Beiträge zur Vedaexegese^)
Von Paul Thieme, Halle
2. surüdh
In seiner ausführlichen Untersuchung über die Bedeutung
des etymologisch rätselhaften rigvedischen Nomen surüdh
f. pl., Ved. Stud. 1, S. 32ff., hat Pischel enge Berührungen
in der Verwendung von surüdh und von Ausdrücken wie räti,
üdjäh, isah, rayi Ddryä[ni] nachgewiesen. Er beschheßt seine
Erörterungen S. 50 f. mit der zusammenfassenden Bemer¬
kung: „surüdhah ist also an allen Stellen durchaus nur = isah,
bezeichnet daher im weitesten Sinne alles Gute, was den Men¬
schen von den Göttern oder den Göttern von den Menschen
gewährt wird. Je nach dem Zusammenhang kann man es mit
„Güter" oder „Labung", „Spende", „Kraft" u. dgl. über¬
setzen. Alle andern Bedeutungen sind abzuweisen."
So unzweifelhaft richtig der letzte Satz ist, namentlich
gegenüber dem doppelten Ansatz Grassmann's (1. m. der
Starke, der Held, 2. f. stärkender Trank), und so gewiß
Pischel's ganze Behandlung des Wortes einen wirklichen
Fortschritt gegen früher darstellt, insofern sie die Aussagen,
in denen es erscheint, mit Hilfe paralleler Wendungen exege¬
tisch erleuchtet, so läßt sich doch nicht verkennen, daß die
Abhandlung an einer Unklarheit leidet, insofern Pischel
es unterläßt, die Begriffe isah „Labungen", Ddjäh „Sieges¬
preise, Gewinne", rdti „Geschenk", rayi „Reichtum" zu
scheiden. Denn wenn sich auch die Verwendungen der ge¬
nannten Wörter gelegentlich sehr nahe stehn, so gehn diese
selbst doch zunächst auf Begriffe, die sich wesentlich unter¬
scheiden. Wohl mag der Dichter Geschenke, die aus Milch
spendenden Kühen bestehn, gelegentlich als ,, Labungen" be-
1) Vgl. ZDMG 95, S. 82fT.
zeichnen: „Geschenk" und „Labung" sind deshalb noch keine Synonyma.
Es steht also noch die Frage offen, mit welchem der ge¬
nannten Begriffe sich surüdh am engsten berührt, welcher von
ihnen in seinem charakteristischen Inhalt ihm am nächsten
kommt. Das ist nun nicht etwa is f., dem F*ischel wohl des¬
halb den Vorrang gibt, weil es sich unter den Glossen der
indischen Kommentare findet'), und vielleicht auch, weil es
wie jenes fem. ist und gern im Plural steht. Das von ihm
zusammengetragene Material selbst zeigt am deutlichsten,
daß Begriffe wie Gabe, Gewinn, Reichtum sehr viel stärker
in Betracht kommen als is f., jedenfalls soweit dessen eigent¬
licher Sinn „Labung, Stärkung"*) in Frage steht.
So hat denn schon Geldner, Ved. Stud. 3, S. 17, gemeint,
man könne „die Bedeutung noch präziser fassen" (als Pischel
getan hat): surüdh bezeichne meist den Lohn, speziell die
daksinä. Im „Glossar" gibt er die Bedeutungen „Nahrung,
Speise, Unterhalt, Lohn", von denen die beiden ersten auf
Säyana beruhen, und die dritte wohl nur die Entwicklung
von „Nahrung" zu „Lohn" veranschaulichen soll. In der
„Übersetzung" hest man 1. 72. 7 „Gaben", 1. 169. 8 „Be¬
lohnungen", 3. 38. 5 ,, Errungenschaften", 4. 23. 8 „Gewinne".
Es bleiben demnach, wenn wir diese Buntheit — an jeder über¬
setzten Stelle erscheint ein anderer Ausdruck 1 — etwas verein¬
fachen dürfen, einerseits ,, Gaben", andrerseits „Gewinne".
Neuerdings hat sich LtlDERs, Acta Orientalia 13, S. 123,
aufs neue mit dem Wort beschäftigt. Er vertritt die Bedeu¬
tung „Gewinne" und möchte diesen Ausdruck konsequent
einsetzen. Er weist darauf hin, daß surüdhah an mehreren
Stellen „von Gütern gebraucht ist, die durch Anstrengung
1) Unser ältester Gewährsmann, Yäska, freilich erklärt Surüdhaft nur durch äpah (Nir. 6. 16) und dhanäni (Nir. 12. 18). Die Begründung
für die erste Glossierung gibt er mit der famosen Etymologie: iucam
sarnrundhanti (Surüdh ungefähr = sugrudhl).
2) Nach Geldner, Glossar s. v. Is f., wäre die Bedeutung freUich
ganz anders zu fassen. Ich brauche aber hierauf um so weniger einzu-
gehn, als Gbldneb selbst in der Übersetzung zu Ausdrücken wie ,, Lab¬
sal, Speisegenüsse" zurückkehrt.
