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Campylobacter jejuni-Infektionen bei Broilern

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Academic year: 2022

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Verlag: Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft Service GmbH 35392 Gießen · Friedrichstraße 17 · Tel. 0641 / 24466 · Fax: 0641 / 25375

E-Mail: info@dvg.de · Internet: www.dvg.de ISBN 978-3-86345-355-8

Linus Klingenberg Hannover

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Deutschen Nationalbibliografie;

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

1. Auflage 2016

© 2016 by Verlag: Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft Service GmbH, Gießen

Printed in Germany

ISBN 978-3-86345-355-8

Verlag: DVG Service GmbH Friedrichstraße 17

35392 Gießen 0641/24466 info@dvg.de www.dvg.de

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Tierärztliche Hochschule Hannover

Campylobacter jejuni -Infektionen bei Broilern:

Zusammenwirken von Aminosäurenversorgung, Futteraufnahmeverhalten und Infektionsdynamik unter

Berücksichtigung des Mikrobioms

INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Grades eines

Doktors der Veterinärmedizin - Doctor medicinae veterinariae -

(Dr. med. vet.)

vorgelegt von Linus Klingenberg

Witten

Hannover 2016

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Wissenschaftliche Betreuung: Jun.-Prof. Dr. C. Visscher, Institut für Tierernährung

Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

1. Gutachter: Jun.-Prof. Dr. C. Visscher

2. Gutachterin: Univ.-Prof. Dr. D. Meemken

Tag der mündlichen Prüfung: 10.11.2016

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Meiner Familie

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(9)

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ... 1

2 Schrifttum ... 3

2.1 Campylobacter spp. ... 3

2.1.1 Taxonomie ... 3

2.1.2 Bakterienmorphologie und Wachstumsbedingungen ... 3

2.1.3 Metabolismus ... 4

2.1.4 Bedeutung von Campylobacter spp. als Zoonoseerreger ... 6

2.2 Campylobacter spp.-Infektionen von Broilern ... 8

2.2.1 Kolonisation ... 8

2.2.2 Klinisches Bild ... 9

2.2.3 Prävalenz von Campylobacter spp.-Infektionen in Broilerbeständen... 10

2.3 Strategien zur Reduktion der Campylobacter spp.-Prävalenz in Broilerbeständen und in Geflügelfleischprodukten – Status quo ... 12

2.3.1 Biosicherheit und Hygienemanagement ... 12

2.3.2 Antimikrobiell wirksame Substanzen ... 15

2.3.3 Möglichkeiten der Impfung ... 16

2.3.4 Reduktion auf Ebene der Lebensmittelindustrie ... 16

2.4 Zusammenhänge zwischen einer Infektion von Broilern mit Campylobacter spp. und der Proteinversorgung der Tiere ... 18

2.4.1 Diätetische Ansätze zur Reduktion der Campylobacter spp.-Prävalenz ... 18

2.4.2 Die Proteinversorgung von Broilern ... 21

2.4.3 Die intestinale Mukusschicht ... 26

2.4.4 Das intestinale Mikrobiom ... 32

2.5 Ableitung der Aufgabenstellung... 39

(10)

3 Material und Methoden ... 43

3.1 Aufbau der Studie ... 43

3.1.1 Übersicht über die Versuche ... 43

3.2 Tiere und Haltung ... 46

3.2.1 Herkunft und Anzahl der Tiere ... 46

3.2.2 Aufzucht der Tiere ... 46

3.2.3 Haltung unter Versuchsbedingungen ... 46

3.3 Futtermittel und Fütterung ... 51

3.3.1 Fütterung in der Aufzuchtphase ... 51

3.3.2 Fütterung im Vorversuch ... 51

3.3.3 Fütterung in den Hauptversuchen ... 53

3.4 Futtermittelanalyse ... 55

3.4.1 Rohnährstoffe ... 56

3.4.2 Kohlenhydrate ... 59

3.4.3 Energie ... 60

3.4.4 Mengenelemente ... 61

3.4.5 Spurenelemente ... 62

3.4.6 Aminosäuren ... 63

3.5 Untersuchungen während des Vorversuchs... 64

3.6 Experimentelle Infektion in den Hauptversuchen ... 65

3.7 Untersuchungen während der Hauptversuche ... 67

3.7.1 Leistungsparameter ... 67

3.7.2 Mikrobiologische und parasitologische Parameter ... 71

3.7.3 Weitere im Versuch erhobene Parameter ... 85

3.7.4 Weitergehende Untersuchungen am Versuchsende ... 89

3.8 Statistische Auswertung ... 94

4 Ergebnisse ... 95

4.1 Ergebnisse der Futtermittelanalysen... 95

(11)

4.1.1 Futtermittelanalysen der Aufzuchtphasen ... 95

4.1.2 Futtermittelanalysen des Vorversuchs ... 95

4.1.3 Futtermittelanalysen der Hauptversuche ... 97

4.2 Ergebnisse des Vorversuchs ... 102

4.3 Ergebnisse der Hauptversuche ... 106

4.3.1 Leistungsparameter ... 106

4.3.2 Mikrobiologische Parameter ... 121

4.3.3 Weitere Parameter ... 143

5 Diskussion ... 155

5.1 Kritik der Methode ... 155

5.1.1 Versuchsdurchführung ... 155

5.1.2 Untersuchungsmethoden ... 162

5.2 Erörterung wesentlicher Ergebnisse ... 167

5.2.1 Einfluss der Fütterungskonzepte auf eine Campylobacter jejuni-Infektion von Broilern ... 167

5.2.2 Einfluss einer Infektion von Broilern mit Campylobacter jejuni auf die Futteraufnahme der Tiere ... 176

5.2.3 Einfluss einer Infektion von Broilern mit Campylobacter jejuni auf die Körpermassenzunahme der Tiere ... 183

5.2.4 Einfluss der Fütterungskonzepte und der Campylobacter jejuni-Infektion auf das intestinale Mikrobiom ... 184

5.2.5 Einfluss der Fütterungskonzepte und der Campylobacter jejuni-Infektion auf den Trockensubstanzgehalt der Exkremente und der Einstreu sowie auf die Fußballengesundheit ... 193

5.3 Schlussfolgerungen... 198

6 Zusammenfassung ... 201

7 Summary ... 205

(12)

8 Literaturverzeichnis ... 209

9 Anhang ... 259

9.1 Futtermittel ... 259

9.2 Einteilung der Untergruppen ... 263

9.3 Tierverluste ... 264

9.4 Futterverbrauch... 265

9.5 Wasserverbrauch ... 268

9.6 Körpermassen ... 271

9.7 Mikrobiologische Untersuchungen ... 288

9.8 Weitere Parameter ... 310

9.9 Tabellenverzeichnis ... 329

9.10Abbildungsverzeichnis ... 336

(13)

Abkürzungsverzeichnis

Symbol Bezeichnung ME umsetzbare Energie arithmetisches Mittel MJ Megajoule

Ø Durchmesser n Anzahl der

® eingetragene Warenmarke Merkmalsausprägungen r2 Korrelationskoeffizient N Größe der Grundgesamtheit

Warenmarke NfE stickstofffreie Extraktstoffe p Wahrscheinlichkeitsmaß Kürzel Bezeichnung PBS phosphatgepufferte Salzlösung aqua dest. destilliertes Wasser PRR Proteinreduzierte Ration C. jejuni Campylobacter jejuni qPCR quantitative Polemerase C. perfringens Clostridium perfringens Kettenreaktion

E. coli Escherichia coli Ra Rohasche

et al. et alii = und andere Rfa Rohfaser FCR Feed Conversion Ratio Rfe Rohfett FPD Foot Pad Dermatitis Rp Rohprotein GC-Gehalt Guanin Cytosin-Gehalt rRNA ribosomale RNA HP-Ration High-Protein-Ration s Standardabweichung IgA Immunglobulin A SAS Statistics Analysis Systems IL-1 Interleukin-1 SCFA short chain fatty acids = IL-6 Interleukin-6 kurzkettige Fettsäuren ISO International Organization for spp. species pluralis =

Standardization mehr als eine Spezies KbE koloniebildende Einheiten TNF-α Tumornekrosefaktor-α KR1 Kontrollration I TS Trockensubstanz KR2 Kontrollration II uS ursprüngliche Substanz LFGB Lebensmittel- und VM Vormischung

Futtermittelgesetzbuch WFV Wasser-Futter-Verhältnis LP-Ration Low-Protein-Ration

mCCDA modifizierter Aktivkohle- Cefoperazon-Desoxycholat- Agar

Chemische Elemente und Maßeinheiten wurden entsprechend der offiziellen Nomenklatur (IUPAC) abgekürzt.

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1 Einleitung

Weltweit besteht eine wachsende Nachfrage nach Geflügelfleischprodukten, die zu einer steigenden Produktion mit entsprechend steigenden Tierzahlen führt. Die Geflügelmast stellt, abgesehen von Insekten, die effizienteste Form der terrestrischen Produktion tierischen Proteins dar (VAN HUIS 2013). Ein Masthähnchen (Broiler) der modernen Zuchtlinien benötigt je nach Mastdauer und Geschlecht etwa 1,5 bis 2,5 kg Futter um 1 kg Körpermasse aufzubauen (HAVENSTEIN et al. 2003; AGGREY et al. 2010).

Neben den Ansprüchen an eine effiziente, ökonomisch günstige Produktion von Geflügelfleischprodukten bestehen hohe Anforderungen an die Qualität dieser Produkte. Ein wichtiger Aspekt dieser Produktqualität ist die Freiheit von Krankheitserregern, die ein potentielles Risiko für die Gesundheit des Verbrauchers darstellen. Ein solches Risiko geht von Erregern aus, die natürlicherweise bei Tieren vorkommen und auf den Menschen übertragen werden können (Zoonosen) (EFSA u. ECDC 2015).

Eine bedeutende bakterielle Zoonose, die über den Verzehr von Geflügelfleischprodukten auf den Menschen übertragen werden kann ist die Campylobacteriose. Diese Erkrankung, die in vielen Fällen mit wässrigen, teils blutigen Durchfällen, krampfhaften Bauchschmerzen und Fieber beim Menschen einhergeht (BLASER et al. 1979; BLACK et al. 1988) und zudem zu chronischen Erkrankungen des peripheren Nervensystems führen kann (GUILLAIN et al.

