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Organische Säuren im Tränkewasser von Masthähnchen als Interventionsmaßnahme in der Primärproduktion gegen Campylobacter spp.

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Academic year: 2022

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Wiebke Jansen Hannover 2012

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Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen

Nationalbibliografie;

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

1. Auflage 2012

© 2012 by Verlag: Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft Service GmbH, Gießen

Printed in Germany

ISBN 978-3-86345-0

Verlag: DVG Service GmbH Friedrichstraße 17

35392 Gießen 0641/24466 geschaeftsstelle@dvg.net

www.dvg.net 78-6

(5)

Tierärztliche Hochschule Hannover

______________________________________________________

Organische Säuren im Tränkewasser von Masthähnchen als Interventionsmaßnahme in der Primärproduktion

gegen Campylobacter spp.

INAUGURAL-DISSERTATION

zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin - Doctor medicinae veterinariae -

(Dr. med. vet.)

Vorgelegt von Wiebke Jansen Nienburg/Weser

Hannover 2012

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Wissenschaftliche Betreuung:

Univ.-Prof. Dr. med. vet. Günter Klein

Institut für Lebensmittelqualität und -sicherheit

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. med. vet. Günter Klein 2. Gutachter: PD Dr. Gerhard Glünder

Tag der mündlichen Prüfung: 08.05.2012

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panta rhei

In Gedenken meiner Mutter

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Inhaltsverzeichnis V

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ... V Abkürzungsverzeichnis... VIII Abkürzungsverzeichnis... IX

1 Einleitung... 1

2 Literaturübersicht... 2

2.1 Taxonomie und Historie der Beschreibung von Campylobacter spp. ... 2

2.2 Eigenschaften von Campylobacter spp... 3

2.2.1 Morphologie ... 3

2.2.2 Physiologie und Kultivierung ... 4

2.2.3 Tenazität ... 5

2.2.4 Identifizierung... 8

2.3 Quellen und Reservoire von Campylobacter spp... 11

2.4 Humane Campylobacteriose... 19

2.4.1 Epidemiologie und Prädispositionen beim Menschen ... 20

2.4.2 Ätiologie der humanen Campylobacteriose... 20

2.5 Campylobacter spp. in der Broilerproduktion... 23

2.5.1 Risikofaktoren zum Eintrag von Campylobacter spp... 25

2.5.2 Interventionsmöglichkeiten gegen Campylobacter spp. ... 29

2.5.3 Bewertung von Interventionsmaßnahmen... 37

3 Material und Methode... 39

3.1 Planung und Ablauf der Probennahme ... 39

3.2 Bearbeitung im Labor... 47

3.2.1 Probenaufbereitung... 47

3.2.2 Qualitative Untersuchung... 48

(10)

Inhaltsverzeichnis VI

3.2.3 Quantitative Untersuchung... 49

3.2.4 Speziesdifferenzierung... 51

3.2.5 Antimikrobielle Empfindlichkeitstestung ... 52

3.3 Geräte und Materialien ... 53

3.4 Medien ... 54

3.4.1 Flüssige Medien ... 54

3.4.2 Feste Medien ... 56

3.4.3 Medien zur biochemischen Differenzierung ... 57

3.5 Statistische Auswertung... 58

4 Ergebnisse ... 59

4.1 Produktionsleistungsdaten... 59

4.2 Campylobacter spp.-Untersuchungen in Betrieb A ... 60

4.2.1 Status Quo-Untersuchung... 60

4.2.2 Bestandsuntersuchung im Versuch... 61

4.2.3 Schlachtungs-Untersuchung im Versuch ... 65

4.3 Campylobacter spp.-Untersuchungen in Betrieb B ... 69

4.3.1 Status Quo-Untersuchung... 69

4.3.2 Bestandsuntersuchung im Versuch... 69

4.3.3 Schlachtungs-Untersuchung im Versuch ... 73

4.3 Diagnostische Sektionen ... 86

5 Diskussion ... 89

5.1 Ergebnisse... 90

5.1.1 Produktionsleistungsdaten ... 90

5.1.2 Bestandsuntersuchung... 91

5.1.3 Schlachtungs-Untersuchungen ... 97

5.1.4 Diagnostische Sektionen... 102

5.2 Probennahme und Bearbeitung im Labor ... 102

(11)

Inhaltsverzeichnis VII

5.3 Anwendung in der Praxis ... 104

6 Schlussfolgerungen... 109

7 Zusammenfassung... 111

8 Summary ... 115

9 Abbildungsverzeichnis... 117

10 Tabellenverzeichnis ... 119

11 Literaturverzeichnis ... 123

12 Anhang ... 161

13 Danksagung ... 176

(12)

Abkürzungsverzeichnis VIII

Abkürzungsverzeichnis

AFLP Amplified fragment length polymorphism Aqua dest. Destilliertes Wasser

ATP Adenosintriphosphat

BaSO4 Bariumsulfat

BD Blinddarmproben

C. Campylobacter

CadF Campylobacter adhesin to fibronectin CBF Cell-binding factor

CDT Cytolethal distending Toxin cfu Colony-forming units

Cia-Protein Campylobacter invasion antigen Protein CLT Cholera-like Toxin

CO2 Kohlenstoffdioxid

DALYs Disability adjusted life years: behinderungsbereinigte Lebensjahre

DNA Desoxyribonucleoidacid

ELISA Enzyme-linked immunosorbent assay E-Test Epsilometertest

EU 27 Europäische Union mit 27 Mitgliedsstaaten seit 01.01.2007 FBP Eisensulfat-Natriummetabisulfit-Natriumpyruvat GBS Guillain-Barré-Syndrom

GMP/GHP Good Manufacturing Practice/Good Hygiene Practice H2S Schwefelwasserstoff

HACCP Hazard Analysis and Critical Control Points IfSG Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von

Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz) ISO International Organization for Standardization

KbE Kolonie-bildende Einheiten

Log Logarithmus

LPS Lipopolysaccharide

LT Hitzelabiles Toxin

mCCD-Agar Modified Charcoal Cephoperazone Desoxycholate Agar

(13)

Abkürzungsverzeichnis IX Abkürzungsverzeichnis

MCFA medium-chained fatty acids MHB Mueller-Hinton-Agar mit Schafblut MLST Multilocus sequence typing MPN Most probable number

MW Mittelwert

n Stichprobenumfang

N2 Stickstoff

NaCl Natrium Chlorid

O2 Sauerstoff

OMP Outer membrane proteine

p Signifikanz

PCR Polymerase chain reaction

PE Polyethylen

PFGE Pulsed field gel electrophoresis

QMRA Quantitative Mikrobielle Risikoabschätzung RAPD Random amplified polymorphic DNA

ReA Reaktive Arthritis

RFLP Restriction fragment length polymorphism RKI Robert Koch Institut, Berlin

SAS Statistics Analysis Systems

SD Standardabweichung

SK Schlachtkörper

SPF Spezifisch Pathogen frei

spp. Spezies

subsp. Subspezies

VBNC Viable but non culturable

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(15)

Einleitung 1

1 Einleitung

Seit 2005 sind thermophile Campylobacter spp. in Deutschland ätiologisch die häufigsten Verursacher Lebensmittel-assoziierter bakterieller Enteritiden. In der Europäischen Union wurden 2009 fast 200.000 Fälle gemeldet, damit liegt die humane Campylobacteriose an der Spitze der am häufigsten vorkommenden Zoonosen mit steigenden Fallzahlen von Jahr zu Jahr (EFSA 2011a). Die damit einhergehenden Konsequenzen für das Gesundheitswesen stellen eine erhebliche Belastung für das Gemeinwohl dar. Als Hauptansteckungsquelle für die humane Campylobacteriose gelten primär der Umgang, die Verarbeitung und der Verzehr von kontaminiertem Geflügelfleisch und Geflügelfleischprodukten.

In der Europäischen Union ist die Prävalenz von Campylobacter-kolonisierten Broilerherden sehr hoch und im Durchschnitt sind circa 80% der Schlachtkörper am Ende des Schlachtprozesses mit Campylobacter kontaminiert (EFSA 2010a). Trotz erheblicher Bestrebungen zur Kontrolle von Campylobacter in der Geflügelmast erscheint derzeit eine Elimination des Keimes in der Lebensmittelkette nicht möglich, dennoch hat eine Minimierung großen Nutzen für den gesundheitlichen Verbraucher- schutz. Die Kontrolle und der Rückgang der Campylobacter-Kontamination in der Geflügelfleischproduktion kann die quantitative Keimexposition der Menschen reduzieren und so die humanen Fallzahlen senken (ROSENQUIST et al. 2003;

NAUTA et al. 2009). Interventionsmaßnahmen zur qualitativen und quantitativen Reduktion von Campylobacter spp. im Endprodukt zielen zumeist auf Prozessoptimierung in Schlachtung und Verarbeitung ab, Handlungsoptionen für die Primärproduktion sind bisher marginal.

