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„ Alle Studierenden sollten die Chance auf finan zielle Selbst­ständigkeit erhalten.

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M e i n u n g

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© 2021 Wiley-VCH GmbH Physik Journal 20 (2021) Nr. 10

V

or 50 Jahren trat das Bundesausbildungsförderungs­

gesetz – das „Bafög“ – in Kraft. Bei der Studienfinan­

zierung geht an dieser staatlichen Unterstützung kaum ein Weg vorbei. Diese Förderung soll die Chancengleichheit im Bildungswesen erhöhen und es jedem ermöglichen zu studieren, ohne nebenbei arbeiten zu müssen. Die Höhe der möglichen Bafög­Unterstützung beeinflusst die Lebensqualität der Studierenden somit wesentlich. Die maximalen Bafög­Schulden sind auf 10 000 Euro gedeckelt, und zwar zinsfrei.

Somit ist es sehr erstrebenswert, Bafög zu bekommen.

Allerdings haben 2019 nur rund 11,4 Prozent der Studie­

renden Bafög erhalten.1) Doch knapp 67 Prozent der Stu­

dierenden in Deutschland, mit und ohne Bafög, gehen einer Nebenerwerbstätigkeit nach. Davon sind 59 Prozent auf das Geld angewiesen, um ihren Lebens unterhalt be­

streiten zu können.2)

Studieren kostet Geld: Wenn Jugendliche zuhause ausziehen, entstehen Mehrkosten durch den zweiten Haushalt, eventuelle Fahrtkosten, Studiengebühren und weitere Kleinigkeiten. Hier wäre es hilfreich, wenn Ba­

fög diese Mehrkosten decken und die Studierenden und da­

mit die Familien unterstützen würde. Die Freibeträge für das Einkommen sind allerdings so gering, dass oft kein Anspruch auf Bafög besteht und die Eltern ihren Lebensstandard senken müssten, um das Studium ihrer

Kinder zu finanzieren. Dies geschieht jedoch nicht im­

mer. Beispielsweise verringert sich durch den Auszug der Kinder nicht der Kredit für das Elternhaus, sodass Studierende oft mit weniger Geld auskommen müssen, als ihnen zusteht. Laut Gesetz sind das derzeit (zuhause ausgezogen und familienversichert) 752 Euro monatlich.

Ich kenne keine Mitstudierenden, die so viel Geld erhal­

ten haben. Sie alle wurden vertröstet. Bei vielen meiner Freunde schwebt dieser Konflikt über der Familie. Die eigenen Eltern möchte man ungern verklagen. Ein eltern­

unabhängiges Bafög würde diesem Missstand entgegen­

wirken. Der Schritt ins Studium ist ein Schritt in die Selbstständigkeit. Finanzielle Abhängigkeit ist hier nicht förderlich.

Ein elternunabhängiges Bafög oder eine deutliche Anhebung der Freibeträge würde mehr Studierenden den Zugang zu dieser Förderung öffnen. Dadurch wären

weniger Studierende gezwungen, neben dem Studium zu arbeiten, und sie könnten sich voll auf dieses konzen­

trieren. Das ist auch nötig, denn man erhält nur so lange Bafög, wie man sich in der Regelstudienzeit befindet. Ob die Regelstudienzeit jedoch das Maß der maximalen För­

derdauer sein sollte, ist zu hinterfragen. Im Durchschnitt schaffen gerade einmal 40 Prozent aller Studierenden den Abschluss in dieser Zeit.3) Für finanzschwächere Studie­

rende ist dies oft ein gravierendes Problem.

Die Förderdauer kann sich durch Mitwirkung in ge­

setzlich oder satzungsgemäß vorgesehenen Gremien und Organen verlängern – durch das Engagement in der Fachschaft beispielsweise um bis zu zwei Semester. Das ist eine gute Re­

gelung, denn im Studium sollte es nicht nur darum gehen, mög­

lichst schnell Kreditpunkte zu sammeln. Engagiert man sich aber in anderen Vereinen wie der (j)DPG, wirkt sich das nicht auf die maximale För­

derdauer aus. Das ist schade, weil sich dadurch der Blick für das gesellschaftliche Engagement sehr einschränkt.

Nach dem Studium einen Kredit von 10 000 Euro ab­

zubezahlen, ist ein guter Kompromiss und fair. Insofern ist die Grundidee des Bafögs gut– wenn jeder das Recht darauf hätte. Denn die finanzielle Abhängigkeit von den Eltern kann sehr belastend sein. Hier muss sich etwas tun, insbesondere für den Mittelstand. Die Freibeträge sollten auf etwa den doppelten Betrag steigen oder ganz entfallen, damit alle Studierenden die Chance auf finanzielle Selbst­

ständigkeit bekommen. Wäre ich im Bachelorstudium auf Bafög angewiesen gewesen und hätte den Abschluss in der Regelstudienzeit machen müssen, hätte ich mich nicht so stark in der jDPG engagieren können. Die Förderdauer des Bafög sollte also mindestens ein Semester über die Regelstudienzeit hinaus gehen. Außerdem sollte jedes Ehren amt auf die Förderdauer angerechnet werden.

Die unter der Rubrik „Meinung“ veröffentlichten Texte geben nicht in jedem Fall die Meinung der DPG wieder.

Auch nach 50 Jahren verbesserungswürdig

Wie Bafög Studierende einschränkt und Familienkonflikte erzeugen kann

Tim Friedrich Lutz Wilhelm

Meine Meinung

„  Alle Studierenden sollten die Chance auf finan zielle Selbst­

ständigkeit erhalten.

Tim Friedrich Lutz Wilhelm studiert Physik an der Universi­

tät Oldenburg und bezieht seit seinem Masterstudium Bafög.

Darüber hinaus ist er im Bundes­

vorstand der jDPG aktiv.

Jan Dasenbrock

1) www.bafoeg­rechner.de/Hintergrund/art­2416­bafoeg­statistik­2019.php 2) www.sozialerhebung.de/download/21/Soz21_zusammenfassung.pdf 3) www.pro­physik.de/nachrichten/der­regel­zu­schaffen

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