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Archiv "Krankenhausfinanzierung: Aus einer Hand (vorerst) nicht finanzierbar" (09.05.1997)

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V

or allem die SPD-regierten Bundesländer und die SPD- Bundestagsfraktion zeigen sich jetzt unzufrieden, daß im Rah- men der dritten Stufe zur Gesundheits- strukturreform das Grundsatzproblem einer Revision der Investitionsfinanzie- rung der Krankenhäuser nur am Ran- de angepackt worden ist. Während die Einzel- und Pauschalförderung unver- ändert bleiben, soll die bisher von den Ländern finanzierte Instandhaltung der Krankenhäuser künftig über Bud- gets und Pflegesätze von den Kranken- kassen allein finanziert werden.

Wegen anderer, politisch höher- rangig eingestufter Probleme und Stör- manöver, ausgelöst von der vom Zaun gebrochenen Debatte über die Steuer- und Rentenreform, hat die Bonner Re- gierungskoalition vorerst davon abge- sehen, ein weiteres Konfliktfeld auf dem Gebiet der Krankenhausfinanzie- rung zu eröffnen. Während noch bei der Verabschiedung des Gesundheits- strukturgesetzes (vom 21. Dezember 1992) in einer parteienübergreifenden Entschließung festgelegt wurde, die dualistische Krankenhausfinanzierung stufenweise auf reine Finanzierungs- monistik umzusteuern, zumindest zu- sätzliche Monistikelemente in die Me- chanik einzubauen, hat Bundesge- sundheitsminister Horst Seehofer die- ses Projekt noch vor Jahresfrist, als das Krankenhausneuordnungsgesetz 1997 wegen des Widerstandes der SPD-re- gierten Bundesländer gescheitert war, als eine nur „zweit- oder drittwichtig- ste Frage“ bezeichnet. Dessenunge- achtet drängen die Sozialdemokraten darauf, die Krankenhausfinanzierung von Grund auf neu zu ordnen und die darauf abgestellte Krankenhauspla- nung zu revidieren.

Kürzlich betonte der rheinland- pfälzische Arbeits- und Gesundheits- minister Florian Gerster (SPD) vor ei- nem Expertenforum der Biersdorfer Krankenhausgespräche: Die SPD- Bundestagsfraktion und die SPD-re- gierten Länder dürften nicht zulassen, daß das Finanzierungsproblem un- gelöst bleibe und die notwendige Ver- zahnung von ambulantem und sta- tionärem Sektor „zerbröselt“ sowie die Weiterentwicklung des Gesund- heitswesens in zahlreiche Einzelgeset- ze nur palliativ angegangen würden.

Die SPD setzt ganz auf ihren bereits

im Frühjahr 1996 im Bundestag einge- brachten Gesetzentwurf eines „Zwei- ten Gesundheitsstrukturgesetzes“, das wesentlich auch eine Ausgaben- steuerung im stationären Sektor durch die gemeinsame Selbstverwal- tung von Krankenkassen und Kran- kenhäusern zum Ziel hat. Die Kran- kenhäuser sollten, so die Verheißun- gen, durch neue Planungs- und Finan- zierungsvorhaben mehr Spielraum und Entscheidungsautonomie erhal- ten – auch im Hinblick auf die Über- windung der bisher starren Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung und durch eine Auswei- tung der Zuständigkeiten und Akti- vitäten der Institution Krankenhaus (Stichworte: Erweiterung des Kran- kenhauses zu einem „Gesundheits- zentrum“; mehr Ermächtigungen).

Einfluß der Kassen Die Krankenkassen sollten den SPD-Vorschlägen zufolge einen grö- ßeren Einfluß auf die Entwicklung, Dimensionierung und inhaltliche Ausgestaltung der internen Versor- gungsstrukturen und -kapazitäten der Krankenhäuser erhalten. Dadurch solle den Krankenhäusern in enger Kooperation mit den Krankenkassen die Möglichkeit eröffnet werden, sich schneller und flexibel an die sich ver- ändernden medizinischen und ökono- mischen Randbedingungen und an die jeweilige Marktsituation anzupas- sen. Den Krankenkassen sollte zuge- standen werden, nach dem „Einkaufs-

modell“ selektiv Versorgungsverträge abzuschließen, vermehrt Kündigun- gen auszusprechen und das „einzu- kaufen“, was versorgungsadäquat je- weils benötigt wird.