Organische Säuren als Tränkewasserbehandlung können eingesetzt werden, um die Keimlast bereits während der Mast zu reduzieren. Studien auf experimenteller Ebene wiesen einen reduzierenden Effekt organischer Säuren auf Campylobacter spp. in vitro und in vivo nach. Organische Säuren sind zudem einfach zu verabreichen und es werden keine negativen Auswirkungen auf das Tierwohl oder die Mastleistung erwartet. Es war daher Ziel dieser Studie, eine Handlungsoption im Feldversuch zu evaluieren, um Prävalenz und Konzentration von Campylobacter spp. in der Broilermast zu senken sowie Produzenten und Verbrauchern ein sichereres, mikrobiologisch stabileres Endprodukt anbieten zu können.

(16)

Literaturübersicht 2

2 Literaturübersicht

2.1 Taxonomie und Historie der Beschreibung von Campylobacter spp.

Eine bis dahin unbekannte Art von spiraligen Bakterien, die heute der Spezies Campylobacter zugeordnet werden, wurden zum ersten Mal zu Beginn des 20.

Jahrhunderts als Pathogen, ursächlich für infektiöse Aborte bei Rind und Schaf erkannt. Aufgrund ihrer Morphologie und Motilität wurden diese Bakterien in die Gattung Vibrio eingeordnet (MCFADYEAN u. STOCKMANN 1913) und vorläufig als Vibrio fetus bezeichnet (SMITH u. TAYLOR 1919). Diese Bakterien wurden auch bei Kälbern mit Diarrhoe unter dem Namen Vibrio jejuni (JONES et al. 1931) und bei dysenterischen Schweinen als Vibrio coli (DOYLE 1948) isoliert. Lange war diese Gattung nur in der Veterinärmedizin relevant. Jahrzehnte später erkannte KING die Ähnlichkeit dieser Bakterien mit Mikroorganismen aus Blutproben von Menschen mit Gastroenteritis, die sie aufgrund ihres abweichenden Wachstumsoptimum bei 42°C als “vibrio-like” ansprach (KING 1957). SEBALD und VERON 1963 überführten Vibrio fetus aufgrund des Cytosin- und des Guanin-Gehaltes der DNA in die neue Gattung Campylobacter (griech.: campylo= gebogen, bacterion= Stäbchen) (SEBALD u.

VERON 1963). 1973 schlugen Veron und Chatelain die Speziesbezeichnung C.

jejuni subsp. jejuni (im Folgenden als C. jejuni), C. coli, C. sputorum subsp. sputorum und C. sputorum subsp. bulbulus sowie C. fetus subsp. fetus und C. fetus subsp.

venerenalis vor (VANDAMME u. GOOSSENS 1992). Diese Namen sind noch immer valide, doch befindet sich die Gattung Campylobacter in steter Umbildung. Die aktuelle Taxonomie umfasst 26 Spezies und elf Subspezies (ON 2001; VANDAMME et al. 2010). Das zoonotische Potential und die humanmedizinische Bedeutung dieser Erkrankung wurde ab 1970 deutlich, seitdem zählte man Campylobacter spp.

folgerichtig zu den „new emerging pathogens“ (SKIRROW 1977; BUTZLER u.

SKIRROW 1979). Mit der Etablierung selektiver Nachweismethoden durch Skirrow und Dekeyser konnte eine Routinediagnostik standardisiert werden (DEKEYSER et al. 1972; SKIRROW 1977; DEMOL u. BOSMANS 1978; STEELE u. MCDERMOTT 1978). Dieser wachsenden Bedeutung wurde 1981 mit dem ersten internationalen Campylobacter-Workshop Rechnung getragen. Mit der rasanten Entwicklung in der Molekularbiologie zu Ende des 20. Jahrhunderts gelang die Differenzierung der Familie Campylobacteraceae in die drei Gattungen Campylobacter, Arcobacter und

(17)

Literaturübersicht 3 Sulfurospirillum (VANDAMME u. DE LEY 1991; VANDAMME et al. 1991). Erst spät konnte die Entdeckung durch THEODOR ESCHERICH im Jahre 1886 von damals unbekannten, spiralförmigen, nicht kultivierbaren Bakterien aus Kotproben an Enteritis erkrankter Kinder und Katzenwelpen retrospektiv der Spezies Campylobacter zugeordnet und dessen bedeutende historische Dimension erfasst werden (ESCHERICH 1886).

2.2 Eigenschaften von Campylobacter spp.

2.2.1 Morphologie

Campylobacter spp. sind Gram-negative, bewegliche, sporenlose Stäbchen und bei 0,2-0,5 µm Breite und 0.5-8 µm Länge charakteristisch gebogen oder S-förmig bis spiralig gewunden (VANDAMME et al. 2000). Nach Karmali können sie auch aufgrund ihres ausgeprägten Polymorphismus nach Amplitude und Wellenlänge der Windung des Stäbchens in klein (Campylobacter jejuni/Campylobacter coli), mittel (Campylobacter fetus subsp. fetus) und groß gewundene (Campylobacter fetus subsp. venerenalis) Vertreter klassifiziert werden (KARMALI et al. 1981). Die primär humanpathogenen Spezies C. jejuni und C. coli sowie die sporadisch infektiösen C. lari und C. upsaliensis sind thermophil, optimales Wachstum zeigen sie bei 41,5°C. Die meisten Vertreter dieser Spezies besitzen polare, seltener bipolare monotriche Geißeln, welche die spezifische korkenzieherartige Bewegung hervorrufen (SMIBERT 1978). Auch die Kolonien von Campylobacter spp. sind polymorph, sie variieren sowohl durch das verwendete Kultivierungsmedium als auch graduell durch die Spezies. Unter optimalen Anzuchtsbedingungen bilden Campylobacter spp. kleine, fein granulierte, flache, unregelmäßig abgegrenzte, oft schwärmende Kolonien mit etwa ein bis zwei Millimeter Durchmesser (SKIRROW u.

BENJAMIN 1980a). Diese erscheinen grau bis braun-rot (WANG et al. 1978), werden mit der Zeit zunehmend rau sowie metallisch glänzend und bei abnehmender Feuchtigkeit rund, glatt als auch erhaben (BUCK u. KELLY 1981). Campylobacter zeigen auf Blutagar keine Hämolyse und sind geruchlos (SMIBERT 1978;

NACHAMKIN et al. 2000).

(18)

Literaturübersicht 4 2.2.2 Physiologie und Kultivierung

Campylobacter spp. können Kohlenhydrate weder fermentativ noch oxidativ zur Energiegewinnung umsetzen (VANDAMME u. DE LEY 1991). Ihre Energiequellen sind Aminosäuren wie Glutamat, Aspartat und Serin sowie intermediäre Metabolite aus dem Tricarbonsäure-Zyklus wie Succinat, Fumarat, Lactat und Malat (HENSYL 1994). Campylobacter spp. sind Cytochrom-Oxidase positiv sowie Katalase positiv (ROOP et al. 1984). Dagegen sind C. upsaliensis, C. sputorum, C. mucosalis sowie C. concisus jedoch Katalase negativ (GRANT u. PARK 1995). Eisen ist für Campylobacter spp. essentiell und kann aus Hämin und Hämoglobin eines Wirtes verwertet werden (PARK 2002). Optimale Wachstumsbedingungen für Campylobacter spp. bis zur stationären Phase nach 24-48h Inkubation herrschen in mikroaerober Atmosphäre unter 5% O2, 10% CO2 und 85% N2 (BOLTON u. COATES 1983; DOYLE 1984; CORRY et al. 1995) bei Temperaturen von 35,5°C bis 45°C (SMIBERT 1978; SKIRROW u. BENJAMIN 1980a; SKIRROW 1994). Ein geringer Anteil an Wasserstoff kann das Wachstum thermophiler Spezies zusätzlich fördern (SKIRROW 1991). Diverse Selektivmedien sind zur Anzucht von Campylobacter spp.

entwickelt worden. Die Kultivierungsmedien enthalten in aller Regel Zusätze wie Blut und Blutbestandteile, Kohle oder Eisen-II-Pyruvat (FBP), um die genotoxischen Einflüsse von Sauerstoffradikalen sowie der Per- und Superoxiden abzumildern, gegenüber denen Campylobacter relativ empfindlich sind (SKIRROW 1977;

KARMALI et al. 1986). Suboptimales Wachstum zeigen Campylobacter bei reduziertem Feuchtigkeitsgehalt der Nährböden, bei zu nassen Platten haben sie die Tendenz zum Schwärmen. Campylobacter spp. lassen sich aber auch aerob, mesophil und auf einfachen Medien wie Standard- oder Blutagar kultivieren (ROLLINS u. COLWELL 1986; BUSWELL et al. 1998). Für die Isolierung von Campylobacter spp. aus Lebensmitteln ist im Regelfall eine Voranreicherung unumgänglich. Oft verwandte Flüssigmedien sind die Preston-, Exeter- und Bolton- Bouillon (CORRY et al. 1995). Bei hoher Keimdichte wie in Kot, Darminhalt, rohem Geflügelfleisch und Innereien kann bei entsprechender dezimaler Verdünnung das Oberflächenspatelverfahren ohne Voranreicherung angewendet werden. Es werden aufgrund der heterogenen Antibiotika-Resistenzen zur Minimierung falsch negativer Ergebnisse parallel mindestens zwei feste Selektivmedien zur Isolierung empfohlen.

