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Entwicklung eines Web-basierten Meldesystems für angeborene Anomalien beim Rind und erste Auswertung von Fällen

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Academic year: 2022

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Entwicklung eines Web-basierten Meldesystems für angeborene Anomalien beim Rind und erste Auswertung von Fällen

INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer DOKTORIN DER VETERINÄRMEDIZIN

(Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Ursula Schulze

aus Menden

Hannover 2006

Aus dem Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung der Tierärztlichen Hochschule Hannover

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Wissenschaftliche Betreuung: Univ. Prof. Dr. O. Distl

1. Gutachter: Univ. Prof. Dr. O. Distl

2. Gutachter: Apl. Prof. Dr. W. Brade

Tag der mündlichen Prüfung: 23.05.2006

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Für meine Familie

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Teile dieser Arbeit wurden bereits veröffentlicht oder sind zum Druck vorgesehen:

SCHULZE, U.DISTL, O. (2006): Entwicklung eines Web-basierten Meldesystems für Anomalien beim Rind. Tierärztl. Prax., eingereicht.

SCHULZE, U., KUIPER, H., DOELEKE, R., ULRICH, R., GERDWILKER, A., DISTL, O. (2006): Familiäres Auftreten von Diprosopus bei Kälbern der Rasse Deutsche Holsteins. Berl. Münch tierärztl. Wschr. 119, 251-257.

SCHULZE, U., KOCH, R., KÖCHLING, M., WOHLSEIN, P., DRÖGEMÜLLER, C., MEYER, W., DISTL, O., WAIBL, H. (2006): Ein ungewöhnlicher Fall eines monozygoten Thorakopagus parasiticus bei einem Deutschen Holstein Kalb. Dtsch.

tierärztl. Wschr. 113, 72-78.

SCHULZE, U., DISTL, O (2006): Arhinie und Zyklopie bei einem Deutschen Fleckvieh Kalb. Dtsch. tierärztl. Wschr. 113, im Druck.

SCHULZE, U., WÖHLKE, A., DRÖGEMÜLLER, C., MARXFELD, H., DE VRIES, F., BAUMGÄRTNER, W., DISTL, O. (2005): Fallbericht - Kongenitale Myoklonie bei einem Kalb der Rasse Deutsche Holsteins. Dtsch. tierärztl. Wschr. 113, im Druck.

SCHULZE, U., KRAMER, K., HEWICKER-TRAUTWEIN, M., HAAS, L., DISTL, O.

(2006): Fallbericht - Ektopia cordis bei einem Kalb der Rasse Deutsche Holsteins.

Dtsch. tierärztl. Wschr. 113, im Druck.

SCHULZE, U., KUIPER, H., WÖHLKE, A., GERHAUSER, I., MARXFELD, H. ,HAAS, L., DISTL, O. (2006): Fallbericht – Familiäres Auftreten einer angeborenen Verhornungsstörung der Haut bei zwei Kälbern der Rasse Deutsche Angus. Dtsch.

tierärztl. Wschr., eingereicht.

SCHULZE, U., KUIPER, H., IMBSCHWEILER, I., HAAS, L., DISTL, O. (2006):

Fallbericht - Anophthalmie-Mikrophthalmie-Syndrom bei Kälbern der Rasse Deutsche Holsteins. Tierärztl. Umsch., eingereicht.

SCHULZE, U., KUIPER, H., SCHMIDTBAUER, S., WOHLSEIN, P., KRAUSE, A., HAAS, L., DISTL, O. (2006): Fallbericht - Aphakie in Verbindung mit weiteren Missbildungen des Auges bei einem Kalb der Rasse Deutsche Holsteins. Dtsch.

tierärztl. Wschr., im Druck.

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung... 1

2 Entwicklung eines Web-basierten Meldesystems für Anomalien beim Rind... 3

3 Familiäres Auftreten von Diprosopus bei Kälbern der Rasse Deutsche Holsteins... 15

4 Fallbericht- Ein ungewöhnlicher Fall eines monozygoten Thorakopagus parasiticus bei einem Deutschen Holstein Kalb... 33

5 Fallbericht – Arhinie und Zyklopie bei einem Deutschen Fleckvieh Kalb.. 51

6 Fallbericht - Kongenitale Myoklonie bei einem Kalb der Rasse Deutsche Holsteins... 63

7 Ektopia cordis bei einem Kalb der Rasse Deutsche Holsteins... 74

8 Familiäres Auftreten einer angeborenen Verhornungsstörung der Haut bei zwei Kälbern der Rasse Deutsche Angus ... 86

9 Anophthalmie-Mikrophthalmie-Syndrom bei Kälbern der Rasse Deutsche Holsteins... 102

10 Aphakie in Verbindung mit weiteren Missbildungen des Auges bei einem Kalb der Rasse Deutsche Holsteins... 112

11 Übergreifende Diskussion ... 121

12 Zusammenfassung... 129

13 Summary ... 133

14 Anhang... 137

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Abkürzungen

Verzeichnis der Abkürzungen

A. Arteria

Abb. Abbildung

Ag Antigen

Ak Antikörper

AT Annealing temperature

bp Basenpaare

BV Braunvieh

BVD Bovine Virusdiarrhoe

BWS Brustwirbelsäule

bzw. beziehungsweise

ca. circa

CT Computertomographie

CVM complex vertebral malformation

Cyc Cyclops

d. h. das heisst

DH Deutsche Holstein

DRB Deutsche Rotbunte

DFV Deutsches Fleckvieh

DNA Desoxyribonukleinsäure (desoxyribonucleic acid)

DSB Deutsche Schwarzbunte

EC Ektopia cordis

EDTA Ethylen-Diamin-tetra-Essigsäure (Acetic-Acid)

ELISA enzyme-linked immunosorbent assay

F Inzuchtkoeffizient

GGT Gamma-Glutamyl-Transferase

GLDH Glutamat-Dehydrogenase

HF Holstein-Friesian

HPE Holoprosencephalie

Hrsg. Herausgeber

IBR Infektiöse Bovine Rhinotracheitis

M. musculus

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Abkürzungen

m-RNA Boten Ribonukleinsäure (messenger ribonucleic acid)

MRT Magnetresonanztomographie

MLP Milchleistungsprüfung

mt-DNA mitochondriale Desoxyribonukleinsäure

(deoxyribonucleic acid)

N. nervus

Ln. lymphonodus

OMIM Online mendelian inheritance in man

OMIA Online mendelian inheritance in animals

PCR Polymerase Kettenreaktion (polymerase chain

reaction)

R Verwandtschaftskoeffizient

RUW Rinder-Union West

s. siehe

Shh Sonic hedgehog

Six3 Sine oculis homeo box, Drosophila homolog of 3

Tab. Tabelle

TGIF Transforming growth Factor-B-induced Factor

Tiernr. Tiernummer

u. und

z. B. zum Beispiel

ZNS Zentrales Nervensystem

ZIC2 Zinc Finger Protein of Cerebellum

z.T. zum Teil

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1 Einleitung 1

1 Einleitung

Angeborene Anomalien entstehen während der Entwicklung von Lebewesen im Mutterleib. Als Ursachen können hierfür aus der Umwelt stammende Faktoren, wie z.B. Infektionserreger, Toxine oder chemische Verbindungen in Frage kommen. Als angeborene Erbfehler werden Missbildungen bezeichnet, die durch Mutationen im Genom des Tieres verursacht und von den Eltern an die betroffenen Nachkommen weitergegeben werden. Erbfehler können monogen, oligogen oder mitochondrial vererbt werden. Häufig sind die Defektallele rezessiv, weswegen Anlageträger und Anlageträgerinnen sich oft weit verbreiten können, bevor diese erkannt werden.

Missgebildete Kälber sind in der Regel nicht lebensfähig bzw. für die Nutzung in der landwirtschaftlichen Produktion nicht verwendbar oder werden abortiert, wodurch dem Landwirt hohe Verluste entstehen.

Bisher fehlt für das Rind eine systematische Erhebung von angeborenen Anomalien, wie dies bereits bei Schweinen seit mehr als 15 Jahren praktiziert wird. Neuere Auswertungen über angeborene Anomalien beim Schwein belegen, dass Zuchtprogramme auf der Basis von derartigen Erhebungen zu einer sehr deutlichen Abnahme der Frequenz von angeborenen Anomalien führten und somit erfolgreich gegen Anomalien selektiert werden kann, ohne die Zucht auf Leistungsmerkmale zu beeinträchtigen.

Beim Rind sind sehr viele verschiedene angeborene Anomalien bekannt, was eine systematische Erhebung erschwert. Jedoch zeigten die Forschungsarbeiten in den letzten Jahren, dass auch bei Rindern bestimmte Missbildungen häufiger vorkommen und die Ursachen für das Auftreten noch wenig geklärt sind. Außerdem findet man immer wieder neue Erscheinungsformen von Missbildungen. Einige Besamungsstationen bieten mittlerweile Formulare an, auf denen Missbildungen gemeldet werden können. Diese werden aber bisher nur von einem kleinen Teil der Landwirte angenommen, und Kälber, die nicht aus einer künstlichen Besamung stammen, erscheinen hier nicht. Nach Schätzung der Besamungsstationen in Deutschland wird höchstens ein Viertel aller Missbildungen gemeldet, da die Landwirte bei einzeln auftretenden Missbildungen im Betrieb noch nicht die Notwendigkeit der Meldung sehen.

