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Archiv "Krankenhausfinanzierung: Geringere Entlastung für Kliniken" (05.12.2008)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 49⏐⏐5. Dezember 2008 A2623

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ie finanzielle Entlastung der Krankenhäuser im nächsten Jahr wird wohl deutlich niedriger ausfallen als bisher angenommen.

Dies geht aus Formulierungshilfen des Bundesgesundheitsministeri- ums (BMG) für Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen zum Kran- kenhausfinanzierungsreformgesetz (KHRG) hervor, die dem Deutschen Ärzteblatt vorliegen. Demnach sol- len unter anderem Mehreinnahmen durch die für 2009 vorgesehene Umstellung auf die Landesbasisfall- werte als Berechnungsgrundlage für Klinikleistungen mit den im Gesetz gemachten finanziellen Zusagen verrechnet werden; erbrachte Mehr- leistungen würden zudem nur noch zu 35 Prozent vergütet. Die Mehr- einnahmen der Krankenhäuser in- folge der nach wie vor geplanten hälftigen Finanzierung der Tarifer- höhungen durch die Krankenkassen dürften durch die Kürzung vollends aufgezehrt werden. Der Marburger Bund (MB) hatte bereits im Vorfeld davor gewarnt, dass entsprechende Forderungen der Kassen die Klini- ken rund 1,3 Milliarden Euro kosten würden. Dabei müsste die Politik formal nicht einmal Abstriche bei ihren finanziellen Zusagen machen, weil den Krankenhäusern ein Teil des Geldes an anderer Stelle wieder entzogen würde.

Nach Bekanntwerden der Pläne zeigte sich der Erste Vorsitzende des MB, Rudolf Henke, empört: „Es kann nicht sein, dass das Ministeri- um den Regierungsfraktionen Vor- schläge zuleitet, die im Fall einer Realisierung zu neuen Verlusten in Milliardenhöhe führen würden.“

Bei der Anhörung des Gesetzent- wurfs Ende November im Gesund- heitsausschuss des Bundestags la- gen die Änderungsvorschläge noch nicht vor. Trotzdem ließen die Sach-

verständigen kaum ein gutes Haar an dem Vorhaben. Ihrer Meinung nach hat sich Bundesgesundheits- ministerin Ulla Schmidt (SPD) nicht gegen die Interessen der Bun- desländer durchsetzen können. So sieht der Gesetzentwurf vor, dass ei- ne Bund-Länder-Arbeitsgruppe le- diglich über die Einführung einer sogenannten Investitionspauschale für die Kliniken entscheiden soll.

Georg Baum, Hauptgeschäftsführer

der Deutschen Krankenhausgesell- schaft (DKG), bemängelte, das Ge- setz sei in dieser Frage viel zu wenig konkret. Auch müssten die Kliniken frei entscheiden dürfen, wie sie In- vestitionsmittel verwendeten.

In einer Reaktion auf die Bundes- tagsanhörung appellierte Schmidt noch einmal an die Länder, ihre In- vestitionen im Krankenhausbereich zu erhöhen. Zudem wollen Schmidt und die Koalitionsspitzen am 4. De- zember mit Vertretern des Aktions- bündnisses „Rettung der Kranken- häuser“ über Notmaßnahmen für angeschlagene Kliniken beraten.

Dem Bündnis gehören neben Ar- beitgeberorganisationen und Verdi auch die Bundesärztekammer und der Marburger Bund an.

Johann-Magnus von Stackelberg, Vorstand des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), hatte bei der Anhörung ge- warnt, die vorgesehenen Mehraus- gaben der Kassen für die Kliniken von 4,5 Milliarden Euro könnten mit einem Einheitsbeitragssatz von 15,5 Prozent nicht finanziert werden. Von Stackelberg betonte, die Kassen würden im kommenden Jahr wegen der Umstellung von den bisherigen krankenhausindividuellen Basisfall- werten auf die höheren Landesbasis- fallwerte als Grundlage für die Be- wertung von Klinikleistungen stär- ker belastet. Deshalb forderten die Kassen, die Landesbasisfallwerte 2009 auf den Mittelwert der Haus- basisfallwerte zurückzuführen und Mehrleistungen der Krankenhäuser stärker abgestaffelt zu vergüten. Da- mit würde das Morbiditätsrisiko bei den Krankenhäusern bleiben.