Zum Einsatz kommen daher Medien mit variierenden Anteilen antibiotischer Zusätze wie die bluthaltigen Selektivmedien Campy-BAP-Agar (BLASER et al. 1978) und

(19)

Literaturübersicht 5 Skirrow-Agar (SKIRROW 1977) sowie kohlehaltigen Selektivnährböden wie der modifizierte Charcoal-Cefoperazon-Desoxycholat-Agar (mCCDA) oder Karmali-Agar (BOLTON et al. 1984; KARMALI et al. 1986) (Tab. 1). Die anzuwendende Vorgehensweise bei der Untersuchung auf thermophile Campylobacter spp. wird dabei in unregelmäßigen Abständen von der Internationalen Organisation für Normung (ISO) als EN ISO 10272 aktualisiert.

Tabelle 1: Feste Selektivnährböden zum Nachweis thermophiler Campylobacter spp.

Nährboden- Komponenten

Campy BAP-Agar BLASER et al.

(1978)

Skirrow-Agar SKIRROW (1977);

BUTZLER u.

SKIRROW (1979)

mCCD-Agar BOLTON et al.

(1984)

Karmali-Agar KARMALI et al.

(1986)

Columbia Agar Basis 39g/L

Blutagar Basis Nr. 2 +

Brucella Agar Basis +

Nutrient Broth No. 2 25g/L

Agar-Agar 12g/L

Defibr. Schafsblut 10%

Lysiertes Pferdeblut 5-7%

Holzkohle 4 g/L 4 g/L

Kaseinhydrolysat 3 g/L

Na-Metabisulfit 1 g/L

Eisensulfat 0,25 g/L

Na-Pyruvat 0,25 g/L 0,1 g/L

Polymyxin B Sulfat* 2,5 I.E. 2,5 I.E.

Cycloheximid* 0,1 g/L

Cefalotin* 15µg

Vancomycin* 10µg 10µg 0,2 g/L

Trimethoprim* 5µg 5µg

Amphortericin B* 2µg 10µg

Cefoperazon* 32µg 32µg

Hämin* 32µg

* bezogen auf 1ml fertigen Nährboden

2.2.3 Tenazität

Schädigende Umwelteinflüsse tolerieren Campylobacter spp. erheblich schlechter als andere Bakterien. Die Fähigkeit zur physiologischen Adaptation scheint genetisch eingeschränkt zu sein (PARK 2002). Im Vergleich mit anderen Lebensmittel- Infektionserregern, z. B. Salmonellen, sind Campylobacter spp. relativ anfällig gegenüber Stressoren und die Widerstandsfähigkeit ist besonders in trockenem und saurem Ambiente eher schlecht. Campylobacter spp. weisen nur eine geringe Sauerstofftoleranz auf und reagieren empfindlich gegenüber den negativen Einflüssen von genotoxisch wirkenden Sauerstoffradikalen sowie Per- und

(20)

Literaturübersicht 6 Superoxiden (PARK 2002). Eine mikroaerobe Atmosphäre aus 85% N2, 5% O2 und 10% CO2 (BOLTON u. COATES 1983) stellt Optimalbedingungen dar.

Campylobacter spp. sind bei Temperaturen unterhalb von +30°C nicht mehr vermehrungsfähig, auch wenn bei +4°C vielfach ein Überleben in verschiedenen Umgebungen über mehrere Tage bis Wochen nachgewiesen worden ist (ROLLINS u. COLWELL 1986; BUSWELL et al. 1998; PARK 2002; COOK u. BOLSTER 2007).

Auch die Überlebensrate von C. jejuni und C. coli ist bei Kühltemperaturen um +4°C höher als bei Raumtemperatur (BLASER et al. 1980). Kälteschockproteine können nicht synthetisiert werden (PARKHILL et al. 2000), daher schädigen Gefrier- Temperaturen die meisten, wenn gleich nicht alle Campylobacter spp. letal (OOSTEROM et al. 1983b; CHAN et al. 2001; BIRK et al. 2006; EL-SHIBINY et al.

2009a). So können auch Temperaturen unter -20°C überlebt werden (SANDBERG et al. 2005; HANEL u. ATANASSOVA 2007; RITZ et al. 2007), dieser Anteil an subletal geschädigten Campylobacter stellt ein potentielles Restrisiko für den Verbraucher dar (JASSON et al. 2007). Campylobacter spp. werden schnell von Hitze inaktiviert.

Durch die Synthese von Hitzeschockproteinen sind Erwärmungen zwischen 43°C und 46°C subletal, da diese nur knapp oberhalb der idealen Wachstumstemperaturen von thermophilen Campylobacter liegen, die Virulenz wird nicht beeinflusst (KONKEL et al. 1999). Zelltod und Proteindenaturierung erfolgen ab Temperaturen zwischen 56°C und 57°C (NGUYEN et al. 2006).

Campylobacter spp. sind sensibel gegenüber Austrocknung unter einem aw-Wert von 0,97 (DOYLE u. ROMAN 1982b; ALTEKRUSE et al. 1998). OOSTEROM et al.

(1983a) konnten Campylobacter jejuni nur von feuchten Edelstahl-Flächen isolieren, nach Abtrocknung bei Raumtemperatur waren innerhalb von 4 Stunden keine Campylobacter spp. mehr nachweisbar. Campylobacter jejuni erwies sich in dieser Studie deutlich empfindlicher gegenüber Austrocknung als Staphylococcus aureus und Salmonella Enteritidis.

Thermophile Campylobacter spp. zeigen bei Kochsalz-Gehalten zwischen 0,5% und 1% optimales Wachstum, für Campylobacter jejuni in Brucella-Bouillon bei 42°C ist ein Salzgehalt nahe 0,5% optimal (aw-Wert> 0,997) (DOYLE u. ROMAN 1982a).

C. coli und C. jejuni können durch kontinuierliche Passagierung an Salzgehalte bis 3% adaptiert werden (GLÜNDER 1993). Die NaCl-Toleranz von Campylobacter spp.

ist zusätzlich temperaturabhängig: Salzkonzentrationen von 2-4% (aw-Wert> 0,987-

(21)

Literaturübersicht 7 0,971) werden bei +4°C deutlich besser toleriert als bei +25°C und führen bei +42°C zu schnellem Absterben (DOYLE u. ROMAN 1982a; JACOBS-REITSMA et al. 2000).

Campylobacter spp. reagieren empfindlich auf sehr saure sowie sehr alkalische pH- Werte. Sie zeigen Wachstum zwischen pH 5,5 bis pH 9,5, das pH-Optimum für C.

jejuni liegt bei pH 6,5 bis pH 7,5 (DOYLE u. ROMAN 1981). Schwach-saueres Milieu zwischen pH 4 und 6 ist subletal und mindert die Wiederfindungsrate, Werte unterhalb von pH 4 führen innerhalb von zwei Stunden zum Absterben von C. jejuni und C. coli. Extrem saure Umgebungen von pH 3 überleben C. jejuni nicht (BLASER et al. 1980; DOYLE u. ROMAN 1981). Synergistisch eingesetzte organische Säuren haben schon bei pH 4 und 4,5 einen sicheren bakteriziden Effekt auf C. jejuni und C.

coli (CHAVEERACH et al. 2002).

Das Überleben in der Umwelt bei suboptimalen Umgebungsbedingungen von Campylobacter spp. sichert der Übergang in eine stationäre Zellphase mit reduzierter metabolischer Aktivität. Dies wird als ein "viable but non-culturable"-Stadium (VBNC) beschrieben (ROLLINS u. COLWELL 1986). Ein Wachstum unter den üblichen Kultivierungsbedingungen ist in diesem Stadium nicht möglich. Die Zellen erscheinen morphologisch degeneriert, kokkoid oder sphärisch (THOMAS et al. 1999), die Respirationsraten, die ATP-Produktion und die Proteinbiosynthese sind reduziert, die Membranbeschaffenheit weniger durable (THOLOZAN et al. 1999; OLIVER 2005).

VNBC-Zellen werden auch bei alternden Kolonien in Kultur, bei längeren Lagerungszeiten und ungünstiger Energieversorgung beobachtet. Campylobacter spp. können sich aus dem VBNC-Stadium regenerieren und ihre Virulenz unter bestimmten Bedingungen wiedererlangen (JONES et al. 1991; SAHA et al. 1991).

Die Pathogenität während des VBNC-Stadiums wird kontrovers beurteilt und stellt ein ungeklärtes Risiko humaner Erkrankungen dar (OLIVER 2010). Möglicherweise beruht sie im VBNC-Stadium auf einem geringen Anteil an Zellen, die ihr Wachstum nie eingestellt haben und lediglich eine geringgradig degenerierte Form angenommen haben (BOVILL u. MACKEY 1997; KELL et al. 1998; KLANCNIK et al.