1916; KALDOR u. SPEED 1984), stellte im Jahr 2015 die häufigste vom Robert-Koch- Institut registrierte, bakteriell bedingte Durchfallerkrankung in Deutschland dar und die Tendenz ist steigend (RKI 2016). Ausgelöst wird die Campylobacteriose von Bakterien der Gattung Campylobacter, wobei Campylobacter (C.) jejuni eine dominierende Bedeutung der mit Geflügelfleischprodukten assoziierten Campylobacteriosen besitzt. Ein Grund für diese Zusammenhänge ist die hohe Verbreitung (Prävalenz) von C. jejuni-Infektionen in Geflügelbeständen und das damit verbundene Risiko einer Kontamination der Schlachtkörper im Rahmen der Schlachtung (ROSENQUIST et al. 2006; REICH et al. 2008).

Um die Exposition des Verbrauchers gegenüber C. jejuni und weiteren Spezies dieser Gattung zu verringern, bedarf es unter anderem einer Reduktion der Prävalenz auf Ebene der Primärproduktion, also im landwirtschaftlichen Betrieb. Ein möglicher Ansatzpunkt ist die

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Entwicklung von Strategien, die auf diätetischem Wege einen Einfluss auf Campylobacter spp.-Infektionen von Broilern und anderen Nutzgeflügelarten nehmen.

Dabei sollten in dieser Studie mögliche Zusammenhänge zwischen der Protein- und Aminosäurenaufnahme von Broilern und der Ausbreitung einer experimentellen Infektion der Tiere mit C. jejuni untersucht werden. Hintergrund dieser Untersuchungen war die Tatsache, dass eine bedarfsgerechte Versorgung von Broilern mit Proteinen und damit Aminosäuren eine wichtige Bedeutung für das Tier hat (BAKER u. HAN 1994), aber gleichzeitig auch der Stoffwechsel von C. jejuni auf die Umsetzung von Aminosäuren angewiesen ist (GUCCIONE et al. 2008). Die potentielle Verfügbarkeit von Aminosäuren für den Erreger steigt dabei mit dem Rohproteingehalt des Futters und damit der Menge an Aminosäuren, die durch das Tier aufgenommen werden, an. Zum einen ist die Konzentration freier Aminosäuren in den Blinddärmen (Caeca) von Broilern, der bevorzugt von C. jejuni besiedelten Region des Darmtrakts, abhängig von der aufgenommenen Menge dieser Nährstoffe (LEMME et al.

2004). Zum anderen steigt bei höheren Rohproteingehalten im Futter auch die Freisetzung von Schleimstoffen (Muzinen) im Verdauungstrakt an (RAVINDRAN et al. 2009).

Bestandteile dieser Muzine, welche zum Schutz der Schleimhaut produziert werden, können von C. jejuni ebenfalls als Substrat genutzt werden (HUGDAHL et al. 1988).

Im Sinne der Entwicklung potentieller diätetischer Maßnahmen sollte im ersten Teil dieser Studie ein möglicher Einfluss eines geringeren Rohproteingehaltes in der Ration von Broilern auf eine experimentelle Infektion von Broilern mit C. jejuni untersucht werden.

Im zweiten Teil der Studie wurde untersucht, ob eine Infektion von Broilern mit C. jejuni einen Einfluss auf das Futteraufnahmeverhalten der Tiere bei einer Auswahlmöglichkeit zwischen einem proteinreichen und einem proteinarmen Mischfuttermittel hat und ob durch diese Auswahlmöglichkeit ein Einfluss auf die Kolonisation und Ausscheidung von C. jejuni unter einer experimentellen Infektion besteht.

Zusätzlich wurde in beiden Teilen der Studie untersucht, ob ein Einfluss der verschiedenen Fütterungskonzepte bzw. einer C. jejuni-Infektion unter diesen Fütterungsbedingungen auf die Zusammensetzung der intestinalen Mikroflora (Mikrobiom) von Broilern besteht.

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2 Schrifttum 2.1 Campylobacter spp .

2.1.1 Taxonomie

Die heutige Bakteriengattung Campylobacter wurde aufgrund ihrer spiralförmigen Morphologie zunächst als Vibrio spp. der Familie der Vibrionaceae zugeordnet (SMITH u.

TAYLOR 1919). Durch SEBALD und VERON (1963) wurde der Genus Campylobacter eingeführt. Der Name der Gattung leitet sich aus den griechischen Begriffen καμπύλος (kampýlos) für gekrümmt, gebogen und βακτήριον (baktērion) für Stäbchen ab.

Durch VANDAMME und DE LEY (1991) wurde schließlich die Familie der Campylobacteriaceae gegründet, welche heute zu der Abteilung (Phylum) der Proteobacteria gehört. Diese Abteilung beinhaltet in ihren Klassen der Alpha-, Beta-, Gamma-, Delta- und Epsilonproteobacteria die Mehrheit der gram-negativen Bakterien (GUPTA 2000). Eine Übersicht über die taxonomische Zuordnung der Gattung Campylobacter ist in Abbildung 1 zu finden.

Abbildung 1: Taxonomische Zuordnung der Bakteriengattung Campylobacter

2.1.2 Bakterienmorphologie und Wachstumsbedingungen

Bei den Bakterien der Gattung Campylobacter handelt es sich um 0,5 – 5 μm lange, gekrümmte bis spiralig gebogene, gram-negative Stäbchen mit einem Durchmesser von 0,2 bis 0,8 μm (VANDAMME et al. 2015). Viele Spezies dieser Gattung besitzen Geißeln an einem oder beiden Polen, die den Bakterien eine charakteristische, korkenzieherartige Fortbewegung erlauben (VANDAMME et al. 2015).

Gattung Familie

Ordnung Klasse

Abteilung Domäne

Bacteria Proteo- bacteria

Epsilon- proteo- bacteria

Campylo- bacterales

Campylo- bacteraceae

Campylo- bacter

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Das Wachstum der meisten Spezies innerhalb der Gattung Campylobacter ist mikroaerophil bei einer Sauerstoffkonzentration von 3 bis 15 % und einer Kohlendioxidkonzentration von 3 bis 5 %, wobei C. jejuni und C. coli mit optimalen Wachstumsbedingungen von 41 bis 43 °C als thermophil beschrieben werden (PENNER 1988; SKIRROW 1994). Weitere Charakteristika dieser Bakteriengattung sind eine positive Oxidase-Aktivität und ihre Eigenschaft, unter suboptimalen Bedingungen kokkoide, nicht kultivierbare Überlebensformen zu bilden (VANDAMME u. DE LEY 1991).

2.1.3 Metabolismus

Die Bakterien der Gattung Campylobacter können, im Gegensatz zu den meisten anderen Darmbakterien, Kohlenhydrate nur in sehr begrenztem Maße als Substrat für ihren Stoffwechsel nutzen (PARKHILL et al. 2000; EPPS et al. 2013). Entgegen früherer Einschätzungen, dass es sich bei Campylobacter spp. um asaccharolytische Organismen handelt, konnten MURAOKA und ZHANG (2010) und STAHL et al. (2011) jedoch darstellen, dass Campylobacter (C.) jejuni in der Lage ist, den Einfachzucker L-Fucose für sein mikrobielles Wachstum zu nutzen.

2.1.3.1 Aminosäuren

Der Stoffwechsel von Campylobacter spp. und somit auch von C. jejuni ist auf die Umsetzung von Aminosäuren und Fettsäuren angewiesen. Dabei konzentriert sich die Nutzung von Aminosäuren auf Serin, Aspartat sowie Glutamat und Prolin, welche in dieser Reihenfolge präferiert werden (GUCCIONE et al. 2008; WRIGHT et al. 2009). Zusätzlich kann auch Glutamin genutzt werden, wobei dies nicht allen Stämmen möglich ist (HOFREUTER et al. 2006; 2008).

Es handelt sich hierbei um die Aminosäuren, welche neben Threonin in großen Anteilen am Aufbau der Muzin-Glykoproteine der intestinalen Mukusschicht beteiligt sind (RAVINDRAN u. BRYDEN 1999; ADEDOKUN et al. 2011) und somit sowohl in der Mukusschicht als auch in den Exkrementen von Geflügel am häufigsten enthalten sind (PARSONS 1984).

Serin

Serin ist eine wichtige Kohlenstoffquelle und spielt für die Kolonisierung von C. jejuni eine wichtige Rolle (VELAYUDHAN et al. 2004). So konnte die Arbeitsgruppe um VELAYUDHAN et al. (2004) zeigen, dass eine Mutation des für die Aufnahme und Nutzung

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von Serin wichtigen Transportproteins SdaC und der Dehydratase SdaA eine Besiedlung des Darmtraktes von Geflügel verhindert, während ein Wachstum in vitro möglich ist. Bereits FLINT et al. (1993) beschreiben eine durch Oxidierung hervorgerufene Schädigung eines der Dehydratase SdaA eng verwandten Enzyms von Escherichia coli, was im Zusammenhang mit dem Stellenwert dieses Proteins für C. jejuni ein wichtiger Faktor für die Empfindlichkeit des Bakteriums gegenüber Sauerstoff sein könnte (STAHL et al. 2012).

Asparaginsäure/Aspartat und Glutaminsäure/Glutamat

Die Aminosäuren Asparaginsäure und Glutaminsäure liegen unter physiologischen Bedingungen normalerweise dissoziiert vor. Aus diesem Grund werden häufig die Bezeichnung Aspartat und Glutamat verwendet (HARDY 2013). Die Stoffwechselwege von Aspartat und Glutamat sind bei C. jejuni sehr ähnlich. Alle werden in der Hauptsache durch das Transportsystem Peb1 von C. jejuni in das bakterielle Zytoplasma aufgenommen (DEL ROCIO LEON-KEMPIS et al. 2006), wobei Glutamat hier zunächst in Aspartat umgewandelt und über Fumarat in den Citratzyklus eingeschleust wird (GUCCIONE et al. 2008), um letztlich für die Gluconeogenese zur Verfügung zu stehen.

Prolin

Prolin wird, wie bereits erläutert, in der Präferenz erst nach Serin, Aspartat und Glutamat von C. jejuni für das Wachstum genutzt (WRIGHT et al. 2009). Im Mittelpunkt steht die Umwandlung von Prolin zu Glutamat durch die Dehydrogenase PutA (GUCCIONE et al.

