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2 LITERATURÜBERSICHT

2.4 Epidemiologie

2.4.3 Vorkommen bei Wirtschaftsgeflügel

2.4.3.3 Kreuzkontaminationen während des Schlachtprozesses

Campylobacter-belastete Broilerherden stellen ein großes Problem während der Schlachtung da. Nicht nur, dass kontaminierte Herden und die daraus entstehenden Produkte ein Risiko für den Verbraucher darstellen (FRIEDMAN et al. 2004), sie können auch unbelastete Broilerherden während des Schlachtprozesses kontaminieren (HERMAN et al. 2003). Campylobacter spp. können auf Tierkörpern, auf technischer Ausrüstung des Schlachthofs, auf Händen des Schlachthofpersonals und in der Umgebungsluft festgestellt werden (OOSTEROM et al. 1983a). Vor allem können Kontaminationen der Karkassen mit Campylobacter spp. beim Brühen und Entfedern, sowie bei der Eviszeration und beim Kühlen auftreten (SHANE 1992;

BRYAN u. DOYLE 1995; BERRANG et al. 2000a; SANCHEZ et al. 2002;

TAKAHASHI et al. 2006; HAVELAAR et al. 2007; NAUTA et al. 2007; REICH et al.

2008). Um die vorhandene Campylobacter-Belastung zu reduzieren und weitere Kreuzkontaminationen während des Prozesses zu unterbinden, wurden besonders an den kritischen Kontrollpunkten unterschiedliche Campylobacter-reduzierende Maßnahmen durchgeführt, um schlussendlich ein weniger belastetes Geflügelprodukt zu erhalten (IZAT et al. 1988; KEENER et al. 2004; ALLEN et al.

2007).

Das Brühen

Das Brühen der zuvor entbluteten Broiler erfolgt in einem Brühwassertank, um die Federfollikel der Broiler zu öffnen und das darauf folgende Entfedern zu erleichtern (KEENER et al. 2004). Die Brühwassertemperatur liegt im Bereich von 50°C bis 53°C bei Frischgeflügel (HUMPHREY u. LANNING 1987; ROSENQUIST et al. 2006;

ALLEN et al. 2007; NAUTA et al. 2007). Der Brühvorgang ist ein kritischer Prozess, da die Broiler hoch verschmutzt in das Wasser getaucht werden und so auch Campylobacter spp. abgeschwemmt und später folgende unbelastete Herden

kontaminieren können (STERN et al. 2001). BAKER et al. (1987) berichteten, dass auf 20 von 100 Tieren vor der Schlachtung C. jejuni auf der Haut nachgewiesen werden konnte, nach Brühen und Entfedern waren 90 von 100 Tieren C. jejuni positiv. Andererseits können durch den Brühvorgang Campylobacter-Kontaminationen zum Teil signifikant reduziert werden (SLAVIK et al. 1995;

BERRANG u. DICKENS 2000). BERRANG et al. (2003) untersuchten hierzu Broilerkarkassen vor und nach dem Brühen. Es konnte eine signifikante Campylobacter-Reduktion festgestellt werden; die Belastungswerte der Karkassen fielen von Log10 5,4 KbE/ml Spülflüssigkeit auf Log10 1,3 KbE/ml. Dabei ist die Brühtemperatur von entscheidender Bedeutung. Je höher die Brühtemperatur ist, desto höher ist auch die Bakterienreduktion (OOSTEROM et al. 1983a). Allerdings wird die Epidermis des frischen Geflügelfleisches bei hohen Brühtemperaturen geschädigt (KIM et al. 1993a; SLAVIK et al. 1995). Die dadurch entstehenden Hautläsionen stellen neben dem rein optischen Mangel ebenfalls unerwünschte Eintrittspforten für Bakterien dar.

Das Entfedern

Nach dem Brühen gelangen die Broiler zum Rupfer. Das Entfedern lässt die Campylobacter-Belastungen der Broilerkarkassen deutlich ansteigen (OOSTEROM et al. 1983a; IZAT et al. 1988; ATANASSOVA et al. 2003). BERRANG und DICKENS (2000) konnten hierzu feststellen, dass die Campylobacter-Belastung von Karkassen nach dem Brühen von Log10 1,8 KbE/ml Spülflüssigkeit auf Log10 3,7 KbE/ml nach dem Rupfen anstieg. Die mechanische Entfederung des Rupfers übt einen Druck auf den Bauchbereich der Broiler aus, wodurch eine Entleerung der Kloake hervorgerufen wird. Die dadurch austretende Fäzes gelangt auf die Broilerkarkassen und führt zur Verbreitung von Campylobacter spp. Diese Verschmutzungen kontaminieren wiederum die Rupffinger des Rupfers und nachfolgende Broiler werden so kreuzkontaminiert. (WEMPE et al. 1983; ACUFF et al. 1986; BERRANG et al. 2001a). Die hohen Campylobacter-Belastungen, die durch das Rupfen hervorgerufen werden, sind insoweit problematisch, da dadurch eine höhere Campylobacter-Verbreitung in den nachfolgenden Prozessschritten erfolgt und es so

umso schwieriger wird, ein niedrig belastetes Endprodukt herzustellen (BERRANG u.

DICKENS 2004).

Die Eviszeration

Nach dem Entfedern der Broiler erfolgt die automatische Eviszeration der Karkassen.

In einigen Studien wurde nach der Eviszeration von einem Anstieg der Campylobacter-Konzentrationen auf den Broilerkarkassen berichtet (OOSTEROM et al. 1983a; BAKER et al. 1987; IZAT et al. 1988; STERN u. ROBACH 2003). In einer Studie von ROSENQUIST et al. (2006) konnte hierzu ein Campylobacter-Anstieg nach der Eviszeration von Log10 0,5 KbE/g Broilernackenhaut im Vergleich zu Campylobacter-Werten nach dem Rupfen festgestellt werden. ABU-RUWAIDA et al.