2009).

Campylobacter spp. besitzen die Fähigkeit, in unterschiedlichen Umgebungen und auf Oberflächen über extrazelluläre Polymere, der Glykokalix sowie Brücken zwischen den Flagellen einen synergistischen vernetzten Zellverbund zu bilden (MOE et al. 2010). So entwickelt sich dieser Biofilm aerob schneller als in mikroaerober Atmosphäre (REUTER et al. 2010). Die Überlebensfähigkeit der

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Literaturübersicht 8 einzelnen Zellen des Biofilms im Gegensatz zum freien Zustand wird kontrovers diskutiert. BUSWELL et al. (1998) und TRACHOO et al. (2002) wiesen Campylobacter im Biofilm ein längeres Überleben nach, DYKES et al. (2003) hingegen eine geringere Stressresistenz als im freien Zustand.

Campylobacter spp. können in Protozoen überleben und so partiell gegenüber Desinfektion geschützt sein (SNELLING et al. 2006; SNELLING et al. 2007;

SNELLING et al. 2008), dies kommt als eine Erklärung für die Persistenz von Campylobacter spp. gerade in Wasser bei niedrigen Temperaturen in Betracht und stellt ein Risiko in den Tränkewasserleitungen in Geflügelhaltungen dar (AXELSSON-OLSSON et al. 2010). Im Sinne einer Campylobacter-Dekontamination von Lebensmitteln wird eine Oberflächenreduktion von 99% bei Bestrahlung mit einer Kobalt-60 Quelle mit 0,5Kgy erreicht (YOGASUNDRAM et al. 1987; PATTERSON 1995), eine Reduktion bis unterhalb der Nachweisgrenze bei einer Hochdruckbehandlung von 325-400MPa über 10 Minuten (SOLOMON u. HOOVER 2004) und eine Inhibierung des Wachstums bei Behandlung mit ätherischen Ölen wie Bergamot-Öl und Linalool-Öl erreicht (FISHER u. PHILLIPS 2006).

2.2.4 Identifizierung

Durch die eingeschränkte biochemische Aktivität und das langsame, anspruchsvolle Wachstum von Campylobacter spp. ist die Speziesdifferenzierung auf komplexe phänotypische und genotypische Methoden angewiesen, eine Identifizierung erfolgt derzeit oft molekularbiologisch. In epidemiologischen Studien kann es sinnvoll sein, mehrere Typisierungsverfahren zu kombinieren, um die Sicherheit der Ergebnisse zu erhöhen.

Phänotypisierung

Eine alleinige phänotypische Einordnung der verschiedenen Campylobacter spp.

bereitet durch die variierende Morphologie, die relative biochemische Inaktivität und diverse, uneinheitliche Antibiotika-Resistenzen vor allem in der Reproduzierbarkeit als auch in einer Standardisierung der Methoden erhebliche Schwierigkeiten. Neben einer Einordnung über die mikroskopische und Koloniemorphologie sowie dem Gram-Verhalten sind typische biochemische Untersuchungen die Oxidase-Reaktion und die Katalase-Reaktion (ROOP et al. 1984). Ein auf biochemischen

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Literaturübersicht 9 Untersuchungen basierendes Schema differenziert 18 Campylobacter-Spezies (BOLTON et al. 1992), ein erweitertes Schema charakterisiert insgesamt 37 taxonomische Gruppen von Campylobacter, Heliobacter und Arcobacter (ON u.

HOLMES 1995). Zur Unterscheidung von C. jejuni und C. coli ist die Hippurat- Hydrolyse eine etablierte, aber keine sichere Methode (SKIRROW u. BENJAMIN 1980b). Denn TOTTEN et al. (1987) haben Isolate von C. jejuni subsp. doylei nachgewiesen, die Hippurat nicht lysieren können. Auch die H2S-Hydrolyse, Nitrat- Reduktion, Urease-Bildung und Indoxyl-Acetat-Hydrolyse sowie die Resistenz gegenüber Cefalotin und Nalidixinsäure können zur Speziesdifferenzierung herangezogen werden (SKIRROW u. BENJAMIN 1980a; VANDAMME et al. 2000).

(Tab. 2)

Tabelle 2: Identifizierung und Differenzierung von ausgewählten thermophilen Campylobacter spp. nach VANDAMME et al. (1991; 1992)

C. jejuni C. coli C. lari C. upsaliensis

Gram-Verhalten negativ

Morphologie kleine, gewundene oder spiralige Stäbchen

Oxidase Reaktion positiv positiv positiv positiv Katalase Reaktion positiv positiv positiv schwach

positiv Motilität positiv positiv positiv positiv Nitrat Reduktion positiv positiv positiv positiv Urease Reaktion negativ negativ variabel negativ Wachstum bei 25°C negativ negativ negativ negativ Wachstum bei 41,5°C auf

Blutagar, mikroaerob, 24-48h positiv positiv positiv positiv Wachstum bei 41,5°C auf

Blutagar, aerob, 24-48h negativ negativ negativ negativ H2S Produktion

auf Eisen-III-Zucker-Agar negativ variabel negativ negativ Indol Hydrolyse positiv positiv negativ positiv Hippurat Hydrolyse positiv negativ negativ negativ Nalidixinsäure Sensibilität sensitiv sensitiv resistent sensitiv Cefalotin Sensibilität resistent resistent resistent sensitiv

Eine Serotypisierung kann als antikörper-basierte Untersuchung über Immunoassays, mittels ELISA oder Agglutinations-Reaktionen sichtbar gemacht werden. Zwei auf unterschiedlichen Antigen-Gruppen orientierte Serotypisierung- Schemata sind entwickelt worden: das Lior-Schema weist mittels poly- und monoklonaler Antikörper hitze-labile H-Oberflächen-Antigene in der Objektträger- agglutination nach, das Penner-Schema basiert auf dem Nachweis löslicher, hitze- stabiler O-Oberflächen-Antigene durch passive Hämagglutination. Man unterscheidet derzeit über 160 Serogruppen von C. jejuni, C. coli und C. lari. Kombiniert erweisen

(24)

Literaturübersicht 10 sich diese beiden Serotypisierungsverfahren als hoch diskriminierend (NACHAMKIN et al. 1998). Dennoch gibt es einen hohen Anteil nicht-phänotypisch einordbarer Isolate (WASSENAAR u. NEWELL 2000). So gelten genotypische Differenzierungs- methoden gerade bei weniger häufigen Spezies als spezifischer und verlässlicher (DINGLE et al. 2005). Campylobacter spp. können zusätzlich aufgrund der Expression von Phagenrezeptoren über ein spezifisches Lysisprofil mithilfe von 16 Campylobacter-Bakteriophagen charakterisiert werden. Basierend auf ihren lytischen Fähigkeiten können mit Hilfe dieser 16 Phagen die jeweiligen, bestimmten Campylobacter-Stämme typisiert werden (FROST et al. 1999).

Genotypisierung

Genotypische Verfahren sind in ihrer Aussagekraft den serotypischen Methoden überlegen (HANNINEN et al. 1999; RAUTELIN et al. 1999; NIELSEN et al. 2000;

WASSENAAR u. NEWELL 2000). Die nachgewiesenen chromosomalen Unterschiede in Genotypen sind stabil und stark diskriminierend, daher sind diese Methoden gut reproduzierbar und unabhängig von Kulturbedingungen oder Expression bestimmter Antigene. Besonders für epidemiologische Studien sind die Pulsfeldgelelektrophorese (PFGE), das Flagellin-Typing (fla typing) und die AFLP (Amplified Fragment Length Polymorphism) weit verbreitet (WASSENAAR u.

NEWELL 2000). Die sequenz-basierten Methoden der Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) mit RFLP (restriction fragment length polymorphism) und das Multilocus- Sequenz-Typing (MLST) sind für vertiefende Untersuchungen durch ihren höheren Diskriminierungsgrad und die Vertrauenswürdigkeit besser geeignet (DINGLE et al.

2005). Das MLST ist eine genotypische Differenzierungsmethode mit einem hohen Maß an Reproduzierbarkeit und Übertragbarkeit der Ergebnisse. Für die verlässliche Sequenzierung von Campylobacter spp. werden sieben House-keeping Gene analysiert. Diese speziellen Gene sind in allen Isolaten vorhanden und in den stabilen, möglichst gering veränderlichen Bereichen der Genfragmente lokalisiert, weisen aber ausreichend Allel-Variationen auf, um ein hohes Diskriminierungs- potential zu gewährleisten. So können sicher Subtypen und genetische Verwandt- schaft der Isolate erkannt werden (MAIDEN et al. 1998; DINGLE et al. 2001;

MAIDEN 2006).

(25)

Literaturübersicht 11 2.3 Quellen und Reservoire von Campylobacter spp.