2008; STAHL et al. 2012) mit anschließender Bereitstellung für den Citratzyklus.

Glutamin

Schließlich ist Glutamin für den Aminosäurenstoffwechsel von C. jejuni relevant. Während Stämme beschrieben sind, die Glutamin als primäre Kohlenstoffquelle für ihr Wachstum nutzen können (HOFREUTER et al. 2006), konnte dies bei anderen Stämmen bislang nicht nachgewiesen werden (HOFREUTER et al. 2008).

Asparagin

Für Asparagin ist kein Transportmechanismus von C. jejuni bekannt, sodass diese Aminosäure als Substrat wahrscheinlich keine Relevanz hat (STAHL et al. 2012). Im mikrobiellen Genom zahlreicher Stämme ist jedoch ein Gen für eine Asparaginase bekannt,

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woraus HOFREUTER et al. (2008) auf eine Bedeutung im mikrobiellen Stoffwechsel, etwa eine Synthese von Asparagin aus kleineren Molekülen und Nicht-Protein- Stickstoffverbindungen, schließen.

2.1.3.2 Fettsäuren

Die kurzkettigen Fettsäuren, welche insbesondere im Dickdarm durch die intestinale Mikroflora gebildet werden, stehen neben der Nutzung durch das Darmepithel auch anderen Bakterien inkl. C. jejuni zu Verfügung (HOOPER et al. 2002; PAN u. YU 2014; SERGEANT et al. 2014). Dabei ist aufgrund der bekannten Stoffwechselwege anzunehmen, dass C. jejuni lediglich Acetat und Laktat nutzen kann (WRIGHT et al. 2009; THOMAS et al. 2011;

STAHL et al. 2012).

Acetat

Im Rahmen anderer Stoffwechselwege, wie beispielsweise dem Abbau der Aminosäure Serin, wird Acetat von C. jejuni selbst produziert (MENDZ et al. 1997). Wenn bevorzugt genutzte Substratquellen wie etwa Serin, Aspartat oder Glutamat jedoch nicht in ausreichender Menge vorhanden sind, konnte von WRIGHT et al. (2009) eine Nutzung von Acetat als primäre Kohlenstoffquelle durch C. jejuni in vitro gezeigt werden.

Laktat

Die Stoffwechselwege des Laktats durch C. jejuni sind noch nicht abschließend geklärt (STAHL et al. 2012). Durch THOMAS et al. (2011) konnte jedoch eine Aufnahme von Laktat mit anschließendem Abbau zu Pyruvat dargestellt werden.

2.1.4 Bedeutung von Campylobacter spp. als Zoonoseerreger

Die Bakterien der Gattung Campylobacter haben ein weites Wirtsspektrum, darunter auch den Menschen (BUTZLER et al. 1973; ROBINSON 1981; BLACK et al. 1988; BLASER u.

ENGBERG 2008). Sie können beim Menschen verschiedene Krankheitsbilder hervorrufen, die unter dem Begriff der Campylobacteriose zusammengefasst werden (GUERRANT et al.

1978; BOKKENHEUSER et al. 1979). Die weitaus häufigsten Infektionen des Menschen durch Campylobacter spp. treten durch C. jejuni auf, gefolgt von Infektionen durch C. coli und Mischinfektionen beider Erreger, wobei sich die Krankheitsbilder ähneln (BLASER u.

ENGBERG 2008; RKI 2016). Die infektiöse Dosis (ID50) des Menschen wird mit

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500-800 KbE beschrieben (ROBINSON 1981; BLACK et al. 1988). Als Infektionsquelle des Menschen hat, abgesehen von reiseassoziierten Campylobacter spp.-Infektionen (SWAMINATHAN et al. 2009; DOMINGUES et al. 2012), der Verzehr von nicht ausreichend erhitztem Geflügelfleisch eine übergeordnete Bedeutung (CORRY u. ATABAY 2001; EFSA u. ECDC 2015; KAAKOUSH et al. 2015) für eine Übertragung von C. jejuni, aber auch der direkte Kontakt zu Tieren, kontaminiertes Oberflächenwasser und der Verzehr von Rohmilch spielen eine wichtige Rolle (DOMINGUES et al. 2012; EFSA u. ECDC 2015).

Die häufigsten Symptome einer Campylobacteriose sind wässrige, teils blutige Durchfälle, krampfhafte Bauchschmerzen und Fieber (BLASER et al. 1979; BLACK et al. 1988) über einen Zeitraum von bis zu 10 Tagen (PÖNKÄ et al. 1984). Darüber hinaus kann eine Infektion speziell mit C. jejuni zum Auftreten des Guillain-Barré-Syndroms führen (KALDOR u. SPEED 1984). Hierbei handelt es sich um eine chronische Erkrankung des peripheren Nervensystems, welche mit Müdigkeit, Bewegungsstörungen und herabgesetzten Reflexen einhergeht und zum Tod der Patienten führen kann (GUILLAIN et al. 1916).

Neben der Bedeutung als Auslöser der Campylobacteriose ist Campylobacter spp., als Reservoir für Resistenzgene gegen antimikrobielle Wirkstoffe und der möglichen Ausbreitung dieser Resistenzen auf andere pathogene und auch kommensale Bakterien, Aufmerksamkeit zu widmen (ENGBERG et al. 2001; WITTWER et al. 2005;

LUANGTONGKUM et al. 2006; EPPS et al. 2013). Der Summary Report der European Food Safety Authority (EFSA u. ECDC 2016) zu antimikrobiellen Resistenzen in Zoonoseerregern für das Jahr 2014 zeigt eine ungünstige Resistenzlage der humanen Isolate von C. jejuni und C. coli. Lediglich 20 % der Isolate von C. jejuni waren gegen das gesamte Spektrum der getesteten, in der Humanmedizin zur Behandlung der Campylobacteriose routinemäßig eingesetzten antibakteriellen Wirkstoffe empfindlich. Bei C. coli waren es noch weniger. Die meisten Resistenzen wurden gegen Ciprofloxacin und Erythromycin gefunden, wenn auch nur in seltenen Fällen gemeinsam in einem Isolat. Die Resistenzlage bei den Fluorchinolonen, die in der Vergangenheit bei Campylobacteriosen häufig therapeutisch verwendet wurden, war so schlecht, dass ein routinemäßiger Einsatz dieser Wirkstoffe nicht mehr zu vertreten ist (EFSA u. ECDC 2016).

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Im Jahr 2015 war die Campylobacter-Enteritis die häufigste, vom Robert-Koch-Institut registrierte, bakteriell bedingte Durchfallerkrankung in Deutschland und die Tendenz ist steigend (RKI 2016). Die höchsten Fallzahlen wurden bei Kleinkindern und jungen Erwachsenen gemeldet mit einem Höchsttand in den Sommermonaten (SCHIELKE et al.

2014; RKI 2016; YUN et al. 2016). Auch europaweit weist die Campylobacteriose mit 71 Fällen pro 100.000 Einwohnern seit 2005 die häufigsten registrierten Fallzahlen bakterieller Enteritiden auf (EFSA u. ECDC 2015). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei diesen Zahlen um die sicher diagnostizierten bzw. gemeldeten Fallzahlen handelt, deren Erfassung national unterschiedlich gehandhabt wird (EFSA u. ECDC 2015; RKI 2016).

2.2 Campylobacter spp.-Infektionen von Broilern

2.2.1 Kolonisation

Das Geflügel gilt als ein Reservoir für Campylobacter spp. (BLASER et al. 1980b;

NACHAMKIN 2003; SAHIN et al. 2015). Campylobacter spp.-Infektionen in Geflügel- Herden werden in erster Linie durch C. jejuni und C. coli und seltener durch andere Spezies beobachtet, wobei C. jejuni in Isolaten aus Broilern den größten Anteil ausmachen (MANFREDA et al. 2003; RIVOAL et al. 2005; LUANGTONGKUM et al. 2006; WEBER et al. 2014; VIDAL et al. 2016). Innerhalb einer Herde können dabei zeitgleich sowohl verschiedene Spezies als auch unterschiedliche Genotypen auftreten (PETERSEN et al. 2001;

HÖÖK et al. 2005; ALTER et al. 2011).

Auf natürlichem Wege infiziert sich das Geflügel in der Regel horizontal auf der fäkal-oralen Route mit Campylobacter spp. (NEWELL u. FEARNLEY 2003; CONLAN et al. 2007;

KAAKOUSH et al. 2015), wobei für C. jejuni abhängig vom Alter der Tiere und dem Infektionsstamm unterschiedliche, experimentell ermittelte, minimale Infektionsdosen zwischen 40 und 10.000 koloniebildenden Einheiten angegeben werden (SHANKER et al.

1988; CAWTHRAW et al. 1996; CONLAN et al. 2007).

Eine vertikale Übertragung von Campylobacter spp. über das Ei wird nicht beschrieben (GORMLEY et al. 2014; UMAR et al. 2016), wenngleich in seltenen Fällen eine Übertragung durch Fäkalkontaminationen der Bruteier möglich ist (NEWELL et al. 2011).

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Kommt es zu einer erfolgreichen Infektion, etablieren sich die Mikroorganismen primär im Intestinaltrakt, insbesondere in den Caeca und im Colon (BEERY et al. 1988; ACHEN et al.

1998). Hier sind bis zu 109 koloniebildende Einheiten Campylobacter spp./g Chymus zu finden (HERMANS et al. 2012b; SAHIN et al. 2015). Bereits BEERY et al. (1988) zeigten, dass sich die Kolonisation von Campylobacter spp. hauptsächlich auf die Mukusschicht der intestinalen Schleimhaut (siehe Kapitel 2.4.3) beschränkt. Extraintestinale Nachweise von Campylobacter spp. beispielsweise in Leber oder Milz belegen jedoch auch eine potentielle Überwindung der Darmbarriere (YOUNG et al. 1999; KNUDSEN et al. 2006; JENNINGS et al. 2011; WEBER et al. 2014; CRAWSHAW et al. 2015). VAN DEUN et al. (2008b) konnten in einer in-vitro-Studie an epithelialen Zellen aus den Caeca von Legehennen eine Adhäsion und Invasion von C. jejuni an und in diese Zellen zeigen. Darüber hinaus konnten die Bakterien die Zellen auch wieder verlassen und auf diese Weise die Darmbarriere überwinden, ohne einen zytopathogene Wirkung auf die Zelle auszuüben. Ein Überleben von C. jejuni in den epithelialen Zellen war hingegen nicht möglich (VAN DEUN et al. 2008b).