Bezug nehmend auf die Berech- nungsumstellung auf die Landesba- sisfallwerte im nächsten Jahr heißt es in dem nun bekannt gewordenen Änderungsentwurf, die Vertragspar-

KRANKENHAUSFINANZIERUNG

Geringere Entlastung für Kliniken

Ulla Schmidt will den Kliniken einen Teil der mit der Krankenhausreform zugesagten Nothilfen wieder entziehen. Bei einer Expertenanhörung im Bundestag zu dem Gesetzentwurf waren diese Pläne noch nicht bekannt – trotzdem hagelte es Kritik.

Ulla Schmidt:

Die Länder müssen ihre Investitionen erhöhen.

Rudolf Henke:

Pläne des Ministeriums sind empörend.

Johann-Magnus von Stackelberg:

Der Einheitsbeitragssatz reicht für die geplanten Mehrausgaben nicht aus.

Georg Baum:

Kliniken müssen über Investitionsmittel frei entscheiden dürfen.

Foto:IPONFoto:PhotothekFoto:JürgenGebhardtFoto:DKG

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G

anze 31 statt 24 Türchen:

Die Techniker-Krankenkasse (TK) hat dieses Jahr besondere Ad- ventskalender verschickt. So ließen sich die Tage bis zum Beginn des nächsten Jahres gut zählen, heißt es im Begleitschreiben. 2009 steht für die TK etwas Besonderes an: Dann gibt es sie seit 125 Jahren. Am 27.

Oktober 1884 wurde sie in Leipzig als „Eingeschriebene Hilfskasse für Architekten, Ingenieure und Techni- ker Deutschlands“ gegründet.

Ein anderer Anlass für eine Feier als das Jubliäum ist derzeit nicht in Sicht. Die TK muss wie alle Kran- kenkassen die Neuerungen durch den Gesundheitsfonds und den mor- biditätsorientierten Risikostruktur- ausgleich (Morbi-RSA) verkraften.

Weil sie viele gut verdienende Mit- glieder versichert, zahlte die TK zu- letzt fast vier Milliarden Euro in den Risikostrukturausgleich (RSA) ein.

Dennoch blieb genug Geld für die eigenen Versicherten übrig. Der neue Morbi-RSA wird diese Ein- kommensvorteile aber noch weiter nivellieren (siehe Kasten).

Die TK zählt damit zu den Verlie- rern des neuen Systems. Unter dem Strich büßten die Ersatzkassen 2009 circa 500 Millionen Euro ein. Bei den Innungskrankenkassen beläuft sich das Minus auf rund 450 Millio- nen Euro, bei den Betriebskranken- kassen (BKK) gar auf etwa 1,1 Mil- liarden Euro. Nach den Berechnun- gen des Bundesversicherungsamts (BVA) sind die Allgemeinen Orts- krankenkassen (AOK) die Gewin- ner des Morbi-RSA: Zusammen be- kommen alle AOKen im Land rund 2,4 Milliarden Euro an Beitragsgel- dern aufgrund des neuen Aus- gleichs. Dies ist eine direkte Folge davon, dass der Morbi-RSA die

Ausgaben für kranke Versicherte zwischen den Kassen besser aus- gleicht als bisher.

Gerüchte, die TK werde schon bald einen Zusatzbeitrag von ihren Versicherten erheben müssen, zer- streute ihr Vorstandsvorsitzender, Prof. Dr. Norbert Klusen, bei einer Euroforum-Veranstaltung Ende No- vember in Berlin: Seine Kasse habe den neuen Morbi-RSA simuliert und sei nicht überrascht worden von den offiziellen Bescheiden des BVA.