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1 Einleitung 2

Ziel dieser Arbeit ist, die dem Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung gemeldeten Fälle von kongenitalen Anomalien in ihrem Erscheinungsbild zu beschreiben und nach Möglichkeit ihre Ursachen aufzuklären. Um eine höhere Frequenz von Missbildungen zu erhalten, wurden eine über Internet zugängliche Dokumentation der wichtigsten Anomalien beim Rind und ein Meldesystem über das Internet aufgebaut. Mit Hilfe von weiterführenden pathologischen, klinischen und zytogenetischen Untersuchungen sowie der Analyse von Pedigrees sollen die Anomalien möglichst präzise dokumentiert und erbliche von möglichen umweltbedingten Ursachen abgegrenzt werden. In einzelnen Fällen sollen auch weiterführende molekulargenetische Untersuchungen zur Klärung der Fälle beitragen.

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2 Entwicklung eines Web-basierten Meldesystems für Anomalien

beim Rind 3

2 Entwicklung eines Web-basierten Meldesystems für Anomalien beim Rind

SCHULZE, U., DISTL, O.

Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

SCHULZE, U., DISTL, O. (2006): Entwicklung eines Web-basierten Meldesystems für Anomalien beim Rind. Tierärztl. Prax.

Schlüsselwörter: Kongenitale Anomalien – Rind – Meldesystem - Internet

Zusammenfassung

Gegenstand und Ziel: Entwicklung eines Web-basierten Meldesystems für angeborene Anomalien beim Rind, um landesweit kongenitale Anomalien zu erfassen und deren Ursachen aufzuklären. Material und Methoden: Das Web-basierte System zur Meldung von Missbildungen beim Rind ist für alle interessierten Personen, wie Landwirte, Tierärzte und Zuchtorganisationen zugänglich. Häufig vorkommende Anomalien wurden kurz beschrieben und mit Bildmaterial veranschaulicht. Der Fragebogen enthält Angaben zur Herkunft des Tieres und zur Art der Missbildung. Das System ist unabhängig von einer Organisation oder einem Landeskontrollverband, der auf einzelne Länder oder Bezirke begrenzt ist, verfügbar und es bietet zugleich die Möglichkeit, sofort persönlichen Kontakt zu dem Untersucher herzustellen. Weiterhin können weitere Informationen, wie z. B. digitale Fotos oder Röntgenbilder, schnell ausgetauscht werden. Da die Meldungen häufig bereits kurz nach der Geburt der Kälber erfolgten, konnten viele Fälle weitergehenden klinischen, molekulargenetischen und pathomorphologischen Untersuchungen unterzogen werden. Ergebnisse: Insgesamt gingen von August 2004 bis November 2005 109 Meldungen ein, wovon 46 über die Rinder-Union West, und 11 Fälle über die Kliniken der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover an das Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung erfolgten. Eine detaillierte Untersuchung der missgebildeten Kälber erfolgte für 17 Fälle. Am häufigsten wurden Missbildungen des Verdauungssystems (19%), des Kopfes (18%), der Wirbelsäule

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(17%) und der Gliedmaßen (14%) registriert. Schlussfolgerungen und klinische Relevanz: Ein weiterer Ausbau des bisherigen Systems mit einem verbesserten Rückfluss von Informationen an den Tierbesitzer und Tierarzt sowie aktuellen Informationen zu den kongenitalen Anomalien erscheint angebracht und erfolgversprechend, um das Meldesystem zu verbessern und weiter zu verbreiten.

Auf diese Weise können Ursachen für kongenitale Anomalien beim Rind besser aufgeklärt werden.

Key words: Congenital anomalies – cattle - monitoring system - internet

Summary

Development of a web-based monitoring system for congenital anomalies in cattle.

Objective: Development of a web-based reporting system in order to record congenital anomalies in cattle as well as to elucidate the underlying causes.

Materials and Methods: A web-based reporting system for bovine malformations was developed. This system is accessible via internet for all persons such as farmers, veterinarians and breeding organizations. A brief description was provided for frequently observed anomalies and photographs were added to illustrate these cases.

A questionnaire can be filled to record the origin and pedigree of the animals and the type of malformation. The advantages of this system are its instant and far-ranging availability as well as the possibility to immediately contract the responsible person at the institute. In addition, further information such as digital photos or radiographs can be quickly exchanged. As the reports were frequently made shortly after the births of the calves, a lot of cases could be submitted to further clinical, molecular genetic and pathomorphological examinations. Results: From August 2004 to November 2005 altogether 109 reports were filed, with 46 registered by Rinder-Union West, and 11 by clinics of the University of Veterinary Medicine Hannover and passed on to the Institute for Animal Breeding and Genetics. A detailed examination of the deformed calves was carried out in 17 cases. Malformations of the digestive system (19%), the head (18%), the spinal column (17%), and limbs (14%) were most frequently registered. Conclusion and clinical relevance: A further extension of the present system with improved feedback of information to farmers and veterinarians as well as

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topical information about anomalies would appear reasonable and promising, so as to improve and enlarge the system of reporting malformations. In this way underlying causes of anomalies can be elucidated.

Einleitung

Trotz moderner Zuchtprogramme treten auch heute noch eine Vielzahl von kongenitalen Anomalien beim Rind auf. Sie entstehen während der Entwicklung von Lebewesen im Mutterleib und manifestieren sich als Miss- und Fehlbildungen einzelner Körperteile, Organe oder Organsysteme. Die Ursachen dieser Anomalien können aus der Umwelt stammende Faktoren, wie z.B. Infektionserreger oder toxische Stoffe, sein oder durch genetische Faktoren ausgelöst werden. Die Vererbung kann sowohl rezessiv als auch dominant sein. Rezessiv vererbte Erbfehler treten dabei erst in Erscheinung, wenn homozygote Genotypen entstehen. Deshalb kann es zur Verbreitung von Defektgenen kommen, bevor diese erkannt werden.

Missgebildete Kälber sind oft nicht lebensfähig oder werden abortiert, wodurch dem Landwirt hohe Verluste entstehen. Einige Missbildungen erfordern bei der Abkalbung geburtshilfliche Eingriffe durch den Tierarzt, wodurch auch Schäden am Muttertier entstehen können. Die Ursachen vieler Missbildungen sind bis heute unbekannt.

Beim Rind wurden viele verschiedene angeborene Anomalien beschrieben, was eine systematische Erhebung erschwert. Die Frequenzen von kongenitalen Anomalien variieren dabei zum Teil beträchtlich (1). Aus diesem Grunde wurde immer wieder versucht, ein Monitoringsystem zur systematischen Erfassung der kongenitalen Anomalien beim Rind aufzubauen. Hierbei sind verschiedene Ansätze zu unterscheiden.

Es wurden Untersuchungen an Tierkörperbeseitigungsanstalten durchgeführt (7, 8, 14). Dabei wurden totgeborene oder kurz nach der Geburt verendete Kälber auf Missbildungen untersucht. Bei der Untersuchung von Totgeburten ist zu bedenken, dass nur die Anomalien erfasst werden, die nicht mit dem Leben vereinbar sind.

Eine weitere Möglichkeit zur Frequenzschätzung von Anomalien ist, das Vorkommen von Missbildungen innerhalb einer Klinik zu beurteilen (3, 15). Bei dieser Art von Untersuchungen werden missgebildete Kälber erfasst, deren Mütter wegen einer Schwergeburt in die Klinik eingeliefert wurden oder solche Tiere, die wegen angeborenen Anomalien oder anderen Gründen zur Therapie bzw. Operation

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beim Rind 6

vorgestellt wurden. Totgeborene und kurz nach der Geburt im Betrieb verendete Kälber werden auf diese Weise nicht erfasst.

Aus diesem Grund wurde schon häufiger versucht, die Missbildungsfrequenz in Bezug auf eine bestimmte Population oder Region zu erfassen (5, 6, 9, 10, 12, 13).

So wurde die Frequenz von Missbildungen in 87 Milchviehherden mit 4980 geborenen Kälbern untersucht (6).

Zurzeit bieten einige Rinderbesamungsstationen eine freiwillige Meldung von Missbildungen an. Außerdem gibt es auch Tierärzte, die sich mit dem Auftreten von Missbildungen in ihrem Praxisgebiet beschäftigen (1). In Bayern läuft zurzeit ein Projekt, bei dem Meldebögen zu den Missbildungen über den für die Milchleistungsprüfung zuständigen Leistungsoberprüfer verteilt werden, die jeder Landwirt ausfüllen soll (11). Seit November 2005 werden die Landwirte mittels dieses Erfassungsbogens aufgefordert, bei Geburt eines missgebildeten Kalbes den Tiergesundheitsdienst Bayern e.V. (TGD) zu verständigen. Daraufhin holt ein Mitarbeiter des TGD das missgebildete Kalb für eine pathologische Untersuchung ab.

Hierdurch können genauere Diagnosen gestellt werden (persönliche Mitteilung Bernhard Luntz, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft).

