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Archiv "Organtransplantation heute: Plädoyer für mehr Kooperation" (05.10.1989)

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— ZITAT

Verstärkte Aufklärung

„. . Der medizinisch und organisatorisch realisierbaren Zahl von Transplantationen steht weiterhin ein großer Man- gel an Spenderorganen entge- gen. Deshalb ist eine verstärkte Aufklärung und Information über die Organspende und Mit- wirkung aller Arztinnen und Ärzte sowie der ärztlichen Selbstverwaltung notwendig, um den Mangel an Spenderor- ganen zu beheben . . ."

Aus einem Aufruf der Bundesärz- tekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung an alle Ärztinnen und Ärzte aus Anlaß des diesjährigen

„Tages der Organspende".

THEMEN DER ZEIT

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Wachsende Erfahrungen - verminderte Risiken - höhere Erfolgsraten

Organtransplantation heute:

Plädoyer für mehr Kooperation

Die Erfolge der Transplanta- tionschirurgie sind überzeugend, und noch weit mehr Patienten könn- ten transplantiert werden, wenn ge- nügend Organe gespendet würden.

Wie Professor Dr. med. Rudolf Pichlmayr (Medizinische Hochschu- le Hannover) in Heidelberg anläß- lich eines Presseseminars „Organ- spende" des KfH-Kuratoriums für Dialyse und Nierentransplantation (Neu-Isenburg) sagte, wurden bis- lang weltweit über 200 000 Nieren übertragen; in der Bundesrepublik Deutschland sind es insgesamt über 13 800. Allein im Jahr 1988 wurden über 1700 Nieren transplantiert. Der Bedarf ist jedoch weitaus größer, er wird vom KfH auf jährlich 2400 ge- schätzt. Rund 6000 der mehr als 20 000 Dialysepatienten warten zum Teil schon seit Monaten auf eine Niere.

Bisherige Erfolge

In der Bundesrepublik leben derzeit rund 5000 Bürger mit einer fremden Niere. In 60 bis 70 Prozent der Fälle arbeitet die übertragene Niere noch nach fünf Jahren; 80 Pro- zent der Patienten leben mit der fremden Niere schon länger als fünf Jahre; einige mit einer zweiten Niere.

Etwa 700 Bundesbürger haben inzwischen auch ein neues Herz er- halten, davon allein 250 im vergange- nen Jahr. Weltweit wurden bislang etwa 9000 Herztransplantationen ausgeführt. Bei enger Indikation le- ben 80 Prozent der transplantierten Patienten mindestens noch ein Jahr;

65 bis 75 Prozent sogar noch nach fünf Jahren.

Bei angemessener Indikation kann auch die Lebertransplantation erfolgreich sein. Weltweit wurde die- ses Organ etwa 5000mal übertragen,

davon allein 550mal in der Bundes- republik. Bei elektiver Indikation überleben 60 bis 80 Prozent der Pa- tienten die Transplantation mehr als ein Jahr. Bei Notfällen liegt die Überlebenschance deutlich niedriger (Schaubild auf der nächsten Seite).

Die Übertragung von Herz-Lun- ge und Pankreas – weltweit rund 430 beziehungsweise 2000 Transplanta- tionen –, Dünndarm und anderen Or- ganen sowie von Extremitäten und Gelenken ist noch in der Erprobung.

Besonders erfolgreich sind auch Übertragungen von Hornhaut, Ge- hörknöchelchen, Knorpel und Gewe- be. Die Knochenmarktransplanta- tion – weltweit über 5000mal ausge- führt, davon 800 mal in der Bundesre- publik Deutschland – nimmt eine Sonderstellung ein, da als Spender praktisch nur die nächsten Verwand- ten in Betracht kommen Auch hier wachsen die Erfolge der klinischen Behandlung. Nach Angaben von Pro- fessor Pichlmayr ist mit jährlich 400 Übertragungen zu rechnen.

Das Ergebnis von Nieren-, Herz- und Lebertransplantationen ist heu- te weitgehend kalkulierbar. Bei der Leberverpflanzung ist beispielsweise der präoperative Zustand des Pa- tienten ein ganz entscheidender pro- gnostischer Faktor. Bei ungünstiger Ausgangssituation können die Er- gebnisse auf 60 bis 40 Prozent oder gar darunter abfallen.

Wird ein fremdes Organ vom Empfänger nicht akzeptiert, so ist das entweder auf das Nichtbeherr- schen des immunologischen Gesche- hens oder auf die schlechte Primär- funktion des Transplantates zurück- zuführen. Wird eine Niere abgesto- ßen, wird der Patient erneut in das Dialyseprogramm aufgenommen werden, so daß zu gegebener Zeit zum zweiten Mal transplantiert wer- den kann.

Risiken geringer

Das operative Risiko einer Transplantation konnte in den letz- ten Jahren wesentlich reduziert wer- den. Parallel zu dieser Entwicklung konnten die Indikationen auch auf Risikogruppen und besonders in hö- here Altersgruppen ausgedehnt wer- den. So ist nach Ansicht von Profes- sor Pichlmayr beispielsweise eine Le- bertransplantation vereinzelt auch bei Patienten über dem 70. Lebens- jahr möglich.

Da auch heute noch nicht genü- gend Organe für die Transplantation zur Verfügung stehen, müssen – so Professor Dr. med. Gerhard Opelz (Heidelberg) – zwei Anforderungen erfüllt sein: Zum einen müssen alle Patienten, die auf eine Transplanta- tion warten, die gleiche Chance ha- ben, ein Organ zu erhalten. Je besser die Gewebe von Spender und Emp- fänger zueinander „passen", desto größer ist auch die Aussicht, daß das fremde Organ angenommen wird.

