einzelnen wird angeregt, in Gutach- terkommissionen und Schlichtungs- stellen, in Ethikkommissionen sowie im Stufenplanverfahren nach dem Arzneimittelgesetz Versicherte bezie- hungsweise Patienten zu beteiligen.
Sie sollten darüber hinaus auf Be- handlungsstandards wie Richtlinien oder Leitlinien einwirken können.
Auch der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen wird kritisiert:
„Unter dem Gesichtspunkt der Mit- wirkungschancen für Patienten und Versicherte ist das Verfahren des Bun- desausschusses defizitär.“
Zum Thema Schadensregulie- rung/Haftungsrecht werden ebenfalls mehrere Vorschläge unterbreitet. So wird beispielsweise ein verbindliches außer- und vorprozessuales Streit- schlichtungsverfahren nach dem Mu- ster der ärztlichen Gutachterkom- missionen und Schlichtungsstellen angeregt, allerdings unter stärkerer Patientenbeteiligung. Zur Diskussion gestellt werden ferner die Einführung einer Verdachts- oder Gefährdungs- haftung oder die Beweislastumkehr im Arzthaftungsrecht.
Darüber hinaus gehen die Gut- achter auf die Verbindung von Qua- litätssicherung, Haftungsrecht und Schadensregulierung ein. Unter ande- rem wird angeregt zu entscheiden, ob man gewisse „Haftungsentlastungen“
für Ärzte etablieren könnte. Stark ver- einfacht ausgedrückt, ließen sich Re- gelungen denken, wonach ein Arzt sich im Fall eines Vorwurfs teilweise entlasten könnte, indem er die erfolg- reiche Teilnahme an Qualitätssiche- rungsmaßnahmen oder die Einhaltung von Standards/Leitlinien nachweist.
Erstes Fazit: Daß Patienteninfor- mation und Patientenrechte un- zulänglich geregelt sind, läßt sich kaum bestreiten. Kluge Abhilfe tut al- so not. Doch viele Ärzte fürchten eine weitere Verrechtlichung der Arzt-Pa- tient-Beziehung, die keine Verbesse- rung bedeutet. Die Gutachter spre- chen diesen Einwand an einer Stelle an: „Alle genannten Rechtsmaterien dienen unmittelbar oder mittelbar dem Ziel, diese Vertrauensbeziehung (von Arzt und Patient, Anm. der Red.) zu beleben und ihr zum Gelin- gen zu verhelfen. Recht kann dieses Ziel aber nur unterstützen, nicht selbst herbeiführen.“ Sabine Rieser A-3188
P O L I T I K LEITARTIKEL/KOMMENTAR
(16) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 50, 11. Dezember 1998
ereits im Vorfeld der von der neuen Bundesregierung avi- sierten erneuten Strukturre- form im Gesundheitswesen („Gesundheitsreform 2000“) gibt es vor allem bei den Verbänden der Kran- kenkassen strategische Überlegungen, wie der bisherige Dauer-Ausgaben- ausreißer Krankenhaus diszipliniert werden könnte. Der Politik ist von den Krankenkassen bereits empfohlen worden, den umfassenden Sicherstel- lungsauftrag für die stationäre Kran- kenhausversorgung dadurch zu durch- löchern, indem der länderbeaufsich- tigte Versorgungsauftrag gelockert, der Kontrahierungszwang aufgehoben und zu einem
selektierenden Vorgehen umge- schaltet wird.
Die Kranken- kassenverbände pochen seit län- gerem darauf, vor allem die Überkapazitä- ten abzubauen und auf die Di-
mensionierung, Strukturierung und die Vertragsgestaltung im stationären Sektor stärker Einfluß zu nehmen.
Bislang lief das Ganze aus der Sicht der Krankenkassen unter dem Stich- wort „Einkaufsmodell“ und bedarfs- orientierter Kapazitätssteuerung. Noch sind der Schutzschild der Länder und deren Endverantwortung Garant dafür, daß die Krankenkassen nicht das alleinige Sagen haben und die Po- litik allzu bereit den Krankenkassen in ihren Forderungen beispringt.
Schon gibt es andere Radikalvor- schläge und -absichten: Es wird damit spekuliert, das seit einigen Jahren im Bereich des Arzneimittelmarktes ex- erzierte Festbetragsprinzip analog oder abgewandelt auch auf die Kran- kenhäuser zu übertragen. Dieser Vor- stellung entspräche es, das bisher müh- sam stufenweise umgesetzte System differenzierter leistungsorientierter Entgeltformen im Hauruckverfahren auf ein durchgängiges Fallpauscha- lensystem nach dem Muster der All-Patient-Diagnosis-Related-Groups (AP-DRG-System), wie es seit mehr als zehn Jahren in den USA eingeführt ist, umzustellen. Das Fallpauschalen- system und die isolierte Vorgabe eines
umfassenden Klassifizierungssystems kämen einer „Revolution“ gleich: Zur Zeit werden nämlich nur rund 25 Pro- zent des gesamten Krankenhausbud- gets über die neuen Entgeltformen – Fallpauschalen, Sonderentgelte und den Basispflegesatz – abgerechnet. 75 Prozent der Budgets hingegen werden nach dem herkömmlichen System der tagesgleichen Pflegesätze abgewickelt.
Seitens der Kassen und der Politik besteht von Anfang an das Bestreben, das Entgeltsystem möglichst rasch auf weitere neue Formen auszuweiten, so daß ein Volumen von über 50 Prozent damit abgerechnet wird. Bei der Weiterentwicklung der Entgeltformen und der Entgelt- kataloge ist die Selbstverwaltung (die Vertragspar- teien auf Bun- desebene) in der Verantwortung.
Dies kann nicht uno actu, son- dern nur Zug um Zug erfol- gen, und auch nicht bis zu einem umfassenden Volu- men von bis zu 100 Prozent. Dies wi- derspräche der Krankenhausrealität.
Würden sämtliche Klinikleistungen über Fallpauschalen vergütet werden, würden konstitutive Elemente eines differenzierten Pflegesatzsystems und zwingende Auflagen der neuen Bun- despflegesatzverordnung verletzt. Die geltenden Vorschriften der Verord- nung würden dann völlig ins Leere laufen.
Schon gar nicht kann es angehen, die Verhandlungen über die Weiter- entwicklung auf Selbstverwaltungs- ebene vorschnell platzen zu lassen, mit dem Hintergedanken, die Schieds- stelle aufzufordern, sich für ein Klas- sifizierungssystem à la USA-DRG zu entscheiden, mit dem alles abdecken- de Fallpauschalen vereinbart werden könnten. Ein noch internes Gutach- ten stellt eindeutig fest, daß dies mit der Systematik des Finanzierungs- rechtes der Kliniken kollidieren würde. Denn schließlich hat eine Schiedsstelle als nachgeschaltete Ein- richtung ohne politische Verantwor- tung nicht mehr Vereinbarungskom- petenz als die vertragschließenden Parteien selbst. Dr. Harald Clade