2 2
340 P. Thiemi, Beiträge zur Vedaexegese
erschlossen, durch Kampf gewonnen werden". Damit wäre
zunächst erwiesen, daß der Ansatz „Gabe" nicht überall
paßt. Auch ist LtJoERS zuzugeben, daß ,, Gewinn" oder „Ge¬
winne" in den Wendungen 7. 23. 2 ... surädho viväci „die
Gewinne im Streite", 9. 70. 5 ädedisänah saryaheva surüdhah
„wie ein Pfeilschütze auf die Gewinne zielend", und in 6.3.3
hesasvatah surüdhah ,,[es fallen] (dir) dem bewaffneten') die
Gewinne [zu]" sich unmittelbar empfiehlt.
Mit weniger Recht, scheint mir, läßt sich der Ansatz „Ge¬
winn" durch den Hinweis stützen, daß surüdhah zweimal
(1.169. 8, 7. 62. 3) als Objekt von rad „bahnen" erscheint.
Es darf doch nicht übersehen werden, daß diejenigen, die
hier die surüdh „durch Anstrengung erschließen" — nämlich
irgendwelche Götter —, dieselben andern — irgendwelchen
Betern — zugute kommen lassen sollen. In der Tat finden
sich als Objekte von rad (Subjekt sind immer einer oder
mehrere Götter) neben Ausdrücken wie sani 6. 61. 6, vdja
1.117. 11, die sicher ,, Gewinn" heißen, auch rayi „Reich¬
tum" 9.93.4, rädhas „Gabe" 7.79.4, pürarndhi „Fülle"
1. 116. 7, väsu „Güter" 7. 32. 18. Auch scheint mir kaum
haltbar die Auffassung, die LtJDKRs von einer Wendung wie
1. 169. 8 tvärn mänebhya indra . .. rädä . .. surüdhah ... zu
haben scheint, wenn er übersetzt „du, Indra, bahne . .. für
die Mänas einen Weg zu . . . Gewinnen ..." — womit nun
allerdings auch für die Mänas eine „Anstrengung" angedeutet
wäre. ,, Einen Gewinn (oder Reichtum) bahnen" heißt doch
offenbar soviel wie „ihm einen Weg bahnen [daß er herbei¬
kommen kann]". Vgl. 7. 47. 4 yäbhya {sindhubhyah) indro
äradad gätüm . . . „welchen (Flüssen) Indra einen Weg
bahnte", 10. 89. 7 . . . äradat . . . sindhün „(Indra) bahnte die
Flüsse" und 6. 19. 5b c särn jagmire pathya rayo asmint sam¬
udre nä sindkavah . . . „zusammengekommen sind bei ihm die
Reichtümer als Pfade*) (die von verschiedenen Richtungen
1) So überzeugend Lüders o. c. S. 124f.
2) Meinetwegen mag man auch rdyah trotz des Akzents als Gen.
Sing, auffassen und übersetzen „die Pfade des Reichtums" (so Olden¬
bebg, Noten). Ein paroxy toner Gen. rdyab kommt aber nur noch
kommend an einem Punkt sich treffen), wie die Flüsse im Ozean".
Wie das Auftreten von surüdhah als Objekt von rad also
weder für noch gegen Lüders geltend gemacht werden kann,
so muß auch der Umstand, daß surüdhah zweimal (6. 49. 8,
10. 122. 1) Objekt von rä „schenken" ist, nicht unbedingt
gegen ihn sprechen: auch v&ja „Siegespreis, Gewinn" begegnet
gelegenthch als Objekt von rä: 7. 95. 6 ... räsi vajän. Viel
häufiger sind allerdings Ausdrücke wie rayim, räyah, väsu,
suvtryam „Besitz herrlicher Männer (= Söhne)", sväsvyam
„Besitz herrhcher Pferde", gäh oder radhah „Geschenk". Das
ist auch recht natürlich, denn ganz streng genommen werden
„Gewinne" nicht verschenkt, sondern errungen.
Gegen ,, Gewinne" dürfte nun weiter 1. 72. 7ab, wenn auch
ebenfalls nur leicht, in die Waagschale fallen: vidvän agne
vayünäni ksitlnärn vy änusäk surüdho jivdse dhäh „Kennend,
o Agni, die Ordnungen, die für die Völker (das Menschenvolk)
gelten, mögest du schaffen in stetiger Folge surüdhah, um zu
leben (damit sie [oder: wir] leben können". Hier scheint mir
sowohl änusäk wie jivdse gegen „Gewinn" zu sprechen. Ein¬
wandfrei wäre „Wohlstand, Reichtum", vgl. 1. 79. 9 ä no agne
sucetünä rayirn visvdyuposasam | märdlkärn dhehi jivdse „Her¬
bei [bringe] uns, Agni, mit Wohlwollen Reichtum, der das
ganze Leben über blüht'), schaffe Gnade, damit wir leben
können". Worte wie vdja, säni begegnen im Zusammenhang
mit jivdse nie. Sie wären wohl, wo man um des Lebens Not¬
durft bittet, zu anspruchsvoll.