In Frankreich wird jedem Landwirt ein Fragebogen zur Meldung von Missbildungen zugesandt. Im Falle einer Missbildung soll er dann diesen, zusammen mit einer Gewebeprobe des toten Kalbes, an eine zentrale Sammelstelle zurückschicken (4).

Der Schweizer Braunviehzuchtverband (SBZV) erinnert die Züchter regelmäßig alle 4 Monate im Zusammenhang mit den monatlichen Rückmeldungen der Milchprobenergebnisse kongenitale Anomalien über das mitgesandte Formular zu melden. Rückmeldungen an den Zuchtverband sind dabei auch über das Internet möglich. Die Züchter werden zudem über die Monatszeitschrift regelmäßig auf die Meldungen aufmerksam gemacht, wobei bei schweren Missbildungen und bei Erbfehlerverdacht eine telefonische Meldung gefordert wird, bevor das Kalb den Betrieb verlässt. Wird Arachnomelie, Spinale Muskelatrophie, Spinale Dysmyelogenese oder Weaver-Syndrom am Tierspital Zürich diagnostiziert und somit ein Erbfehlerträger identifiziert, bekommt der Landwirt eine Aufwandsentschädigung von 100 CHF (2). Dies steigert vermutlich die Motivation beträchtlich. Neuerdings ist auch eine Meldung über die nationale Tierdatenbank der Schweiz möglich (persönliche Mitteilung Oskar Grüter, Schweizer Braunviehzuchtverband).

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Da eine systematische Erfassung von angeborenen Missbildungen beim Rind dringend notwendig ist, um umweltbedingte von erblichen Anomalien zu differenzieren, sollte im Rahmen dieser Arbeit eine über das Internet zugängliche Dokumentation der wichtigsten Anomalien beim Rind aufgebaut und ein Meldesystem über das Internet entwickelt werden, das Landwirten, Tierärzten und Zuchtorganisationen leicht zugänglich ist.

Material und Methoden

Da über das Internet immer mehr Personen erreicht werden können, sollte im Rahmen dieser Arbeit ein Internet-basierter Fragebogen erstellt werden. Dieser ist über die Seite des Instituts für Tierzucht und Vererbungsforschung als Online- Fragebogen abrufbar und läuft auf dem Webserver der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (Betriebssystem AIX, Webserver Apache 1.3). Gesteuert wird die Erhebung und Speicherung der Daten durch CGI-Skripten in der Programmiersprache PERL. Die Daten werden in Form Tabulator-separierter ASCII- Dateien ausgegeben und in Excel importiert, um von dort weiter verarbeitet zu werden. Alternativ kann der Benutzer den Fragebogen als Worddokument ausdrucken. In diesem Bogen werden die häufigsten Missbildungen mit Fotos dargestellt und bei einem entspechenden Fall muss das entsprechende Feld nur angekreuzt werden. Außerdem wird jedes Organsystem einzeln abgefragt, um weitere Missbildungen zu erkennen.

Weiterhin wurde durch Artikel in landwirtschaftlichen Fachzeitschriften auf dieses Projekt aufmerksam gemacht, und dadurch die Landwirte und Tierärzte zur Meldung von Anomalien beim Rind ermuntert.

Zusätzlich wurden auch die der Rinder-Union West (RUW) im Zeitraum von November 2004 bis Dezember 2005 gemeldeten Fälle von angeborenen Anomalien beim Rind mit aufgenommen.

Ergebnisse

Anzahl und Verteilung der Meldungen

Zwischen August 2004 bis November 2005 erfolgten 63 Meldungen an das Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung. Zusätzlich wurden noch 46 Meldungen von der RUW erfasst und in das Meldesystem übertragen.

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Art der Missbildungen

Bei den 109 gemeldeten Fällen wurde bei 76 Meldungen nur ein Organsystem genannt. Bei den restlichen 33 Fällen war mehr als ein Organsystem beteiligt.

Die Missbildungen wurden zur Auswertung in ein Schema nach Organsystemen eingeteilt (Tab. 1). Am häufigsten vertreten waren Missbildungen der Verdauungsorgane. Hierbei wurden ausschließlich Atresien einzelner Darmabschnitte genannt. Darauf folgten Missbildungen des Kopfes. Hierbei waren zumeist Brachygnathien und Gaumenspalten genannt. Als Einzelfälle wurden auch andere Anomalien am Kopf gemeldet. Auch die Wirbelsäule wurde häufig als missgebildetes Organ genannt. Dabei war in 7 von 18 Fällen die Schwanzwirbelsäule betroffen.

Rassenverteilung und Geschlechterverhältnis

Tab. 2 gibt einen Überblick über die Verteilung nach Rassen. Der Großteil der Fälle gehörte dabei der Rasse Deutsche Holsteins an. Alle anderen Rassen wurden nur selten gemeldet. Über die RUW wurden ausschließlich Deutsche Holsteins gemeldet.

Von den 109 gemeldeten Tieren waren 39 männlich und 50 weiblich. Bei 20 Tieren konnte keine Aussage über das Geschlecht gemacht werden.

Abstammung der missgebildeten Tiere

Die missgebildeten Tiere, die von der RUW gemeldet wurden, stammten ausschließlich von Besamungsbullen ab. Bei keinem der Väter konnte eine signifikante Häufung einer Missbildung gefunden werden. Die meisten Väter traten nur ein oder zwei Mal auf. Nur ein Bulle trat bei drei Tieren als Vater auf. Dieser Vater hatte ausschließlich Meldungen von Nachkommen mit Gliedmaßenverkrümmungen.

Allerdings stammten alle drei Tiere aus einem Betrieb, so dass auch umweltbedingte Ursachen in Frage kamen. Bei den direkt an das Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung eingegangenen Meldungen kamen auch Natursprungbullen als Väter der missgebildeten Kälber vor.

Diskussion

Das web-basierte Meldesystem hatte in der kurzen Zeit der Einführung einen sehr hohen Bekanntheitsgrad erreicht, so dass eine große Zahl von Meldungen einging.

Da die Information über die Entwicklung eines derartigen web-basierten

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beim Rind 9

Meldesystems über Artikel von Fachzeitschriften vorgenommen wurde, war das Einzugsgebiet der Meldungen vorwiegend auf das Verbreitungsgebiet dieser Journale (Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland) beschränkt. Die Internetseiten erwiesen sich als sehr hilfreich, dass missgebildete Kälber gemeldet wurden.

Allerdings bevorzugten die Landwirte zur Rückmeldung das Telefon. Dies hing mit dem Wunsch der Landwirte zusammen, sofort über die Art und Ursachen der gemeldeten Missbildung, und wie sich solche Missbildungen vermeiden ließen, Informationen zu erhalten. Eine weitere Steigerung des Bekanntheitsgrades des Meldesystems sollte angestrebt werden, denn bisher ist die Existenz dieses Systems für die Meldung von Missbildungen vielen Landwirten und Tierärzten nach unserer Einschätzung noch nicht bekannt. Das von uns entwickelte System bietet eine solide Basis für ein landesweites Erfassungssystem. Ein wesentlicher Punkt für die Motivation der Landwirte, bei einem solchen Projekt mitzuarbeiten, ist jedoch, dass Informationen über die Untersuchungsergebnisse und Ursachen der gemeldeten Missbildungen an den Landwirt schnell zurückfließen, um mögliche Ursachen sofort beseitigen zu können. Ein wichtiges Ziel ist auch eine Aufklärung dahingehend, dass durch die Sammlung von Einzelmissbildungen eine Häufung, z. B. für bestimmte Bullen oder bestimmte Umweltfaktoren, entdeckt oder ausgeschlossen werden könnten. Das Wissen um die Chancen, über eine Meldung von Missbildungen zur Aufklärung der Ursachen beizutragen und damit bessere Informationen zu bekommen, müsste in wesentlichen Punkten verbessert werden. Dies führte, z.B. bei den von mehreren Betrieben gemeldeten Fällen von Diprosopus dazu, dass erstmals eine familiäre Ursache nachgewiesen werden konnte (16). Ein zusätzliches Belohnungssystem, wie es beim Schweizer Braunviehverband durchgeführt wird, wäre sicherlich sinnvoll, um weitere Landwirte und Tierärzte zur Meldung zu motivieren. Allerdings ist nicht klar, wer diese Mittel aufbringen sollte.

Einzelmissbildungen traten in 73 % der Fälle auf, die restlichen Missbildungen betrafen mindestens zwei Organsysteme. Hierbei ist zu beachten, dass vermutlich weitere Missbildungen oft übersehen wurden. Da gerade bei der RUW viele Meldungen direkt durch den Landwirt gemacht wurden, könnten hier auch weitere, nicht so schwerwiegende Missbildungen wie eine Verkürzung des Schwanzes nicht mehr gemeldet werden. Bedenkt man dann noch, dass ohne eine klinische oder pathologische Untersuchung gerade Störungen der inneren Organe nicht zu

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beim Rind 10

diagnostizieren sind, wird deutlich, dass viele Mehrfachmissbildungen unerkannt bleiben. Aus diesen Gründen sind Meldesysteme über das Internet, wie in dem hier durchgeführten Projekt oder wie sie in Bayern existieren, sehr sinnvoll. In dem hier vorgestellten Projekt konnten anschließend differenzierte Untersuchungen am noch lebenden Tier durchgeführt werden, da die Landwirte die Meldungen meist kurz nach der Geburt der Tiere vornahmen. Wenn die Meldungen auf tote Tiere reduziert werden, erfolgt wiederum eine Selektion der Fälle und zudem sind bereits einige Untersuchungen erschwert oder nicht mehr möglich, wie z. B.

