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Archiv "Gesundheitswesen: Mehr Arbeitsplätze durch sinnvolle Finanzierung" (19.03.1999)

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ie Unternehmen und die An- gehörigen der Freien Berufe, die Dienstleistungen erbrin- gen, haben die Zahl der Beschäftig- ten von 1960 bis 1995 von 1,98 Mil- lionen auf 6,49 Millionen erhöht.

Knapp die Hälfte aller im Dienstlei- stungsbereich Tätigen gehören Ge- sundheitsberufen an. Der Sachver- ständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen hat in seinem Sondergutachten 1996 fest- gestellt, daß die Beschäftigungswir- kungen im Gesundheitswesen rund 3,1 Millionen Menschen bin- den. Damit verdient jeder elfte Erwerbstätige seinen Leben- sunterhalt im Gesundheitswe- sen. Mit den Außenwirkungen sind es sogar 4,2 Millionen Beschäftigte. Gerade im Ge- sundheitswesen ist ein Wachs- tum zu beobachten, das zu ei- nem steigenden Arbeitskräf- tebedarf geführt hat und wei- ter führen wird, wenn die Politik keine Rationierungsmaßnahmen verordnet.

Die „neue Politik“ hat sich die Rückführung der Arbeitslosen in den Arbeitsprozeß zum Ziel gesetzt.

Ein Unternehmen in der Wirtschaft wird an Umsätzen, Gewinnen und der Zahl der Beschäftigten gemes- sen – je mehr, desto besser. Für das Gesundheitswesen soll das nicht gel- ten. Mehr Umsätze und mehr Be- schäftigte werden trotz vorhandener Nachfrage als Überangebot und Ko- stenexplosion diffamiert. Alle Re- gierungen haben bisher gefordert, den Gesundheitsbereich einzudäm-

men und die Umsätze und die Be- schäftigung zurückzufahren. Die Produktion im verarbeitenden Ge- werbe wird immer kapitalintensiver.

Die Folgen sind überall spürbar.

Die Arbeitslosigkeit nimmt im verarbeitenden Gewerbe zu, wenn die Rationalisierungsinvestitionen die kapitalintensive Produktion vor- antreiben. Das Gesundheitswesen könnte gerade hier in Zukunft noch eine viel größere Rolle als bisher spie- len. Die demographische Entwick- lung, chronische und neue Krankhei-

ten, Drogenmißbrauch und anderes werden mehr Beschäftigte im Ge- sundheitswesen nötig machen. Ge- sundheit und Gesundheitserhaltung und -wiederherstellung sind nicht nur das Anliegen des einzelnen. Sie ha- ben auch das Anliegen des Gemein- wesens zu sein. Das heißt nicht, daß der Staat den Gesundheitsbereich lenken soll. Das heißt, daß er die be- sten Rahmenbedingungen für die Er- füllung der dem Gesundheitswesen gestellten Aufgaben schaffen muß.

Dazu gehört insbesondere eine aus- reichende und richtige Finanzierung.

Der Arbeitgeberbeitrag für die Finanzierung der Gesetzlichen Kran-

kenversicherung (GKV) ist heute überholt. In den Anfängen der GKV war er als Subventionierung der Ar- beitnehmer durch die Arbeitgeber angebracht. Am Ende des zweiten Jahrtausends ist diese Finanzierung eine reaktionäre Patron-Haltung; sie verhindert die Emanzipation der GKV-Versicherten.

Durch dieses System werden die Versicherten in der GKV nicht in vollem Maß von Beitragssatzän- derungen in ihrem Verhalten beein- flußt. Erst wenn die Beiträge in vol- lem Umfang von den GKV- Versicherten getragen wer- den, werden sie in Wettbe- werb mit anderen Verwen- dungsmöglichkeiten stehen.

Durch eine einmalige Er- höhung der Löhne und Gehäl- ter um den Arbeitgeberanteil würden die Arbeitnehmer nicht schlechter gestellt als bisher. Es entfiele aber die Diskussion über negative Auswir- kungen der Entwicklung der Lohn- nebenkosten.