Campylobacter spp. sind asymptomatische Kommensalen der normalen Darmflora vieler warmblütiger Tiere, die so Reservoir und Infektionsquelle für den Menschen sein können (HUMPHREY et al. 2007b). Bei landwirtschaftlichen Nutztieren wie Schweinen, Rindern und Schafen als auch bei Haus- und Heimtieren sind Campylobacter spp. regelmäßig aus dem Gastrointestinaltrakt zu isolieren (Tab. 4-7) (NACHAMKIN 2001). Vögel mit einer Körpertemperatur von 42°C, besonders Nutzgeflügel, scheinen die bevorzugt besiedelten Wirte von Campylobacter spp. zu sein (EFSA 2011b) (Tab. 8 und 9). Konsequenterweise findet man demnach Campylobacter spp. durch den fäkalen Eintrag von Wild- und Nutztieren weit verbreitet in der Umwelt. Während Oberflächengewässer wie Flüsse und Badeseen regelmäßig durch den Eintrag von Jauche und Düngemist kontaminiert sind, ist der Nachweis in Grund- und Brunnenwasser eher selten (MOORE et al. 2001) (Tab. 3).

(26)

Literaturübersicht 12 Tabelle 3: Vorkommen von Campylobacter spp. in der Umwelt

Untersuchungsmaterial Herkunft der Proben Ergebnisse Autoren

Acker und Gewässer Verschiedene europäische Länder

Campylobacter spp.

nachweislich als Eintrag durch Exkrete wildlebender Tiere.

Schwankungen jahreszeitlich, durch Licht, Trockenheit und Nährstoffmangel bedingt

HIETT et al. (2002);

HALD et al. (2004b) JONES (2001);

MEERBURG et al.

(2006)

Grundwasser Skandinavien

Durch mangelnde Grundwasser- Desinfektion im ländlichen

Skandinavien vermehrt C. jejuni Infektionen

STANLEY et al.

(1998); HANNINEN et al. (2003)

Brunnenwasser Finnland

Schwimmen in

natürlichen Gewässern stellt durch

Campylobacter spp.

Risikofaktor da

SCHONBERG-NORIO et al. (2004)

Sechs Badeseen Niederlande

58 bis 92 % mit MPN Werten von 0,2 bis 160 pro 100 ml mit 48 % C.

coli, 29 % C. lari und 23 % C. jejuni (n=222)

JACOBS-REITSMA et al. (2003)

Leitungs-, Brunnen- und Bohrlochwasser, Flaschenwasser, Swimming Pools, Seen, Flüsse, Meer

Nordirland

Unbehandeltes Ober- flächenwasser als Kontaminationsquelle für Campylobacter spp.

Prävalenz in Brunnen- wasser: 9,1%, Seen:

41,7%, Flüsse: 87,5%

MOORE et al. (2001)

395 Flusswasserproben

über drei Jahre Kanada

Campylobacter spp.

Prävalenz 57-79%, Campylobacter lari meist isolierte Spezies

VAN DYKE et al.

(2010)

279 Bodenproben, 143 Wasserproben, 102

Schaffaeces Kanada

92/524 Proben Campylobacter spp.

positiv (17,6%), Bodenproben: 22,3%, Wasser: 14,7%, Faeces: 8,7% ohne signifikante

Unterschiede bezogen auf vorherigen Kontakt zu Schafen

SUTHERLAND et al.

(2009)

Campylobacter spp., insbesondere C. coli werden regelmäßig bei gesunden Schweinen nachgewiesen und gelten als Kommensalen des Schweins (HARVEY et al. 1999; ALTER et al. 2005) (Tab. 4).

(27)

Literaturübersicht 13 Tabelle 4: Vorkommen von Campylobacter spp. bei Schweinen

Untersuchungsmaterial Herkunft der Proben Ergebnisse Autoren 595 Schlachtkörper von

Mastschweinen USA, Texas

Campylobacter spp.

Prävalenz 70-100%, C.

coli zu 60%

C .jejuni zu 31%

HARVEY et al. (1999)

330 Mastschweine aus

15 Betrieben Deutschland

Prävalenzsteigerung von 0% (Geburt) bis 79,1% (Mastende), Isolate zu 100% C. coli

ALTER et al. (2005)

359 Schweine- und

Umgebungsproben Kanada

Campylobacter spp.

Prävalenz 131/359, davon 118 Isolate als C. coli identifiziert

FARZAN et al. (2010)

292 lebende Schweine,

254 Schlachtkörpern USA

Campylobacter spp.

Prävalenz 526/546, 100% C. coli, C. coli Prävalenz 55.8% im Betrieb, 26% im Schlachthof

GEBREYES et al.

(2005)

Schweine- Schlachtkörper,

Schlachtnebenprodukte und tech. Equipment des Schlachthofs

USA

Campylobacter spp.

Prävalenz

Rektalproben 100%, Kolonproben 80%, Schlachtkörpern nach Entbluten 33%, vor Kühlung 7%, nach Kühlung über Nacht 0%; tech. Equipment:

4,8% Ausrüstung:

3,3%, insg. 75% C.

coli, 1% C. jejuni

PEARCE et al. (2003)

Landwirtschaftliche Nutzwiederkäuer sind häufig mit thermophilen Campylobacter spp. kolonisiert, ohne dass dies zu klinischen Erscheinungen führt (Tab. 5) (STEINER et al. 1997; BUSATO et al. 1999). Bei Rindern können oft mehrere unterschiedliche Campylobacter spp. wie C. jejuni, C. hyointestinalis, C. fetus subsp.

fetus und C. sputorum isoliert werden. Auch multiple Besiedlungen mit mehr als einer Spezies kommen vor (ATABAY u. CORRY 1998). Die Relevanz von Campylobacter spp. als Erreger von bedeutenden, verlustreichen Tierseuchen bei landwirtschaftlichen Nutzwiederkäuern ist lange bekannt (MCFADYEAN u.

STOCKMANN 1913), so wird die Deckinfektion der Rinder durch C. fetus subsp.

venerenalis verursacht (MACLAREN u. WRIGHT 1977; BAWA et al. 1991; HUM et al. 1994; CAMPERO et al. 2003; GIVENS 2006). Diese Deckinfektion gilt derzeit in Deutschland als getilgt.

(28)

Literaturübersicht 14 Tabelle 5: Vorkommen von Campylobacter spp. bei landwirtschaftlichen

Nutzwiederkäuern

Untersuchungsmaterial Herkunft der

Proben Ergebnisse Autoren

3959

Frischfleischproben von Rind, Lamm und anderen Tierarten (Hase, Hammel)

Großbritannien

Campylobacter spp. Prävalenz 7,2%, Prävalenz Lamm 7,4%, Rind 4,7%, andere Tierarten 10,4%, 65.8% C. jejuni, 29.3% C.

coli

LITTLE et al.

(2008)

120 Schafherden, 124 Mastrindherden, 82

Milchkuhherden Spanien

Campylobacter spp. Prävalenz:

Milchvieh: 67,1%, Mastrinder:

58,9%, Schafe: 55%, insg. 20,7%

C. jejuni

OPORTO et al.

(2007) Rinder

3-17 Monate alte Kälber

auf 56 Rinderfarmen Großbritannien Campylobacter spp. Prävalenz

von 62,5% ELLIS-IVERSEN et al. (2009)

Intestinalinhalt von Rindern während der

Schlachtung Großbritannien Campylobacter spp. Prävalenz

von 54,6 % MILNES et al.

(2009)

107 Schlachtrinder

107 Rindfleischproben Tansania

Campylobacter spp. Prävalenz Schlachtrinder 5,6%,

Schlachtkörpern nach der Schlachtung 9,3%, Rindfleisch 1,9%, davon

88,9% C .jejuni, 11,9% C. coli

NONGA et al.

(2010)

2776 Rinderkotproben an verschiedenen

Stalllokalisationen Kanada

Campylobacter spp. Prävalenz an 7 Futterplätzen: 76%-95%.

Campylobacter spp. Prävalenz 87%, davon 69% C. jejuni;

HANNON et al.

(2009) Schafe

610 gesunde Schafe:

Darminhalt, Galle, Faeces

Nordirland

Campylobacter spp. Prävalenz 49,5%, davon 34,1% C. jejuni, 33,1% C. coli, in 11,9% beide Spezies

ACIK u.

CETINKAYA (2005) 272 Schaflebern Neuseeland

Campylobacter spp. Prävalenz 66,2%, davon 106/180 C. jejuni,

>50% Übereinstimmungen zu humanen klinischen Fällen

CORNELIUS et al.

(2005) 863 Schafe und Rinder Großbritannien Campylobacter spp. Prävalenz

201/863, Prävalenz Rind: 22%, Schaf: 25%

ROTARIU et al.