Genexpressionsanalysen.

Als häufigstes betroffenes Organsystem wurden, zumeist als Folge von Atresien verschiedener Darmabschnitte, die Verdauungsorgane genannt. Dem folgten Kopfmissbildungen, bei denen es sich zumeist um Brachygnathien oder Gaumenspalten handelte. Missbildungen der Wirbelsäule in Formen von Brachyurien waren ähnlich häufig wie Missbildungen im Kopfbereich und Verkrümmungen der Wirbelsäule.

Gliedmaßenverkrümmungen, die bei anderen Autoren sehr häufig gemeldet wurden (1), kamen in diesem Projekt nur selten vor. Allerdings gilt es dabei zu bedenken, dass sich leichte Fehlstellungen der Beine häufig von selber korrigieren und nur in den schwereren Fällen bleibend sind. Bei dieser Art von Missbildung lässt sich, genauso wie bei den Missbildungen der Bauchwand davon ausgehen, dass nur die wenigsten Fälle gemeldet wurden, weil sie für den Landwirt vermeintlich zu wenig gravierend waren und keine direkten Verluste verursachten. Ähnliches gilt auch für Defekte der Bauchwand, zu denen auch der Nabelbruch gehört. Diese treten, wenn man einzelne Bestände beobachtet, recht häufig auf, werden aber nur in den seltensten Fällen gemeldet. In diesem Fall kamen Meldungen zum Nabelbruch ausschließlich von Kleinbetrieben mit weit unter 50 Kühen. Doppelmissbildungen traten mit einer Frequenz von 9 % gar nicht so selten auf. Doppelmissbildungen sind zumeist sehr spektakulär, so dass sie fast immer auffallen. Nur geringgradige Doppelmissbildungen, wie ein Diprosopus Grad I mit einem zusätzlichen Nasenloch, können hierbei eventuell übersehen werden. Da aber auch beim Menschen über Doppelmissbildungen in der Presse viel berichtet wird, ist das Interesse an solchen Missbildungen vermutlich groß.

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Die meisten Anomalien betrafen die Rasse Deutsche Holsteins. Dies war zu erwarten, da dies die am weitesten verbreitete Rasse in Deutschland ist, und sich der Bekanntheitsgrad des Meldesystems vorwiegend auf Norddeutschland beschränkte, in denen die süddeutschen Milchviehrassen Deutsches Fleckvieh und Brauvieh nicht oder nur in Ausnahmefällen anzutreffen sind. Die Überprüfung der väterlichen Abstammung der missgebildeten Kälber brachte keine überproportionale Häufung nach Vätern. Wurden Bullen mehrfach genannt, wurden sie meist mit einer hohen Frequenz eingesetzt. Dies deutet darauf hin, dass keine massive Verbreitung der hier erfassten Erbfehler durch einzelne Bullen vorzuliegen scheint.

36% der gemeldeten Tiere waren männlich, während 46% der Tiere weiblich waren.

Der höhere Anteil an weiblichen Tieren könnte sich aus den weniger gravierenden Missbildungen erklären. Männliche Tiere bei Deutschen Holsteins mit einer Missbildung, wie zum Beispiel einer Brachygnathia inferior, fallen vermutlich kaum auf, da sie kurz nach der Geburt zum Mäster gehen. Weibliche Tiere sind für den Landwirt hingegen sehr wertvoll, da sie meist ohne Ausnahme zur Nachzucht verwendet werden. Weniger gravierende Missbildungen fallen bei diesen Tieren also eher auf. Der relativ hohe Anteil von 18 % der Kälber, bei denen das Geschlecht unbekannt war, ist auf die Meldungen an die RUW zurückzuführen, da bei diesem System auf weitere Angaben zu dem missgebildeten Tier zu wenig Wert gelegt wird.

Fazit für die Praxis

Der Aufbau eines web-basierten Informationssystems über Missbildungen erscheint erfolgversprechend. Ein derartiges System kann aktuelle Informationen über die Verbreitung und die Ursachen einzelner Missbildungen zur Verfügung stellen, ist zudem landesweit einsetzbar und nicht an Organisationsstrukturen von einzelnen Zuchtverbänden gebunden. Zudem können Frequenzen von Anomalien für einzelne Besamungsbullen und Regionen dargestellt werden. Der praktische Tierarzt kann wesentlich zur Aufklärung von kongenitalen Anomalien beitragen, wenn er die Fälle aus seiner Praxis meldet. Durch systematische klinische und pathomorphologische Untersuchungen kann eine Klassifizierung der Fälle vorgenommen und über einen Vergleich mit analogen Fällen bei anderen Spezies wie Mensch oder Maus eine molekulargenetische Aufklärung ermöglicht werden.

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beim Rind 12

Literatur

1. Bähr, C, Distl, O. Untersuchung zur Frequenz von angeborenen Anomalien beim Rind. Dtsch tierärztl Wschr 2005; 112: 149-54.

2. Casanova, L. Erbfehler und Erbfehlerdatenbank beim Braunvieh.

Weltkonferenz der Braunviehzüchter, Verona, 3.-7. März 2004.

3. Cergolj, A, Tomaskovic, Z, Makek, Z, Getz, I. Prävalenz der Missbildungen der Kälber und ihr Einfluss auf die Geburt. Tierärztliche Umschau 2002; 57: 194–

202.

4. Ducos, A, Ducrocq, V, Eggen; A, Boichard, D, Malafosse, A, Regaldo, D, Bazin, S, Gouraud, X, Calvo, I; Catrou, O. Implementation of a new French program for a better control of bovine genetic defects. 55th Annual Meeting of the EAAP, Bled, Slowenien, 5.-9.9.2004.

5. Greene, HJ, Bakheit, HA. Studie über Totgeburten bei Rindern. Landw. Zbl IV 1982; 298.

6. Herschler, MS, Fechheimer, NSU, Gilmore, LO. Congenital abnormalities in cattle: Their association with heredity and environmental factors. J Dairy Sci 1962; 45: 1493-9.

7. Helmig-Schumann, H. Beitrag zum Problem der Kälbersterblichkeit.

Züchtungskunde 1964; 36: 217-36.

8. Hinrichs, B. Epidemiologische Untersuchungen über Abort-, Krankheits- und Todesursachen bei Sektionskälbern bis zu einem Alter von 6 Monaten im Weser-Ems-Gebiet. Tierärztliche Hochschule Hannover. Dissertation 1992.

9. Hondele, J. Felduntersuchung über Kälberverluste und Missbildungen in Milchviehbetrieben. Ludwig-Maximilians-Universität München, Tierärztliche Fakultät. Dissertation 1986.

10. König, B, Tontis, A, Fatzer, R. Angeborene morphologische Anomalien bei Kälbern aus dem Raum Bern. Schweiz. Arch Tierheilk 1980; 122: 435–58.

11. Krogmeier, D, Götz, K-U, Luntz, B, Duda, J. Erste Untersuchungen zur Missbildungsproblematik beim Fleckvieh in Bayern. Vortragstagung der DGfZ und GfT, Rostock, 29.-30.9. 2004, A15.

12. Müller, W, Haase, H, Haase, G. Erfassung, Dokumentation und Auswertung von Missbildungen bei Kälbern und Rinderfeten im Bezirk Dresden. Mh Vet- Med 1983; 38: 736–8.

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2 Entwicklung eines Web-basierten Meldesystems für Anomalien

beim Rind 13

13. Rieck, GW, Herzog, A, Schade, W. Modell Hessen: Populationsweites Kontrollsystem zur pathogenetischen Überwachung der Besamungsbullen.

Tierärztliche Umschau 1977; 32: 305–14.

14. Sellers, KC, Smith, GF, Wood, PDP. An investigation into calf mortality in the first eight weeks of life in England and Wales. Br Vet J 1968; 124: 89–94.

15. Schulte-Märter, F. Kälberkrankheiten im Verlauf von 16 Jahren (Erhebungen an einer Hochschulklinik von 1980 bis 1995). Tierärztliche Hochschule Hannover. Dissertation 2000.

16. Schulze, U, Kuiper, H, Doeleke, R, Ulrich, R, Gerdwilker, A, Distl, O.

Familiäres Auftreten von Diprosopus bei Kälbern der Rasse Deutsche Holsteins. Berl Münch Tierärztl Wochenschr 2006; 119: 251-257.

Danksagung

Wir danken Herrn Dr. J. Potthast, Rinder-Union West (RUW), für die Überlassung der Daten und Herrn Dr. T. Carl für die Erstellung der Internetprogramme.

Korrespondenzadressen:

Ursula SCHULZE und Prof. Dr. Ottmar DISTL, Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Bünteweg 17p, 30559 Hannover.

E-mail: ottmar.distl@tiho-hannover.de

Tab. 1: Verteilung der einzelnen Missbildungen nach Organsystemen.

