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Archiv "Plädoyer für mehr Kooperation und für moderne Krankenhausstrukturen" (27.05.1976)

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Die Information:

Bericht und Meinung

79. DEUTSCHER ÄRZTETAG

In dem Bestreben, das Gesund- heitssystem auf dem Boden des geltenden Rechts sinnvoll weiterzu- entwickeln, die ärztliche Versor- gung zu verbessern und Kosten zu sparen, nimmt das Krankenhaus eine Schlüsselstellung ein. In sei- nem Referat zum Tagesordnungs- punkt 4 „Ärztliche Zusammenarbeit bei ambulanter und stationärer Versorgung" wandte sich Dr. med.

Horst Bourmer, Vizepräsident der Bundesärztekammer und Vorsitzen- der ihres Ausschusses „Arzt im Krankenhaus", mit Entschiedenheit dagegen, den Krankenhäusern als dem teuersten Sektor des Gesund- heitswesens neue Aufgaben zu übertragen, die sie weder personell bewältigen noch mit der gebotenen Wirtschaftlichkeit durchführen kön- nen. Statt der erhofften Kostenein- dämmung würde bei einer Ver- schiebung des Schwerpunktes der gesundheitlichen Versorgung von den niedergelassenen Ärzten in das Krankenhaus die Kosteninfla- tion in diesem Sektor noch mehr angeheizt.

Die „Reformeuphorie" habe uns an den Rand des Konkurses, an den Rand der Ratlosigkeit gebracht, sagte Bourmer und empfahl, statt utopischen Zielvorstellungen nach- zujagen, endlich die von der ge- samten Ärzteschaft mitgetragenen Reformvorschläge zur Weiterent- wicklung des Gesundheitswesens und zur Krankenhausstrukturre- form zu verwirklichen. Bourmer brach eine Lanze für ein neuarti- ges, modernisiertes Belegarztsy- stem, das gerade kleinere Kran- kenhäuser in Stadtrand- und länd- lichen Gebieten vor dem Exitus be-

wahren könnte. Das reformierte Belegarztsystem müsse zu einem integralen Bestandteil einer Grund- und Regelversorgung im stationä- ren Bereich gehören, die alle Vor- teile einer zeitgerechten Medizin mit Patientennähe und rationellem Einsatz von Menschen und techni- schen Hilfsmitteln verbindet. So gesehen, könne ein modernes Be- legarztsystem ein unverzichtbares Bindeglied im Zusammenwirken von ambulanter und stationärer Versorgung sein. Die hier gegebe- ne freie Arztwahl, das persönliche Vertrauensverhältnis zwischen Pa- tient und Arzt, entspreche zudem auch den Vorstellungen der Bevöl- kerung und ihren Wünschen an un- ser Gesundheitswesen.

Breites Votum

für kooperatives Belegarztwesen In dem Engagement für die breite Anwendung des Belegarztwesens sieht Dr. Bourmer einen wichtigen Beitrag zur Verknüpfung von Kran- kenhaus und Praxis, zumal der ko- stendämpfende Effekt des Beleg- arztsystems in der Praxis längst er- wiesen ist — ganz im Gegensatz etwa zu den verwaschenen Modell- vorstellungen, die auf eine zentrali- sierte ärztliche Behandlung und institutionalisierte gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung zielen.

Das Plädoyer Bourmers wurde unterstrichen durch eine mit über- wältigender Mehrheit angenomme- ne Entschließung zum „Ausbau ei- nes kooperativen Belegarztwe- sens". Darin wird — auch unter Berufung auf bewährte Beispiele im Ausland — hervorgehoben, daß

mit Hilfe eines neu organisierten Belegarztwesens die Qualität der gesundheitlichen Versorgung der Patienten verbessert und durch eine Re-Integration erfahrener, langjährig weiter- und fortgebilde- ter niedergelassener Ärzte an das Krankenhaus zugleich die stationä- re Versorgung angehoben werden könne. Im Gegensatz zu einer vor- und nachstationären Diagnostik und Behandlung durch eine Institu- tion bleibt bei dem vom Ärztetag empfohlenen Reformmodell die ärztliche Betreuung des Patienten in der Hand desselben von ihm frei gewählten Arztes.