Nun läßt sich „Reichtum" auch ohne weiteres an jenen
Stellen einsetzen, an denen Lüders' „Gewinne" an und für
sich ganz einwandfrei erscheint. Daß der Reichtum hier etwas
1. 68.10 vi rdya aurnod dürdb. in Frage (Oldenberg o. c.), wo man je¬
doch ohne weiteres verstehn kann: „er öffnete die Reichtümer als Tore
(wie man Tore öffnet)" (ähnlich Gbldneb, Übersetzung). Der Akk. Plur.
ist meistens oxyton und gelegentlich paroxyton, verhält sich also ähnlich wie der anderer nichtablautender Stämme: Altind. Gramm. III § 7 c<J.
Zur Annahme eines „Irrtums der Überlieferung" (o. c. § 120 aa A.)
würde doch wohl nur paroxytoner Gen. Sing, drängen.
1) viSväyupofosam entspricht einigermaßen dem änu?dk in 1. 72. 7.
342 P. Thieme, Beiträge zur Vedaexegese
ist, das gewonnen wird, ergibt eben schon der Zusammenhang:
7. 23. 2 surüdho viväci ,,der Reichtum im Streite (um den er
entbrannt ist)", 9. 70. 5c ädedisänah iaryaheva surüdhah ,,wie
ein Pfeilschütze auf den Reichtum zielend (der für den Pfeil¬
schützen der Gewinn oder die Jagdbeute, für den Gott die
Opfergaben sind, von denen er die mißgünstigen Mächte
[c: durmatih] fernhält)" und 6. 3. 3bc bhimä yäd eti sucatäs
ta d dhth I hesasvatah surüdhah . . . „wenn dir [Agni], dem
glühenden, die furchtbare Absicht kommt, dann ist dein, des
bewaffneten, der Reichtum (der die Siegesbeute ist)"').
Die einzige Stelle, an der „Reichtum" beim ersten Hin¬
sehen nicht recht zu passen scheint, ist 4. 23. 8 rtäsya hi
surüdhah^ sänti pürvtr rtäsya dhitir vrjindni hanti \ rtäsya
slöko badhird tatarda kärnä . . . „Vielfältig ist ja der Reichtum
der Wahrheit: das Denken an die Wahrheit zerstört die
Hinterlist, der Ruf der Wahrheit hat die tauben Ohren er¬
bohrt ..." Man wird aber daran denken müssen, daß die erste
Verszeile sichtlich eine Nachbildung ist von einem Ausdruck
wie 3. 38. 5b imd asya surüdhah santi pürvth, was offenbar
auf den Reichtum des Agni geht, den er schenkt. Der Dichter
von 4. 23. 8 sagt also wohl absichtlich, daß der Reichtum der
Wahrheit, den sie verschenkt, nicht in Gold oder Kühen be¬
steht (wie die surüdhas candrdgräh und die surüdho göagräh,
von denen 6. 49. 8 bzw. 1.169. 8 die Rede ist), sondern in
Überwindung der Hinterlist und in Erkenntnis — wir würden
sagen: in moralischen Werten.
Von den von Pischel als nahestehend erwiesenen Aus¬
drücken kommen demnach als Quasi-Synonyma von surüdhah
1) Vgl. etwa 9. 10. 1 prd svänäso rdttiä iväroanto nä srauasydvah \
sömäso räyi akramub ,,Wie brausende Wagen, wie nach [Sieges-] Ruhm
trachtende Renner, sind die Somagüsse zum Reichtum (der der Sieges¬
preis ist) gelangt", 7. 34. 18 utd na e?ii nfsu irävo dtiub prd räyi yantu
Sdrdhanto arydb ,,Und mögen sie Ruhm in diese unsere Männer legen:
zum Reichtum (= der Siegesbeute) mögen sie gelangen, trotzend dem
Fremdling", 3. 53. llbc dSvarn räyi prd muiicatä suddsah | rä/ä vrtrdm
janghanat präg dpäg üdag ,,laßt das Roß des Sudäs los zum Reichtum
(= damit Siegesbeute gewonnen werde): der König möge brechen den
Widerstand im Osten, Westen und Norden!"
nur väjäh „Gewinne" und rayi „Reichtum" in die engere
Wahl. Exegetische Erwägungen, wie die eben angestellten,
dürften dem letzteren Ansatz ein leichtes Übergewicht geben.
