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Archiv "Krankenhausfinanzierung: Plädoyer für marktwirtschaftliches System?" (18.02.1983)

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Die Deutsche Krankenhausge- sellschaft (DKG), Düsseldorf, der Bundesverband der Kran- kenhausträger in der Bundesre- publik Deutschland, hat Ende vergangenen Jahres ein Konzept zur Revision des Systems der Krankenhausfinanzierung und der Bedarfsplanung vorgelegt.

Gleichzeitig hat sie thesenartig Grundsätze für die Struktur und Organisation des ärztlichen Dienstes am Krankenhaus ent- wickelt. Neben diskussionswür- digen Vorschlägen enthält das DKG-Papier auch Vorstöße, die auf Widerspruch der Ärzteschaft stoßen müssen.

DEUTSCHES lffiZTEBLATT

Arztliehe Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Krankenhausfinanzierung

Plädoyer für markt-

wirtschaftliches System?

Einige Haken und Ösen im Thesenpapier der Krankenhausgesellschaft

Für eine grundsätzliche Abkehr vom geltenden Finanzierungs- und Planungssystem für den stationären Sektor des Gesundheitswesens und eine vermehrte Installierung marktwirtschaftlicher Elemente bei erweiterter Entscheidungsfreiheit der Krankenhausträger hat sich der Vorstand der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Düs- seldorf, in einem neuerlichen Thesenpapier ausgesprochen. ln einer

"Mängelliste" wird dem geltenden dualen Finanzierungssystem angelastet, daß die öffentlichen Haushalte ihren finanziellen Ver- pflichtungen in nicht mehr ausreichendem Umfang nachkämen, obwohl diese klar u. a. im Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) von 1972 gesetzlich definiert sind.

..".. Der Bundesverband der Krankenhausträger beziffert den infolge der "zusammengebrochenen Finanzierung" aufgelaufenen Antrags- stau auf rund 15 Milliarden DM. Darüber hinaus bewirkt die einnah- menorientierte Ausgabenpolitik der gesetzlichen Krankenversiche- rung (GKV) nach Darlegungen der DKG eine "notwendigerweise schleichende Aushöhlung des Selbstkostendeckungsprinzips". ..".. Ein Indiz dafür seien Berechnungen des Deutschen Städtetages, Köln, der die Betriebskostendefizite allein in den kommunalen Häu- sern auf eine halbe bis eine Milliarde DM pro Jahr beziffert. Die Folge: Städte und Kreise haben zusätzlich zu ihren gesetzlichen Verpflichtungen mit erheblichen Zuschüssen diese Defizite für den laufenden Betrieb der in ihrem Einzugsbereich liegenden Kranken- häuser ausgleichen müssen (und zwar mit seit 1974 exponentiell steigender Tendenz!).

Auch ist es bisher nicht gelungen, so jedenfalls die DKG, das Ange- bot an Leistungen über die Krankenhausbedarfspläne sowie mit Hilfe der Globalsteuerung mit dem Bedarf in Einklang zu bringen

~Sti~hworte: Bett~nberg, Fehllenkung, Über- und Unterinvestitionen ~ m emzelnen Reg1onen und Fachgebieten, zu wenig differenziertes Angebot u. a.).

Ausgabe A DEUTSCHES ARZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 7 vom 18. Februar 1983 19

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Die Information:

Bericht und Meinung Krankenhausfinanzierung

Nach den Vorstellungen der DKG soll vom bisher vollpauschalierten Pflegesatz abgegangen und auf echte Leistungsentgelte (bei wirt- schaftlicher Leistungserstellung) umgestellt werden, die sämtliche Kostenarten sowohl aus dem Be- reich der Anlagennutzung als auch des laufenden Betriebs ent- halten. Demnach soll das Prinzip der starren Trennung zwischen den Kosten der Anlagennutzung (Investitionsbereich) und dem des laufenden Betriebes vom Grund- satz her aufgehoben werden (kon- krete Aussagen zur Pflegesatzge- staltung und zum Planungssystem hat die DKG allerdings bislang noch ausgespart, sie sollen mög- licherweise zu einem späteren Zeitpunkt aufgefüllt werden). Wer- den die Vorhaltungskosten und der vom Krankenhaus zu leistende Schuldendienst in die Pflegesätze künftig eingerechnet, so müßten die Pflegesätze entsprechend (10 bis 15 Prozent?) und die Entgelte für die Selbstzahler erhöht wer- den. Entsprechend dürften die Beitragssätze zur Krankenversi- cherung um schätzungsweise 0,4 bis 0,6 Prozentpunkte steigen.

Dies könnte aber auch von den Krankenkassen möglicherweise geschluckt werden, um so einen noch stärkeren Einfluß auf die Krankenhausplanung zu nehmen und beim „Preisgeschäft" mitzu- mischen.

