S C H W E I Z E R Z E I T S C H R I F T F Ü R O B S T- U N D W E I N B A U 2 2 / 1 4 21 K U R Z - I N F O
Lese und Weinbereitung 2014
Die Ernte 2014 war wegen des stark erhöhten Sönder-Aufwands sehr mühsam. Eine ungewöhnlich hohe Population von Hanse- niaspora uvarumauf den durch die Kirschessigfliegen (KEF) ver - letzten Traubenbeeren führte zu Essigbildung. Wo genügend schweflige Säure (50 ml/L SO2) eingesetzt wurde, konnte die un- erwünschte Hefepopulation dezimiert werden (siehe SZOW 20).
Für das ausgeprägte Auftreten von Stiellähme und Kirschessig- fliegenbefall waren wohl folgende Faktoren ausschlaggebend:
Extrem frühes Auftreten
Eine wichtige Rolle spielte sicher der frühe Zeitpunkt des Kirsch- essigfliegenbefalls (vgl. Grafik S. 14). Stiellähme wurde schon bei 60 °Oechsle beobachtet und nicht erst bei 80 bis 85 °Oechsle.
Lehren aus dem Weinjahr 2014
Das Mähen des Grases in den Gassen hat sich gegen die KEF nicht bewährt. Die Insekten wurden dadurch in die Laubwand getrieben. Danach wurden beim Schütteln der Reben Schwär- me aufgescheuchter Fliegen beobachtet. Das Mähen förderte vermutlich auch die Stiellähme, weil die ausgiebigen Nieder- schläge im Juli und August zum Auslaugen der Böden führte.
Welche Faktoren fördern die Stiellähme?
Die Unterlagensorte SO4 reagiert empfindlich auf Trocken- stress, weil sie ein geringes Magnesiumaufnahmevermögen be- sitzt und so Traubenwelke und Stiellähme fördert. Eine zuver- lässige Prognosemodell gibt es derzeit nicht.
Stiellähme-auslösend wirken:
● Leichte, humusarme, unbedeckte und nicht begrünte Bö- den (traf 2014 zu).
● Veredelte Reben sind anfälliger als wurzelechte.
● Krasse Wetterwechsel zur Blütezeit begünstigen Stiellähme (traf 2014 teilweise zu).
● Häufiger Wechsel zwischen Trockenperioden und Starknie- derschlägen (Stress) wirkt auslösend; Stiellähme tritt daher jahrgangsbedingt auf (traf 2014 zu).
● Rasche Temperaturabnahme von 10 bis 15 °C nach Nieder- schlägen (traf 2014 teilweise zu).
● Starkes vegetatives Wachstum (traf 2014 zu).
● Ungünstiges Kalium/Magnesium-Verhältnis von über 5:1 (kann 2014 nicht nachvollzogen werden).
● Hohe Erziehungssysteme.
● Kurzer Schnitt (statt langer Streckeranschnitt).
● Dichte Laubmasse und damit mangelhafte Belichtung der Trauben (traf 2014 zu).
Vorbeugende Massnahmen:
● Optimale Kalium- und Magnesiumversorgung.
● Kalium/Magnesium-Verhältnis nicht höher als 5:1.
● Bodenbegrünung
● Strohmulch
● Moderates Auslauben
● Traubenausdünnung möglichst bald nach der Blüte
● Regelmässige organische Düngung
Arbeiten im Rebberg und Keller
● In Trockenperioden Blattdüngung
● Behandlung mit Bittersalz (Magnesiumsulfat; nur vorbeu- gend möglich)
● LalVigne MATURE gegen Stiellähme und Fäulnis
Karl Burger von der Firma Lallemand hat das Produkt LalVIGNE MATURE an der Hefe- und Weinbautagung 2014 bei Agroscope in Wädenswil vorgestellt. Er kommentierte: «Vermutlich redu- ziert die selektive Versorgung mit 100% bio-verfügbaren Hefe- derivaten beim Reifebeginn den Stress für die Reben.»
Bekämpfung der KEF
Gib der Suzuki-Fliege keine Chance! Es ist wichtig, dass alle Trau- ben gelesen werden, auch die befallenen. Denn für die Kirsches- sigfliege sind angefaulte Trauben ein Vermehrungsparadies. Alle Trauben müssen aus dem Rebberg entfernt werden, so sollte auch befallener Trester nicht in den Rebberg gebracht werden. Selbst nach dem Mulchen können sich die Fliegen in der Erde halten und bei günstigen Bedingungen weitervermehren.
BSA
Im letzten Arbeitskalender (SZOW 20/2014, S. 20) stand, dass unerwünschte Milchsäurebakterien (Pediococcen und Lacto- bacillen) wegen der tiefen pH-Werte (< 3.4) 2014 keine Chance haben. Vermutlich werden sich aber auch die erwünschten Oenococcus oeni bei pH-Werten um 3.1 beim biologischen Säureabbau schwer tun. Jürg Gafner, Agroscope ■
Deutlich zu erkennen: die hellbraunen Beeren, die von der Kirschessigfliege angestochenen wurden. (Foto: Roland Müller, Benken)