Eine zwingende Entscheidung läßt sich allerdings auf diesem
Wege kaum erreichen. Erst die grammatisch-etymologische
Analyse, wenn sie gelingen sollte, kann endgültige Aufklärung
bringen').
surüdh mit Grassmann als Wurzelnomen zu srdh ,,kühn,
keck sein" aufzufassen, verbieten lauthche wie semasiolo-
gische Erwägungen gleichermaßen. Auch eine Analyse sur +
üdh*) würde zu nichts Brauchbarem führen. Wenn surüdh ein
arisches Wort ist, wofür die Bedeutung spricht, kann es nur
ein Kompositum sein: su-rüdh. In rudh sehe ich das Verbum
rudh „wachsen" (als Hinterg'-ed eines Kompositums auch in
Di-rüdh f. „Pflanze", anü-rüdh) und in su-') den verkürzten
1) Auf Yäska 12.18, der surüdhah in RV. 6. 49. 8 durch dhanäni
erklärt, will ich mich nicht berufen. Es ist meine Überzeugung, daß
auch Yäska hier nur geraten hat. In der Frage der lexikalischen Tra¬
dition stehe ich durchaus auf dem Standpunkt Oldknbebo's (Veda-
forschung S. 90 ff.) und halte das Zitieren auch der älteren einheimischen
Erklärer im besten Fall für müßig. Daß das Studium Yäskas für die
Geschichte der indischen Sprachwi.ssen.schaft von höchstem Interesse ist, brauche ich nicht zu betonen.
2) Vertreten von Lüdwio, Rigveda Bd. IV S. 118 unter Verglei¬
chung von lit. Serti , .kochen". Auch Pischel, Ved. Stud. I S. 191 stellt, unter Berufung auf Ludwig o. c. Bd. IV S. 191 Surüdh zu „^2 Sr" (ge¬
meint ist Srä [Gbabsmank 2 sir] ,, kochen"), was ein wenig wunder¬
nimmt, da er vorher (o. c. I S. 32 ff.) Lüdwio's Übersetzung von Surüdh mit ,, Speise, Nahrung" erfolgreich widerlegt hat. Von den übrigen Worten, in denen Ludwig o. c. Bd. IV S. 191 ein Suffix -udh erkennen
will, fällt virüdh als deutliches Kompositum aus vi -f rüdh von vorn¬
herein fort (PiscHBL o. c. I S. 191). prkfüdh, nur in RV. 1.141. 4, ist
deutliche Augenblicksumformung von pfks nach danebenstehendem
virüdh (Oldehbbbg, Noten). Es bleibt als nur *i?üdh, aw. i^ud (vgl.
denominatives rgv. ifudhyati, aw. iSüidyaiti usw.). Über die Bedeutung von *isudh/iiud vgl. jetzt die eingehenden und treffenden Ausführungen H. Lommbl's, KZ 67 S. 16fT. Analysiert man i?-u<Ui, so hat man jeden¬
falls eine ganz isolierte Bildung. Vielleicht fmdet einmal jemand etwas Besseres.
3) RV. 9. 70. 5 ist vielleicht am Ende einer Jagatl-Reihe Sürüdhah zu lesen, wenn auch die Kürze in drittletzter Silbe einer Jagatl-Reihe 2 3«
344 P. Thieme, Beiträge zur Vedaexegese
Stamm von pdsu „Vieh", der im Awesta als fSu- deutlich er¬
halten ist'), surüdh würde also zunächst geheißen haben:
„das Vieh mehrend" und als Adjektiv zu irgendeinem femi¬
ninen Nomen im Sinne von „Reichtum, Wohlstand" ge¬
braucht worden sein. Ein solches Adjektiv, das der Natur der
Sache nach nur zu wenigen Nomina treten kann, mag leicht
elliptisch gebraucht und schließlich zum Nomen umempfun¬
den werden*). Ich erinnere an ein Wort wie gomat „Kühe
habend, aus Kühen bestehend", das auch öfters als Neutr.
sing, ohne Nomen erscheint (vgl. Grassmann s. v. gömat 4):
hier würde man sich vasu n. „Besitz" hinzudenken. Daß die
zur Substantivierung führende Isolierung im Falle surüdh sich
entschiedener durchgesetzt hat, liegt natürlich daran, daß
seine ursprüngliche Bedeutung sich leicht verdunkeln konnte :
es dürfte durchaus zweifelhaft sein, ob die rigvedischen Dich¬
ter selbst noch eine klare Vorstellung davon hatten, daß das
Wort ein Kompositum war und im ersten Gliede su = pasu
enthielt.
Das alte Nebeneinander „Männer und Vieh" (aw. pasu-
ülra, lat. viri pecudesque) spiegelt der RV. gerne in meist
asyndetischen Verbindungen wieder wie: suvtryarn sväsoyam
3. 26. 3, suviryam . .. sväsvyam 1. 40. 2 „Besitz herrhcher
Männer (Söhne) [und] Besitz herrlicher Pferde"; sumryarn
sväsvyarn sugävyam 8. 12. 33, suvtryarn gävärn pösam sväsvyam
1. 93. 2, gömäd äsvavat suvtryamS. 46. 5 „[Besitz (väsu)] der in
Kühen besteht, der in Pferden besteht [und] Besitz herrlicher
Männer", ksumäd väjavan mädhumat suvtryam 9. 86. 18 „Be¬
sitz, der in Vieh besteht, der in Süßigkeit besteht, [und] Besitz
nicht unerhört ist (OLDENBERa, Prolegomena S. 64). Es sei bemerkt, daß sonst Surüdhah stets in Gäyatri oder Jagati hinter der Zäsur erscheint,
die erste SUbe also ebensogut kurz wie lang gemessen werden könnte.