Köhler: Schon jetzt werden Verträge gekündigt

Fürs Jubiläumsjahr 2009 gab er eher düstere Prognosen ab. Es werde

„kein Jahr der großen Versorgungs- modelle und der großen Innovatio- nen sein“, prophezeite Klusen. Der Vorstandsvorsitzende der DAK, Prof. Dr. Herbert Rebscher, stimmte zu: „2009 wird das Jahr der Buch- halter, nicht das der Versorger.“ Die Kassen würden alles daransetzen, so wenig Geld wie möglich auszuge- ben. Dennoch wird diese Strategie aus seiner Sicht Grenzen haben:

2010 werde die Zusatzprämie wohl Normalität im Kassensystem wer- den, meinte Rebscher. Ralf Sjuts, Vorstandsvorsitzender der BKK FTE in Wolfsburg, prognostizierte, dass die Prämie bereits 2009 kom- men werde. 60 Kassen wüssten schon jetzt, dass sie im nächsten Jahr mit den Zuweisungen aus dem Fonds nicht auskommen würden.

Dass das Geld knapp sein wird, befürchtet auch der Vorstandsvorsit- zende der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung (KBV), Dr. med. An- dreas Köhler. Er verwies darauf, dass sich die finanziellen Zukunftssor- gen der Krankenkassen längst aus-

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teien würden verpflichtet, „die zu- sätzlichen Einnahmen der Kranken- häuser im Land [. . .] insbesondere für die Finanzierung der anteiligen Tariflohnerhöhung“ einzusetzen.

„Der Konvergenzsaldo ist mit den zusätzlichen Mitteln für die anteili- ge Tariflohnerhöhung aus der Ver- änderungsrate [. . .] zu verrechnen, sodass der Landesbasisfallwert 2009 in diesem Umfang nicht zusätzlich durch diese Tatbestände steigt.“

Auch sollen nach dem Antrag für

„das Jahr 2009 Leistungssteigerun- gen pauschal in Höhe von 35 Pro- zent finanziert werden“.

Allerdings hatten CDU und CSU bei internen Beratungen der Koaliti- on auf Fachebene Bedenken ange- meldet. Es heißt aus der Unionsfrak- tion aber auch, die Kliniken würden mit dem Gesetz gut bedacht.

Fest steht, dass die Änderungen wegen der Differenzen erst am 15.

Dezember im Ausschuss beraten werden. Die Koalitionäre sind den- noch optimistisch, dass das Gesetz zum 1. Januar 2009 in Kraft treten kann. Zumindest haben die Klinik- vertreter durch die Verzögerung die Möglichkeit, bei ihrem Treffen mit Schmidt und den Koalitionsspitzen auf Änderungen zu drängen.

Gesprächsstoff gibt es genug. So soll das Statistische Bundesamt bis 2011 einen Warenkorb für die Klini- ken erstellen, in dem unter anderem die Energie-, die Sach- und die Per- sonalkosten abgebildet werden. Ein daraus abgeleiteter Orientierungs- wert soll die Grundlage für die Be- rechnung des Finanzbedarfs bilden.

Nur ein neuer Deckel

Allerdings wird wohl die Entschei- dung, wann und in welchem Um- fang dieser Orientierungswert ange- wendet wird, künftig allein beim BMG liegen. „Dies ist ein Beispiel für die Tendenz, die Selbstverwal- tungslösungen der GKV durch mi- nisterielle Eingriffe zu ersetzen“, kritisierte von Stackelberg. Auch der Marburger Bund bemängelte:

„Dieses Verfahren ersetzt lediglich einen Deckel durch einen anderen.“

Noch schlimmer: Dieser Deckel könne dann sogar willkürlich poli- tisch bestimmt werden. n Samir Rabbata

GESETZLICHE KRANKENVERSICHERUNG

„2009 wird das Jahr der Buchhalter“

Manche Kassenchefs sind düster gestimmt: Sie fürchten,

dass das Geld aus dem Gesundheitsfonds bereits

2009 nicht reicht. Das hätte auch Folgen für die Ärzte.

Referenzen

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