Betroffenes Organsystem Anzahl Prozent

Verdauungsorgane 22 19 %

Kopf 20 18 %

Wirbelsäule 18 17 %

Gliedmaßen 15 14 %

Doppelmissbildung 10 9 %

Sinnesorgane 8 7 %

Zwergwuchs 5 5 %

Haut 3 3 %

Bauchwand 3 3 %

Herz 3 3 %

Urogenitaltrakt 2 2 %

Gesamt 109 100 %

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2 Entwicklung eines Web-basierten Meldesystems für Anomalien

beim Rind 14

Tab. 2: Verteilung der Missbildungen nach Rasse.

Rasse Anzahl Prozent

Deutsche Holsteins 71 63 %

Deutsche Holsteins, rotbunt 17 15 %

Deutsches. Braunvieh 3 3 %

Deutsches. Fleckvieh 3 3 %

Pinzgauer 2 2 %

Deutsche. Angus 3 3 %

Charolais 1 1 %

Kreuzungstiere 7 6 %

Ohne Angabe 5 4 %

Gesamt 109 100 %

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3 Familiäres Auftreten von Diprosopus bei Kälbern der Rasse Deutsche Holsteins

Familiarity of Diprosopus in German Holstein calves

Ursula Schulze¹, Heidi Kuiper¹, Renate Doeleke², Reiner Ulrich², Axel Gerdwilker3, Ottmar Distl¹

Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Bünteweg 17p, 30559 Hannover, E-Mail: ursula.schulze@tiho- hannover.de, ottmar.distl@tiho-hannover.de

1Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

2Institut für Pathologie, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

3Klinikfür kleine Haustiere, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover Zusammenfassung

Bei sechs Deutschen Holstein-Kälbern aus verschiedenen landwirtschaftlichen Betrieben wurde Diprosopus festgestellt. Das Ausmaß der Verdopplung variierte von einer partiellen Verdopplung von Nase und Oberkiefer bis hin zur vollständigen Verdopplung des gesamten Gesichts mit Ausbildung von zwei Maulhöhlen, vier Augen und vier Ohren. Weitere Kälber in der Verwandtschaft der Tiere oder auf den jeweiligen Betrieben waren nicht betroffen. Die von Diprosopus betroffenen Kälber hatten ein gemeinsames Pedigree. Zusätzlich konnte ein früherer Fall von Diprosopus in das Pedigree eingefügt werden. Somit konnte erstmals eine familiäre Häufung für das Vorkommen von Diprosopus nachgewiesen werden. Da die Vorfahren keinen Diprosopus aufwiesen und die Frequenz von Diprosopus in der Deutschen Holstein-Population vermutlich sehr gering ist, sind mehrere Gene mit rezessiver Wirkungsweise oder eine Kombination von Genen mit rezessiver und dominanter Wirkung für das Auftreten von Diprosopus anzunehmen.

Schlüsselwörter: Kongenitale Anomalie, Rind, Deutsche Holsteins, Diprosopus, Pedigree.

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Summary

Diprosopus was diagnosed in six German Holstein calves born on different dairy farms. The degree of facial duplication varied from a partial doubling of the nostrils and upper jaw to complete duplication of the face with formation of two mouths, four eyes and four ears. Further calves descending from the same parents or dams and calves from the same farms were not affected. A joint pedigree was ascertained for the calves with diprosopus. Furthermore, a previously reported case of diprosopus could be traced back to the same ancestors of this pedigree. Consequently, we detected the first time a familial accumulation of diprosopus. Since the ancestors showed no signs of diprosopus and the frequency of diprosopus in German Holsteins is presumably low, an oligogenic inheritance is likely. Recessive genes or a combination of recessive and dominant genes may cause this anomaly.

Keywords: congenital anomaly, cattle, German Holsteins, diprosopus, pedigree.

Einleitung

Doppelmissbildungen vereinigen Elemente zweier Individualteile teils komplett, teils inkomplett in einem zusammenhängenden Körper. Die Körperachsen sind dabei abschnittsweise oder auch in ganzer Länge doppelt vorhanden (Herzog 2001).

Anatomisch zeigen Doppelmissbildungen eine große Variabilität bezüglich des Verbindungsortes und des Grades von gemeinsam genutzten Organen. Die Verbindung kann nur über Hautbrücken zustande kommen oder ein oder mehrere Organe betreffen (Hiraga und Dennis, 1993).

Der Diprosopus (griech. zwei Gesichter) gehört in die Gruppe der Parapagi, bei denen nur ein Körper ausgebildet wird (Spencer, 2000). Die Verdopplung betrifft beim Diprosopus nur den Gesichtsschädel. Im Unterschied zum Dizephalus (Doppelkopf) sind zwar variable Verdoppelungen des Gesichtsschädels festzustellen, jedoch ist die Halswirbelsäule nie verdoppelt, und es wird nur ein Foramen occipitale magnum ausgebildet (Spencer und Robichaux, 1998; Bähr et al., 2004).

Der Diprosopus kann unterschiedliche Ausprägungen haben, die Hiraga und Dennis (1993) in fünf verschiedene Gruppen unterteilt haben:

Grad I: Partielle Verdopplung der Stirnregion, der Nase und des Oberkiefers

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Grad II: Partielle Verdopplung der Stirn, der Nase und des Oberkiefers mit Ausbildung eines dritten median liegenden Auges

Grad III: Verdopplung des Gesichts mit Ausbildung von zwei Maulhöhlen, vier Augen und zwei Ohren

Grad IV: Verdopplung des Gesichts mit Ausbildung von zwei Maulhöhlen, vier Augen und drei Ohren

Grad V: Verdopplung des Gesichts mit Ausbildung von zwei Maulhöhlen, vier Augen und vier Ohren, aber einem gemeinsamen Hals

Die Ursache der Entstehung von Doppelbildungen ist bisher noch unklar, und nach wie vor wird diskutiert, ob es sich bei Doppelbildungen um eine Fusion oder Spaltung handelt. Modrovich (1969) nahm an, dass bei Doppelmissbildungen eine unvollständige Trennung der Blastozyste im Stadium des Primitivstreifens erfolgt.

Eine Beziehung zwischen der Häufigkeit von Doppelmissbildungen und Zwillingsgraviditäten konnte allerdings nicht nachgewiesen werden. Mit Inzuchtpaarungen und dem Konzeptionsalter der Mütter konnte das Auftreten von Doppelmissbildungen ebenfalls nicht erklärt werden. Allerdings ergab ein Vergleich der Konzeptionstermine der Mütter eine erhöhte Frequenz von Doppelmissbildungen in den Wintermonaten (Modrovich, 1969).

Bisher wurde in der Literatur von insgesamt 18 Einzelfällen von Diprosopie bei Kälbern berichtet (Hishinuma et al., 1987; Jenkins und Hardy, 1968; Leipold und Dennis, 1972; Müller-Schlösser, 1974; Saperstein, 1981; Muylle et al., 1997; Pötz, 1999). Wenn auch Diprosopus zu den häufigsten Doppelmissbildungen beim Kalb gehört, so sind Doppelmissbildungen mit einer Frequenz von 0,0001% (Keller und Nieboda, 1937) bis 0,0004 (Modrowich, 1969) sehr gering. Eine nähere Beschreibung der bisherigen Fälle von Diprosopus bei Kälbern ist bei Bähr et al. (2004) zu finden.

Bähr et al. (2004) berichteten über drei Kälber der Rassen Deutsche Holsteins, Deutsch Angus und Deutsches Fleckvieh. Die Tiere wurden auf verschiedenen Betrieben geboren. Bei zwei Kälbern konnte ein Diprosopus mit Tetraophthalmus diagnostiziert werden. Bei dem dritten Kalb wurde eine partielle Verdopplung der Stirnpartie mit der Ausbildung eines dritten Nasenlochs beobachtet. Als Ursache wurden genetische Effekte, Inzucht und vermehrtes Auftreten von Zwillingsgeburten in Betracht gezogen.

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Material und Methodik

Bei 5 Kälbern und einem Fetus der Rasse Deutsche Holsteins (DH) von verschiedenen Betrieben wurde das Auftreten von Diprosopus beobachtet. Die Kälber 1, 5 und 6 lebten zum Zeitpunkt der Untersuchung noch und wurden klinisch untersucht. Zur Untersuchung der Kälber 1 und 2 wurden Computer Tomographie (CT) und Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) an der Klinik für kleine Haustiere der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover eingesetzt. Bei den Tieren 1 bis 5 wurde eine pathologische Untersuchung vorgenommen. Im Institut für Virologie wurden Blutproben auf das Vorhandensein von BVD-Virus-Antigen und

-Antikörper untersucht. Aus EDTA-Blutproben wurde ein Blutbild für die Kälber 1 und 5 angefertigt. Am Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover wurde von Kalb 1, 5 und 6 eine Chromosomenanalyse durchgeführt. Die Darstellung der Chromosomen erfolgte nach Standardmethoden aus den Blutlymphozyten mittels einer Phytohämagglutinin- stimulierten Vollblutkultur. Für die Karyotypisierung wurde der internationale Standard für Rinderchromosomen (ISCNDB 2000) verwendet. Die Pedigrees aller sechs Tiere wurden mit dem Tier der Rasse Deutsche Holsteins von Bähr et al. (2004) verglichen.