Herbe Kritik übte Dr. Bourmer am Krankenhausfinanzierungsgesetz, an der Bundespflegesatzverord- nung und an den Landeskranken- hausgesetzen, die zu Fehlplanun- gen und zu Mittelverschwendung geführt haben. Bourmers Anregun- gen zur Änderung der zum Teil de- solaten Zustände verdichteten die Ärztetagsdelegierten in einer mit geringfügigen Änderungen ange- nommenen Entschließung zur „Ko- stenentwicklung im Gesundheits- wesen", die sich mit Nachdruck für eine bedarfsgerechte Kranken- hausplanung einsetzt. Dort heißt es:

„Eine solche Planung muß eine Aufgliederung des Leistungsange- botes der Krankenhäuser entspre- chend der Pflegeintensität ebenso einschließen wie eine leistungsge- rechte, den Anf&derungen ent- sprechende innere Struktur des Krankenhauses. Sie darf nicht dazu führen, daß nur noch Krankenhäu- ser einer bestimmten Regelgröße berücksichtigt werden; die Betten- zahl ist kein Kriterium für Lei- stungsfähigkeit und Wirtschaftlich- keit eines Krankenhauses."

Ordnungspolitische Elemente schaffen

Um die bisher vermißte notwendige ordnungspolitische Funktion auf dem Krankenhaussektor zu erfül- len, empfahl Bourmer — nicht zu- letzt wohl auf seine langjährige Er- fahrung als praktizierender Kran- kenhausarzt gestützt —, der Deut-

Plädoyer für mehr Kooperation und für moderne

Krankenhausstrukturen

Bericht über die Diskussion zum Tagesordnungspunkt

„Ärztliche Zusammenarbeit bei ambulanter und stationärer Versorgung"

beim 79. Deutschen Ärztetag

1484 Heft 22 vom 27. Mai 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Die Information:

Bericht und Meinung

schen Krankenhausgesellschaft (DKG) ebenso wie den Landes- krankenhausgesellschaften die Rechtsform der Körperschaft zu verleihen (analog zu den Selbstver- waltungseinrichtungen im ambu- lanten ärztlichen Bereich). Auf die- se Weise schlagkräftiger gemacht, könnten die Zusammenschlüsse der Krankenhausträger regulierend und steuernd in Krankenhauspla- nung und Krankenhauspolitik ein- greifen.

Im Sinne von gleichgewichtigen gesellschaftlichen Gruppen müßten diesen Selbstverwaltungskörper- schaften allerdings entsprechende Krankenhauskassenärztliche Verei- nigungen gegenübertreten, und zwar als Teile der KVen und der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung. Dadurch würden, so Bour- mer, die für die Ärzteschaft unver- zichtbaren Grundsätze der Ver- tragsfreiheit, der Selbstverwaltung und der Sicherstellung der ärztli- chen Versorgung auch auf den Krankenhaussektor übertragen werden. Allerdings seien diese Vorschläge ebenso wie die bereits anläßlich des Westerländer Ärzte- tages 1972 veröffentlichten Vor- schläge zur Krankenhausstruktur- reform bei den Verantwortlichen auf wenig fruchtbaren Boden gefal- len — offenbar deswegen, weil von interessierter Seite alles darange- setzt wird, dem Institut „Kranken- haus" auch Aufgaben der semista- tionären und ambulanten Versor- gung zu übertragen.

Dr. Bourmer begründete die von der gesamten Ärzteschaft getrage- ne Forderung, auf der Grundlage des geltenden Rechts und unter Beibehaltung der Bedürfnisprüfung verstärkt Krankenhausfachärzte über Ermächtigung und Beteili- gung in die kassenärztliche Versor- gung einzuschalten. Dadurch wür- de zugleich ein wirksamer Beitrag zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung geleistet.