Das Maximum der Kolonisationsdichte in den Caeca von Broilern bei einer Infektion mit C. jejuni wird in der Regel nach etwa fünf Tagen erreicht (SHANKER et al. 1990;

CAWTHRAW et al. 1996; WAGENAAR et al. 2008). Eine Ausscheidung über die Exkremente kann bereits wenige Stunden bis Tage nach der Infektion auftreten (SAHIN et al.

2003; UDAYAMPUTHOOR et al. 2003; BARRIOS et al. 2006) und nach wenigen Tagen ein Maximum von bis zu 106 KbE Campylobacter spp./g Exkremente erreichen (POTTURI- VENKATA et al. 2007). Nach einem Zeitraum von etwa vier Wochen nach der Infektion können Teile einer Herde ihren Status als Ausscheider wieder verlieren (JACOBS-REITSMA 1995; ACHEN et al. 1998).

2.2.2 Klinisches Bild

Eine Infektion von Broilern mit C. jejuni geht in vielen Fällen nicht mit klinischen Symptomen einher (SHANKER et al. 1988; MOLNÁR et al. 2015; HAN et al. 2016;

PIELSTICKER et al. 2016) und entsprechend wird C. jejuni bis in die jüngste Vergangenheit als Kommensale des Geflügels beschrieben (SAHIN et al. 2015; UMAR et al. 2016).

Auf der anderen Seite kann es innerhalb weniger Stunden nach einer experimentellen Infektion mit C. jejuni zu einer Immunantwort des Broilers mit Infiltration des Darmgewebes

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durch Entzündungszellen kommen (SMITH et al. 2008; SHAUGHNESSY et al. 2009;

HUMPHREY et al. 2014; PIELSTICKER et al. 2016). In Folge dieser Entzündungsreaktion wird eine Veränderung der Barrierefunktion des Darms beschrieben (REES et al. 2008;

AWAD et al. 2015), welche zu einer wässrigen oder blutigen Diarrhö nach experimenteller Infektion führen kann (RUIZ-PALACIOS et al. 1981; SANYAL et al. 1984; WELKOS 1984;

HUMPHREY et al. 2014). Außerdem kann es zu der bereits erläuterten Überwindung der Darmbarriere mit nachfolgender Invasion extraintestinaler Organe wie Leber und Milz kommen (YOUNG et al. 1999; KNUDSEN et al. 2006; JENNINGS et al. 2011).

Weiterhin kommt es durch Wechselwirkungen zwischen bakteriellem Mikroorganismus und dem Immunsystem der Broiler zu einer Bildung C. jejuni-spezifischer Antikörper (CAWTHRAW et al. 1994; SAHIN et al. 2003; PIELSTICKER et al. 2016). Eine vertikale Weitergabe dieser Immunglobuline in Form von maternalen Antikörpern wird beobachtet, denen eine Funktion in der geringeren Empfänglichkeit der Broiler in den ersten Lebenswochen zugesprochen wird (SAHIN et al. 2003; CAWTHRAW u. NEWELL 2010).

So manifestiert sich eine Infektion mit Campylobacter spp. unter natürlichen Bedingungen nur selten vor der dritten Lebenswoche (BULL et al. 2006; ALLEN et al. 2011), wohingegen unter experimentellen Bedingungen eine C. jejuni-Infektion bereits bei Eintagsküken möglich ist (STERN et al. 1988; CAWTHRAW u. NEWELL 2010; HAN et al. 2016).

2.2.3 Prävalenz von Campylobacter spp.-Infektionen in Broilerbeständen

Die Prävalenz Campylobacter spp.-positiver Broilerherden variiert stark, abhängig von der geografischen Region und der Jahreszeit, wobei in der Literatur eine Spannweite von 0 % bis 100 % zu finden ist (CORRY u. ATABAY 2001; STERN et al. 2001; ELLERBROEK et al.

2010; JORE et al. 2010; EFSA u. ECDC 2015). In Europa betrug die mittlere Prävalenz positiver Herden im Jahr 2014 gemäß einer Studie der European Food Safety Authority 30,3 % (EFSA u. ECDC 2015). Dabei sind verschiedene Einflussfaktoren auf den Anteil positiver Herden beschrieben. Aus zahlreichen Studien geht eine niedrigere Campylobacter spp.-Prävalenz in den skandinavischen Ländern im Gegensatz zu den anderen europäischen Ländern und den Vereinigten Staaten von Amerika hervor (CORRY u.

ATABAY 2001; STERN et al. 2001; NEWELL u. FEARNLEY 2003; LUANGTONGKUM et al. 2006; JORE et al. 2010; BERGHAUS et al. 2013; EFSA u. ECDC 2015).

(25)

In den Sommermonaten ist zudem die Prävalenz von Campylobacter spp. in Broilerherden, ebenso wie die humanen Fallzahlen der Campylobacteriose (SCHIELKE et al. 2014; RKI 2016), höher als im Winterhalbjahr (HEUER et al. 2001; STERN et al. 2001; PATRICK et al.

2004; BARRIOS et al. 2006; ALLAIN et al. 2014; WEBER et al. 2014). Daneben hat auch das Haltungssystem einen Einfluss auf das Vorkommen von Campylobacter spp. So konnte in verschiedenen Studien eine geringere Prävalenz in kommerziell geführten Betrieben im Gegensatz zu ökologischen Geflügelhaltungen gezeigt werden (HEUER et al. 2001;

WITTWER et al. 2005; LUANGTONGKUM et al. 2006). ZHANG und SAHIN (2013) führen dies auf den Zugang zu Freilaufflächen und eine längere Mastperiode zurück.

Eintragsquellen für eine Campylobacter spp.-Infektion in eine Broilerherde sind vielfältig, in ihrem Kern jedoch mit der Effizienz des Hygienemanagements in Zusammenhang zu bringen (NEWELL et al. 2011; ALLAIN et al. 2014; SAHIN et al. 2015). Aus diesem Grund soll im nächsten Abschnitt detailliert auf die wichtigsten Expositionen von Broilern gegenüber Campylobacter spp. eingegangen werden (siehe Kapitel 2.3.1).

Kommt es zu einem Eintrag von Campylobacter spp. in einer Broilerherde, wird in vielen Fällen von einer schnellen Ausbreitung innerhalb der Herde berichtet (EVANS u. SAYERS 2000; CONLAN et al. 2007; SAHIN et al. 2015), wobei VAN GERWE et al. (2009) mit Hilfe eines mathematischen Modells für C. jejuni zeigen konnten, dass durch ein einzelnes infiziertes Tier in einer Herde von 20.000 Broilern innerhalb einer Woche eine Herdenprävalenz von 95 % erreicht werden kann. Tatsächlich wird in der Praxis häufig eine 100%ige Prävalenz innerhalb der Herde nach etwa einer Woche beobachtet (BERNDTSON et al. 1996; EVANS u. SAYERS 2000; STERN et al. 2001; BARRIOS et al. 2006; CONLAN et al. 2007). Auf der anderen Seite wird jedoch auch von Prävalenzen zwischen 50 und 70 % innerhalb infizierter Herden berichtet (HEUER et al. 2001), wobei die Tiere in dieser Studie erst im Schlachthof untersucht wurden und daher der zeitliche Abstand zum Eintrag der Infektion in die Herde nicht bekannt ist.

(26)

2.3 Strategien zur Reduktion der Campylobacter spp.-Prävalenz in Broilerbeständen und in Geflügelfleischprodukten Status quo

Die bis hierher geschilderten Zusammenhänge zwischen der hohen Prävalenz von Campylobacter spp. in Geflügelbeständen und Geflügelfleischprodukten und humanen Campylobacteriosen belegen die unabdingbare Notwendigkeit von Maßnahmen zur Campylobacter spp.-Reduktion entlang der Lebensmittelkette. Zahlreiche Studien sind in den vergangenen Jahrzehnten durchgeführt worden, um die Exposition des Verbrauchers gegenüber Campylobacter spp.-kontaminierten Geflügelfleischprodukten zu verringern und damit letztlich das Risiko humaner Campylobacteriosen zu senken.

2.3.1 Biosicherheit und Hygienemanagement

Die Vermeidung eines Eintrags von Campylobacter spp. in Geflügelbestände ist substanziell abhängig von der Effektivität der angewandten Hygienemaßnahmen (NEWELL et al. 2011;

ALLAIN et al. 2014; SAHIN et al. 2015).

Zum Zeitpunkt der Einstallung neuer Broiler in einen Bestand lässt sich durch gründliche Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen i.d.R. eine Campylobacter spp.-freie Umgebung für die Tiere etablieren (EVANS u. SAYERS 2000; HERMAN et al. 2003; CARDINALE et al. 2004; NEWELL et al. 2011). Dabei ist jedoch die fachgerechte Durchführung dieser Maßnahmen, wie die Einhaltung der Vorgaben zur Konzentration und Einwirkzeit der Desinfektionsmittel und eine genügend lange Trocknungsphase des Stalls wichtig (GIBBENS et al. 2001; HUNEAU-SALAÜN et al. 2007). Ebenfalls sollte die Serviceperiode, in der sich zwischen zwei Mastdurchgängen keine Tiere im Stall befinden, eine ausreichende Länge aufweisen (REFREGIER-PETTON et al. 2001). Bei Berücksichtigung dieser Sachverhalte hat eine Übertragung von einer Campylobacter spp.-infizierten Herde auf die Tiere des nächsten Mastdurchgangs nur eine geringe Bedeutung (JACOBS-REITSMA et al. 1995; NEWELL et al. 2011).

Da eine vertikale Übertragung von Campylobacter spp. ebenfalls nur in Ausnahmefällen durch fäkale Kontamination der Bruteier vorkommen kann (JACOBS-REITSMA et al. 1995;

NEWELL et al. 2011), ist davon auszugehen, dass in den meisten Fällen ein Eintrag von

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Campylobacter spp. aus der Umwelt für eine Infektion der Herde verantwortlich ist (NEWELL et al. 2011; ALLAIN et al. 2014; SAHIN et al. 2015).

In der natürlichen Umgebung von Geflügelställen sind Campylobacter spp. weitverbreitet (HANSSON et al. 2007; RIDLEY et al. 2008; NEWELL et al. 2011; KAAKOUSH et al.

