S C H W E I Z E R Z E I T S C H R I F T F Ü R O B S T- U N D W E I N B A U 1 2 / 1 2
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K U R Z - I N F O
Die «Kalte Sophie» hat mal wieder zugeschlagen
Nach den frühen, rekordverdächtigen Wärmeperioden im April und Anfang Mai hat die Kalte Sophie, die letzte der Eisheiligen, einen markanten Temperatursturz bewirkt. Man war an frühere Zeiten erinnert, wenn im Radio nach den Mittagsnachrichten Frostwarnungen für die Landwirtschaft vermeldet wurden.
Nicht umsonst galt damals die Regel, nicht vor diesen letzten Eistagen junge Reben zu setzen.
Temperaturbedingte Rückschläge
Mehrmals schon diesen Frühling hat das Wachstum im Rebberg einen Dämpfer erlitten. Erfahrene Winzer wissen, dass Schäd- linge solche Rückschläge ausnützen und sich über die Schad- schwelle hinaus entwickeln können. An vielen Orten haben Thrips und Kräuselmilben zu verkorkten und verkrüppelten Jungtrieben geführt. In einigen Anlagen musste deswegen in- terveniert werden. An exponierten Lagen haben genau solche, etwas angeschlagene Triebe stärkere Frostschäden erlitten.
Bereits sind auch Meldungen eingegangen, dass sich die Gelbe Spinne breit macht. Nach temperaturabhängigen Wachstums- stockungen empfiehlt sich eine genauere Kontrolle hinsichtlich Schädlingsbefall. Positiv ist aber die Entwicklung des Trauben- wicklers: Es wurden nur geringe Fangzahlen registriert.
Klima-relevanter Pflanzenschutz
Interessant sind dieses Jahr die recht unterschiedlichen Anga- ben der Agrometeo-Stationen in der Deutschschweiz. Während in den meisten Rebgebieten die ersten Primärinfektionen des Falschen Mehltaus bereits für den 5./6. Mai angezeigt wurden, erreichten etwas nördlichere Lagen von Weinfelden bis Eglisau die Temperaturschwelle (160° > 8 °C) erst Mitte Mai. Die zügige
Entwicklung der Triebe verlangte eine rechtzeitige Pflanzen- schutzbehandlung, die meist um den 11. Mai erfolgte. Dieser Schutz muss auch in der nächsten Phase bis zur Blüte gewähr- leistet bleiben. Kontaktmittel wie Folpet und Captan bieten nur einen zeitlich beschränkten Schutz. Teilsystemische und syste- mische Präparate wirken länger, weil sie teilweise auch den Neu- zuwachs schützen. In wärmeren Phasen wird der Echte Mehltau zu beachten sein (www.agrometeo.ch). Die Klimaveränderung hat in unseren Breiten die Gefahr von Echtem Mehltau (Oidium) erhöht. Auch hier kann Schwefel nur eine kurzfristige Wirkung bieten. Modernere Mittel gewährleisten längeren Schutz. Bei al- len Spritzungen muss die Beschränkung der Anwendung ein- zelner Wirkstoffgruppen beachtet werden. Meist sind sie auf zwei bis drei Anwendungen begrenzt.
Mit der Gun in die Hülle
Bei Jungreben, die heute meist durch Wachstumshüllen ge- schützt sind, muss früh gegen Plasmoparainterveniert werden.
In vergangenen Jahren hat die Pilzkrankheit sich bereits in der Hülle entwickelt. Spritzen mit der Gun erhöht die Chancen auf eine gesunde Entwicklung.
Die nächsten Arbeiten sind das weitere Einschlaufen und Hoch- binden der Reben. Bereits früh zeigen einzelne Sorten eine star- ke Entwicklung von Geiztrieben. Um die Pflanzenschutzappli- kation in eine lockere Traubenzone zu ermöglichen, muss früh- zeitig mit einer Entblätterung oder der Entfernung von Geiz- trieben begonnen werden. Um Sonnenbrand nach der Blüte auf den jungen Beeren zu vermeiden, empfiehlt sich das Belassen eines Deckblatts oder die (maschinelle) Entblätterung nur auf der abgewandten Seite der Reihe. Extension Weinbau, ACW I
Arbeiten im Rebberg und Keller
Intensives, frühes Geizenwachstum.
Spätfrost in exponierten Lagen.