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Archiv "Krankenhausfinanzierung nach 2008: Der Streit spitzt sich zu" (04.04.2008)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 144. April 2008 A715

P O L I T I K

A

n Chuzpe mangelt es Bundes- gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) bekanntlich nicht:

Wohl wissend, dass die Länder – die laut Verfassung für die stationäre Versorgung zuständig sind – einer Umstellung auf eine monistische Krankenhausfinanzierung soeben erst erneut eine Absage erteilt haben, wird sie in diesen Tagen einen Ge- setzentwurf vorlegen, der genau das vorsieht. Danach sollen nicht mehr die Länder, sondern die Krankenkas- sen für Investitionen in Gebäude und Großgeräte der Kliniken verantwort- lich sein. Finanziell entlastet würden die Länder aber dadurch nicht. Im Gegenteil: Trotz sinkender Gestal- tungsmöglichkeiten will die Ministe- rin die Länder mehr als bisher in die Pflicht nehmen. Prof. Dr. Bert Rürup schlägt in einem Auftragsgutachten für das Ministerium vor, künftig fünf Milliarden Euro jährlich (vorab) aus dem Umsatzsteueraufkommen der Länder abzuzweigen und zur Finan- zierung der Krankenhausinvestitio- nen in den Gesundheitsfonds umzu-

leiten. Dies wären 2,3 Milliarden Eu- ro mehr als die 16 Bundesländer zu- sammen im Jahr 2006 an Investitio- nen aufbrachten.

Die Länder zeigten sich empört:

Baden-Württembergs Ministerprä- sident Günther Oettinger (CDU) sprach von einem „Schnellschuss“.

Den Ländern würden nicht nur sämt- liche Kompetenzen genommen, son- dern sie würden auch als

„Melkkühe“ missbraucht.

Auch die niedersächsische Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann (CDU) kün- digte Widerstand an. Die Qualität der Kliniken könne nur gewährleistet werden, wenn Län- der und Kommunen direkt über die Mittelvergabe entscheiden könnten.

Schleswig-Holsteins Gesundheits- ministerin Gitta Trauernicht (SPD) lehnte es ab, „die Finanzierung über die Umsatzsteuer zu regeln, solange nicht alle Kliniken so effizient arbei- ten wie die in Schleswig-Holstein“.

Trauernichts Kritik zielt auf einen Grundsatz im Rürup-Gutachten ab,

wonach die Umstellung auf die mo- nistische Finanzierung „unabhängig von der Förderhistorie“ erfolgen müs- se. Stattdessen sollen die Länder über den Steuermitteltransfer proportio- nal nach Einwohnerzahl belastet werden. Das wiederum stört natur- gemäß die bevölkerungsreichen Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg.

Die bayerische Sozialministerin Christa Stewens (CSU) kritisierte ei- ne „Umverteilung zulasten der bayerischen Steuerzahler“. Dies sei mit ihr nicht zu machen.

„Die sich vergrößernde Schere zwischen dem Investitionsbedarf der Krankenhäuser und der tatsächlichen Investitionsförderung durch die Län- der gefährdet nicht nur auf Dauer,

sondern schon gegenwärtig ein wirt- schaftliches Handeln des einzelnen Krankenhauses“, verteidigte Ministe- rin Schmidt ihre Pläne. Seit 1972 sei die Investitionsquote – also der Anteil der Ländermittel an den Ausgaben für Krankenhausbehandlung – von 24,9 auf 5,3 Prozent gesunken. Bei Zu- grundelegung einer für den Kranken- hausbereich „angemessenen“ Inves- titionsquote von neun Prozent ergebe sich der veranschlagte jährliche För- dermittelbedarf von bundesweit fünf Milliarden Euro.

Um die Umstellung auf eine monis- tische Finanzierung für die Länder akzeptabel zu gestalten, will Schmidt einen Infrastrukturfonds einrichten, in den zehn Prozent der Fördermittel fließen. Aus diesem Topf könnten die Länder dann Krankenhäuser in struk- turschwachen Regionen fördern.

Den Investitionsstau in den Klini- ken hatte Schmidt bislang nie thema- tisiert: „Es ist bahnbrechend, dass ei- ne Ministerin feststellt, dass in ihrem Politikbereich Gesetze nicht einge- halten werden und es deshalb zu Pro- blemen kommt“, kommentiert Dr.

med. Frank Ulrich Montgomery, Prä- sident der Ärztekammer Hamburg.I Jens Flintrop

KRANKENHAUSFINANZIERUNG NACH 2008

Der Streit spitzt sich zu

Ulla Schmidt pocht auf eine monistische Finanzierung der Kliniken nur noch über die Fallpauschalen. Die Länder hätten weniger Einfluss, sollen aber mehr bezahlen – und haben etwas dagegen.

GRAFIK

Entwicklung der Investitionen nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz

4 500 4 000 3 500 3 000 2 500 2 000 1 500 1 000 500

Werte in MillionenEuro

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Alte Bundesländer Neue Bundesländer Deutschland

Abwärtstrend:

Seit 1993 ist die absolute Höhe der Fördermittel der Länder von 3,9 Mil- liarden Euro auf 2,7 Milliarden Euro im Jahr 2006 zurückgegangen.

Ulla Schmidt hat in der Diagnose recht, nur die Therapievorschläge gehen an der Wurzel der Krankheit vorbei.

Frank Ulrich Montgomery

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