(1994) hingegen berichteten von keiner mikrobiologischen Veränderung, während andere Studien eine Reduktion der Campylobacter-Belastungen von bis zu Log10 1,4 KbE/g pro Broilerkarkasse nach der Eviszeration feststellten (BERRANG u.

DICKENS 2000; ALLEN et al. 2007). Je nachdem wie präzise die Eviszeration durchgeführt wird, können kleine Kotverschmutzungen zu einem Anstieg der Campylobacter-Belastungen führen. Das Ausmaß dieses Effektes bestimmt die Campylobacter-Kontamination der Broilerfäzes; je höher die Belastung der Fäzes, desto höher ist die mögliche Belastung der Karkassen nach der Evizeration (STERN u. ROBACH 2003).

Das Waschen

Die Karkassen werden nach der Evizeration in einem automatischen Waschsystem von Kontaminationen wie Blutrückständen, Gewebefragmenten und fäkalen Verschmutzungen befreit. Waschsysteme sind in den verschiedensten Variationen erhältlich; individuelle Modifikationen können bei Bedarf vorgenommen werden.

Besonders wichtig sind Effektivität und Effizienz. Es gibt unterschiedliche Wasch-Systeme, die während der Schlachtung verwendet werden können. Neben einem Bürsten-Wasch-System und einem Carbinet-Wäscher gibt es den Innen- und Außenwäscher, der sich in einer Studie von BASHOR als effektivste Waschmöglichkeit herausstellte (BASHOR et al. 2004; KEENER et al. 2004). LI et al.

(2002) berichteten in einer Studie, dass das Waschen mit temperiertem Spülwasser (55°C und 60°C) im Vergleich zu niedrig temperiertem Spülwasser (20°C) signifikante Campylobacter-Reduzierungen von mehr als Log10 0,78 KbE/Karkasse hervor brachte, nicht jedoch die Wahl von chloriertem Spülwasser im Vergleich zu unchloriertem Spülwasser. Zu gleichen Ergebnissen kamen auch BAKER et al.

(1987). Der Waschvorgang kann die Campylobacter-Konzentration reduzieren (BAKER et al. 1987; CASON et al. 1997); BERRANG und DICKENS (2000) stellten sogar deutliche Campylobacter-Reduktionsraten von bis zu Log10 1,1 KbE/ml Karkassenspülflüssigkeit fest.

Das Kühlen

Nach dem Waschvorgang werden die Karkassen gekühlt. Dafür gibt es unterschiedliche technische Möglichkeiten:

OOSTEROM et al. (1983a) untersuchten sowohl die Wasserkühlung in einem Tauchbecken unter Verwendung eines Spinchillers als auch die Luftkühlung. Beide Verfahren konnten einen Campylobacter-reduzierenden Effekt bewirken. Zu diesen Ergebnissen kamen ROSENQUIST et al. (2006) ebenfalls; es konnten Campylobacter-Reduktionen bei Verwendung von Luftkühlung von bis zu Log10 0,97 KbE/g Broilernackenhaut und bei Verwendung von Wasserkühlung eine Campylobacter-Reduktion von bis zu Log10 1,24 KbE/g Broilernackenhaut verzeichnet werden. OOSTEROM et al. (1983a) gingen davon aus, dass durch die Wasserkühlung eine große Anzahl von Campylobacter spp. abgewaschen würden;

auch CASON et al. (1997) kamen zu diesem Ergebnis. Der Campylobacter-reduzierende Effekt der Luftkühlung wurde aufgrund der Sensibilität von Campylobacter spp. auf Trockenheit vermutet (DOYLE u. ROMAN 1982b).

Nachteilige Effekte ergeben sich sowohl bei der Wasser- als auch bei der Luftkühlung. Das Kühlwasser des Tauchbeckens kann zur Quelle von Kreuzkontamination werden (WEMPE et al. 1983; SANCHEZ et al. 2002). Die Luftkühlung kann eine verringerte Reduktion von Campylobacter spp. bewirken, wenn die Kühldauer kurz ist. Des Weiteren kann die spezielle Textur der Broilerhaut die Austrocknung von Campylobacter spp. erschweren, was zu verringerten

Reduktionsergebnissen von Campylobacter spp. führen kann (OOSTEROM et al.

1983b).

Das Zerlegen

In der Zerlegung werden die gekühlten Karkassen ausgelöst und portioniert. Zuerst werden die Brustkappen von den Karkassen getrennt, danach erfolgt die Lösung der Doppelfilets von den Kappen und die Haut wird entfernt. Die meisten dieser Arbeitsschritte erfolgen vollautomatisch, Handarbeit ist dennoch notwendig.

BERRANG et al. (2001b) stellten fest, dass das Entfernen der Haut von Campylobacter-belastetem Hähnchenfleisch und Produkten die Belastung des Fleisches nicht übermäßig reduzierte; daher bleibt die Gefahr einer Kontamination des Fleisches durch die Umgebung und Maschinen auch bei diesem Arbeitsschritt bestehen. Zu dieser Erkenntnis kamen ebenfalls UYTTENDAELE et al. (1999). Laut NAUTA et al. (2005a) konnte die Kontamination des Fleisches entweder durch Risse in der Haut, in die Wasser während der Schlachtung eindrangen, oder während des Zerlegeprozesses durch Kreuzkontaminationen geschehen. Aus der dargestellten massiven und in jedem Prozessabschnitt präsenten Gefahr einer Kontamination von Geflügelfleisch mit Campylobacter spp. resultiert letztlich die Kontamination des Endproduktes (OOSTEROM et al. 1983a).