Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 365. September 2008 A1807
S E I T E E I N S
D
ie gute Nachricht vorweg: Dass die Krankenhäu- ser zusätzliche Finanzmittel benötigen, ist inzwi- schen auch im Bundesgesundheitsministerium ange- kommen. So enthält der Referentenentwurf für die Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009 einige vielversprechende Passagen. Vor allem soll die Anbin- dung der Krankenhausausgaben an die Veränderungs- rate der Grundlohnsumme fallen. Damit erkennt der Gesetzgeber endlich an, dass sich die Kosten in den Krankenhäusern anders entwickeln können als in der Gesamtwirtschaft. Das Statistische Bundesamt erhält die Aufgabe, bis zum 31. Dezember 2009 einen Orien- tierungswert zu entwickeln, der in Zukunft „die Kosten- strukturen und -entwicklungen besser als die Verände- rungsrate berücksichtigt“. Im Jahr 2009 sollen die tarif- lich vereinbarten Gehaltssteigerungen der Ärzte und Pflegekräfte für die Jahre 2008 und 2009 einmalig „teil- weise“ beim Landesbasisfallwert berücksichtigt wer- den. Gut ist auch, dass das Ministerium über einen Zuschlag auf die Fallpauschalen in den Jahren 2009 bis 2011 bis zu 21 000 zusätzliche Stellen in der Pflege finanzieren will.Die Krankenhäuser könnten sich also auf die so drin- gend benötigte Finanzspritze freuen. Doch dazu müss- ten die Länder den Plänen im Bundesrat zustimmen – womit nicht zu rechnen ist. Streitpunkt bleibt die Finan- zierung der Investitionen in den Krankenhäusern. Da die meisten Länder ihrer Verpflichtung zur Investitions- kostenfinanzierung nicht mehr im ausreichenden Maß nachkommen, will Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt die Länder stärker in die Pflicht nehmen. Dazu soll die bisherige Einzel- und Pauschalförderung zu- sammengeführt werden und die Finanzierung ab 2012 einheitlich über Investitionspauschalen erfolgen, die für die Länder verbindlich sind. Im Ergebnis will der Bund die Länder verpflichten, mehr als bisher zu fördern – nach einheitlichen Vorgaben. Vor allem die unions- geführten Bundesländer fürchten nicht hinnehmbare Kompetenzverluste und wehren sich vehement gegen die Pläne. Der Bund bereite den Umstieg auf eine mo- nistische Krankenhausfinanzierung nur noch durch die Krankenkassen vor. Einem Treffen mit Schmidt am 5. September wollten die Gesundheitsminister von Ba-
den-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen aus Protest fern- bleiben.
Wegen des anhaltenden Streits zwischen Bund und Ländern ist es derzeit kaum vorstellbar, dass das Kran- kenhausfinanzierungsrahmengesetz (KHRG) pünktlich zum 1. Januar 2009 in Kraft treten kann. Damit bliebe die Finanzierung der Krankenhäuser bis ins nächste Jahr hinein unsicher. Die Krankenhäuser benötigen aber dringend Klarheit für das so wichtige Budgetjahr 2009 – das erste Jahr, in dem das DRG-System als Preissys- tem „scharf geschaltet“ ist. Vor diesem Hintergrund sollte die Politik einen Vorschlag der Deutschen Kran- kenhausgesellschaft aufgreifen: Diese hat soeben an die Bundesregierung appelliert, die Finanzierungshilfen für die Krankenhäuser sowie die Abkehr von der Grund- lohnsummenanbindung aus dem Referentenentwurf herauszunehmen und im Rahmen des GKV-Insolvenz- gesetzes noch im September im Bundestag zu ver- abschieden. Durch ein solches „Omnibusverfahren“
könnte den akuten Liquiditätsproblemen vieler Kran- kenhäuser noch gerade rechtzeitig begegnet werden.
Landet das KHRG jedoch im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat, droht mehr als nur ei- ne zeitliche Verzögerung. Dann könnte das Gesetz zur Verhandlungsmasse zwischen Bund und Ländern im Zuge der Föderalismusreform II werden. Sachargumen- te bleiben bei solchen Kungelrunden erfahrungsgemäß auf der Strecke.
Jens Flintrop Redakteur für Gesundheits- und Sozialpolitik
KRANKENHAUSFINANZIERUNG
Es eilt
Jens Flintrop