Weitere Direktiven der SPD: So- wohl auf Landes- als auch auf Bundes- ebene sollten Krankenhausvereini- gungen als Körperschaften des öffent- lichen Rechts gebildet werden, um so die Verhandlungs- und Vertragspart- nerschaft auf Selbstverwaltungsebene zu stärken. Im Gegenzug sollten sich die Länder und Landesaufsichts- behörden aus der Krankenhauspla- nung zurückziehen. Ihnen müsse aber die angestammte Kompetenz verblei- ben, strukturelle Rahmenbedingun- gen für den landesweiten und regiona- len Versorgungsbedarf im stationären Sektor festzulegen. Darauf hinaus laufen auch die Absichten der nord- rhein-westfälischen Landesregierung.

Am Ende einer zehnjährigen Übergangsphase, in der sich die Län- der schrittweise aus der Finanzierung der Klinikinvestitionen zurückziehen, soll die Rahmenplanung nur noch im Einvernehmen mit den Krankenkas- sen erfolgen. Die Selbstverwaltung von Krankenhäusern und Kranken- kassen (und deren Verbänden) sollte dann die Rahmenplanung vor Ort konkret umsetzen und den Sicherstel- lungsauftrag übernehmen.

Die Krankenhausbedarfspla- nung für die Versorgung zugelassener Plankrankenhäuser soll bis zum Ende einer Übergangsfrist (Minister Ger- ster nannte das Jahr 2001) eine Be- standsgarantie erhalten. Ungeachtet A-1243

P O L I T I K AKTUELL

Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 19, 9. Mai 1997 (19)

Krankenhausfinanzierung

Aus einer Hand (vorerst) nicht finanzierbar

Die Umstellung der dualistischen Krankenhausfinanzierung auf Monistik ist auch stufenweise

vorerst nicht realisierbar. Ein abrupter Systemwechsel würde die Finanzkraft sowohl der

Krankenkassen als auch der öffentlichen Hände bei weitem überfordern. Bei einer schritt-

weisen Umstellung des Finanzierungssystems innerhalb der nächsten zehn Jahre, wie vor al-

lem von der SPD gefordert, müßte vorab politisch geklärt werden, wie sämtliche Investitions-

und Betriebskosten über die Nutzerentgelte kostenneutral, jedenfalls mit einer Refundierung

der damit verbundenen Zusatzbelastungen der Krankenkassen, finanziert werden sollen.

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dessen sollen die Selbstverwaltungs- partner das Recht erhalten, Ver- sorgungsverträge zu kündigen. Das Land soll nur dann eingreifen, wenn die Aufsichtsbehörden Anhaltspunk- te dafür haben, daß die Kündigung oder das Kündigungsbegehren ge- gen Vorgaben der Rahmenplanung verstoßen.

Zur Krankenhausvergütung schlägt die SPD vor: Umstellung der bisher kostenorientierten Vergütung auf eine leistungsorientierte Bezah- lung. Nach einer

Übergangsphase (bis Ende 1999) sol- len die Kranken- hausvergütungen auf der Basis eines einheitlichen Lei- stungssystems mit bundesweiten Be- wertungsrelationen erfolgen. Dieses Reglement soll in erster Linie von der Selbstverwaltung (Kassen/Kranken- hausträger) verant- wortet werden. Ab dem Jahr 2000 sol- len dem SPD-Ent- wurf zufolge alle Leistungen über ei-

ne Entgeltsystematik vergütet wer- den, die auf einzelne Abteilungen be- zogen wird. Ausgangsbasis für die Vergütungshöhe sollen externe Kran- kenhausbetriebsvergleiche bilden.

Die Fallpauschalen sollen in das neue Entgeltsystem einbezogen wer- den. Auf der Selbstverwaltungsebene soll bis Mitte 1999 erstmals eine ent- sprechende Vereinbarung geschlos- sen werden. Auf dieser Basis sollen die Selbstverwaltungen das System weiterentwickeln. Ab Ende der Über- gangsphase sollen auch die Investiti- onskostenzuschläge grundsätzlich di- rekt über das leistungsbezogene Ent- geltsystem vergütet werden.

Um die Krankenkassen zunächst finanziell nicht zu überfordern, sollen sich die Länder bis zum Jahr 2006 de- gressiv an der Finanzierung des Investi- tionszuschlages beteiligen. Das SPD- Modell sieht vor, die Beteiligung jähr- lich um zehn Prozent abzuschmelzen.

Die Krankenhäuser würden bei einer Umstellung auf die Monistik in die La-

ge versetzt werden, schneller reagieren zu können, so die Hoffnungen.

Ökonomische Dimensionen

Sosehr die Deutsche Kranken- hausgesellschaft e.V. in den siebziger Jahren aus prinzipiellen Gründen ebenfalls für die Umstellung von der dualistischen auf die monistische Finanzierung eingetreten ist, so sehr hat sie heute pragmatische und verbandstaktische Vor- behalte gegen einen sol- chen „revolutionären“ Akt.