Die Bundesärztekammer favori- siert ebenfalls ein staatsfernes Fi- nanzierungssystem und empfiehlt darüber hinaus einen gesplitteten Pflegesatz. Dieser soll die einzel- nen Kostenkategorien grundsätz- lich getrennt ausweisen, um damit sowohl für die Träger als auch für die Benutzer der Krankenhäuser bessere Aufschlüsse über die fall- typischen oder die individuellen Kosten zu geben. Infolge einer Be- rechnung echter, kostenverursa- chungsgerechter Leistungsentgel- te wären eine bessere innerbe- triebliche Steuerung und Kontrol- le des Krankenhausbetriebs sowie eine für die Zahlungspflichtigen bessere Kosten- und Leistungs- transparenz vermittelbar.

Diese Finanzierung aus einer Hand („monistische Finanzie- rung") soll mehr Anreize für eine sparsame Wirtschaftsführung bie- ten (Erzielung von Gewinnen, Tra- gung des Verlustrisikos), gleich- zeitig aber auch den Interventio- nismus der öffentlichen Hand bei der derzeitigen Objektplanung und Investitionsmittelvergabe be- seitigen. Um die den Krankenkas- sen in Rechnung gestellten Ent- gelte zu entlasten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutra- gen, soll die öffentliche Hand auch in Zukunft Fördermittel gewähren (im Grunde ist dies aber ein Sy- stembruch im ordnungspoliti- schen Ansatz der Krankenhausfi- nanzierung). Diese sollten jedoch nicht für bestimmte Maßnah- men (zum Beispiel Investitionen) zweckgebunden sein; sie sollten vielmehr von den übrigen Kosten abgesetzt werden müssen. Nach wie vor sollen Neu-, Ersatz-, Um- und Erweiterungsbauten öffent- lich gefördert werden.

Die Krankenhausgesellschaft ver- spricht sich durch die einheitliche und auf das einzelne Krankenhaus ausgerichtete Finanzierung und ökonomisch stimulierte Betriebs- führung, daß die Rationalisie- rungsreserven besser ausge- schöpft werden, eine Vermutung, die durch ein Gutachten im Auf- trag des Bundesarbeitsministe- riums über „Auswirkungen von In- vestitionsmaßnahmen in Kranken- häusern auf die Benutzerkosten"

empirisch erhärtet wird (die Ren- diten solcher Investitionen werden in Teilbereichen auf über 30 Pro- zent veranschlagt!).

„Goldenen Zügel" lockern Um den „goldenen Zügel" der staatlichen Planung zu lockern, fordert die DKG zusätzlich zur mo- nistischen Finanzierung, die Posi- tion der Krankenhausträger und Krankenkassen an den überbe- trieblichen Planungen zu stärken.

Die Forderung der DKG, die Gren- zen zwischen ambulanter und sta- tionärer Versorgung in beiden

Richtungen zu lockern und so zu einer möglichst durchgängigen und durchlässigen Versorgung beizutragen, korrespondieren mit seit langem angemeldeten Forde-

rungen der Ärzteschaft insoweit, als die DKG ebenso wie diese für das kooperative Belegarztwesen eintritt und die Ermächtigung und Beteiligung von Krankenhausärz- ten an der kassenärztlichen Ver- sorgung befürwortet. Es können, so führt man aus, neben hauptbe- ruflich tätigen Ärzten auch Beleg- ärzte oder nebenberuflich am Krankenhaus beschäftigte Ärzte tätig sein. Es wird aber einschrän- kend festgestellt, daß dies nur dort geschehen soll, wo die Einrich- tung einer hauptberuflich geleite- ten Fachabteilung nicht sachge- recht ist, oder auf besonderen Spezialgebieten. Auf die beleg- ärztliche Tätigkeit wird dann noch einmal einschränkend als für die Bereiche der Grund- und Regel- versorgung (bis zu 300 Planbet- ten) geeignet hingewiesen und in diesem Zusammenhang nur am Rande auch die Praxisklinik für möglich gehalten.

Praxiskliniken werden als „Son- derform" der stationären ärztli- chen Versorgung neben her- kömmlichen Anstaltskrankenhäu- sern für solche Patienten bejaht, bei denen die ambulante Behand- lung durch einen in freier Praxis tätigen Arzt „unter einem Dach"

stationär weitergeführt werden kann. Auch hinsichtlich des vom Marburger Bund seit 1970 wieder- holt geforderten Teamarzt-Mo- dells als maßgebendes Struktur- und Organisationsprinzip des ärzt- lichen Dienstes zeigt sich die DKG offen — wenn auch nur durch halb- herzige verbale Bekundungen.

Die Beteiligung von Krankenhaus- ärzten an der ambulanten kassen- ärztlichen Versorgung wurde von der Ärzteschaft im Gegensatz zur DKG noch nie generell bei Sub- spezialitäten befürwortet. Die Ärz- teorganisationen haben vielmehr immer wieder betont, daß eine sol- che Beteiligung nur gerechtfertigt ist, wenn der Krankenhausarzt Lei- 20 Heft 7 vom 18. Februar 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

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1982 Durchschnittlicher Krankenhaus-

Pflegesatz in DM

Träger:

öffentlich-rechtlich

Zunahme 1982 gegen 1979 in Prozent

. 01111.11b.