Die Histokompatibilität ist daher das wichtigste Kriterium für die Ent- scheidung, welcher Patient das gera- de vorhandene Organ erhalten soll.

Bei annähernd gleichen Vorausset- zungen entscheidet das Los.

A-2836 (32) Dt. Ärztebl. 86, Heft 40, 5. Oktober 1989

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Organtransplantationen

in der Bundesrepublik Deutschland (1985 bis 1988)

Herz

Zahl der transplantierten Organe je Jahr

163 Leber

Bauch- speichel- drüse 49 (/

1988

1985 1986 1987

IDFrIll• 11111 Quelle: K f H

Wie das Kuratorium für Dialyse und Nie- rentransplantation e. V. (KfH), Neu-Isen- burg, mitteilt, befas- sen sich 10 der ins- gesamt 27 Trans- plantationszentren der Bundesrepublik Deutschland neben den Nierenverpflan- zungen mit weiteren Organübertragungen.

Die Herztransplanta- tion, nach der Ver- sorgung mit neuen Nieren die bedeu- tendste Sparte, ist aus der Phase des Spektakulären in eine gewisse Routine übergegangen.

_:■;1117■11IM Zum anderen muß auch eine

höchstmögliche Erfolgsrate der Transplantationen gewährleistet sein, denn angesichts fehlender Nie- ren, Herzen und Leber wiegt der Verlust eines Organes besonders schwer. Da es sich bei dem HLA-Ge- webegruppensystem aber um ein überaus kompliziertes genetisches System handelt, ist für Aussagen über optimale Erfolgsaussichten ein auf wissenschaftlichen Erkenntnis- sen aufbauendes Vorgehen unbe- dingt erforderlich. Wegen der Viel- zahl von Faktoren, die das Ergebnis der Organtransplantation beeinflus- sen können, sind für Untersuchun- gen allerdings große Patientenzahlen erforderlich. Im Rahmen einer inter- nationalen Kooperation erarbeitet die Abteilung für Transplantations- immunologie an der Universität Hei- delberg seit 1982 Kriterien für die Organzuteilung. An den Studien be- teiligen sich 262 Nieren- und 85

Herztransplantationszentren aus 38 Ländern. Inzwischen wurden die Daten von nahezu 70 000 Nieren- und von über 5000 Herzverpflanzun- gen in Heidelberg zusammengetra- gen.

Verbesserte Ergebnisse Aus diesen Daten lassen sich schon heute einige Erkenntnisse ab- leiten, die für die Zuteilung von Or- ganen wichtig sind. Insbesondere wird es jetzt möglich, differenzierte Richtlinien für spezielle Risikogrup- pen — zum Beispiel Kinder, Empfän- ger von Zweittransplantaten, durch Antikörper vorsensibilisierte Patien- ten — zu erstellen.

Die bisherigen Ergebnisse un- terstreichen die herausragende Be- deutung der Gewebeverträglichkeit für den Transplantationserfolg. Ob- wohl die Ergebnisse in den letzten

Jahren durch neue immunsuppressi- ve Medikamente — zum Beispiel Cyc- losporin A — ganz entscheidend ver- bessert werden konnten, stellt die HLA-Verträglichkeit nach wie vor den wichtigsten durch organisatori- sche Maßnahmen beeinflußbaren Faktor dar. Beispielsweise wurden drei Jahre nach der Transplantation bei den Überlebensraten Unterschie- de zwischen 15 und 40 Prozent zwi- schen gut und schlecht verträglichen Nieren beobachtet. Da noch weitere Faktoren zu berücksichtigen sind, ist für ein optimale Verteilung der Or- gane auf die wartenden Patienten ein multifaktorielles Computerpro- gramm erforderlich. Bei optimaler Zuteilung ließe sich — wie ein Mo- dellversuch ergab — die Erfolgsrate um gut zehn Prozent verbessern. Für Professor Opelz ergibt sich daher schon jetzt die Notwendigkeit, „für bestimmte Risikogruppen den Or- ganaustausch, entgegen den gegen- wärtigen Gepflogenheiten, auf ganz Europa auszuweiten".

Auch bei der Herztransplanta- tion zeichnet sich ein signifikanter Einfluß der Gewebeverträglichkeit ab. Durch die Feststellung der Ge- webeantigene mittels moderner DNA-Methoden ist es heute mög- lich, die Antigene von Spender und Empfänger mit größerer Genauig- keit und Sicherheit zu bestimmen als mit den herkömmlichen serologi- schen Methoden. Allerdings hat die- se recht zeitaufwendige Technologie noch keinen Eingang in die klinische Anwendung bei der Organtransplan- tation gefunden.

Im Rahmen der „Heidelberger Studie" wird unter anderem auch re- trospektiv untersucht, ob und in wel- chem Ausmaß eine verbesserte Ge- webetypisierung die Ergebnisse der Organtransplantation verbessern könnte. Über 100 Transplantations- zentren stellen das Zellmaterial von Empfängern und Spendern zur Ver- fügung. In zehn Schwerpunkt-Labo- ratorien in Europa, den USA und Australien wird die Typisierung durchgeführt. Mit den ersten aussa- gekräftigen Ergebnissen sei in etwa

einem Jahr zu rechnen, meinte Pro- fessor

Opelz.

Konrad Müller-Christiansen, Schlangenbad

Dt. Ärztebl. 86, Heft 40, 5. Oktober 1989 (35) A-2837

Referenzen

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