Patienten schon nach 4 bis 6 Tagen wieder erholen, bevor eine genaue Diagnose erstellt werden kann. Des Weiteren haben Studien keinen erkennbaren Vorteil einer Therapie von Camylobacter-Enteritis mit Erythromycin ergeben; Verlauf, Länge der Erkrankung und Schmerzen waren in Versuchsgruppen, die mit Erythromycin behandelt wurden, vergleichbar mit denen der Placebogruppe. Abgesehen davon konnten in den, mit Erythromycin behandelten Versuchsgruppen, Campylobacter spp. nicht mehr im Stuhl nachgewiesen werden (ANDERS et al. 1982; PAI et al. 1983; MANDAL et al. 1984). Bei Patienten, bei denen eine Campylobacter-Infektion schwerer verläuft und nach Diagnosestellung noch keine spontane Besserung der Symptome eingetreten ist, Komplikationen oder eine Bakteriämie auftreten, ist eine Antibiotika-Therapie indiziert (PACANOWSKI et

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al. 2008). Ein präventiver Ansatz wurde in der Studie von WINE et al. (2009) berichtet. Hier konnten erfolgreich probiotischer Lactobacillus helveticus gegen die Invasion von C. jejuni in humane intestinale Epithelzellen eingesetzt werden. Die Invasion konnte bis zu 55% inhibiert werden.

2.4.2.7 Antibiotikaresistenz

Antibiotika und deren Derivate werden vielfach als Arzneimittel zur Bekämpfung von bakteriellen Infektionskrankheiten eingesetzt. Der Einsatz dieser lebensrettenden Medikamente bedarf Besonnenheit und Fachkenntnis, um Resistenzbildungen zu vermeiden. Allerdings ist die Antibiotikaresistenzlage ein wachsendes Problem.

Gegen Campylobacter-Infektionen wurde häufig Erythromycin eingesetzt, ein Antibiotikum aus der Gruppe der Makrolide. Anfänglich konnten mit Erythromycin gute Erfolge bei schweren Krankheitsverläufen erzielt werden (ASHKENAZI et al.

1987). Jedoch wurden bald weltweit in verschiedenen Studien Resistenzen gegenüber Erythromycin festgestellt. Die Resistenzraten lagen zwischen weniger als 5% in den USA und bis zu 15,3% in Nordirland (NACHAMKIN et al. 2002; LUBER et al. 2003; CHU et al. 2004).

Wirksamkeit erhoffte man sich ebenfalls von der Gruppe der Chinolone. Weltweit waren jedoch erhebliche Resistenzen zu verzeichnen. NACHAMKIN et al. (2002) konnten in einer Studie aus Pennsylvania 40,5% Fluoroquinolone-resistente humanen Campylobacter-Isolate bestimmen. In einer Studie von CHU et al. (2004) aus Hong Kong wurden Resistenzen bei 85,9% humanen C. jejuni Isolaten gegenüber Chinolonen beschrieben. PUTNAM et al. (2003) konnten in einer Studie aus Ägypten eine Steigerung der Resistenzlage von humanen Campylobacter- Isolaten gegenüber Ciprofloxacin von Werten von 12,9% in 1995 auf 48,2% in 2000 ermitteln. In Australien scheinen die Resistenzen geringer zu sein; laut der Studie von UNICOMB et al. (2003) lag die Resistenzrate für Fluoroquinolone bei 370 humanen Campylobacter-Isolaten bei 3,24%. ALLOS (2001) berichtete in seiner Studie aus Spanien von Resistenzen von humanen Campylobacter-Isolaten gegenüber Fluoroquinolonen in Höhe von 72%. In der Studie von LUBER et al.

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(2003) aus Berlin wurden in humanen Campylobacter-Isolaten Resistenzwerte in Höhe von 45,1% gegenüber Ciprofloxacin festgestellt.

In dieser Studie wurden weitere Antibiotika auf ihre Resistenzen untersucht; so konnten Resistenzen gegenüber Tetracyclinen in Höhe von 37,8%, gegenüber Ampicillin in Höhe von 12,8% und 50% gegenüber Trimethoprim-Sulfamethoxazole festgestellt werden.

2.4.2.8 Status Quo in Deutschland

In den vergangenen Jahren sind die Krankheitsfälle durch Campylobacter-Enteritiden deutlich angestiegen; die Infektionsrate überstieg sogar die der Salmonellose- Infektionen, welche bis vor kurzem immer an erster Stelle der bakteriell verursachten enteralen Infektionskrankheiten standen.

Für die Jahre 2001-2009 konnten Infektionszahlen im Rahmen der Jahresstatistiken für meldepflichtige Krankheiten aus den Infektionsepidemiologischen Jahrbüchern für meldepflichtige Krankheiten des Robert Koch-Institutes (RKI 2003, 2004, 2005, 2006, 2007b, 2008, 2009) und aus dem Epidemiologischen Bulletin Nr. 3 (RKI 2010) entnommen werden. Auszugsweise sind die Infektionszahlen der wichtigsten meldepflichtigen Enteritiserreger der Jahre 2001 bis 2009 für Deutschland (Campylobacter spp., Salmonellen, Noroviren und Yersinia spp.) in Abb. 4 dargestellt.

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