Ursprünglich müssen wohl auch beide Messungen nebeneinander tat¬
sächlich bestanden haben. Vgl. Waceernaobi., Grammatik II, 1 § 56 a.
1) Gerade in diesem Kompositionstyp verkürztes Vorderglied mehr¬
fach belegt: z. B. aw. fiu-San, ved. dru-?äd, jnu-bädh (Wackbbnagbi, 0. c. II, 1 § 22 a, c).
2) Vgl. z. B. W. Havbbs, Handbuch der erklärenden Syntax § 20
S. 18.
herrlicher Männer". Sehr häufig stellt man auch nur „Reich¬
tum" (rayi, rai) — der natürlich sowieso in Herden besteht —
und suvtrya nebeneinander (z. B. räyäh . . . suviryasya 3.16.3,
raylm . . . suvtryam 8. 23. 12, weiteres bei Grassmann s. v.
suvtrya 3). Ebenso heißt es nun 10. 122. led 5a räsate surüdho
visvddhäyaso 'gnih . . . suvtryam „dieser Agni möge schenken
Reichtum {,,das Vieh mehrenden"), der für alle Labung (Nah¬
rung) bietet, [und] Besitz herrlicher Männer')".
Zu welchem femininen Plural sollen wir uns nun surüdhah
als ursprünghche Ergänzung denken? In Betracht käme etwa
pustäyah f. „Gedeihen". Vgl. 2. 27. 12 yarn vardhdyanti pustä-
yah „den das Gedeihen mehrt". Hier hätten wir jedenfalls
ein Wort, das jenen für „Reichtum, Besitz" {rayi, rai, väsu)
recht nahe steht: 4. 41. 10 äsvyasya . . . räthyasya puster
nityasya räyäh pdtayah syäma „wir möchten sein die Herren
von in Wagen, in Pferden bestehendem Besitz, von Gedeihen,
von beständigem Reichtum"; pustimäd väsu 3. 13. 7,10. 86.3;
revdn iva prä card pustim äccha 8. 48. 6. Vgl. auch die bei
Wackkrnagel-Debrunner, Altind. Grammatik III §120ay
ausgehobene Verbindung rayimän pustiman SB., Chänd. Up.
Schließlich könnte man suvtryarn gävärn pösam 1. 93. 2 und
surüdhah . . . suvtryam 10. 122. 1 in Parallele setzen. Der Ge¬
danke an pustäyah dürfte mithin dem an isah „Labungen"
etwa durchaus vorzuziehen sein.
Weit besser als „Gedeihen" wäre freilich ein Wort, das
ganz konkret den Reichtum selbst bezeichnet. Wirklich ein¬
setzbar für surüdhah wäre pusti wohl nur in 1. 72. 7, 6. 49. 8,
10. 122. 1. Geradezu schlecht würde es vor allem passen in
7. 23. 2, 9. 70. 5, 6. 3. 3, wo es sich um Reichtum als Gewinn
oder Beute handelt, oder als Objekt von rad in 1. 169. 8,
7. 62. 3. Ich möchte deshalb am liebsten surüdhah als ur¬
sprüngliches Adjektiv zu räyah f. pl. verstehn.
Nun ist allerdings feminines rai neben maskulinem nur
schwach belegt. Daß aber schon idg. *reis, wenn es nicht ge-
1) Vgl. insbes. 1.162. 22 pumsäh putrdm utd vüväpüfarn raylm
(= iurüdtto viSvddhäyasah).
346 P. Thieme, Beiträge zur Vedaexegese
radezu Femininum war, doch jedenfalls auch als solches auf¬
gefaßt werden konnte'), zeigt aufs deutlichste lat res f. Und
was den Plural räyah angeht, auf den es uns hier zunächst
ankommt, so ist zu sagen, daß an den meisten Belegstellen
das Geschlecht überhaupt nicht zu erkennen ist, im übrigen
aber fem. Geschlecht als mindestens ebensogut beglaubigt
gelten darf wie maskulines.
Neben dem Mask, räyah satinah 1. 31. 10 und räyah ... ye
6. 36. 1 erscheint das Fem. in dem allerdings späten räyo
brhatih 8. 52. 10 (Väl.), aber auch in vipo nä räyo ar(i)yäh
4. 48. 1, räyo ar(i)yäh 6. 14. 3, wo ar{i)yäh (falsch für *ar{l)yah)
nur Plural zu dem fem. Nomen ari- (VS. 6. 36) „dem ari ge¬
hörig" sein kann*). Auch der Plural von rayi ist im RV. nur
an einer Stelle geschlechtlich charakterisiert und zwar als
Fem.: äsäm ... rayindm 1.68.7*). Ich hege also keinerlei
1) So ist jedenfalls für die ältere uiidg. Zeit zu formulieren : Meillet, BSL. 32 (Abh.), S. 6fr. (vgl. auch BSL. 31 [Bespr.], S. 7ff. und J. Loh- MANH, Genus und Sexus, S. 80 fl.).