(2009)

Schadnager und Insekten, besonders Fliegen, sind durch ihre allgegenwärtige Präsenz und den engen wechselseitigen Kontakt zu wildlebenden und domestizierten Tieren als Vektoren für Campylobacter spp. bekannt. Da Fliegen und Insekten vor allem in der warmen Jahreszeit vermehrt auftreten und eine erhöhte Aktivität zeigen, wurde eine Verbindung zu dem saisonalen Verlauf der humanen Campylobacteriose und der Übertragung von Campylobacter spp. durch Fliegen in Betracht gezogen (NICHOLS 2005). (Tab. 6)

(29)

Literaturübersicht 15 Tabelle 6: Vorkommen von Campylobacter spp. bei Schadnagern und Insekten

Untersuchungsmaterial Herkunft der Proben Ergebnisse Autoren Fliegen aus der

Umgebung von Geflügelbeständen

Dänemark Schweden

Campylobacter spp.

Prävalenz 8,2 % Campylobacter spp.

Prävalenz 0%-2%

HALD et al. (2004b) HANSSON et al.

(2007a)

Fliegen aus

Geflügelbeständen und Schweineställen

Norwegen

Campylobacter spp.

Prävalenz Geflügel- bestände 51%

Schweineställe 43%, ings. 90% C. coli, 6%

C. jejuni

ROSEF u.

KAPPERUD (1983) Ratten und Mäuse aus

der Umgebung von Hühner- und

Schweinemastanlagen

Niederlande Campylobacter spp.

Prävalenz Mäuse 8/83, Ratten 1/8

MEERBURG u.

KIJLSTRA (2007) Schwarze Ratten Portugal Campylobacter spp.

Prävalenz 57,4%

(31/54)

CABRITA et al. (1992)

C. upsaliensis wird regelmäßig bei Hunden und Katzen isoliert, C. helveticus hauptsächlich bei Katzen. Neben C. jejuni sind diese als die vorherrschenden Spezies anzusehen (Tab. 7). Der enge Kontakt mit an Durchfall erkrankten Welpen sowie regelmäßiger Kontakt zu Hunden und Katzen im Haushalt wurden als Risikofaktoren für eine Infektion mit C. jejuni identifiziert (EFSA 2005b; DOORDUYN et al. 2010).

(30)

Literaturübersicht 16 Tabelle 7: Vorkommen von Campylobacter spp. bei Haus- und Heimtieren

Untersuchungsmaterial Herkunft der Proben Ergebnisse Autoren 366 Tupferproben von

Hunden Dänemark

Campylobacter spp.

Prävalenz 278/366 davon 75% C.

upsaliensis, 19,4% C.

jejuni

HALD et al. (2004a)

51 Katzenkotproben USA

Campylobacter spp.

Prävalenz 92%, 83%

C. helveticus, 47% C.

upsaliensis, and 6% C.

jejuni

SHEN et al. (2001)

34 Hundekot- und 6

Katzenkotproben Niederlande

Isolation von C.

upsaliensis C.

helveticus und C.

jejuni, 3/34 canine und 4/6 feline Proben mit

>1 Spezies kolonisiert

KOENE et al. (2009)

256 Hunde- und 187

Katzenkotproben Australien

C. upsaliensis Prävalenz: Katzen 11%, Hunde 34%; C.

jejuni Prävalenz:

Katzen 4%, Hunde 7%;

C. coli Prävalenz:

Hunde 2%

BAKER et al. (1999)

130 Hunde- und 51

Katzenkotproben Barbados

Campylobacter spp.

Prävalenz: Hunde 46,9%, davon 51.5%

C. jejuni, Katzen 37,3%, v.a. C.

upsaliensis und C.

helveticus

WORKMAN et al.

(2005)

Rektaltupfer: 147 Haushunde, 35 Hauskatzen mit verschiedenen

Krankheitsgenesen, u.a.

gesund und Gastroenteritiden

Irland

Campylobacter spp.

Prävalenz in Katzen 42,9%, in Hunden 41,5%, C. upsaliensis häufigstes Isolat, besonders hohe Prävalenzen bei Diarrhoe und im Alter

<6 Monate

ACKE et al. (2006)

361 Rektaltupfer von

Hunden und Katzen Irland

Campylobacter spp.

Prävalenz von 45,2%, 50,0% C. upsaliensis, 41,9% C. jejuni

ACKE et al. (2009)

500 Fäkalproben und 500 Schlachtkörper von

Kaninchen Schweiz

Campylobacter spp.

Prävalenz Faeces 2/500, Schlachtkörper 0/500

KOHLER et al. (2008) Kaninchen und

Meerschweinchen in

Versuchshaltung Deutschland C. jejuni isoliert WEBER et al. (1982)

Als Reservoir in der Umwelt und für den Eintrag von Campylobacter spp. in Nutztierbestände haben Wildvögel eine große Bedeutung (KAPPERUD u. ROSEF 1983; GREGORY et al. 1997; CRAVEN et al. 2000; STANLEY u. JONES 2003). Da

(31)

Literaturübersicht 17 die Kolonisation mit Campylobacter spp. bei Vögeln asymptomatisch ist, werden Campylobacter spp. als enterale Kommensalen angesehen (KAPPERUD u. ROSEF 1983; PACHA et al. 1988; WALDENSTROM et al. 2002) (Tab. 8).

Tabelle 8: Vorkommen von Campylobacter spp. bei Wildvögeln

Untersuchungsmaterial Herkunft der Proben Ergebnisse Autoren 204 lebende Fasane Italien Campylobacter spp.

Prävalenz 43,3 % DIPINETO et al. (2008) 445 freilebende und

domestizierte Vögel USA

Campylobacter spp.

Prävalenz 10,1%

Galliformes: 25,2%, Anseriformes: 12,9%, Columbiformes: 8,3%

YOGASUNDRAM et al. (1989)

Gesammelter

Wildvogelkot in der Nähe

von vier Broilerfarmen USA C. jejuni Prävalenz

0%-50% CRAVEN et al. (2000)

137 C. jejuni-Isolate aus

Wildvögeln Schweden

Antibiotika-

Resistenzen bei 100%

der Campylobacter spp. Isolate u.a. gegen Ciprofloxacin

WALDENSTROM et al.

(2005)

52 erlegte Fasane Deutschland Campylobacter spp.

Prävalenz 25,9 % ATANASSOVA u.

RING (1999) 1794 Zugvögel Schweden Bei 5,6 % der Vögel C.

lari, bei 5,0 % C. jejuni, und bei 0,9 % C. coli

WALDENSTROM et al.

(2002) 247 Wattvögel, Gänse

und Rinder auf

Küstenweiden Schweden

Campylobacter spp.

Prävalenz 113/247 bei Urease positiven Campylobacter spp.

(UPTC), davon C.

jejuni: 16/247

WALDENSTROM et al.

(2007)

Wirtschaftsgeflügel einschließlich dem gewonnenen Geflügelfleisch und -produkten wird eine wesentliche ätiologische Bedeutung für die humane Campylobacteriose beigemessen (HANNINEN et al. 2000; WILSON et al. 2008; TAM et al. 2009;

OPORTO et al. 2011). Campylobacter werden seit Jahren mit steigenden Raten in Wirtschaftsgeflügel weltweit nachgewiesen (EFSA 2005b). Besonders hoch ist die Kolonisation im Blinddarm mit Keimzahlen von 105 bis 109 KbE/g Darminhalt (CAWTHRAW et al. 1996; ACHEN et al. 1998) (Tab. 9).

(32)

Literaturübersicht 18 Tabelle 9: Vorkommen von Campylobacter spp. bei Wirtschaftsgeflügel

Untersuchungsmaterial Herkunft der Proben Ergebnisse Autoren

Broilerherden im

Schlachthof Europa

Campylobacter spp.

Prävalenz 3-91 % dabei Nordeuropa (Finnland, Norwegen, Schweden) mit Werten unter 20 % deutlich niedriger als südliche Länder und Mittel- europa (Italien, Österreich) mit 91 und 65 %.

EFSA (2005a)

Broilerherden im

Schlachthof Europa

Campylobacter spp.

Prävalenz in 2006/2007 Dänemark:

29,9% / 26,8%

Deutschland:

22,5% / 78,4%

Frankreich:

81,7% / 80,2%

Österreich:

52,2% / 60%

Slowenien:

72,3% / 75,3%

Schweden:

13,8% / 12,6%

Tschechische Republik:

48,7% / 45,1%

Ungarn:

10%

EFSA (2007, 2009)

32 Broilerherden aus

acht Betrieben USA Campylobacter spp.

Prävalenz 87,5% STERN et al. (2001) Blinddarminhalt von 24

Broilern Großbritannien USA

Campylobacter- Keimzahlen von 10(ACHEN et al. 1998)6 bis 109 KbE/g Darminhalt

ACHEN et al. (1998)

360 Broiler Großbritannien Campylobacter spp.

Prävalenz 99% WALLACE et al.

(1997) 1512 Puten USA

Campylobacter spp.

Prävalenz 86,6%, davon 52% C. jejuni und 35% C. coli

WRIGHT et al. (2008) 40 Kloakentupfer von

Gänsen Türkei C. jejuni Prävalenz:

100% AYDIN et al. (2001) 97 Legehennen, 100

Broiler, 48 Gänse, 36

Enten Polen

Campylobacter spp.