• Man solle noch einen Schritt weitergehen und ermöglichen, daß diese Krankenhausärzte mit den niedergelassenen Ärzten in Form

von Gruppenpraxen zusammenar- beiten, so daß auf dem Gebiet der Gruppenpraxen eine Weiterent- wicklung erfolgen könnte — selbst- verständlich unter Beachtung des jetzigen § 29 der Zulassungsord- nung/Ärzte. Im Rahmen dieser neu- artigen Kooperationsform sollten nach Bourmers Auffassung schwerpunktmäßig folgende Lei- stungen in Betracht kommen:

Krankheitsfrüherkennungs-Un- tersuchungen;

konsiliarische Beratung eines Kassenarztes in der Behandlung;

I> Durchführung besonderer Un- tersuchungs- und Behandlungsme- thoden;

I> ambulante Nachbehandlung nach einer stationären Kranken- hausbehandlung im Einvernehmen mit dem behandelnden Arzt.

Bourmer erinnerte an die detaillier- ten Vorschläge der freien ärztli- chen Verbände zur Krankenhaus- strukturreform, die trotz aller Nuan- cierungen und unterschiedlicher Prioritäten auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen seien: Ausdeh- nung der Grundsätze der Vertrags- freiheit, der Selbstverwaltung und der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung auch auf dem Kran- kenhaussektor mit dem Ziel einer kostensparenden Koordinierung und Rationalisierung der Behand- lung im ambulanten und stationä- ren Sektor.

Vom Referenten ebenso wie von der Mehrheit der Ärztetagsdele- gierten wurden drei Entschlie- ßungsanträge abgelehnt (sie ka- men von gewerkschaftstreuen Ber- liner und einem baden-württember- gischen Delegierten), die auf eine Institutionalisierung und eine am- bulatorische Öffnung der Kranken- häuser zielten. Polikliniken, die Öff- nung der Krankenhäuser für die ambulante Behandlung, die Ein- schaltung sogenannter Lehrkran- kenhäuser in die ambulante kas- senärztliche Versorgung sowie die institutionalisierte vor- und nach- stationäre Diagnose und Behand- lung am Krankenhaus wurden vom

Dr. Horst Bourmer war Ärztetagsrefe- rent zum Tagesordnungspunkt 4: „Ärzt- liche Zusammenarbeit bei ambulanter und stationärer Versorgung", worüber auf diesen Seiten berichtet wird

Referenten wie den Delegierten als Vorstufe zu einem krankenhaus- zentrierten, halbstaatlichen Ge- sundheitswesen apostrophiert.

Denn — so Ärztetagspräsident Prof. Sewering drei Tage zuvor in seinem Grundsatzreferat — „ein harmlos erscheinender Spalt in der Krankenhaustüre kann je nach po- litischem Geschmack beliebig weit geöffnet werden", bis dann auch bei uns skandinavische Verhältnis- se herrschen.

Dr. Koch:

Solidarität und Sparsamkeit

In einem Diskussionsbeitrag zum Tagesordnungspunkt 4, appellierte Dr. med. Friedrich-Wilhelm Koch, Präsident der Ärztekammer Nord- rhein und Vorsitzender des Aus- schusses „Krankenhaus und Pra- xis" der Bundesärztekammer an die Solidarität sämtlicher Partner des Gesundheitswesens. Unbe- dachte „Kraftäußerungen" seien DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 22 vom 27. Mai 1976 1485

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Die Information:

Bericht und Meinung Krankenhauswesen

nicht angebracht und müßten zu- dem das Gesamtklima für sachli- che Auseinandersetzungen bela- sten. Schiefe Vergleiche und ge- genseitige Beschuldigungen führ- ten nicht aus der Kostenkrise her- aus. Koch betonte, ein leistungsfä- higes und hochqualifiziertes Ge- sundheitswesen habe seinen Preis.