Inzuchtkoeffizienten und Verwandtschaftsgrade wurden mit dem Programm Opti- Mate, Version 3.81 (Wrede und Schmidt, 2003), berechnet.

Ergebnisse Anamnese

Kalb 1: Das weibliche Kalb der Rasse Deutsche Holsteins, Farbrichtung schwarzbunt, wurde am 19.10.04 geboren. Sein Kopf wies zwei Nasenanlagen und ein drittes, median gelegenes Auge auf (Abb. 1a). Das Kalb hatte zwei Tage lang keine Milch aufgenommen und besaß keine Orientierung. Der Landwirt lieferte es in der Klinik für Rinder der Stiftung Tierärztliche Hochschule ab. Die Mutter war eine Färse, der Vater des Kalbes ein Besamungsbulle. Der Auszug des Kalbes war schwierig, wurde aber ohne Tierarzt vorgenommen. Die Trächtigkeit verlief unauffällig. In der Verwandtschaft des Kalbes traten bisher weder Zwillingsgeburten noch Missbildungen dieser Art auf. Der Betrieb ist ein IBR-Impfbetrieb. Sein BVD-Status ist unbekannt.

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Kalb 2: Das weibliche Kalb der Rasse Deutsche Holsteins, Farbrichtung schwarzbunt, wurde am 19.11.04 geboren. Das Tier wies eine Brachygnathia superior, eine Hasenscharte und eine dritte Augenanlage auf (Abb. 1b). Es wurde am Tag der Geburt vom Tierarzt eingeschläfert. Das Tier wurde 26 Tage vor dem geplanten Geburtstermin geboren. Das von dieser Kuh stammende Kalb aus dem Vorjahr war unauffällig. Der Vater war ein Besamungsbulle. Der Betrieb ist IBR-frei und ein BVD- Impfbetrieb.

Kalb 3: Es handelte sich um einen im 4. Monat abortierten Fetus der Rasse Deutsche Holsteins einer erstlaktierenden Kuh (Abb. 1c). In dem Bestand trat zuvor bereits ein Abort auf, der Fetus war phänotypisch normal. Weiterhin berichtete der Landwirt über eine hohe Anzahl lebensschwacher Kälber und über Probleme mit der Fruchtbarkeit der Tiere. Der behandelnde Tierarzt stellte in dem Bestand einen Kupfermangel fest.

Kalb 4: Das männliche Kalb der Rasse Deutsche Holsteins, Farbrichtung rotbunt, stammte von einer Färse und einem Natursprungbullen (Abb. 1d). Weil die Kuh nach einer Tragzeit von 281 Tagen nicht in die Geburt kam, wurde am 05.03.05 ein Kaiserschnitt vorgenommen. Das Kalb lag in Vorderendlage im Geburtsweg und verstarb kurz nach der Geburt. Weder auf mütterlicher noch auf väterlicher Seite gab es Berichte von Zwillingsträchtigkeiten. Beim Natursprungbullen war nur ein Hoden von außen durch Palpation festzustellen. Alle weiteren vier Kälber, die von diesem Bullen abstammten, wiesen bei der Geburt keine Anomalien auf.

Kalb 5: Das männliche Kalb der Rasse Deutsche Holsteins, Farbrichtung schwarzbunt, stammte von einer Kuh, die vorher bereits zwei gesunde Kälber hatte (Abb. 1e). Die Trächtigkeit war unauffällig, und das Kalb wurde um den erwarteten Geburtstermin geboren. Zwillingsträchtigkeiten kamen bei der Mutter bisher nicht vor.

Im letzten Jahr gab es auf dem Betrieb einen BVD-Einbruch, seitdem wird geimpft.

Der Betrieb ist IBR-frei. Die Kühe bekommen Gras- und Maissilage, im Sommer haben sie zusätzlich Weidegang.

Kalb 6: Das weibliche Kalb der Rasse Deutsche Holsteins, Farbrichtung schwarzbunt, stammte von einer Färse (Abb. 1f). Die Trächtigkeit verlief unauffällig, und das Kalb wurde um den erwarteten Geburtstermin geboren. Der Bestand ist ein IBR- Impfbetrieb, und auf BVD wird nicht regelmäßig untersucht. Die Kühe bekommen Gras- und Maissilage, im Sommer haben sie zusätzlich Weidegang.

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Klinische Untersuchungen

Kalb 1: Das Tier besaß ein verdoppeltes Flotzmaul und in der Medianen ein drittes Auge. Es kam an seinem zweiten Lebenstag in die Klinik für Rinder der Stiftung Tierärztliche Hochschule. Es wies eine Pulsfrequenz von 80 Schlägen pro Minute und eine Atemfrequenz von 56 Zügen pro Minute auf. Die Temperatur betrug 36,4 °C.

Das Tier zeigte einen Opisthotonus. In beiden Maulhöhlen war eine Gaumenspalte fühlbar. Die Untersuchung im MRT zeigte, dass das Tier zwei Hypothalami und zwei Hypophysen besaß. Von drei vollständig ausgebildeten Augen wies das mittlere zwar nur eine Linse, aber zwei Glaskörper auf. Der Pannikulusreflex war teilweise erhalten, aber herabgesetzt. Stellreflexe waren nicht auslösbar, und die Oberflächensensibilität nicht vorhanden. Die Tiefensensibilität war herabgesetzt, aber erhalten. Nach der Narkose wies das Tier eine hochgradige Dyspnoe auf.

Kalb 5: Das Kalb besaß ein verdoppeltes Angesicht mit zwei Mäulern, vier Augen.

und vier Ohren. Dieses Kalb lag bei seiner Einlieferung in die Klinik für Rinder fest und war apathisch. Die Pulsfrequenz lag bei 200 Schlägen pro Minute, die Atemfrequenz bei 56 Zügen pro Minute. Die Körpertemperatur betrug 39,1 °C. Die Nasenhöhlen wiesen einen geringgradigen, purulenten Nasenausfluss auf, die Maulschleimhaut war leicht gerötet. Von den vier Augen erschienen die inneren ein wenig kleiner. Sie waren alle unabhängig voneinander beweglich. Ein Drohreflex konnte über keines der vier Augen ausgelöst werden. Die beiden inneren Augen wiesen keinen Pupillar-, Corneal- und Lidreflex auf, bei den äußeren Augen waren diese Reflexe noch vorhanden.

Bei der Verabreichung von Tränke über das rechte Maul lief die Milch durch das zweite Maul heraus. Wurde das Kalb über das linke Maul getränkt, so führte es Schluckbewegungen auf beiden Seiten aus. Zungentonus, Schwanztonus, Analreflex und Pannikulusreflex waren erhalten. Die Sensibilität an den Vordergliedmaßen war deutlich herabgesetzt, an den hinteren Gliedmaßen war sie vollständig erhalten.

Kalb 6: Dieses Tier besaß vier Nasenlöcher, zwei Augen und zwei Ohren. Die beiden mittleren Nasenlöcher lagen wie eine Hundeschnauze auf und zwischen den beiden anderen Nasenöffnungen. Bei der klinischen Untersuchung wurde deutlich, dass nur die beiden äußeren Nasenlöcher luftführend waren. Dieses Kalb war sehr munter und erschien - von der Missbildung abgesehen - klinisch gesund. Der Kopf war auffällig verbreitert und wies eine Eindellung auf, die sich median etwas unter Augenhöhe

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befand. Kurz darunter befand sich ein warzenähnlicher Fortsatz. Die Maulhöhle wies kaum Veränderungen auf. Nur die letzten zwei Zentimeter des Oberkiefers ließen eine Zweiteilung desselben erahnen. Auf der Rückenmitte und am linken Hinterbein konnte ein Fellverlust festgestellt werden.

Pathologisch-anatomische und histologisch-pathologische Untersuchungen

Kalb 1: Das Körpergewicht betrug 43 kg. Es lagen ein Körper und ein Kopf mit teilweiser Verdopplung des Angesichts vor. Die Maulhöhlen und die Flotzmäuler waren doppelt angelegt. Sehr weit seitlich am Schädel befand sich jeweils ein Auge.

In der Mitte des Schädels befand sich eine faustgroße knöcherne Erhebung mit einer kleinen bewimperten Öffnung. Hinter dieser Öffnung konnte man ein drittes Auge erahnen. Dieses mediane Auge besaß nur eine Kornea, und seine Iris war vertikal mandelförmig. Der caudale Anteil der Sklera ragte etwas links der Medianen sichelartig ins Augapfelinnere vor. Jeweils lateral von dieser Vorwölbung befand sich ein N. opticus. Die Retina erschien vor allem rechts medial des rechten Sehnervendurchtrittes verdickt. Die beiden äußeren Augen waren unauffällig.

