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Archiv "Private Krankenversicherung: Geringere „Fangprämien“" (11.11.2011)

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A 2380 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 45

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11. November 2011

PRIVATE KRANKENVERSICHERUNG

Geringere „Fangprämien“

Der Gesetzgeber deckelt die Abschlussprovisionen.

W

as die private Krankenversi- cherung (PKV) aus Eigen- initiative und auf der Ebene ihres Spitzenverbandes seit Jahren nicht regeln konnte, hat jetzt den Gesetz- geber veranlasst, initiativ zu wer- den. Konkret: Der Bundesrat hat auf wiederholtes Insistieren des Bundesaufsichtsamtes für das Ver- sicherungswesen und amtlichen Wettbewerbshüters einen Entwurf zur Begrenzung der Vermittlerpro- visionen beim Vertrieb von privaten Lebens- und Krankenversicherun- gen eingebracht, den der Bundestag am 27. Oktober 2011 abschließend beschloss. Es ist Absicht des Ver- ordnungsgebers, hier gravierende Fehlentwicklungen bei den ausge- lobten und tatsächlich gezahlten Provisionen und Abschlussprämien zu verhindern. Maximal neun Mo- natsbeiträge sind ab 2012 die Ober- grenze für Abschlussprovisionen bei Volltarifen.

Treibsätze für die Tarife

Der Verband der privaten Kranken- versicherung e.V. (PKV-Verband) hat zähneknirschend konzediert, dass allseits, auch innerhalb der Branche und auf Drängen des Marktführers, daran ein Interesse aus Gründen des Verbraucherschut- zes bestand, um Übertreibungen zu vermeiden. Der Bundesverband der Deutschen Versicherungskaufleute war gegen eine solche Marktregu- lierung und will dagegen die Ge- richte einschalten.

Die privaten Krankenversiche- rungsunternehmen zahlen bisher bis zu 18 Monatsprämien für als Handelsvertreter tätige Versiche- rungsagenten. Die fest angestellten PKV-Mitarbeiter bekommen aller- dings lediglich vier bis fünf Mo- natsbeiträge, wenn sie einen Neu- kunden dingfest machen können.

Branchenintern ist es bisher nicht gelungen, hier ein Clearing herbei- zuführen und eine Begrenzung der

Abschlussprämien branchenweit verbindlich zu erreichen, um so die aus dem Ruder laufenden Ab- schluss- und Verwaltungskosten zu dämpfen. Die Abschluss- und Ver- waltungskosten in Höhe von bran- chendurchschnittlich acht bis zehn Prozent (gemessen am Beitragsauf- kommen) sind denn auch ein be- achtlicher Kalkulationsfaktor, der als ein Kostentreibsatz in die Jahr für Jahr steigenden Prämien ein- geht. Das Reglement über die Zah- lung von Provisionen und Ab- schlussprämien wird innerhalb der Branche als Vertriebsgeheimnis be- handelt und kaum nach außen trans- portiert. Dennoch führten Insider- kenntnisse zu einem weitgehend abgestimmten Marktverhalten, und zwar mit der Tendenz zu immer hö- heren Abschlussprämien – Treibsät- ze für die Tarife und die hausge- machte Prämienverteuerung, die die PKV auch in Konkurrenz zu den gesetzlichen Kassen ins Hinter- treffen brachte.

Der Gesetzgeber will mit der neuen Obergrenze von maximal neun Monatsbeiträgen vor allem auch reguläre Provisionszahlungen bei den sogenannten Umdeckungen drosseln oder ganz verbieten, so- weit der Wechsel des privaten Krankenversicherers nicht auf Ver- anlassung und im Interesse des Versicherten erfolgt. Um diese Fehlentwicklungen zu unterbinden, wurde nun die Storno-Haftungszeit von einem Jahr auf 60 Monate per Gesetz ausgedehnt. Das bedeutet:

Die Vermittler müssen einen Teil der Provision zurückgeben, wenn der Kunde innerhalb der ersten fünf Jahre kündigt. Auslöser sind Provi- sionsexzesse in der PKV. Eine sol- che Regelung müsste zu einer spür- baren Minderung der Abschluss- kosten führen, erhofft sich die Branche insofern, als die vor allem von den Versicherungsmaklern und –vermittlern bisher lebhaft betrie-

bene Praxis der Umdeckungen überhandnahm.

Mit der gesetzlichen Deckelung der Provisionshöhe und einer Be- grenzung auf neun Monatsbeiträge für Krankenpolicen bei Neuab- schlüssen kann sich der PKV-Ver- band allerdings noch nicht ganz an- freunden. Der Verband fordert:

„Der Gesetzgeber muss sicherstel- len, dass die Regulierung der Provi- sion keine wettbewerbsverzerrende Wirkung entfaltet. Die Regelungen müssen im Hinblick auf die ver- schiedenen Vertriebswege wettbe- werbsneutral sein.“

PKV-Verband fordert Aufschub

So sehr die Privatassekuranz darauf baut, dass mit Hilfe der gesetzlichen Deckelungsregelung eine Kosten- entlastung bei den Tarifen entstehen könnte, so nachdrücklich fordert der PKV-Verband Zeit, um sich auf die neue gesetzliche Situation einstellen zu können. Schließlich griffen sol- che Regelungen in bestehende, oft- mals lebenslang laufende Verträge ein und forderten eine wohlüberleg- te Aktualisierung. Auch sei eine Vielzahl von Vermittlungsvereinba- rungen und Maklerverträgen da- durch betroffen. Weil die Abschluss- kosten nach der Kalkulationsverord- nung zu den maßgeblichen Größen für die Beitragskalkulation zählten, müssen bis zum Jahresende auch die Beiträge neu kalkuliert werden.

Die PKV steht vor einer weiteren Pflichtaufgabe: die Umsetzung des sogenannten Unisex-Urteils des Europäischen Gerichtshofs von 2010. Danach muss die PKV die Tarife und Prämiengestaltung für Männer und Frauen bis 2012 gleichschalten. Eine handwerklich saubere und versicherungsmathe- matisch ausgewogene Umsetzung der neuen Regeln hält der PKV-Ver- band für frühestens zum Dezember 2012 für realisierbar.

Dr. rer. pol. Harald Clade

P O L I T I K

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