Es sei jedoch nicht in Abrede zu stellen, daß einerseits die Kosten im Gesundheitswesen wirksam und in eigener Initiative gebremst wer- den müßten und andererseits in al- len Bereichen gespart werden kön- ne. HC Nachstehend der Wortlaut der zu diesem Tagesordnungspunkt gefaß- ten Entschließungen:

Belegarztwesen

❑ „Angesichts der öffentlichen Diskussionen um die Kostenexpan- sion im Gesundheitswesen weist der 79. Deutsche Ärztetag erneut auf seine Vorschläge für ein neu konzipiertes kooperatives Beleg- arztwesen und die in den Beratun- gen dieses Ärztetages erfolgte wei- tere Konkretisierung dieser Vor- stellungen hin. Dieses kooperative

Belegarztwesen soll so schnell wie möglich überall dort eingeführt werden, wo in den Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung über Besetzung oder Neubeset- zung von Arztstellen zu befinden ist.

Entscheidender Vorteil des neuen Belegarztwesens ist, daß — ent- sprechend lange erprobten Bei- spielen im Ausland sowie verein- zelt auch schon im Inland — in je- der Fachabteilung nicht nur ein, sondern mehrere niedergelassene Ärzte gemeinsam in einer Fach- gruppe stationär tätig werden. Je- dem hierzu bereiten und qualifi- zierten niedergelassenen Arzt soll- te auf lange Sicht die Möglichkeit offenstehen, in einem Kranken- haus, in dessen Einzugsbereich er ambulant tätig ist, Patienten auch stationär zu versorgen.

Die notwendige enge Koordination und Kooperation dieser Belegärzte neuer Art wird die Qualität der ge-

sundheitlichen Versorgung der Pa- tienten heben. Da vor allem in klei- neren Krankenhäusern seit Jahren

— trotz steigender qualitativer An- forderungen — die Zahl der Fach- ärzte relativ immer weiter zurück- geht, kann die Re-Integration er- fahrener, langjährig weiter- und fortgebildeter niedergelassener Ärzte an das Krankenhaus die sta- tionäre Versorgung verbessern hel- fen. Kooperation, Konsultation, ge- genseitige Assistenz und weitere Spezialisierung dieser Ärzte wer- den dazu beitragen, die Möglich- keiten der Medizin gerade an klei- neren Krankenhäusern besser als bisher zu erschließen und bei ei- nem entsprechenden Dienstplan die ständige Präsenz erfahrener Ärzte im Krankenhaus zu gewähr- leisten. Die darin liegenden Chan- cen, die erworbenen Erfahrungen und Kenntnisse anzuwenden und weiterzuentwickeln, werden jün- gere Ärzte veranlassen, sich im Einzugsbereich solcher belegärzt- lich versorgten Krankenhäuser nie- derzulassen; das neue Belegarztsy- stem sollte deshalb bevorzugt in Land- und Stadtrandgebieten ein- geführt werden, deren ärztliche Versorgung auf diese Weise we- sentlich verbessert werden könnte.

Das kooperative Belegarztwesen erlaubt es, daß derselbe Patient durch denselben Arzt seiner eige- nen Wahl sowohl ambulant als auch stationär behandelt wird. Das hat den entscheidenden Vorteil, daß das Vertrauensverhältnis des Patienten zu seinem von ihm frei gewählten Arzt für die gesamte Dauer der Behandlung erhalten bleibt. Im Sinne einer Ganzheits- medizin und unter dem Aspekt der Psychosomatik hat dies besondere Bedeutung.