Prävalenz:

Legehennen 61%, Broiler 63% Gänse 54%, Enten 81%

WIELICZKO (1994)

(33)

Literaturübersicht 19 Wirtspräferenz von Campylobacter spp.

Für C. jejuni und C. coli konnte eine unterschiedliche Wirtspräferenz in der Nutztierpopulation beobachtet werden. In einer europaweiten Studie stellte die EFSA 2007 eine Verteilung von C. jejuni in 42,5% der Geflügelisolate, in 86,8% der Rinderisolate und in 2,1% der Schweineisolate vor, während C. coli 13,1% der Geflügelisolate, 9,5% der Rinderisolate und 87,1% der Schweineisolate ausmachte (EFSA 2009). Auf nationaler Ebene konnten korrespondiere Ergebnisse verzeichnet werden: In Großbritannien waren in einer nationalen Studie im Schlachthof der nachgewiesenen Isolate bei Rindern 9% C. coli, bei Schafen 34% und bei Schweinen 90%, während C. jejuni in 81% der Isolate der Rinder, in 65% der Isolate der Schafe und in 4% der Isolate der Schweine identifiziert worden ist. (MILNES et al. 2009). In einer Studie britischer Geflügelherden in der Schlachtung konnte zu 77% C. jejuni und zu 23% C. coli festgestellt werden (FRASER et al. 2010). Auch in Norwegen wurden ähnliche Ergebnisse beobachtet, hier wurde bei Geflügelisolaten aus der Schlachtung zu 91% C. jejuni, zu 7% C. coli und zu 2% C. lari nachgewiesen (HOFSHAGEN u. KRUSE 2005). Bei Broilern sind C. jejuni mit Isolierungsraten von 4-100 % und C. coli mit Isolierungsraten von 5-70 % die dominierenden Spezies (EFSA 2007). Im Durchschnitt sind etwa 2/3 der Isolate des Geflügels C. jejuni und 1/3 C. coli zuzuordnen (BERNDTSON et al. 1996; WEDDERKOPP et al. 2001;

NADEAU et al. 2002; DENIS et al. 2008).

2.4 Humane Campylobacteriose

Seit 2005 sind thermophile Campylobacter spp. ätiologisch die häufigsten Verursacher Lebensmittel-assoziierter bakterieller Gastroenteritiden und die meist gemeldete bakterielle Zoonose in Deutschland und der EU (RKI 2006b; EFSA 2009, 2011a). Die humane Campylobacteriose hat seitdem in den gemeldeten Fallzahlen die Salmonellose übertroffen (RKI 2010, 2011). Die tatsächlichen Fallzahlen werden derzeit in der Europäischen Union auf neun Millionen Infektionen pro Jahr geschätzt, es wird daher von einer erheblichen Campylobacteriose-Dunkelziffer ausgegangen (EFSA 2011b). Die damit einhergehenden Konsequenzen für das Gesundheitswesen stellen eine enorme Belastung für das Gemeinwohl dar (MANGEN et al. 2005). In der EU 27 belaufen sich die Belastungen einer Campylobacter-Infektion zusammen mit den Spätfolgen auf 0,35 Millionen DALYs und Kosten von 2,4 Milliarden Euro pro

(34)

Literaturübersicht 20 Jahr (EFSA 2011b). Weltweit verursachen infektiöse Diarrhöen 72,8 Millionen DALYs pro Jahr, allein in Europa wird dabei von 1,4 Millionen DALYs pro Jahr ausgegangen.

Infektiöse Diarrhöen stellen damit nach den Atemwegsinfektionen die zweithäufigste gesundheitliche Belastung der Bevölkerung dar (WHO 2008). Die humane Campylobacteriose hat daher weltweit Bedeutung mit einer erheblichen Verbreitung in Industrie- als auch in Schwellen- und Entwicklungsländern.

2.4.1 Epidemiologie und Prädispositionen beim Menschen

Campylobacter-Gastroenteritiden sind weltweit und durch alle Gesellschaftsschichten hinweg verbreitet. Faktoren wie Lebensalter, Geschlecht, Lebensumstände und Lebenssituation, Reisen sowie die persönliche gesundheitliche Konstitution sind bei Etablierung und Verlauf dieser Erkrankung relevant. In Europa zeigt das Infektionsgeschehen der humanen Campylobacteriose einen saisonalen Verlauf, die Krankheitsfälle treten vermehrt in den warmen Sommermonaten auf (LOUIS et al.

2005; DENIS et al. 2009; BOYSEN et al. 2011; JORGENSEN et al. 2011a). In Nordeuropa erscheint dieser Ausschlag aus Daten von 1997-2007 besonders ausgeprägt in Finnland, gefolgt von Island und Dänemark, während in den Niederlanden der am wenigst ausgeprägteste Ausschlag beobachtet wurde (JORE et al. 2010). In einer vergleichbaren Studie (KOVATS et al. 2005) wurde ein solcher saisonaler Zusammenhang für Südeuropa nicht beschrieben, die Fallzahlen gipfelten eher im Frühling (Griechenland und Malta) oder wurden kaum sichtbar (Spanien), während in Großbritannien, Irland, Dänemark, den Niederlanden, der Schweiz und Tschechischen Republik ein Anstieg im Sommer beobachtet werden konnte.

2.4.2 Ätiologie der humanen Campylobacteriose

In der EU treten die Mehrheit der Erkrankungsfälle sporadisch auf, Ausbrüche durch kontaminierte Lebensmittel sind selten (FROST 2001; BRONZWAER et al. 2009). In 2008 wurde ein Prozent der gesamten humanen Campylobacteriose-Erkrankungen auf Ausbrüche zurückgeführt (RKI 2009). Dabei wird von einer geringen Infektionsdosis ausgegangen (ROSENQUIST et al. 2003). Die minimale Infektionsdosis von C. jejuni wird vielfach mit ≤ 500 KbE angegeben (ROBINSON 1981; WALLIS 1994), besonders bei Kindern scheinen 100 KbE ausreichend zu sein (TEUNIS et al. 2005). In Studien von BLACK et al. (1988) sowie MEDEMA et al.

(35)

Literaturübersicht 21 (1996) wird die Minimaldosis im Bereich von 8x102 bis 2x109 KbE angegeben. So kann ausgehend von den Reservoiren in Umwelt, Tieren und Lebensmitteln Campylobacter spp. auf unterschiedlichsten Routen auf Menschen übertragen werden. Eine Transmission zum Menschen kann direkt als auch indirekt erfolgen, während die Übertragung von Mensch zu Mensch nur eine geringe Rolle spielt (BLASER et al. 1981). Direkt erfolgt eine Infektion oft über den Kontakt zu Tieren, indirekt werden die Erreger am häufigsten im Rahmen der Lebensmittelkette auf den Menschen übertragen. Dem Umgang, der Zubereitung und dem Konsum von kontaminiertem Geflügelfleisch wird besonders große ätiologische Bedeutung beigemessen (EFSA 2005b; LUBER 2009; EFSA 2011b). Geflügelfleisch und Geflügelfleischprodukte werden somit als ein besonders belastetes Reservoir angesehen (ALTEKRUSE et al. 1999; RKI 2008). Häufig kommen im Haushalt Kreuzkontaminationen während der Zubereitung von kontaminiertem Geflügelfleisch über Kontamination von Koch- und Küchenutensilien vor. Während der Zubereitung können so Zutaten wie Salat und Gemüse zum Rohverzehr mit Campylobacter spp.

kontaminiert werden (OOSTEROM et al. 1984; VERHOEFF-BAKKENES et al. 2011).

Die Anzahl der übertragenen Keime hängt dabei von der ursprünglichen Konzentration auf dem Geflügelfleisch ab (VERHOEFF-BAKKENES et al. 2008).

Diese kontaminierten Lebensmittel stellen ein zusätzliches Risiko für die Infektion mit Campylobacter dar. Weitere wichtige Infektionsquellen sind Rohmilch (DOYLE u.

ROMAN 1982c; JAYARAO et al. 2006), rohes Schweine- oder Rindfleisch (ZHAO et al. 2001; EFSA 2007) sowie unbehandeltes Trinkwasser und dadurch kontaminiertes Obst und Gemüse (COOLS et al. 2003). Im Gegensatz zu Salmonella können Campylobacter spp. sich nicht außerhalb des Wirtes weiter vermehren, trotzdem überleben sie über längere Zeit in entsprechender Umgebung bei feuchten, kühlen Bedingungen ohne den Einfluss von direkter UV-Strahlung. So bleiben Campylobacter-Kontaminationen in der Lebensmittelkette unter den vorherrschenden feuchten Kühlbedingungen bis in den Handel erhalten. Bei der Schlachtung von fleischliefernden Tieren kann Campylobacter spp. aus dem Darminhalt die Schlachtkörper kontaminieren, besonders bei der automatisierten Schlachtung von Geflügel ist dies häufiger der Fall als bei anderen landwirtschaftlichen Nutztieren (EFSA 2010b). Daher ist das Fleisch von Rind und Schwein aufgrund der unterschiedlichen Schlachttechnologien und Lagerbedingungen weniger belastet als Geflügelfleisch und stellt ein geringes Risiko dar (EFSA 2010; ALTER et al. 2011).