Das ZNS lag kranial des Mittelhirns in kompletter Verdopplung vor. Die vier Großhirnhemisphären zeigten deutliche Asymmetrie. Die medialen Hälften besaßen eine dorsoventrale Ausbreitung. Die lateralen Hälften besaßen im Transversalschnitt eine annähernd dreieckige Form. Das Diencephalon war doppelt angelegt, jedes besaß jeweils eigene 1. und 2. Gehirnnerven sowie ein Chiasma opticum. Im Bereich des Mesencephalons und des Rautenhirnes waren die Anlagen verschmolzen. Zwei medial getrennte Kleinhirnanlagen besaßen jeweils nur eine laterale Verbindung zum Stammhirn. Patho-histologisch konnten ventromedial der linken Kleinhirnanlage am Übergang ihres Pedunculus cerebelli zum Stammhirn in der weißen Substanz 2 kleine, rundliche Anlagen mit Kleinhirnrindenmorphologie gefunden werden. Auch im Pedunculus cerebrelli der rechten Kleinhirnanlage fand sich eingebettet in weiße Substanz eine eliptisch geformte Anlage mit Kleinhirnrindenmorphologie. Der vierte Ventrikel war deutlich verbreitert. Das Rückenmark war ebenso wie die übrigen Organe unauffällig.

Kalb 2: Das Körpergewicht dieses 26 Tage zu früh geborenen Kalbes betrug 26 kg.

Das Tier besaß einen mopsartig verkürzten Kopf mit drei Augen. Das linke Auge war ohne Missbildungen und lag hinter einer auf 1,5 cm verengten Lidöffnung. Das

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mittlere Auge lag unmittelbar rechts der Medianen und wies eine Lidöffnung von 2,5 cm auf. Histologisch zeigte dieses Auge eine mittelgradige Hypoplasie des Ziliarkörpers und eine Dysplasie der vollständig abgelösten Retina mit Aplasie der Ganglienzellschicht und knäuelartig verwachsener Ausbildung der Retina. Anstatt eines rechten Auges befand sich hinter einer 5 mm großen Lidöffnung in fließendem Übergang von dieser ein helles, weiches Gewebe. Histologisch erwiesen sich diese Strukturen als Bindegewebe und drüsiges Gewebe einer seromukösen Drüse mit geringgradiger Sekretion eines eosinophilen Materials. Die Schädelkalotte wies eine hochgradige Asymmetrie mit hochgradigen, unregelmäßigen inneren und äußeren Knochenauftreibungen auf. Der Oberkiefer war asymmetrisch mit hochgradiger Brachygnathia superior. Es bestand eine vollständige Oberkiefer- und Gaumenspalte, und beide Oberkieferanteile waren geringgradig nach medial eingedreht, die linke Hälfte zudem nach ventral gebogen. Ein unpaares Nasenloch in einem unvollständig ausgebildeten Nasenspiegel ohne Relief ging asymmetrisch rechts aus dem linken Oberkieferanteil hervor. Die Nasenmuscheln dieser Seite waren stark verkürzt und verformt. In der Tiefe der rechten Oberkieferanlage war eine weitere, rundliche Nasenanlage in Form von groben Nasenmuscheln zu finden. Das Gehirn zeigte eine hochgradige Dys- und Hypoplasie. Die Medulla oblongata war einfach angelegt. Es fand sich ein asymmetrisches Kleinhirn mit hochgradiger Hypoplasie der rechten Kleinhirnhemisphäre in normalanatomischer Lage sowie eine weitere heterotrope Kleinhirnanlage ca. 6 cm weiter rostral auf einer rechtsseitig weiterziehenden Hirnanlage. Diese zweite Kleinhirnanlage war mittelgradig hypoplastisch und asymmetrisch ausgebildet, mit stärkerer Betonung der rechten Hemisphäre und einer unvollständigen Vermisanlage. Die Vier-Hügel-Platte lag teilweise in Verdopplung vor.

Die rechtsseitig weiterziehende Hirnanlage besaß einen dorsal offen klaffenden Aquaeductus mesencephali. Die linksseitig weiterziehende Hirnanlage wies eine hochgradig hypo- und dysplastische Anlage einer einzelnen Großhirnhemisphäre auf.

Der Seitenventrikel war hochgradig dilatiert und stand in Verbindung mit dem Aqueductus mesencephali der rechten Hirnanlage. Dadurch bestand ein gemeinsamer Hydrocephalus externus und ein linksseitiger Hydrocephalus internus.

Die Hypophyse war einfach angelegt. Das Rückenmark und die übrigen Organe waren unauffällig.

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Kalb 3: Der weibliche Fetus hatte eine Scheitelsteißlänge von 34 cm bei einem Gewicht von 2,7 kg. Der Gesichtsschädel wies eine vollständige Verdopplung mit vier Augen und zwei Mäulern auf. Zwei Ohren waren an den lateralen Seiten der Verbindungsstelle der beiden Köpfe vorhanden. An der Stelle, an der die anderen beiden Ohren zu erwarten gewesen wären, waren die Köpfe zusammengewachsen.

Die Augen des Tieres waren unauffällig. Der rechte Kopfanteil wies eine Brachygnathia inferior auf. Die Unterkiefer waren ab den Unterkieferwinkeln zusammengewachsen, und die zwei Zungen verschmolzen am Zungengrund. Der Pharynxbereich war in seinem rostralen Anteil doppelt angelegt, um dann medial zu verschmelzen. Es waren ein Kleinhirn, aber zwei Großhirne vorhanden. Ansonsten waren keine weiteren Missbildungen feststellbar.

Kalb 4: Der Kopf dieses männlichen, 37,8 kg schweren Kalbes besaß vier Augen, vier Ohren und zwei Maulhöhlen. Die Augen waren physiologisch ausgebildet. Beide Hirnschädel enthielten jeweils ein vollständig ausgebildetes Großhirn, Kleinhirn und Mesencephalon. Diese vereinigten sich in einem gemeinsamen Metencephalon und Rückenmark. Die Wirbelsäule wies eine hochgradige Skoliose auf. Am Übergang von der Hals- zur Brustwirbelsäule befand sich eine Myelozele. Kranial der Myelozele war die weiße Substanz des Rückenmarks dysplastisch. Kaudal der Myelozele war eine Diplomyelie mit zwei Zentralkanälen vorhanden.

Beide Maulhöhlen wiesen eine Palatoschisis auf. Die doppelt angelegten Schlundköpfe mündeten in einen gemeinsamen Kehlkopf mit zweifach ausgebildeter Epiglottis. Zwei getrennt beginnende Speiseröhren liefen auf Höhe des Kehlkopfes zu einem gemeinsamen Ösophagus zusammen. Dieser war auf Herzbasishöhe ringförmig durch einen arteriellen, quer zum Ösophagus verlaufenden Gefäßbogen umschlossen. Letzterer wurde von zwei aus der rechten Herzkammer mit Semilunarklappen entspringenden Gefäßen und einem über dem Ösophagus laufenden Quersteg zwischen diesen beiden Gefäßen gebildet. Das Herz besaß einen Ductus arteriosus botalli zwischen Aorta und Truncus pulmonalis sowie zwischen einem persistierenden rechten Kiemenbogen und dem Truncus pulmonalis.

Das Vorhofseptum war lediglich als dünnwandige Membran vorhanden. Die Herzkammern kommunizierten durch einen unmittelbar unter den Atrioventrikularklappen befindlichen Ventrikelseptumdefekt. Alle übrigen Organe waren einfach angelegt und ohne besonderen Befund.

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Kalb 5: Das Gewicht des Tieres betrug 39,5 kg. Der Gesichtsschädel wies eine vollständige Verdopplung mit zwei Maulhöhlen, vier Augen und zwei Ohren auf. Beide Nasen zeigten eine Außendeviation, wovon die des linken Kopfes deutlich, die des rechten Kopfes geringgradig ausgeprägt war. Die Zunge war doppelt angelegt, wobei Zungenbein und Larynx nur einfach ausgebildet waren. Der Truncus bicaroticus teilte sich in drei Aa. carotes communes. Der rechte Spitzenlappen der Lunge wies eine ungewöhnliche Lappung auf. Die Großhirne waren vollständig voneinander getrennt.

Der IV. Ventrikel klaffte nach dorsal über einem hier verbreiterten Rhombencephalon auf. Auf den Kleinhirnstielen saßen zwei voneinander getrennte, stark verästelte Kleinhirnanteile, denen der Vermis und der Lobus medianus fehlten. Das Rückenmark war einfach ausgebildet. Histologisch waren Großhirn und Rückenmark unauffällig, das Kleinhirn zeigte vereinzelt heterotopische Purkinjezellen im Stratum granulosum.

Zytogenetische Untersuchung

Bei der zytogenetischen Untersuchung der Blutproben der Kälber 1, 5 und 6 konnten weder lichtmikroskopisch erkennbare Abweichungen in der Chromosomenanzahl noch strukturelle Chromosomenanomalien nachgewiesen werden. Die Tiere wiesen den normalen Karyotyp eines Rindes mit 2n = 60, XX bzw. 60, XY auf.

Virologischer Untersuchungsbefund

Bei Kalb 1 konnte mittels ELISA weder BVD-Virusantigen noch -Antikörper nachgewiesen werden. Kalb 2 stammte aus einem BVD-Impfbestand. Virusantigen konnte nicht nachgewiesen werden. Bei Kalb 3 wurde mittels ELISA BVD- Virusantigen nachgewiesen. Bei der Mutter wurden BVD-Antikörper gefunden. Kalb 4 stammte von einem BVD-freien Betrieb. Es konnten weder BVD-Antigen noch -Antikörper gefunden werden, und auch Kalb 5 war immunfluoreszensmikroskopisch BVD-Virusantigen frei. Bei Kalb 6 konnte mittels ELISA weder BVD-Virusantigen noch -Antikörper nachgewiesen werden. Für den Antigennachweis mittels ELISA wurde HerdChek BVDV Ag/Serum Plus (IDEXX, Wörrstadt) und den Antiköpernachweis über ELISA HerdChek BVDV Ab (Serum/Milch, IDEXX, Wörrstadt) verwendet.