Das immer wieder verwandte Argument, daß die Arbeitgeber bei einer alleinigen Finanzierung durch die Versicherten nicht mehr in den Selbstverwaltungsgremien sitzen würden, ist in den Ersatzkassen-Gre- mien schon lange Realität. Das Argu- ment, durch steigende Beiträge für die Versicherten würden die Kon- sumausgaben gesenkt, verkennt, daß Ausgaben für die Gesundheitssiche- rung Konsumausgaben sind.

Notwendige Mehrausgaben für die Gesundheit führen zu mehr Be- A-663

P O L I T I K LEITARTIKEL

Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 11, 19. März 1999 (15)

Gesundheitswesen

Mehr Arbeitsplätze

durch sinnvolle Finanzierung

Die Krisenanfälligkeit der Sozialversicherungssysteme ist auch eine Folge überholter Finanzierungsgrundlagen. Ein Diskussionsbeitrag

D

»Neue Arbeitsplätze gibt es nur im Dienstleistungsbereich.

Das Gesundheitswesen könnte hier

eine größere Rolle spielen.«

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schäftigten in diesem Bereich, zu mehr GKV-Versicherten, zu mehr Konsumausgaben und zu mehr Steu- ern. Das Argument, Beitragssteige- rungen in der GKV würden im Rahmen der Lohnverhandlungen den Arbeitgebern in Form von Lohner- höhungen abgetrotzt, ist Ergebnis eines überholten Denkens. Vielmehr ist anzunehmen, daß auch bei einer vollen Finanzierung der GKV-Beiträ- ge durch die Versicherten gesamtwirt- schaftliche Größen und branchen- spezifische Kriterien – Inflationsrate, Produktivitätszuwachs, Branchenge- winne – die entscheidenden Größen für Tarifverhandlungen sein werden.

Um Wettbewerb zwischen den Krankenkassen zu stimulieren, muß die Nachfrageelastizität gestärkt wer- den. Das gelingt nur durch die volle Übernahme der Krankenkassenprä- mie durch die Versicherten. Die Prei- se und die Qualität der Leistungen, die von den Krankenversicherungen zur Verfügung gestellt werden, erhal- ten mehr Gewicht als heute. Wenn 1999 die Beitragsbemessungsgrenze in der Gesetzlichen Krankenversiche- rung 6 375 DM Bruttomonatsgehalt ist und der maßgebliche Krankenkas- senbeitrag („AOK-Gesundheitskas- se“) weiter 13,3 Prozent beträgt, so hat der Versicherte an der Bemes- sungsgrenze einen Beitrag von rund 848 DM zu entrichten. Beläuft sich der Beitrag einer konkurrierenden Krankenkasse auf 12,5 Prozent, be- trägt der Beitrag 797 DM. Ob sich der Versicherte bei hälftiger Beitragszah- lung durch Arbeitgeber und Arbeit- nehmer zu einem Kassenwechsel ver- anlaßt sieht, wenn er 306 DM pro Jahr spart, ist fraglich. Wenn er als Allein- zahler aber 612 DM sparen kann, ist ein Kassenwechsel eher anzunehmen.

Beitragssatzänderungen beeinflussen die Zusammensetzung des privaten Warenkorbs doppelt so stark, wenn der gesamte Beitrag von den Versi- cherten getragen wird.

Wettbewerb – auch zwischen den Kassen – kann nur entstehen, wenn der

„Kunde“ handfeste Vorteile erwarten kann. Deshalb wird er unter neuen Fi- nanzierungsbedingungen selbst ent- scheiden, ob die Angebote im Gesund- heitswesen erwünscht sind und er be- reit ist, dafür entsprechende Beiträge zu zahlen. Jens K. Jessen, Mainz A-664

P O L I T I K LEITARTIKEL/AKTUELL

(16) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 11, 19. März 1999

und ein Drittel der Erwachse- nen raucht täglich; 41 Prozent der Jugendlichen rauchen re- gelmäßig oder gelegentlich. Seit 1995 stagniert oder steigt die Raucherquo- te in fast allen Altersgruppen der Er- wachsenen. Bei den Jugendlichen hat sich der Anteil der Raucher in West- deutschland von 38 auf 40 Prozent, in Ostdeutschland von 33 auf 45 Prozent erhöht. Die Jugendlichen fangen heu- te später an zu rauchen. Sie tun dies aber bewußt. Die Hauptmotive sind:

„Mache ich gerne“ oder „Schmeckt“.