Auch seitens der Klinikärz- teschaft gibt es begründete Einwendungen, zumindest die Forderung, daß die Län- der sich nicht einfach ihrer Einstandspflicht für die Übernahme der Investiti- onskosten entziehen dürf- ten, sondern eine entspre- chende finanzielle Kom- pensation der auf die Kran- kenkassen zusätzlich hin- zukommenden Finanzie- rungslasten gesetzlich vor- geschrieben werden müsse.

Erst kürzlich rechnete der Marburger Bund, Landes- verband Nordrhein-Westfalen/Rhein- land-Pfalz, vor, daß allein die Umstel- lung die Krankenkassen in Nordrhein- Westfalen mit mehr als einer Milliarde DM jährlich zusätzlich belasten würde.

Ohnehin habe die Landesregierung in den vergangenen vier Jahren trotz ge- deckelter Budgets den Sanierungs- und Erhaltungsaufwand der Kranken- häuser wegen eines Bundesverwal- tungsgerichtsurteils (vom 21. Januar 1993) nicht mehr „bedient“ und/oder zusätzlich auf die Pflegesätze abge- wälzt. Bei einer beträchtlichen Zusatz- belastung der Kassen liefen die Kran- kenhäuser Gefahr, weiter an Substanz und Leistungsqualität zu Lasten der Patienten einzubüßen.

Was der Monistik-Akt kosten würde, errechnete das Deutsche Krankenhausinstitut e.V. (DKI), Düs- seldorf:

lWenn zum Beispiel ein neu ge- bautes Großklinikum mit 1 500 Bet- ten insgesamt rund 750 Millionen DM gekostet hat, bedeutet dies bei moni-

stischer Finanzierung einen Abschrei- bungs- und somit Refinanzierungsbe- darf in Höhe von mehr als 30 Millio- nen DM je Jahr. Umgerechnet auf ei- nen Pflegetag würden die in das Kran- kenhausentgelt einzukalkulierenden Mehrkosten rund 60 DM betragen.

Da auch im Einzugsbereich eines Großklinikums in der Regel nur rela- tiv wenige Krankenkassen als Kosten- träger in Frage kommen, müßten die örtlichen oder regionalen Kostenträ- ger die Mehrkosten voll auffangen.

Beitragserhöhungen und Beitrags- verwerfungen bei den Krankenkassen sind dadurch ebenso programmiert wie ein erhebliches zusätzliches Kon- fliktpotential zwischen Krankenhäu- sern und Krankenkassen im Hinblick auf die Höhe des „pflegesatzfähigen“

Investitionskostenanteils.

Als ein pragmatisches Über- gangsmodell schlug der Geschäftsfüh- rer des DKI, Prof. Werner G. Fack- Asmuth, ein stufenweises Vorgehen vor: Zunächst empfehle sich, die Inve- stitionsfinanzierung für die Wieder- beschaffung kurzfristiger Anlagegü- ter und kleinerer baulicher Maßnah- men auf Monistik umzustellen. Die Finanzierung von Neubauten, Sanie- rungen oder Umbauten einschließlich der Einrichtungen sollte dagegen wei- terhin durch Einzelförderung der Länder erfolgen. Erst wenn sich die- ses neue System bewährt habe, könne der stufenweise Übergang auf Moni- stik gewagt werden.

Nach dem DKI-Finanzierungs- modell könnten die genannten Investi- tionen nach dem gleichen Verfahren fi- nanziert werden, wie es für die nicht geförderten Krankenhäuser bereits seit Jahren praktiziert wird. Die sich danach ergebenden Investitionskosten müßten analog § 8 Abs. 5 BPflV an- teilig den tagesgleichen Pflegesätzen und den Fallpauschalen zugerechnet werden. Der bei Krankenhäusern angestaute Investitionsbedarf könnte dadurch berücksichtigt werden, daß für noch vorhandene und im Gebrauch befindliche, aber abgeschriebene Wirt- schaftsgüter für eine Übergangszeit von beispielsweise fünf Jahren kal- kulatorische Abschreibungen erlaubt werden. Eine pragmatische Teil- Monistik wäre denn auch besser als ein nicht finanzierbares „Jahrhundert- gesetz“. Dr. Harald Clade A-1244

P O L I T I K AKTUELL

(20) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 19, 9. Mai 1997 Florian Gerster, MdL, Minister für Ar- beit, Soziales und Gesundheit des Lan- des Rheinland-Pfalz, Mainz: für suk- zessive Umstellung der Krankenhaus- finanzierung auf „Monistik“Foto: Archiv

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