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Analyse des Pedigrees

Alle sechs Kälber konnten einem Pedigree zugeordnet werden (Abb. 2). Es konnte eine Verwandtschaftsbeziehung zwischen Kalb 1, 2 und 3 durch den gemeinsamen Vorfahren A, zwischen Kalb 1 und 5 durch die gemeinsamen Vorfahren C und D und zwischen Kalb 2, 3, 4 und 6 durch den gemeinsamen Vorfahren B festgestellt werden. Das von Bähr et al. (2004) beschriebene Kalb mit Diprosopus war über den Vorfahren B mit den hier untersuchten Fällen Kalb 2, 3, 4 und 6 verwandt.

Die Verwandtschaftsgrade zwischen den Vorfahren A bis E liegen zwischen 0,6 und 12,7 % (Tab. 1). Die Verwandtschaftsgrade der Kälber zu den Vorfahren A bis E sind in Tab. 2 festgehalten. Nur zwischen Kalb 4 und dem Bullen E besteht keine Verwandtschaft. Bis auf Kalb 4 sind alle Kälber ingezüchtet (Tab. 3).

Diskussion

Kraniale Duplikationen kommen bei 75 % aller Doppelmissbildungen beim Rind vor (Leipold und Dennis, 1972). Kalb 1 konnte als Diprosopus Grad II nach Hiraga und Dennis (1993) klassifiziert werden, da es drei Augen, aber zwei Maulhöhlen besaß.

Bei Kalb 2 wurde eine angeborene Doppelmissbildung im Sinne eines Diprosopus mit Triophthalmus, Palatoschisis, Cheilochisis und zwei Ohren nachgewiesen. Das Tier konnte aufgrund der Befunde als Grad II nach Hiraga und Dennis (1993) klassifiziert werden.

Kalb 3 war ein im 4. Monat abortierter Fetus mit einer Doppelmissbildung im Sinne des Diprosopus und besaß vier Augen, zwei Maulhöhlen und zwei Ohren und konnte so als Grad III nach Hiraga und Dennis (1993) eingeteilt werden. Bei Kalb 4 waren zwei Angesichter mit vier Augen, zwei Maulhöhlen und vier Ohren vorhanden, so dass es dem Grad V nach Hiraga und Dennis (1993) zugeordnet werden konnte. Kalb 5 besaß zwei Maulhöhlen und vier Augen sowie zwei Ohren. Damit ist es als ein Grad III nach Hiraga und Dennis (1993) anzusehen. Kalb 6 besaß 4 Nasenlöcher, aber nur zwei Augen; damit ist es nur schwer in einen von Hiraga und Dennis (1993) aufgestellten Grad einzuteilen. Da aber nur zwei Augen vorhanden waren, ist es wohl doch eher als Grad I als Grad II anzusprechen.

Die Ursache von Doppelbildungen ist bis heute unbekannt. In Versuchen wurde gezeigt, dass Blastozysten, die sich nur teilweise aus der Zona pellucida lösen, zeitweise separiert sind (Massip et al., 1983). Gerade im Falle des Diprosopus

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erscheint eine unvollständige Spaltung des Embryos sehr wahrscheinlich. Legt man die Theorie der Spaltung zugrunde, so kann es zu einer partiellen Spaltung des kranialen Pols der Embryonalachse im Bereich der Kopffalte gekommen sein.

Dadurch könnte dann die Verdopplung des Kopfes entstanden sein. Anhänger der Fusionstheorie - so z.B. Spencer (2000) - meinen jedoch, dass Doppelbildungen nur durch eine Fusion zweier eng aneinander liegender Embryonen zu erklären sind. Bei Fällen wie den hier untersuchten Diprosopien, müsste dies also schon sehr früh geschehen sein. Denn nur so könnte man die fast vollständige Fusion beider Embryonen erklären, die bis auf den Kopfbereich alles beinhaltet. Für die Fusionstheorie spricht, dass Logrono et al. (1997) bei einer Doppelbildung in Form eines Heteropagus dizygote Zwillinge vorfanden, was durch eine unvollständige Spaltung nicht zu erklären ist. Auf der anderen Seite erscheint eine so weit vorangeschrittene Fusion, wie sie bei den Diprosopien der Fall sein müsste, doch sehr unwahrscheinlich. Dies wird durch den Befund einer Monozygotie bei einem Thorakopagus parasiticus eines Deutschen Holstein-Kalbes unterstützt (Schulze et al., 2006). Für die hier vorliegenden Fälle konnten jedoch keine Proben von den beiden Gesichtsanlagen für eine Genotypisierung gewonnen werden. Somit konnte nicht geklärt werden, ob die Verdopplung des Gesichts durch unvollständige Teilung oder Fusion früher Embryonalstadien entstanden ist. In Fällen wie dem Omphalopagus, bei denen manchmal nur die Haut verwachsen sein kann, aber die Organe vollständig separat ausgebildet sind, erscheint eine Fusion doch sehr wahrscheinlich. Es stellt sich somit die Frage, ob zwei verschiedene Mechanismen zu Doppelbildungen führen können, so dass der Diprosopus durch unvollständige Spaltung und der Omphalopagus auch durch Fusion erklärt werden kann.

Bei den Diprosopien ist meist nur die Kopffalte von der Verdopplung betroffen. Das Septum transversum ist nicht involviert. Die Herzanlage kann, wie sie es auch bei dem hier untersuchten vierten Kalb der Fall war, in diese Verdopplung mit einbezogen sein (Spencer, 2000). Die Herzanlage war in diesem Fall zwar nicht verdoppelt, aber durch die massiven Herzgefäßanomalien kann man durchaus eine Verdopplungsgenese vermuten. Bei den Kälbern 1, 2, 3, 5 und 6 war das Herz unauffällig. Die Herzanlage war also nicht involviert. Das embryonale Septum transversum ist bei dem Diprosopus nur einfach vorhanden. Aus dem embryonalen Vorderdarm entstehen u.a. Trachea, Oesophagus, Magen und kraniale Anteile des

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Duodenums (Moore, 1985). Diese Anteile waren bei allen Tieren nur einfach vorhanden.

Mehrlingsträchtigkeiten konnten bei den hier untersuchten Müttern der betroffenen Kälber nicht nachgewiesen werden. Bis auf Kalb 4 waren alle Kälber ingezüchtet. Alle Kälber waren über gemeinsame Vorfahren miteinander verwandt, allerdings konnte nicht ein gemeinsamer Vorfahre für alle betroffenen Kälber gefunden werden, sondern die Verwandtschaft entstand durch mehrere Bullen. Diese Bullen sind oft eingesetzte Besamungsbullen, die untereinander Verwandtschaftsgrade von bis zu 12,7 % aufwiesen.

Die Mütter der Kälber 2 und 3 hatten beide zuvor ein phänotypisch gesundes Kalb, wohingegen die Kälber 1, 4 und 6 jeweils von einer Färse abstammten. Die Mutter von Kalb 5 hatte zuvor bereits 2 gesunde Kälber. Somit kann die These von Bähr et al. (2004) unterstützt werden, dass das Alter der Mütter zum Zeitpunkt der Geburt keine große Rolle spielt.

Der Konzeptionstermin der Mutter von Kalb 1 lag im Februar, von Kalb 2 im März, von Kalb 3 im September, von Kalb 4 im Juli, von Kalb 5 im Oktober und von Kalb 6 im Dezember. Es konnte also wie bei Bähr et al. (2004) im Hinblick auf den Konzeptionstermin weder eine Übereinstimmung zwischen diesen Tieren gefunden werden, noch konnte die These von Modrovich (1969), dass der Konzeptionstermin von Doppelbildungen meist im Winter liegt, bestätigt werden.

Bei Kalb 3 konnte BVD-Antigen nachgewiesen werden. Ob das BVD-Virus die Entstehung von Doppelmissbildungen fördert, ist unbekannt.

Da alle sechs von Diprosopus betroffenen Kälber ein gemeinsames Pedigree haben, kann in dieser Studie zum ersten Mal die These einer familiären Ursache nachgewiesen werden. Weiterhin scheint die genetische Ursache unabhängig von dem Entstehen von Zwillingsträchtigkeiten in diesem Pedigree zu sein. Da alle Eltern hinsichtlich Diprosopus unauffällig waren, sind rezessive Gene oder mehrere Gene mit rezessiver Wirkungsweise oder in einer Kombination von rezessiver und dominanter Wirkung als kausal anzusehen. Ein monogener autosomaler oder X- gekoppelter rezessiver Erbgang erscheint als wenig wahrscheinlich, da sonst bei häufig eingesetzten KB-Bullen wesentlich mehr Merkmalsträger auftreten müssten.

Deshalb dürften vermutlich mehrere Gene an der Entstehung von Diprosopus beteiligt sein. Da bei Inzucht die Anlagen für Diprosopus von beiden Elternteilen auf

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