2) Verf., Fremdling im RV. S. 98 f.
3) Nach meiner Auffassung stehn seit alters ein rayi m. (das Ge¬
schlecht durch das Awest. bestätigt) und rai f. (lat. res f.) nebenein¬
ander. In den arischen Sprachen hat man die beiden Stämme in ein
Suppletionsverhältnis gebracht, indem rai vor vokalisch, rayi vor kon¬
sonantisch anlautenden Endungen bevorzugt wurde. Eine vorkonso¬
nantische Restform von rai stellt rim in RV. 10. III. 7 citrdm . . . räm dar. Der Akk. Plur. räydli {räyali) ist leicht erklärliche, analogische Er¬
satzform für altes *rä^. Das Suppletionsverhältnis hatte zur Folge, daß durch wechselseitige Beeinflussung mehrfach rayi als Femin. und andrer¬
seits vor allem die Formen räyä, räye, räydli (Gen. Sing.) gerne als
Maskulina empfunden wurden.
Nach Wackebnaobl-Dbbbcnmeb, Altind. Gramm. III § 120b, wäre
ein *rei- in vorhistorischer Zeit in irgendwelchen Formen aus reii ent¬
standen. Beweisbar ist das jedenfalls nicht, und an und für sich sieht
man keinen Grund, warum nicht zwei verschieden gebUdete Stämme
sich im Paradigma supplieren sollten. Gegen die Ansicht der Grammatik,
die auf Thubnbtsen IF. 49 S. 196 beruht, spricht der Akk. räm, der
in jedem Punkt (Geschlecht und Form) schönstens zu lat. rem stimmt,
den sie aber als junge Analogiebildung erklären muß, zu der doch ein
Muster nicht aufzutreiben wäre. Nur deshalb, weil er nur im 10. Buch
des RV. belegt ist, braucht er doch keine Neubildung zu sein. Zudem
macht bei dieser Annahme die Erklärung des femininen Geschlechts
Bedenken gegen die Annahme einer alten Verbindung *su-
rüdho räyah f. „das Vieh mehrender Reichtum (den man ge¬
schenkt bekommt oder sich erwirbt)".
Einen Einwand gegen die Erklärung von surüdh aus
urindisch *psurüdh könnte man dem Umstand entnehmen,
daß uns ja in ksu-mdt ,,Vieh habend" und puru-ksü „viel
Vieh besitzend" eine andere Vertretung von anlautendem ps
im Indischen erhalten ist. Denn man kann nicht wohl zwei¬
feln»), daß Bloomfield, IF. 25 S. 185 ff. diese Worte richtig
aus älterem psu-mät und *puru-psü erklärt hat. Es dürfte sich
aber beim Wandel von psu zu ksu nicht, wie er selbst meint,
um eine regressive Assimilation des p an s handeln, sondern
um eine Dissimilation des labialen p vor dem m der folgenden,
bzw. nach dem p der anlautenden Silbe*). Daß diese Auffas¬
sung das Richtige trifft, wird sozusagen strikt bewiesen durch
kldman m. „Lunge" aus *ploman = gr. Tikev/nwv'). In unserem
Falle konnte man die unbequeme und im Anlaut dem Indi¬
schen sonst fremde Lautgruppe ps durch Ausnützung einer
dissimilatorischen Tendenz nicht los werden: man verein¬
fachte deshalb ps zu s*).
von res ebensolciie Scliwieriglceiten, wie die von rayi f. Nachbarschaft zu pufti, auf die § 120 ay verwiesen wird, tritt im RV., auf den es doch ankommt, keineswegs besonders hervor. 2.13. 84 ist rayim neben puftim, 4. 41. 10 räydh neben pusteh, genannt: in beiden Fällen werden die Worte als Maskulina qualifiziert. Auf der andern Seite steht rayi öfters neben Maskulinis: rayim . . . pösam 1. 1. 3, rayim . . . bhägdm 3. 1. 19, rayir
bhdgah 8. 31. 11, 9. 101. 7. Auch Wackebnaobl-Dbbbunneb müssen
übrigens den Akk. PI. räydb, als NeubUdung erklären (§ 120b Anm.),
können ihn also nicht gegen die Annahme eines alten räm verwenden.
1) Oldenbebo's skeptische Bemerkung, Noten II S. 188, bezieht
sich wohl nur auf Bloomfibld's aUerdings sehr zweifelhafte Vorschläge betreffend h?ii in 9. 97. 22, 10. 61. 12.
2) So Gbldneb, Festschrift Windisch', S. 177 Anm. 7. Vgl. auch
Nbisseb, Zum Wörterbuch II s. v. ksu-mdnt.