2015; SAHIN et al. 2015). Bakterien dieser Gattung sind überlebensfähig in Oberflächenwasser (BLASER et al. 1980a; KAAKOUSH et al. 2015) und kommen bei einer Vielzahl domestizierter und freilebender Tiere vor, wie beispielsweise andere landwirtschaftliche Nutztiere, Wildvögel, Schadnager und Fliegen (HALD et al. 2004;

HANSSON et al. 2007; RIDLEY et al. 2008; NEWELL et al. 2011; KAAKOUSH et al.

2015).

Entsprechend bestehen im Verlauf einer Mastperiode vielfältige Möglichkeiten eines Eintrags aus der direkten Umwelt in einen Geflügelbestand. In erster Linie spielt hier der Personalverkehr als Vektor eine wichtige Rolle (BERNDTSON et al. 1996; EVANS u.

SAYERS 2000; HALD et al. 2000; CARDINALE et al. 2004; HOFSHAGEN u. KRUSE 2005). Sowohl die Anzahl der Personen, die Zugang zum Stall haben, aber auch die tägliche Anzahl der Stallbesuche und der Kontakt der Personen zu weiteren Tierarten haben einen Einfluss auf das Risiko eines Campylobacter spp.-Eintrags (REFREGIER-PETTON et al.

2001; HUNEAU-SALAÜN et al. 2007). Der Einsatz stalleigener Schutzkleidung und die Einrichtung einer Hygienebarriere kann das Risiko eines Eintrags von Campylobacter spp. in einen Geflügelbestand um bis zu 50 % reduzieren (BERNDTSON et al. 1996; EVANS u.

SAYERS 2000; NEWELL et al. 2011; SAHIN et al. 2015).

Neben diesen Hygienemaßnahmen hat auch die Bekämpfung von Nagern und Fliegen eine wichtige Funktion in der Campylobacter spp.-Prävention (HALD et al. 2007; MEERBURG u.

KIJLSTRA 2007; BAHRNDORFF et al. 2013; ALLAIN et al. 2014; SAHIN et al. 2015).

HALD et al. (2007) stellten eine Reduktion der Campylobacter spp.-Prävalenz um >30 % durch den Einsatz von Fliegenschutzgittern fest und auch in einer Langzeitstudie (BAHRNDORFF et al. 2013) konnten diese Ergebnisse bestätigt werden. Darüber hinaus war in dieser Studie der klassische Anstieg der Campylobacter spp.-Prävalenz in den Sommermonaten nicht zu beobachten (BAHRNDORFF et al. 2013).

Neben Fliegen sind auch Schadnager ein Reservoir und potentielle Überträger von

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Campylobacter spp. (MEERBURG u. KIJLSTRA 2007). In einer Studie zur Riskobewertung von Eintragsquellen von Campylobacter spp. stellten ALLAIN et al. (2014) fest, dass eine adäquate Schadnagerbekämpfung, insbesondere im Außenbereich von Geflügelställen, zu einer signifikanten Verminderung des Infektionsrisikos der Herde führen kann.

Während das Eintragsrisiko von Campylobacter spp. über die obligat in einen Broilerbestand einzubringenden Materialien wie Einstreu und Futter nur eine untergeordnete Bedeutung hat (NEWELL et al. 2011; SAHIN et al. 2015), ist C. jejuni bei 4 °C über mehrere Wochen in Wasser überlebensfähig (BLASER et al. 1980a) und das Tränkwasser somit eine potentielle Infektionsquelle für Campylobacter spp. (SPARKS 2009; NEWELL et al. 2011; ALLAIN et al. 2014; KAAKOUSH et al. 2015). In der bereits vorgestellten Studie von ALLAIN et al.

(2014) stellte die Arbeitsgruppe weiterhin fest, dass eine Azidifizierung des Tränkwassers mit organischen Säuren, die Campylobacter spp.-Prävalenz senken kann. Neben dieser Azidifizierung stellt auch die Anreicherung des Tränkwassers mit Chlor eine weitverbreitete Strategie der Tränkwasseraufbereitung dar (NEWELL u. FEARNLEY 2003; NEWELL et al.

2011; SAHIN et al. 2015).

Einen überaus empfindlichen Punkt im Hygienemanagement stellt das in Europa häufig praktizierte Vorfangen dar (CORRY u. ATABAY 2001; RUSSA et al. 2005; BARRIOS et al.

2006; WAGENAAR et al. 2006; KATSMA et al. 2007; ALLEN et al. 2008; HERMANS et al. 2011; SAHIN et al. 2015). Hierbei wird ein Teil der Herde bereits einige Tage vor dem regulären Schlachttermin aus dem Stall entfernt, um die Belegdichte zu reduzieren (SAHIN et al. 2015). ALLEN et al. (2008) stellten eine hohe Campylobacter spp.-Prävalenz in Tupferproben von Transportfahrzeugen, Arbeitsgeräten und Mitarbeitern der Fangkolonnen fest. Dies resultierte in vielen Fällen in einer Campylobacter spp.-Ausscheidung von zuvor negativen Herden etwa zwei bis sechs Tage nach dem Vorfangen (ALLEN et al. 2008). Dabei ist die Verbreitung der Infektion innerhalb der Herde abhängig von der Zahl der im Rahmen des Vorfangens infizierten Tiere (KATSMA et al. 2007), der Zeitspanne zwischen Vorfangen und Ausstallen (WAGENAAR et al. 2006) und dem Alter der Tiere (RUSSA et al. 2005).

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2.3.2 Antimikrobiell wirksame Substanzen

Neben den Bestrebungen, den Eintrag von Campylobacter spp. in Broilerbestände zu verhindern, gibt es unterschiedliche Ansätze, die Ausbreitung im Bestand einzudämmen und die Empfänglichkeit der Tiere zu reduzieren.

Eine Möglichkeit, die Prävalenz von Campylobacter spp. auf Ebene der Primärproduktion zu reduzieren, ist die Verabreichung gezielt gegen C. jejuni wirksamer Substanzen. Der Einsatz antibiotischer Wirkstoffe, welche auch in der Humanmedizin eingesetzt werden, verbietet sich jedoch allein wegen der beschriebenen Resistenzentwicklungen (siehe Kapitel 2.1.4). Eine Alternative stellen Bakteriozine dar, bei denen es sich um nichttoxische antimikrobielle Peptide handelt, die von Bakterien produziert werden (TAGG et al. 1976). Verschiedene, gegen Campylobacter spp. wirksame Bakteriozine wurden aus kommensalen Bakterien der Darmflora von Hühnern isoliert, die auch in in-vivo-Versuchen vielversprechende Ergebnisse lieferten, jedoch noch keine marktreife Alternative für die Reduktion der Campylobacter spp.- Prävalenz darstellen (SVETOCH u. STERN 2010; HOANG et al. 2011; KAAKOUSH et al.

2015).

Ein anderer Ansatz ist die biologische Bekämpfung von C. jejuni über die Verabreichung von Bakteriophagen (HERMANS et al. 2011; KAAKOUSH et al. 2015; OYARZABAL u.

BACKERT 2016). Dabei handelt es sich um Viren, die sich in Bakterien vermehren können (HENDRIX et al. 1999) und diese in ihrem Wachstum hindern. Tatsächlich kann durch den Einsatz solcher Bakteriophagen eine Reduktion der Kolonisationsintensität von C. jejuni erreicht werden (FISCHER et al. 2013; KITTLER et al. 2013). Jedoch führt die hohe Wirtsspezifität der Bakteriophagen, die zwar mit einem geringen Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier verbunden ist (HERMANS et al. 2011), auch zu einer Einschränkung ihres Einsatzes hinsichtlich der Diversität verschiedener relevanter Spezies und Subspezies der Gattung Campylobacter (OYARZABAL u. BACKERT 2016). Ein weiterer Nachteil ist die verhältnismäßig schnelle Resistenzentwicklung der Mikroorganismen gegen die Bakteriophagen (HERMANS et al. 2011). Dieser kann jedoch zumindest ein Stück weit durch die Kombination verschiedener Bakteriophagen begegnet werden (FISCHER et al. 2013).

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2.3.3 Möglichkeiten der Impfung

Eine weitere Strategie mit dem Ziel einer Reduktion der Campylobacter spp.-Prävalenz ist die Entwicklung von Impfstoffen. Sie basiert auf der natürlichen Serokonversion im Rahmen von Campylobacter spp.-Infektionen bei Broilern und den protektiven Eigenschaften maternal übertragener Antikörper bei jungen Tieren (siehe Kapitel 2.2.2).

Dabei werden unterschiedliche Strategien verfolgt, eine solche Serokonversion auch durch Verabreichung von Impfstoffen zu induzieren. So konnte neben oraler Verabreichung von inaktivierten C. jejuni-Mikroorganismen (RICE et al. 1997) auch durch rekombinant hergestellte Oberflächenproteine von C. jejuni mit antigener Wirkung (WIDDERS et al. 1998;

NEAL-MCKINNEY et al. 2014) eine Produktion von Serum-Antikörpern im Tier beobachtet werden. Bezüglich der protektiven Eigenschaften dieser Antikörper gegenüber einer C. jejuni- Infektion wird jedoch von unterschiedlichen Ergebnissen berichtet (RICE et al. 1997; DE ZOETE et al. 2007; NEAL-MCKINNEY et al. 2014).

Schwierigkeiten bei der Etablierung von Impfstoffen bereitet zum einen die Anwesenheit maternaler Antikörper während der ersten Lebenswochen, die mit den Impf-Antigenen interferieren (MAST u. GODDEERIS 1999; BAR-SHIRA et al. 2003) und zum anderen erschwert die Heterogenität der unterschiedlichen Spezies und Genotypen der Gattung Campylobacter die Etablierung eines kommerziellen Impfstoffs (DE ZOETE et al. 2007;

OYARZABAL u. BACKERT 2016).

2.3.4 Reduktion auf Ebene der Lebensmittelindustrie

Der übergeordnete Stellenwert von Geflügelfleisch als Vektor für humane Campylobacteriosen (CORRY u. ATABAY 2001; EFSA u. ECDC 2015; KAAKOUSH et al.

2015) stellt neben Anforderungen und den damit verbundenen Aufgaben für die Primärproduktion auch hohe Anforderungen an die nachgeschaltete Lebensmittelkette.