Das ist nicht zu erreichen, sollten die Pläne für die Einschaltung der Krankenhäuser als Institution in die vor- und nachstationäre Behand- lung realisiert werden; denn dabei würde der Patient nacheinander von mehreren Ärzten betreut, die er in aller Regel nicht selbst wäh- len kann. Das kooperative Beleg- arztsystem ist in seiner Individuali- tät und Sozialbezogenheit die ent-

scheidende, unserer Gesellschafts- ordnung entsprechende Möglich- keit für eine wirksame und nicht zuletzt kostensparende Verknüp- fung von ambulanter und stationä- rer Tätigkeit.

Der Deutsche Ärztetag fordert Staat, Gemeinden, Krankenhaus- träger und die ärztlichen Organisa- tionen auf, sich für dieses neu kon- zipierte Belegarztwesen nach- drücklich einzusetzen und bei der Krankenhausplanung zu berück- sichtigen."

Belegarzttätigkeit

„Der Deutsche Ärztetag emp- fiehlt in Ergänzung seiner Bemü- hungen zur Förderung der beleg- ärztlichen Tätigkeit, die Gebühren- ordnung insbesondere für operati- ve Leistungen und Assistenz den tatsächlichen Gegebenheiten anzu- passen (z. B. Magen, Kropf, Unfall- chirurgie [A0])."

Krankenhausreform

❑ „Der 79. Deutsche Ärztetag for- dert die gemeinsame Anstrengung aller Beteiligten zur Verwirklichung der vom Marburger Bund bereits 1971 in Saarbrücken verabschiede- ten Vorschläge zur Krankenhausre- form, die dann 1972 in die Leitsätze zur Struktur der Krankenhäuser und ihres ärztlichen Dienstes des Westerländer Ärztetages Eingang gefunden haben und auch in den Vorschlägen der Deutschen Kran- kenhausgesellschaft 1973 für mo- derne Krankenhausstruktur aufge- nommen wurden. Bei einer Reali- sierung dieser Strukturverände- rung könnten im Krankenhaus end- lich wirtschaftliche Arbeitsweisen erreicht und eine entsprechende Kostendämpfung erzielt werden.

Die überkommenen und dem heuti- gen Stand der Medizin und ihrer Differenzierung nicht mehr ent- sprechenden Krankenhausstruktu- ren stehen noch immer einer Ver- wirklichung dieser von der gesam- ten Ärzteschaft getragenen Re- formvorstellungen im Wege. Statt halbherziger Appelle muß eine 1486 Heft 22 vom 27. Mai 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Die Information:

Bericht und Meinung

Meinungsbildung und Meinungsaustausch in ungezählten Gesprächen innerhalb und außerhalb des Saales, wie auf diesen Schnappschüssen festgehalten. Bild links (v. I. n. r.): Dr. Karsten Vilmar, Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, Prof. Horst Kuni; Bild Mitte: Dr. Horst Bourmer, Dr. Otto Forstmeyer, Dr. Kaspar Roos; Bild rechts: Prof. Ulrich Kanzow, Dr. Wolfgang Bechtoldt

Strukturveränderung überall dort eingeleitet werden, wo durch das Ausscheiden leitender Ärzte oder die Neuschaffung von Abteilungen entsprechender Gestaltungsfrei- raum entsteht. Es ist unverantwort- lich, den ansteigenden Kosten im Krankenhaus untätig zuzusehen, ohne die notwendigen Reformen zu verwirklichen. Es müssen endlich Taten den Worten folgen.

Die Einführung des vom 75. Deut- schen Ärztetag in Westerland ge- forderten sogenannten Team- arzt- oder Fachgruppenarzt-Mo- dells in den Krankenhäusern ga- rantiert die lückenlose Betreuung und Behandlung durch ein und denselben qualifizierten Teamarzt und eröffnet dem Patienten auch im Krankenhaus das Recht auf freie Arztwahl. Dies liegt nicht nur im Interesse einer Stärkung des für den ärztlichen Behandlungserfolg entscheidend wichtigen persönli- chen Vertrauensverhältnisses zwi- schen Patient und Arzt, sondern auch eines wirtschaftlichen und damit sparsamen Einsatzes der diagnostischen und therapeuti- schen Mittel. Es ist ein Unding, daß zur Zeit der in ein Krankenhaus vom Arzt oder Facharzt überwiesene Patient häufig von dem jüngsten und daher am wenigsten erfahre- nen Arzt weiterbehandelt werden muß.