3) Vgl. W. Schulze, KI. Schriften, S. 57.
4) Ob dpsu RV. 7. 4. 6 (mit Gbldnbb I. c.) und arundpsu (mit Hillb- bbamdt, Ved. Myth.' II, S. 36 Anm. 3) ebenfalls altes piu enthalten
(vgl. auch Nbisseb, Zum Wörterbuch I s. vv.), mag dahin stehn. Eine
abweichende Behandlung der Lautverbindung im Inlaut wäre jeden-
348 P. Thiemb, Beiträge zur Vedaexegese
Ja, es läßt sich sogar noch ein paralleler Fall auftreiben,
•was doch alles ist, was wir bei solcher natürlicherweise sel¬
tenen Lautverbindung verlangen können. RV. 4. 58. 7 lesen
wir: sindhor iva prädhvane süghanaso oätapramiyah pata¬
yanti yahvdh | ghftäsya dhärä arusö nä väji kdsthä bhindänn
ürmibhih plnvamänah. Hier ist das Hapax süghanasah den
Erklärern dunkel. Ich analysiere sü-ghanä „das Vieh tötend".
Das paßt trefflich in den Zusammenhang, der von den reißen¬
den, Vernichtung bringenden Fluten eines Stromes spricht:
„Wie die in ihrem Vorwärtslauf das Vieh (das am Ufer weidet
oder den Strom zu durchqueren versucht) tötenden'), die
Kraft des Windes erschöpfenden*) [Fluten] eines Stromes,
fliegen die jungen Fluten des Butterschmalzes dahin, wie ein
rötliches Rennpferd, [wie] ein Baumstämme zerbrechender"), mit Wogen schwellender [Strom]."
falls wohl denkbar. Auch für oder gegen Bloomeield's Herleitung von
virapSln aus *virapivln = ,, reich an Männern und Vieh" brauchen wir
uns in unserem Zusammenhange nicht zu entscheiden.
1) Gblsner, Übersetzung, faßt äüghandsab substantivisch und über¬
trägt „Wirbel (?)". Es ist möglich, daß diese Vermutung das Richtige trifft. Wir hätten dann etwa ein Süghanä „Viehtöter" = „Strudel,
Stromwirbel". 2) Verf. ZDMG 95, S. 100.
3) Gbldneb o. c. bezieht kdsthä bliinddn auf vä/t: „wie ein . .. Roß, das die Schranken durchbricht", mit Hinweis auf 1. 63.5 vi ... kdfthä drvate vab „mögest du dem Renner die Schranken öffnen" (Gbldneb:
„mach dem Streitroß die Bahnen frei"). Dieser Gedanke mag möglich
sein, obgleich ein Roß natürlicherweise Hindemisse nicht dadurch
nimmt, daß es sie zerbricht oder zerschmettert. Gar nicht einleuchtend aber ist es, wenn auch ürmibhib plnvamänab sich auf das „rötliche Roß"
beziehen soll. Oij)enbebo's (Noten) Hinweis auf 9. 74.1, wo es von dem
metaphorisch als väjy äru?dh bezeichneten Soma heißt: divö ritasä
sacate payovrdfiä ,,er ist gefolgt (begleitet) von dem das Wasser (der
Flüsse) mehrenden Samen des Himmels (d. h. er bringt den Regen
herab)", scheint mir für unsere Stelle nichts Aufhellendes zu liefern.
Gbldneb's Übersetzung: ,,mit den Wogen hochgehend" versucht für
das Partizip einen Ausdruck zu fmden, der auf die Ströme {dhdräi,) und
auf das Roß paßt, um den Singular (und das Geschlecht I), den er als
„Attraktion des Numerus an den Vergleich" erklärt, überhaupt zu ver¬
stehn. (In RV. 3. 33. 2 c dürfte übrigens eine gänzlich verschiedene
syntaktische Figur vorliegen: Mischung aus: „Von euch beiden geht die
eine in die andere über" und „Ihr beide geht eine in die andere über".)
Aber wie soll pinv ,, schwellen" vom ,, Hochgehn" eines Rosses gebraucht werden können?
Mir scheint es das Gegebene, zu ürmibhih plnvamänah den dem Sinn
nach allein passenden, noch dazu in a ausdrücklich genannten Begrifi
,, Strom" zu ergänzen. Dann ergibt sich die oben gewählte Übersetzung von kdstäh eigentlich von selbst.
Wie spätvedisch und klassisch kdstha n. ,, Holzstück, Holzscheit"
nahelegt, heißt kdsthä f. eigentlich ,, Holzstamm, Balken" und bezeichnet nur in besonderer Situation die ,, Balken = Barrieren der Rennbahn", durch dichterische Übertragung („pars pro toto") dann auch die „Renn¬
bahn" selbst. Die allgemeine Bedeutung „Holzstamm" liegt außer an unserer Stelle noch vor vielleicht in RV. 1. 146. 5, wo jedoch das noch
nicht ganz geklärte fenya schlüssig Entscheidung nicht zuläßt, und
sicher in RV. 1. 59. 6 und 1. 32. 10:
1. 59. 6 cd vaidvänarö ddsyum agnlr faghanvärii ddhünot kdsthä äva
sdmbararn bhet ,,Als Agni V. den Dasyu erschlagen hatte, schüttelte er
die Holzstämme (Palisaden) und schmetterte den Öambara nieder."