Bereits durch den Transport zum Schlachthof kann es durch fäkale Kontaminationen zu einer massiven, bis zu tausendfachen Zunahme der Keimzahlen der äußeren Oberflächen der Tiere, wie Haut und Federn kommen (STERN et al. 1995). Weiterhin kann es in Folge einer mangelhaften Desinfektion der Transportkäfige auch zu einer Kontamination Campylobacter spp.-freier Herden während des Transports zum Schlachthof kommen (HANSSON et al. 2005). Durch konsequente Desinfektion der Transportkisten kann einer

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solchen Verbreitung von Campylobacter spp. zwischen verschiedenen Herden entsprechend entgegengewirkt werden (NEWELL et al. 2011).

Eine wesentliche Bedeutung hat das Entfedern und die Eviszeration der Tiere im Verlauf der Schlachtung, wobei die Mikroorganismen hierbei aus dem Darmtrakt und der Kloake auf den Schlachtkörper gelangen (ROSENQUIST et al. 2006; REICH et al. 2008). Findet eine ausreichende Desinfektion zwischen unterschiedlichen Herden nicht statt, können hier auch die Karkassen Campylobacter spp.-negativer Herden mit bis zu 106 KbE Campylobacter spp.

kontaminiert werden (ALLEN et al. 2007; JOHANNESSEN et al. 2007; ELLERBROEK et al. 2010; BERRANG et al. 2015). Entsprechende Hygienemaßnahmen zwischen einzelnen Herden sowie die Einhaltung einer gezielten Reihenfolge der Schlachtung Campylobacter spp.-negativer bzw. Campylobacter spp.-positiver Herden kann zu einer Reduktion der Campylobacter spp.-Prävalenz in den Geflügelfleischprodukten führen (NEWELL et al. 2011).

Neben dem Ziel, eine Kontamination der Karkassen von vornherein zu verhindern, gibt es verschiedene Strategien, die Anzahl koloniebildender Einheiten auf den Schlachtkörpern zu reduzieren (LEE et al. 1998; WHYTE et al. 2003; GEORGSSON et al. 2006). Bereits BLACK et al. (1988) konnten einen Zusammenhang zwischen der aufgenommenen Anzahl KbE von C. jejuni und dem Risiko humaner Campylobacter-Infektionen zeigen, wobei das Infektionsrisiko mit höherer Dosis zunahm. GEORGSSON et al. (2006) schließen daraus auf einen Zusammenhang zwischen der Keimzahl auf den Karkassen und der Gefahr einer Campylobacter-Infektion des Verbrauchers. Die Arbeitsgruppe konnte weitergehend eine Verminderung der KbE durch Tiefgefrieren für 31 Tage bei -20 °C zeigen und entsprach damit anderen Arbeiten (STERN 1995; LEE et al. 1998), die eine Reduktion jedoch keine vollständige Eradikation durch Tiefgefrieren erreichten. Andere Strategien einer Keimzahlverminderung sind beispielsweise eine Ozonierung, Chlorierung oder Dampfsterilisation sowie der Einsatz von organischen Säuren (WHYTE et al. 2003).

(32)

2.4 Zusammenhänge zwischen einer Infektion von Broilern mit Campylobacter spp . und der Proteinversorgung der Tiere

2.4.1 Diätetische Ansätze zur Reduktion der Campylobacter spp.-Prävalenz Neben den bereits vorgestellten Interventionsmaßnahmen, die in ihrem Konsens das gemeinsame Ziel einer Reduktion der Camyplobacter spp.-Prävalenz in der landwirtschaftlichen Geflügelhaltung und in Geflügelfleischprodukten verfolgen, gibt es verschiedene Strategien, über einen diätetischen Ansatz einen Einfluss auf das Vorkommen von Campylobacter-Infektionen des Geflügels zu nehmen.

Der bereits dargestellte Zusatz von organischen Säuren zum Tränkwasser hat neben seiner desinfizierenden Wirkung auf das Tränkwasser auch einen Einfluss auf die Vorgänge im Gastro-Intestinaltrakt der Tiere (BYRD et al. 2001). Durch Azidifizierung der Ingesta kann insbesondere im vorderen Verdauungstrakt eine Reduzierung des pH-Wertes erreicht werden (BYRD et al. 2001). Analog zu dem Zusatz von organischen Säuren zum Tränkwasser gibt es aus diesem Grund verschiedene Konzepte einer Zugabe organischer Säuren zum Futter.

Hintergrund ist die hohe in-vitro-Empfindlichkeit von Campylobacter spp. gegenüber pH-Werten unter 2,5 bzw. 3 (BLASER et al. 1980a; DOYLE u. ROMAN 1981).

CHAVEERACH et al. (2002) zeigten, dass eine Absenkung des pH-Wertes durch Ameisen-, Essig- und Propionsäure zu einer schnelleren Inaktivierung von Campylobacter spp. in vitro führt als eine vergleichbare Reduktion des pH-Wertes durch Salzsäure sowie einen positiven Effekt durch Kombination mehrerer organischer Säuren. Eine Wachstumshemmung von Campylobacter spp. in vitro wird zudem für Capryl-, Caprin- und Laurinsäure beschrieben (MOLATOVÁ et al. 2010).

Die Ergebnisse aus in-vivo-Studien zum Zusatz von organischen Säuren im Futter sind hingegen ambivalent. So ließ sich durch den Einsatz von einer Kombination aus Ameisensäure und Kaliumsorbat die Kolonisation von C. jejuni verhindern (SKÅNSENG et al. 2010) und in einer anderen Studie war die infektiöse Dosis ID50 bei Einsatz einer Mischung aus Capryl-, Caprin- und Laurinsäure um 2 log10-Stufen höher als in der Kontrollgruppe ohne Einsatz organischer Säuren (VAN GERWE et al. 2010). Des Weiteren konnte durch den Zusatz einer Mischung aus geschützter Capryl- und Caprinsäure zum Futter

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die Reduktion der caecalen Kolonisation von C. jejuni um 2 log10-Stufen erreicht werden (MOLATOVA et al. 2011). Andere Studien berichten sogar von einer Reduktion um bis zu 4 log10-Stufen (DE LOS SANTOS et al. 2008; 2009), wobei in diesen Studien der pH-Wert im Caecum nicht ermittelt wurde (DE LOS SANTOS et al. 2008) bzw. kein Einfluss der Caprylsäure nach drei- bis siebentägiger Behandlung auf den pH-Wert in den Caeca festgestellt werden konnte (DE LOS SANTOS et al. 2009).

Auf der anderen Seite konnten verschiedene Studien die positive Wirkung verschiedener organischer Säuren auf Campylobacter spp. in vitro jedoch nur bedingt auf ein Tiermodell mit Broilern übertragen. VAN DEUN et al. (2008a) und HERMANS et al. (2010) konnten keinen positiven Einfluss kurzkettiger Fettsäuren als Futteradditive auf eine C. jejuni-Infektion von Broilern darstellen und in einer vorausgegangenen Studie unserer Arbeitsgruppe, die in ihrem Aufbau der vorliegenden Studie ähnelt, konnte HANKEL (2016) keinen Einfluss eines Zusatzes von Laurinsäure im Futter auf die Kolonisation und Ausscheidung von C. jejuni bei einer Infektion von Broilern feststellen. Dagegen konnte durch den Zusatz dieses Futteradditivs die Ausbreitung der C. jejuni-Infektion innerhalb der Tiergruppe verzögert werden, wobei in dieser Studie insgesamt die Einflüsse der Genetik und des Alters der Tiere auf eine C. jejuni-Infektion von Broilern im Vordergrund standen (HANKEL 2016).

Ebenfalls auf eine Verringerung des pH-Wertes zielt, neben weiteren positiven Effekten, der Zusatz von Pro- und Präbiotika zum Futter ab. Dabei handelt es sich um spezielle Bakterienstämme, insbesondere Milchsäurebildner, die über das Futter verabreicht werden (Probiotika) oder die gezielte Unterstützung dieser Flora durch Zugabe fermentierbarer Kohlenhydrate (Präbiotika) (WAGNER 2006; GHAREEB et al. 2012; ARSI et al. 2015).

Aufgrund der komplexen wechselseitigen Beziehungen zwischen intestinaler Mikroflora und C. jejuni werden diese Strategien an späterer Stelle ausführlicher vorgestellt.

HERMANS et al. (2010) vermuten, dass die Diskrepanz zwischen der Effektivität verschiedener Fettsäuren und Probiotika in vitro und den ambivalenten Ergebnissen aus in-vivo-Studien auf die schützende Funktion der intestinalen Mukusschicht für C. jejuni zurückzuführen ist. Ein anderer Ansatz auf diätetischem Wege einen Einfluss auf C. jejuni- Infektionen von Broilern zu nehmen ist daher die gezielte Veränderung der intestinalen Mukusschicht in ihrer Dicke und Zusammensetzung über die Fütterung und damit eine

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Veränderung der Kolonisationsbedingungen für C. jejuni im Broiler (FERNANDEZ et al.

2000; UDAYAMPUTHOOR et al. 2003; FARNELL et al. 2006).

FERNANDEZ et al. (2000) konnten durch einen Zugabe von Xylanase zu einer weizenbasierten Ration eine signifikante Verringerung der C. jejuni-Kolonisation experimentell infizierter Broiler feststellen, die sie auf die beobachtete Steigerung der Synthese sulfatierter Muzine zurück führen. Weiterhin zeigten FARNELL et al. (2006) in ihrer Studie durch den Einsatz verschiedener Wismutverbindungen eine konstante, jedoch relativ geringe Reduktion der Keimzahlen von C. jejuni im Caecum der Broiler nach experimenteller Infektion. Hintergrund dieser Studie war, dass die eingesetzten Wismutverbindungen über eine Verschiebung der Muzinsynthese hin zu einer Steigerung der Syntheserate neutraler Muzine und einer reduzierten Syntheserate saurer Muzine zu einer Reduktion des mit Campylobacter spp. eng verwandten Erregers Helicobacter pylori führen (LEE 1991; FARNELL et al. 2006).