Es muß endlich Schluß sein mit Ablenkungsmanövern gegenüber dieser berechtigten Forderung der Ärzte, im Interesse der Patienten Leistungsfähigkeit und Wirtschaft- lichkeit der Versorgung der Patien- ten zu verbessern. Zu diesen Ab- lenkungsmanövern zählt der 79.

Deutsche Ärztetag die Vorschläge zur Öffnung der Krankenhäuser für prästationäre Diagnostik und poststationäre Therapie, zur Errich- tung von Ambulatorien und soge- nannten Medizinisch-Technischen Zentren. Hier wird mit schlagwort- artigen Begriffen gespielt und ar- gumentiert. Die dringenden Proble- me bei der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung werden damit nicht gelöst, da für eine größere Zahl qualifizierter Ärzte bei der heutigen Krankenhausstruktur kei- ne Lebensstellung vorhanden ist.

Es ist das Gebot der Stunde, vom bequemen, aber letztlich nutzlosen und deshalb kostentreibenden Kor- rigieren an den Symptomen und vermeintlichen Schwachstellen bei der ärztlichen Versorgung Ab- schied zu nehmen. Mit allem Nach- druck fordert daher der 79. Deut- sche Ärztetag alle Beteiligten und die Politiker in Bund und Ländern auf, künftig bei der Krankenhaus- gesetzgebung und Krankenhaus- planung die medizinisch notwendi- gen und wirtschaftlich unabweisba- ren Strukturreformen im Sinne des Marburger Bundes zu berücksichti- gen."

Mithilfe der Ärzte bei der Heranbildung

freiwilliger sozialer Helfer

❑ „Die Zunahme der alten Men- schen in unserem Lande, die zu- nehmende Verteuerung des Aufent- haltes in Alten- und Pflegeheimen bei einer Begrenzung der Aufnah- mekapazität (nur ca. 470 der über 65jährigen können in Altenheimen wohnen) erfordert eine vermehrte ambulante Betreuung und Versor-

gung der alten, kranken und hilfs- bedürftigen Menschen. Hauptamtli- che Kräfte in Sozialstationen und sonstigen Sozialeinrichtungen al- lein können dafür nicht ausreichen.

Gewinnung und Ausbildung ehren- amtlicher, freiwilliger, zur nachbar- schaftlichen Hilfe bereiter Men- schen in Stadt und Land ist uner- läßlich. Dabei eröffnet sich für die Ärzte eine große Aufgabe bei der Ausbildung der freiwilligen Helfer in Altenhilfekursen, Kursen häusli- cher Krankenpflege und ärztlichen Vorträgen.

Der Deutsche Ärztetag ruft die Ärz- te überall zur Mithilfe bei der Her- anbildung freiwilliger Kräfte auf."

Auftrag an die Bundesärztekammer,

ein Krankenhaus-Reform-Modell zu entwickeln

❑ „Der Ausschuß ,Arzt im Kranken- haus' der Bundesärztekammer wird beauftragt, auf der Basis

1. des Referates zu TO 4 des Deut- schen Ärztetages 1976 und

2. der in den ,Gesundheits- und so- zialpolitischen Vorstellungen der deutschen Ärzteschaft' niederge- legten Vorstellungen über die ,Sta- tionäre ärztliche Versorgung' und über ,die Zusammenarbeit der Ärz- te in Krankenhaus und freier Pra- xis'

ein detailliertes und realisierbares Modell zur Reform des Kranken- hauses zu entwickeln und dem Deutschen Ärztetag 1977 vorzule- gen."

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 22 vom 27. Mai 1976 1487

Referenzen

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