Auch die Nichtraucher entscheiden sich bewußt. Der Hauptgrund ist die Gefahr für die Gesundheit.

Hauptmotiv: „Für die richtige Stimmung sorgen“

Dies sind Ergebnisse von zwei repräsentativen Querschnittsstudien des Bundesgesundheitsministeriums zum Gebrauch psychoaktiver Sub- stanzen. Die Daten werden regel- mäßig alle drei Jahre erhoben. In der Drogenaffinitätsstudie der Bundes- zentrale für gesundheitliche Auf- klärung werden Jugendliche der Al- tersgruppe zwölf bis 25 Jahre erfaßt.

In der Bundesstudie wird die erwach- sene Bevölkerung im Alter von 18 bis 59 Jahren erfaßt.

Bei Jugendlichen und Erwachse- nen ist der Alkoholkonsum in den letzten zehn Jahren leicht zurückge- gangen. Die Zahl der Jugendlichen, die sechsmal oder häufiger betrunken waren, ist von 19 Prozent im Jahr 1993 auf 13 Prozent im Jahr 1997 gesunken.

Die Hauptmotive der Jugendlichen, Alkohol zu trinken: „Für die richtige Stimmung sorgen“ und „Besser in Kontakt mit anderen kommen“. 10,5 Millionen Erwachsene (22 Prozent) konsumieren zuviel Alkohol. Davon

sind 3,9 bis 4,4 Millionen alkoholab- hängig oder mißbrauchen Alkohol.

In Westdeutschland haben 14,2 Prozent der Menschen mindestens ein- mal in ihrem Leben Erfahrungen mit illegalen Substanzen gemacht. In Ost- deutschland sind es 4,8 Prozent. Miß- brauchs- beziehungsweise Abhängig- keitssymptome wurden bei 1,4 Prozent der Erwachsenen beobachtet, wobei nur für Westdeutschland Daten vorlie- gen. Der Anteil der Jugendlichen, die Erfahrungen mit illegalen Drogen ha- ben, ist von 18 Prozent in 1993 auf 21 Prozent in 1997 gestiegen. Die Zahlen haben sich besonders in den jüngeren Altersgruppen, bei weiblichen Jugend- lichen und in Ostdeutschland erhöht.

Dabei hat insbesondere der Konsum von Cannabis und Ecstasy zugenom- men. Hauptgründe für den Drogen- konsum: „Weil ich es einmal auspro- bieren wollte“ und „Weil Rauschmit- tel die Stimmung heben“. Drei Viertel der Jugendlichen haben hingegen nie Drogen genommen und wollen dies in Zukunft auch nicht tun.

Zigarettenwerbung animiert Jugendliche

Die Wahrscheinlichkeit, Sucht- mittel zu nehmen, erhöht sich bei Ju- gendlichen in der Reihenfolge: Rau- chen, Alkohol, Cannabis, harte illega- le Drogen. Die Konsumwahrschein- lichkeit erhöht sich besonders, wenn die Jugendlichen zuvor mehrere Sub- stanzen genommen haben. Eine vom Bundesgesundheitsministerium her- ausgegebene Expertise kommt zu dem Schluß, daß Zigarettenwerbung in bedeutsamer Weise das Rauchver- halten junger Menschen fördert.

Dr. med. Frank Lehmann Dr. med. Justina Engelbrecht

Suchtmittel

Wieder mehr Raucher

Der Alkoholkonsum sinkt, die Raucherquote steigt. Immer mehr Jugendliche nehmen illegale Drogen. Das ergaben zwei Studien des Bundesgesundheitsministeriums.

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