Des Weiteren stellten UDAYAMPUTHOOR et al. (2003) einen Einfluss der Proteinquelle auf die Kolonisation mit C. jejuni in experimentell infizierten Broilern fest, wobei durch den Einsatz pflanzlicher Proteinquellen im Gegensatz zu Proteinträgern tierischer Herkunft eine Reduktion der Keimzahl in den Caeca erreicht werden konnte. Hinter diesen Effekten vermuten die Autoren u.a. einen Einfluss der Proteinquelle auf die Zusammensetzung der intestinalen Mikroflora und schließlich eine Beeinflussung der intestinalen Muzinproduktion durch diese veränderte Mikroflora.

Vor dem Hintergrund dieser, bereits von UDAYAMPUTHOOR et al. (2003) diskutierten Zusammenhänge zwischen der Proteinversorgung von Broilern, der Zusammensetzung des intestinalen Mikrobioms und der intestinalen Mukusschicht und den Kolonisations- bedingungen von C. jejuni im Tier soll im Folgenden auf diese drei Themenkomplexe ausführlich eingegangen werden.

(35)

2.4.2 Die Proteinversorgung von Broilern

2.4.2.1 Der Aminosäurenbedarf der Broiler

Beim Geflügel besteht, wie auch bei anderen monogastrischen Tierarten, per definitionem kein direkter Bedarf an Protein, sondern vielmehr ein Bedarf an Aminosäuren (KIRCHGEßNER 2011). Für die physiologischen Stoffwechselvorgänge im Organismus sind mehr als 20 Aminosäuren beschrieben, die wichtige Funktionen besitzen (RAVINDRAN u.

BRYDEN 1999). Davon sind für das Geflügel zehn Aminosäuren essentiell, ohne deren Verfügbarkeit ein Überleben der Tiere nicht möglich ist (OUSTERHOUT 1960). Diese können nicht vom Tier selbst synthetisiert werden. Zusätzlich können weitere Aminosäuren leistungsbegrenzend sein, da ihre Synthese auf der Umsetzung essentieller Aminosäuren basiert. So wird etwa Cystein aus der essentiellen Aminosäure Methionin synthetisiert (BAKER et al. 1996) und als Substrat für Tyrosin dient die ebenfalls essentielle Aminosäure Phenylalanin (SASSE u. BAKER 1972). Empfehlungen für die Aminosäurenversorgung von Broilern werden von dem Ausschuss für Bedarfsnormen der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie herausgegeben (GFE 1999).

Tabelle 1: Einteilungen der Aminosäuren nach ernährungsphysiologischen Gesichtspunkten für das Geflügel (nach SCOTT et al. (1982) in GFE (1999), modifiziert)

Nicht synthetisierbare (essentielle) Aminosäuren

Aus begrenzenden Substraten synthetisierbare Aminosäuren

Ausreichend synthetisierbare (nicht essentielle) Aminosäuren

Arginin Cystein (Methionin*) Alanin

Histidin Hydroxylysin (Lysin*) Asparagin

Isoleucin Tyrosin (Phenylalanin*) Asparaginsäure

Leucin Glutamin

Lysin Glutaminsäure

Methionin Glycin**

Phenylalanin Hydroxyprolin

Threonin Prolin

Tryptophan Serin**

Valin

* Substrat der jeweiligen Aminosäure; ** bei maximalem Wachstum ggf. limitierend

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Wachsende Tiere haben einen hohen Bedarf an bestimmten essentiellen Aminosäuren (KIRCHGESSNER et al. 1987). Für die Muskelfleischbildung ist Lysin bei Broilern die erstlimitierende Aminosäure (GEAU 1948), die Neubildung von Federn erfordert hohe Gehalte der schwefelhaltigen Aminosäuren Methionin und Cystein (BAKER et al. 1996). Bei einem geringen Rohproteingehalt in der Ration muss die Ration daher durch eine gezielte Zugabe von bestimmten Aminosäuren angereichert werden, um eine bedarfsdeckende Versorgung der Tiere zu gewährleisten (BAKER 2009; WU 2014). Je geringer der Rohproteingehalt im Alleinfutter für Broiler ist, desto bedeutender ist der Gehalt an leistungsbegrenzenden Aminosäuren und deren Verhältnis zueinander (MACK et al. 1999b).

Dabei können, abhängig vom Rohproteingehalt, auch Aminosäuren limitierend sein, die bei praxisüblichen Rohproteingehalten von 19 % Rp und mehr i.d.R. ausreichend enthalten sind (BAKER 2009). DEAN et al. (2006) konnten darstellen, dass bei einem Rohproteingehalt von 16 % für ein optimales Wachstum zusätzlich zu der Anreicherung der Ration durch die essentiellen Aminosäuren ein Zusatz der nichtessentiellen Aminosäure Glycin notwendig ist.

Neben dem Einfluss des Wachstums auf den Aminosäurenbedarf des Geflügels besteht eine Vielzahl weiterer innerer und äußerer Einflussfaktoren, wie die Genetik, das Geschlecht, das Alter oder die Umgebungstemperatur (HAN u. BAKER 1991; ROSE u. KYRIAZAKIS 1991;

FORBES u. SHARIATMADARI 1994; GFE 1999; MORRISON et al. 2012). Allein Hühner unterschiedlicher Nutzungsrichtungen haben beispielsweise einen sehr unterschiedlichen Bedarf an Aminosäuren, der im Vergleich von Legehennen und Masthühnern deutlich wird (GFE 1999). Weiterhin haben jedoch auch verschiedene Broilerrassen, die sich in ihrer Wachstumsgeschwindigkeit unterscheiden, andere Anforderungen an den Aminosäurengehalt in der Ration (HAN u. BAKER 1991) und selbst innerhalb einer Rasse ändert sich der Bedarf mit dem Alter der Tiere (GFE 1999).

Ein ebenfalls bedeutsamer Einflussfaktor auf den Aminosäurenbedarf ist das Auftreten von Infektionen, die mit einem Mehraufwand an Aminosäuren für immunologische Prozesse einhergehen (VISSCHER 2013). So kommt es bei einer Stimulation des Immunsystems zu verschiedenen stoffwechselphysiologischen Veränderungen im Organismus, die zum einen repressive Auswirkungen auf die Futteraufnahme haben (KYRIAZAKIS 2010). Zum anderen kommt es zu Veränderungen in unterschiedlichen Gewebetypen hin zu einer katabolen

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Tendenz im Fettgewebe und der Muskulatur (HAMMOND 1944; ELSASSER et al. 2008) und einer priorisierten Versorgung des Immunsystem, welches für seine Leistungen auf die Nutzung von Aminosäuren angewiesen ist, um die immunologisch wichtigen Proteinverbindungen wie Plasmaimmunglobuline, Akute-Phase-Proteine oder Cytokine bilden zu können (BEISEL 1977; LOCHMILLER u. DEERENBERG 2000). Weiterhin ist auch eine gesteigerte Muzinproduktion, die u.a. im Rahmen enteraler Infektionen auftritt, mit einem hohen Aminosäurenaufwand verbunden (ADEDOKUN et al. 2011; MCGUCKIN et al.

2011; ALEMKA et al. 2012).

Neben diesem Aufwand an Aminosäuren für immunologische Leistungen geht von den Immunzellen selbst ein hoher Glukoseverbrauch aus (LOCHMILLER u. DEERENBERG 2000), dem zum einen durch die Mobilisation von Fettdepots begegnet wird (HAMMOND 1944; ELSASSER et al. 2008), der andererseits jedoch auch zu einer verstärkten Gluconeogenese aus Metaboliten des Aminosäurenabbaus führen kann (LOCHMILLER u.

DEERENBERG 2000; ELSASSER et al. 2008).

2.4.2.2 Wahlversuche zur Proteinversorgung

Diese hohe Variabilität des Bedarfs an Aminosäuren wirkt sich auch auf das Futteraufnahmeverhalten der Tiere aus (RANFT u. HENNIG 1991; FORBES u.

SHARIATMADARI 1994; KYRIAZAKIS 2010; MORRISON et al. 2012). Vieles spricht dabei für eine homöostatische Regulation der Aminosäurenaufnahme, der ein äußerst komplexes, jedoch noch nicht sehr genau erforschtes Zusammenspiel verschiedener Mechanismen zugrunde liegt (MORRISON et al. 2012).

Eine Ration, die unausgeglichen in ihrer Aminosäurenzusammensetzung ist, kann das Futteraufnahmeverhalten der Tiere beeinflussen (BOORMAN 1979; FORBES u.

SHARIATMADARI 1994; FORBES 2007). Auf eine moderate Imbalanz der Aminosäuren können die Tiere mit einer kompensatorischen Steigerung der Futteraufnahme reagieren (FORBES 2007). Ist die Imbalanz hingegen durch eine gesteigerte Futteraufnahme nicht zu kompensieren, reagieren Broiler und auch andere Tierarten mit einer Verzehrsdepression, die direkt proportional zu dem Mangel bestimmter Aminosäuren oder der Dimension der Imbalanz ist (BOORMAN 1979). FORBES und SHARIATMADARI (1994) sehen als

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Hintergrund die metabolischen Kosten, die mit der Desaminierung und Ausscheidung der überschüssigen Aminosäuren über den Harnsäurezyklus verbunden sind.

Neben dieser Fähigkeit, eine unausgeglichene Aminosäurenzusammensetzung der Ration zu erkennen, können Broiler aus Futtermitteln unterschiedlicher Proteinqualität diejenige Komponente herausfinden, die ihren Bedürfnissen am nächsten kommt (ROSE u.

KYRIAZAKIS 1991; FORBES u. SHARIATMADARI 1994; FORBES 2007; KIM 2014).

Evolutionsbiologisch ist diese Fähigkeit von hoher Bedeutung für die Tiere, um unterschiedliche potentielle Nahrung nach ihrem Nährstoffgehalten zu unterscheiden (FORBES u. SHARIATMADARI 1994). In der empirischen wissenschaftlichen Arbeit macht man sich diese Fähigkeit zu Nutze, um in Fütterungsversuchen mit Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Futtermitteln (Wahlversuche) den Einfluss verschiedener äußerer und innerer Faktoren auf das Futteraufnahmeverhalten der Tiere zu untersuchen (EMMANS 1991;

ROGERS u. BLUNDELL 1991; FORBES 2007).