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Literaturübersicht 22 Weitere Infektionsquellen können verunreinigte Oberflächengewässer sowie der Kontakt zu landwirtschaftlichen Nutztieren und zu Haus- und Heimtieren, vor allem zu infizierten Welpen sein. In einer Risikoabschätzung der EFSA wurden vor allem der Verzehr von nicht ausreichend erhitztem Geflügelfleisch und -leber, der Umgang mit rohem Geflügelfleisch, das Trinken von unbehandeltem Wasser sowie Rohmilch und der Verzehr von Rohmilchprodukten sowie von Geflügel-, Schweine- und Rindfleisch als Risikofaktoren genannt (EFSA 2005b).

Es wird derzeit davon ausgegangen, dass der Umgang, das Zubereiten und der Verzehr von kontaminiertem Geflügelfleisch etwa 20-30% der humanen Campylobacteriose-Fälle auslöst und dass 50-80% der Erkrankungsfälle auf das Geflügelreservoir insgesamt zurückzuführen sind, da zusätzlich Isolate des Geflügels auch über andere Quellen wie Umweltkontaminationen oder über den direkten Kontakt zu lebendem Geflügel Eintrag in den Infektionszyklus der Menschen finden können (EFSA 2010b). Es wird daher angenommen, dass eine quantitative Campylobacter-Reduktion effektiv die Fallzahlen der humanen Campylobacteriose in der EU senken kann (BRONZWAER et al. 2009; NAUTA et al. 2009). Quantitative mikrobielle Risikoabschätzungen postulieren, dass die Minimierung der Campylobacter-Last auf Geflügelfleisch in dem signifikanten Rückgang der humanen Fallzahlen resultiert (HARTNETT et al. 2001; ROSENQUIST et al. 2003; NAUTA et al. 2007). In Deutschland zeigen quantitative Risikoabschätzungen, dass etwa 47%

der gemeldeten Campylobacteriosen auf Hähnchenfleisch zurückgeführt werden können (LUBER u. BARTELT 2005). Die Verwandtschaft von humanen Campylobacter-Isolaten aus klinischen Proben und Campylobacter aus der Lebensmittelkette konnte mehrfach nachgewiesen werden (ON et al. 1998;

SHEPPARD et al. 2009). Zahlreiche Studien haben eine genetische Überschneidung zwischen bei Menschen und Broilern isolierten Campylobacter-Genotypen gefunden (HANNINEN et al. 2000; OPORTO et al. 2007; WILSON et al. 2008). Zudem wurden Virulenzfaktoren, die mit Enteritis und neuronalen Symptomen beim Menschen in Zusammenhang gebracht wurden, in C. jejuni-Isolaten aus Geflügelfleisch des Einzelhandels gefunden (ZHENG et al. 2006; HABIB et al. 2009). Auch in Fallkontroll-Studien hat sich Geflügelfleisch mehrfach als signifikanter Faktor für die humane Campylobacteriose herausgestellt (VELLINGA u. VAN LOOCK 2002; TAM et al. 2009). So wurden nach dem Dioxinskandal 1999 in Belgien Geflügelfleisch und

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Literaturübersicht 23 Geflügelfleischprodukte für vier Wochen vom Markt genommen, in dieser Zeit sank die Inzidenz der humanen Campylobacteriose um geschätzte 40% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (VELLINGA u. VAN LOOCK 2002). Die meisten humanen Erkrankungsfälle werden derzeit von den thermophilen Spezies C. jejuni und C. coli hervorgerufen, 80-90% der Infektionen sind auf C. jejuni und 5-10% auf C. coli zurückzuführen (EFSA 2011b). In der EU war 2008 C. jejuni mit 44,3% die am häufigsten isolierte Spezies aus Proben von klinisch erkrankten Patienten, es folgt C. coli mit 2,7%. Andere Campylobacter-Spezies wurden zusammengefasst und machten 6,9% der Isolate aus. Die verbleibenden 46% der Isolate wurden nicht näher differenziert (EFSA 2009).

2.5 Campylobacter spp. in der Broilerproduktion

In industrialisierten Ländern ist Broilerfleisch durch die ausgewogene Nährstoffbilanz und den relativ niedrigen Preis im Gegensatz zu anderen Fleischsorten sehr beliebt und wird häufig verzehrt. Die Europäische Union ist mit 13% Marktanteil der drittgrößte Produzent für Geflügelfleisch weltweit. Weiterhin nahm die Geflügelerzeugung mit 11,6 Millionen t nach der Schweinemast den zweitgrößten Produktionssektor innerhalb der EU in 2008 ein. Die Produktion von Broilern, also zur Fleischerzeugung gehaltene Masthühner, macht dabei 75% aus, auf die Putenproduktion entfallen 16% und auf die Produktion von Enten vier Prozent (EFSA 2010a). In Deutschland befindet sich die Geflügelfleischproduktion in einem steten Wachstum mit steigenden Verbrauchszahlen und einer Bruttoeigenerzeugung von 1,424 t im Jahr. Insgesamt wird für 2009 der Pro-Kopf-Verbrauch an Geflügelfleisch mit 18,6 kg kalkuliert und liegt somit um 300 g über dem Ergebnis von 2008. Diese Marktsteigerung wird hauptsächlich dem Zuwachs am Hühnermarkt (Broiler und Suppenhühner) zugeschrieben, da stieg der Pro-Kopf-Verbrauch auf einen Wert von 11,3 kg bei einem Selbstversorgungsgrad von 105,3%. Dabei erreichen Broiler die überwiegenden Menge von 10,7 kg. Frischware hat in Deutschland mit einem Anteil von 73% die größte Bedeutung am Handelsumsatz (ZDG 2011). Die Kombination von steigenden Verzehrsraten und der hohen Kontamination des in vielen Haushalten be- und verarbeiteten Broilerfleisches mit der niedrigen Infektionsdosis von Campylobacter spp. stellt ein erhebliches gesundheitliches Risiko für die Bevölkerung dar.

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Literaturübersicht 24 Stufen der Broilerproduktion

Broiler werden vornehmlich in geschlossenen, konventionellen Intensiv-System Ställen gehalten, alternative Systeme wie Freiland- oder Biohaltung sind deutlich seltener. Die Eintagsküken werden je nach Zuchttyp und Marktvorgaben in fünf bis acht Wochen zur Schlachtreife gemästet. Durch die Richtlinie 2007/43/EG wird eine maximale Besatzdichte von 33kg/m² Stallfläche (unter bestimmten Bedingungen bis 39kg/m²) vorgegeben, die derzeitig gängige Mastpraxis ist daher eine teilweise Depopulation der Herde im zweiten Drittel der Mastzeit drei bis fünf Wochen später, ein sogenanntes Vorfangen. Dies erlaubt eine optimierte Gewichtszunahme der verbleibenden Tiere zur maximalen Ausschöpfung des vollen, genetischen Potentiales unter Wahrung der rechtlichen Vorgaben. Die Schlachtung der restlichen Herde erfolgt dann einige Tage, in der Regel eine Woche, später. Fängergruppen reisen dazu terminiert zu Vor- und Hauptfang von Betrieb zu Betrieb und benutzen dieselbe Ausrüstung sowie Fahrzeuge. Um die fäkalen Verunreinigungen während des Transports und Schlachtprozesses zu minimieren, wird den Tieren ausgehend von der Richtlinie 2007/43/EG ab maximal zwölf Stunden vor Eintreffen der Fängergruppen der Zugang zum Futter entzogen (EU 2007). Im Wartebereich des Schlachthofes werden die Transportkisten entladen und die Tiere verbleiben dort bis zur Schlachtung. Einzeln werden sie manuell der Schlachtlinie zugeführt, nach einer elektrischen oder CO2-Betäubung durch Halsschnitt getötet und entblutet, gebrüht sowie gerupft. Nach der automatisierten Eviszeration werden die Schlachtkörper von innen und außen gewaschen. Die Innereien erreichen parallel zu den Schlachtkörpern die Fleischuntersuchung nach Verordnung (EG) Nr. 854/2004. Die Schlachtkörper werden unverzüglich auf nicht mehr als 4°C gekühlt, z. T. weiter be- und verarbeitet oder direkt als Ganzes verpackt an den Handel abgegeben.

Die aktuelle Situation in Europa

In der EU ist der überwiegende Anteil der Broiler am Ende der Mast, beim Transport zum Schlachthof und während des Schlachtprozesses intestinal mit Campylobacter kolonisiert (EFSA 2010a). In einer Basis-Studie der EFSA im Jahre 2008 wurden 10132 Broilerherden aus 561 Schlachthöfen in 26 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sowie aus Norwegen und der Schweiz auf die Prävalenz von Campylobacter

Referenzen

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