Geldneb: ,, rüttelte er an den Schranken", aber in der Anm. : ,, eigentlich wohl Holzpfähle, also hölzerne Burgen?", mit trefflichem Hinweis auf 3. 12. 6 püro däsäpatnir adhünutam.
1. 32. 10 ätisthantinäm aniveSanänärn kdsthänäm mddhye nihitam
sdrlram \ vrtrdsya ninydtn vi caranty dpah ■ . ■ „Sein (des erschlagenen
Vrtra) Leib steckte inmitten der nicht zum Stillstand kommenden,
nicht Rast findenden [Treib-] Holzstämme: die Wasser umspülen die
Schamteile des Vrtra . . ." Geldneb: „inmitten der ... Flußläufe",
in gleichem Sinne Ludwig und Gbassmann. Aber abgesehn davon, daß
für kdsthä = , .Flußlauf" sonst nirgends ein Anhaltspunkt, befremdet
der Plural (vgl. 10. 102. 9 kdsthäyä mddhye „in der Mitte der Renn¬
bahn"). Vor allem scheint mir das Bild des von den auf dem Wasser
treibenden Holzstämmen mißhandelten Körpers dichterisch ungleich
stärker. Ich erinnere an eine neuzeitliche Beschreibung von der Auf¬
findung eines Leichnams am Morgen nach einem heftigen Unwetter
zwischen den angetriebenen Holzstämmen (drift-logs) in einem Strom
(in Borneo): Jos. Conrad, Almayer's folly Ch. VII ,,. . . the unconscious
logs tossed and ground and bumped and rolled over the dead
stranger with the stupid persistency of inanimate things." Auch hier ist es gerade die ruhelose Bewegung der Stämme, die der Schilderung
ihren Eindruck gibt. Der moderne Dichter hat ihn durch größere Häu¬
fung der die Bewegung schildernden Verben und durch die Hervor¬
hebung des Gegensatzes zwischen der Bewegung und der Leblosigkeit
der Stämme, zwischen der scheinbaren Hartnäckigkeit, mit der sie ihr
furchtbares Vernichtungswerk rastlos fortsetzen, und ihrer tatsächlichen unvernünftigen Dinghaftigkeit, raffiniert gesteigert. Er steigert ihn dann im weiteren Verlauf aufs neue durch die realistische Beschreibung der ans Land gezogenen, zu völliger Unkenntlichkeit verstümmelten Leiche.
Zeitacbrift d. DMO Bd. 9S (Neue Folge Bd. aO) 21
Zur strukturellen Stellung des Altindischen Von P. Poucha, Prag
Jede Sprache kann man von zwei Standpunkten aus be¬
trachten und zwar vom historisch-dynamischen Standpunkte
und vom statischen Standpunkte. Während das wichtigste
Ergebnis bei der Verfolgung der Entwicklung einer Sprache
die Feststellung ihrer Zugehörigkeit und ihres Verhältnisses
zu anderen gleichgearteten, mit ihr urverwandten Sprachen
ist, schließt die Erforschung ihres gegenwärtigen Standes
von statischen Standpunkte aus oft mit der Erkenntnis, daß
sich die betreffende Sprache vom ursprünglichen System, dem
sie ursprünglich angehört hat und aus dem sie hervorgegangen
ist, entfremdet und demjenigen der herumliegenden Nachbar¬
sprachen, die oft Glieder arteigen fremder Sprachenfamilien
sind, mehr oder weniger angepaßt hat. Die Erkenntnis, daß
solche zwiefache Stellungnahme möglich ist, ist bei der Er¬
forschung europäischer Sprachen indogermanischen Ursprungs
ziemlich allgemein durchgedrungen; dagegen ist man beim
Beurteilen ihrer in Asien herrschenden Schwestern im Gegen¬
teil fast ausschließlich auf der historischen Betrachtungsweise
stehengebheben'). Niemand hat es z. B. bisher gewagt, den
Entindogermanisierungsprozeß des Altindischen systematisch
durchzuforschen, obwohl die Ursachen, die hier im Spiele
waren, ziemlich bekannt sind und ihr Einfluß auf die Sprach¬
entwicklung anerkannt wird. Das Folgende will ein beschei¬
dener Beitrag zu diesem weit ausgreifenden Thema sein.
1) Die einzige Ausnahme scheint mein Aufsatz über „Die syn-
chronische Stellung des Tocharischen und die Frage nach der idg. Ur¬
heimat" zu bilden, der demnächst in der Zeitschrift für vgl. Sprach¬
forschung herauskommen soll. Dort ist auch die einschlägige Literatur zu finden.