Quelle: Verband der privaten Krankenversicherung

Private Krankenhäuser sind billiger

Der Krankenhausaufenthalt wird immer teurer. Mit 193 DM pro Tag lag der durchschnittliche allgemeine Pflegesatz im Sommer 1982 um nahezu ein Viertel (22,9 Prozent) über dem Stand vom Herbst 1979. Spürbar unter diesem Satz bleiben die Krankenhäuser in privater Trägerschaft: Sie verlangen 142 DM pro Tag und Patient. Ausschlaggebend für das günstigere Preis-Lei- stungs-Verhältnis privater Krankenhäuser dürfte neben sparsamerem Wirt- schaften vor allem die Konzentration auf kleine Einheiten sein iwd

Die Information:

Bericht und Meinung Krankenhausfinanzierung

stungen anzubieten hat, die in der ambulanten kassenärztlichen Ver- sorgung fehlen, also durch nieder- gelassene Ärzte nicht angeboten werden. Dies gilt für alle Fachge- biete und nicht nur für Subspezia- litäten. Man muß sogar feststellen, daß bei der zunehmenden Nieder- lassung von spezialisierten Ärzten gerade bei Subspezialitäten der Bedarf für die Beteiligung von Krankenhausärzten immer gerin- ger wird.

In einem diametralen Widerspruch zu den ärztlichen Essentials ste- hen die Uraltforderungen der Deutschen Krankenhausgesell- schaft, die auf eine vorstationäre Diagnostik und nachstationäre Behandlung durch die Institution Krankenhaus abzielen und das Krankenhaus institutionell an der kassenärztlichen Versorgung zu beteiligen beabsichtigen (vgl. den Kommentar in diesem Heft).

Durchgängig und ebenfalls teil- weise im Widerspruch zu den Ärz- teforderungen steht die förmliche und schriftliche Verpflichtung sämtlicher Ärzte (beamtete, ange- stellte oder freiberuflich belegärzt- lich tätige Krankenhausärzte) un- ter ein gemeinsames Betriebsziel und die uneingeschränkte Aner- kennung des Krankenhausträgers seiner Organisation- und Dienst- herrngewalt. Der Wunsch der DKG, möglichst alles oder zumin- dest vieles im reinen Anstaltskran- kenhaus zu „machen", läßt einen Prädominanzanspruch der Institu- tion Krankenhaus — um nicht zu sagen den „Herr-im-Hause-Stand- punkt" — erkennen.

Die DKG-Thesen stießen bei dem für die Krankenhausplanung und -finanzierung zuständigen Abtei-

lungsleiter im Bundesarbeitsmini- sterium, Ministerialdirektor Albert Holler, Bonn, inzwischen insoweit auf Zustimmung, als er die öffent- liche Bedarfsplanung künftig weit- gehend auf eine Rahmenplanung beschränkt wissen will. Ebenso gilt dies für den Wunsch, den Ein- richtungen der Gesundheitsver- sorgung sowie den Krankenkas-

sen „Mittel" an die Hand zu ge- ben (welche?, der Verf.), um die Gesundheitsversorgung selbstver- antwortlich zu organisieren und zu steuern.

Holler empfahl anläßlich einer Ta- gung der Internationalen Gesell- schaft für Gesundheitsökonomie e. V. in Mainz das geltende Finan- zierungssystem im Krankenhaus- wesen kritisch zu überprüfen. Der Staat sollte sich darauf beschrän- ken, so Holler, den Krankenhaus- trägern Bedarfsdaten vorzugeben und die Träger von Angebots- und Nachfrageentscheidungen mit ei- nem System von Anreizen und Sanktionen an den ökonomischen Konsequenzen ihrer Entschei- dung zu beteiligen.

Ein solches „offenes" Planungs- system müsse auch die soziale In- frastruktur (etwa Pflegeeinrichtun- gen und Sozialstationen) in die Gesamtplanung länderübergrei- fend einbeziehen. Eine so inte- grierte sektorale Bedarfsplanung müßte die Krankenkassen eben- so wie die Krankenhäuser als maßgebliche Entscheidungsträger

und Entscheidungsobjekte in die Planung einbeziehen, um so nega- tive Folgen aufzufangen und aus- zugleichen, die sich aus einem we- nig durchstrukturierten Gesamtsy- stem der Versorgungsplanung er- geben können.

Holler erinnerte in Mainz an den bei einem früheren Novellierungs- versuch des Krankenhausfinanzie- rungsgesetzes amtlicherseits un- terbreiteten Vorschlag, die Kran- kenhausgesellschaften in Körper- schaften öffentlichen Rechts um- zuwandeln und ihnen analog zu den KVen im ambulanten Sektor einen Sicherstellungsauftrag im stationären Bereich einzuräumen.

Im übrigen erwägt der Bundesar- beitsminister, dem neugewählten Bundestag vorzuschlagen, eine Expertenkommission mit 21 Mit- gliedern aus den Ländern und Ver- bänden zu installieren, um Vor- schläge für eine generelle Revi- sion des Krankenhausfinanzie- rungs- und -planungssystems zu entwickeln und diese möglichst kurzfristig vorzulegen.

Dr. Harald Clade Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 7 vom 18. Februar 1983 21

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