Als Grundvoraussetzung für die Durchführung eines solchen Wahlversuches ist zu beachten, dass mindestens eine Komponente ein unausgewogenes Verhältnis der Nährstoffe besitzen muss, deren Aufnahme es zu untersuchen gilt (EMMANS 1991). Klassischer Weise werden in Wahlversuchen zur Proteinversorgung zwei Komponenten mit unterschiedlichen Gehalten an Rohprotein angeboten, wobei eine Komponente einen Rohproteingehalt unterhalb des Bedarfs der Tiere aufweist (Low-Protein-Diet), die andere hingegen einen Überschuss enthält (High-Protein-Diet). SHARIATMADARI und FORBES (1993) konnten bei Einsatz einer Low-Protein-Diet mit einem Rohproteingehalt von 65 g/kg TS und einer High-Protein-Diet von 280 g/kg TS ein Futteraufnahmeverhältnis der beiden Komponenten beobachten, welches ein maximales Wachstum der Tiere ermöglichte. Der mittlere Rp-Gehalt der aufgenommenen Ration betrug 225 g/kg TS. SIEGEL et al. (1997) konnten diese Ergebnisse bestätigen, wobei die beiden Komponenten in ihrem Rohproteingehalt etwas höher angesetzt wurden (82 g bzw.

330 g/kg TS). KIM (2014) wählte hingegen einen etwas anderen Ansatz, indem neben einer High-Protein-Diet mit 294 g Rp/kg TS eine Komponente mit einem ausgewogenen Rohproteingehalt (205 g/kg TS) anboten wurde. Hier wurde eine deutlich höhere Aufnahme der ausgewogenen Komponente im Gegensatz zu der High-Protein-Diet (70 % bzw. 30 %) beobachtet.

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Weisen hingegen alle angebotenen Komponenten einen Rohproteingehalt unterhalb der Bedarfsgrenze bzw. einen Rohproteinexzess auf, so werden jeweils die Futtermittel bevorzugt, die den Bedürfnissen der Tiere am nächsten kommen (SHARIATMADARI u.

FORBES 1993).

GOUS und SWATSON (2000) setzten verschiedene Futtermittel mit identischen Rohproteingehalten ein, die mit Fischmehl, Sonnenblumen- oder Sojakuchen jedoch unterschiedliche Proteinquellen enthielten. Bei einer Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Rohproteinquellen wurden bessere Zunahmen beobachtet als bei solitärem Einsatz einer Komponente. Hieraus schließen die Autoren auf die Fähigkeit der Tiere, entsprechend ihrer Bedürfnisse einen Einfluss auf das Aminosäurenmuster der aufgenommenen Ration zu nehmen (GOUS u. SWATSON 2000).

Insbesondere für die wichtigsten wachstumslimitierenden Aminosäuren des Geflügels, Lysin und Methionin, konnte gezeigt werden, dass die Tiere unterschiedliche Gehalte dieser essentiellen Nährstoffe im Futter unterscheiden können. KIM (2014) konnte analog zu den oben beschrieben Versuchsmodellen zur Rohproteinversorgung darstellen, dass Komponenten mit einem bedarfsgerechten Gehalt an Lysin gegenüber Komponenten mit hohen oder niedrigen Lysingehalten bevorzugt wurden. Stand die Komponente mittleren Lysingehalts nicht zur Auswahl, wurde eine bedarfsgerechte Mischung aus einer Low-Lysine-Diet und einer High-Lysine-Diet aufgenommen (KIM 2014). Vergleichbare Ergebnisse zur Versorgung mit Methionin konnten STEINRUCK et al. (1990) darstellen.

Grundsätzlich ist bei Wahlversuchen zur Proteinversorgung jedoch zu beachten, dass die Futteraufnahme wesentlich vom Energiegehalt der Ration abhängt, wobei die Gesamtfutteraufnahme negativ mit dem Energiegehalt korreliert ist (FORBES 2007). Beim wachsenden Geflügel bleibt der Proteinbedarf relativ konstant während der Energiebedarf verhältnismäßig ansteigt (FORBES u. SHARIATMADARI 1994). Dies resultiert in einem Protein-Energie-Verhältnis, welches mit zunehmendem Alter der Tiere kleiner wird.

Hintergrund ist das begrenzte Proteinansatzvermögen bei steigender Futteraufnahmekapazität (KYRIAZAKIS et al. 1990), was physiologischer Weise in der Anlage von Fettdepots resultiert (SHARIATMADARI u. FORBES 1993).

Broiler neigen dazu, ihren Energiebedarf durch eine möglichst geringe Gesamtfutteraufnahme

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zu decken (FORBES u. SHARIATMADARI 1994). In Wahlversuche zur Rohprotein- und Aminosäurenversorgung, in denen einzelne Komponenten einen geringen Rohproteingehalt in Kombination mit einem überdurchschnittlichen Energiegehalt aufwiesen, besteht daher die Gefahr einer Energieüberversorgung bei einer Proteinversorgung unterhalb des Bedarfs (FORBES u. KYRIAZAKIS 1995).

2.4.3 Die intestinale Mukusschicht

Wie bereits erwähnt, hat die Rohproteinversorgung neben der Bedeutung für die Bedarfsdeckung des Tieres auch einen Einfluss auf die Dicke und Zusammensetzung der intestinalen Mukusschicht (RAVINDRAN u. BRYDEN 1999; LEMME et al. 2004;

MONTAGNE et al. 2004; RAVINDRAN et al. 2009; ABBASI et al. 2014). Im Zusammenhang mit der Bedeutung dieser Mukusschicht für eine Infektion der Broiler mit C. jejuni (HUGDAHL et al. 1988; VAN DEUN et al. 2008b; ALEMKA et al. 2010a) soll im Folgenden näher auf den Aufbau, die Interaktion mit C. jejuni sowie die Beeinflussbarkeit dieser Mukusschicht durch die Fütterung näher eingegangen werden.

Die Schleimhaut des Darms hat eine unvergleichlich große Oberfläche, die kontinuierlich einer Vielzahl von Einflüssen der aufgenommenen, exogenen Komponenten, aber auch der intestinalen Mikroorganismen ausgesetzt ist (ALLEN 1981; KIM u. HO 2010; TARABOVA et al. 2016). Zum Schutz dieser Oberfläche besteht über den gesamten Darmtrakt die so genannte Mukusschicht, die zum größten Teil aus Muzinen aufgebaut ist (ALLEN 1981; KIM u. HO 2010; TARABOVA et al. 2016). Sie stellt eine physikalische Barriere dar, hat aber gleichzeitig durch die selektive Durchlässigkeit eine wichtige Funktion für die Diffusion kleiner Nahrungsbestandteile aus dem Chymus zu den zellassoziierten Verdauungsenzymen der intestinalen Schleimhaut und damit für die Absorption von Nährstoffen (DEPLANCKE u.

GASKINS 2001; TARABOVA et al. 2016). Weiterhin übernimmt die Mukusschicht wichtige immunologische Funktionen (s. u.) (ALLEN 1981; KIM u. KHAN 2013) und hilft sie als eine Art Gleitmittel bei der Passage des Chymus (ALLEN 1981; TARABOVA et al. 2016).

2.4.3.1 Bildung der Mukusschicht und Einteilung der Muzine

Die intestinale Mukusschicht besteht bis zu 95 % aus Wasser und enthält mit etwa einem Prozent löslichen Salzen eine Elektrolyt-Zusammensetzung, die mit dem Blutplasma vergleichbar ist (ALLEN 1981). Daneben sind in der Mukusschicht verschiedene partikuläre

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Bestandteile enthalten, die von vier verschiedenen Zelltypen der intestinalen Schleimhaut sezerniert werden (ALLEN 1981; TARABOVA et al. 2016). Den Hauptbestandteil machen die Muzine aus, welche 1-10 % der Mukusschicht ausmachen können (ALLEN 1981) und von den Becherzellen produziert werden (ALLEN 1981; SPECIAN u. OLIVER 1991; KIM u.

KHAN 2013; TARABOVA et al. 2016). Die Muzine sind aufgebaut aus einem Protein- Grundgerüst mit einer hohen Zahl an o-glykosidisch gebundenen Kohlenhydraten und werden daher auch als Glykoproteine bezeichnet (ALLEN 1981). Das Protein-Grundgerüst besteht dabei zum größten Teil aus Serin und Threonin (RAVINDRAN u. BRYDEN 1999;

ADEDOKUN et al. 2011). Beim Geflügel sind außerdem Prolin, Asparaginsäure und Glutaminsäure in hohen Anteilen enthalten (RAVINDRAN u. BRYDEN 1999; LIEN et al.

2001; ADEDOKUN et al. 2011). Die gebundenen Kohlenhydrat-Seitenketten machen etwa 70 % der Muzine aus und bestehen aus den Kohlenhydraten N-Acetylgalactosamin, N- Acetylglucosamin, Galaktose, Fucose und Sialinsäuren (ALLEN 1981; ADEDOKUN et al.

2011; ALEMKA et al. 2012; KIM u. KHAN 2013).

CORFIELD et al. (2001) teilen die Muzine in zwei Gruppen ein. Sie grenzen die Zell- Oberflächen-Muzine von den sezernierten, Gel-bildenden Muzinen ab. Zell-Oberflächen- Muzine sitzen unmittelbar auf der apikalen Membran der Mukosaepithelzellen und schützen diese vor mechanischen Einflüssen durch große Moleküle sowie der Adhäsion von Mikroorganismen (LINDÉN et al. 2008b). Die sezernierten Gel-bildenden Muzine stellen den Hauptbestandteil der Mukusschicht dar und sind für die viskös-elastische Beschaffenheit dieser Schicht verantwortlich (LINDÉN et al. 2008b).

Eine weitere Einteilungsmöglichkeit der Muzine ist die Klassifizierung nach ihren chemischen Eigenschaften in neutrale und saure Muzine (MONTAGNE et al. 2004;

ADEDOKUN et al. 2011; TARABOVA et al. 2016). Während neutrale Muzine vor allem von neugebildeten, unreifen Zellen gebildet werden, produzieren reife Becherzellen saure Muzine, welche resistenter gegen mikrobiellen Abbau sind (TARABOVA et al. 2016).

Neben den Muzinen selbst besteht die Mukusschicht aus verschiedenen weiteren Molekülen, die von anderen Zelltypen produziert werden. So gelangen die von den B-Zellen des Immunsystems produzierten Immunglobuline (insb. IgA), die eine wichtige Funktion der lokalen Immunabwehr haben über die Enterozyten in die Mukusschicht (KIM u. HO 2010;

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