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Untersuchungen zu kongenitalen Anomalien beim Rind

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Academic year: 2022

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Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

1. Auflage 2008

© 2008 by Verlag: Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft Service GmbH, Gießen Printed in Germany

ISBN 978-3-939902-92-5

Verlag: DVG Service GmbH Friedrichstraße 17

35392 Gießen 0641/24466 geschaeftsstelle@dvg.net

www.dvg.net

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Tierärztliche Hochschule Hannover

Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung

Untersuchungen zu kongenitalen Anomalien beim Rind

INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer

Doktorin der Veterinärmedizin - Doctor medicinae veterinariae -

(Dr. med. vet.)

vorgelegt von Bettina Constanze Buck

aus Stuttgart

Hannover 2008

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Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. Ottmar Distl

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Ottmar Distl

2. Gutachter: Apl. Prof. Dr. Brade

Tag der mündlichen Prüfung: 29.10.2008

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Für Euch

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Teile dieser Arbeit sind bei folgenden Zeitschriften zur Veröffentlichung angenommen oder bereits veröffentlicht:

Deutsche Tierärztliche Wochenschrift Praktischer Tierarzt

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung...1

2 Ein Fall von hochgradigem Hydrozephalus internus und Dandy-Walker- Syndrom bei einem schwarzbunten Kalb der Rasse Deutsche Holsteins ...3

3 Zwei seltene Gehirnmissbildungen bei schwarzbunten Kälbern der Rasse Deutsche Holsteins ...18

4 Auftreten einer einseitigen Ohrmissbildung mit Thymushypoplasie bei einem Kalb der Rasse Deutsche Holsteins ...34

5 Ein Fall von Schistosoma reflexum bei einem Deutschen Holstein Kalb ...46

6 Fissura pelvina mit Abdominalhernie und ektopischer Blasenmündung bei einem weiblichen Deutschen Holstein Kalb. ...59

7 Palatoschisis bei drei Deutschen Holstein Kälbern ...70

8 Dandy-Walker-Syndrom, Hydrozephalus internus, Anurie, Syringomyelie, Skoliose und Palatoschisis bei einem Deutschen Holstein Kalb in Folge einer intrauterinen Bovine Virus Diarrhöe- (BVD)- Infektion ...84

9 Perosomus elumbis in a black and white German Holstein calf...96

10 Seltenes Auftreten von Dizephalus, Skoliose und Eisenmenger-Syndrom bei einem männlichen, schwarzbunten Kalb der Rasse Deutsche Holsteins105 11 Auftreten von Missbildungen der Wirbelsäule und multipler weiterer Organe bei einem Kalb der Rasse Deutsche Holsteins ...117

12 Familiäres Auftreten von Wirbelsäulenmissbildungen und Gliedmaßenanomalien bei Deutschen Holstein Kälbern ...130

13 Übergreifende Diskussion ...139

14 Zusammenfassung ...147

15 Summary ...153

15 Anhang ...158

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Verzeichnis der Abkürzungen

A. Arteria

Abb. Abbildung

Ag Antigen

AK Antikörper

AEP Auditorisch Evozierte Potentiale BLAD Bovine Leukozyten Adhäsions Defizienz BVD Bovine Virus Diarrhöe

bzw. beziehungsweise

cm Centimeter

CT Computer-Tomographie

CVM Complex Vertebral Malformation dB nHL dezibel normal Hearing Level DNA Desoxyribonucleic acid DWM Dandy Walker Malformation

ELISA Enzyme Linked Immunosorbent Assay et al. et alii

F. Fascia

HE Hämatoxylin Eosin

Hrsg. Herausgeber

Hz Hertz

IBR Infektiöse Bovine Rhinotracheitis IPV Infektiöse Pustulöse Vulvovaginitis

LAVES Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

Ln. Lymphonodus

M. Musculus

MRT Magnetresonanztomographie

N. Nervus

PCR Polymerase Chain Reaction

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RR Repetitionszeit in Milisekunden

SAP Syndrome of arthrogryposis and palatoschisis

TAS Thorakoabdominales Syndrom

T-Box Tata-Box

TE Echozeit in Milisekunden

UDP Uridindiphosphat

USA United States of America

ssDNA Salmon-Sperm-DNA

Tab. Tabelle

V Vena

VCFS Velocardiofaciales Syndrom

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Kapitel 1

Einleitung

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1 Einleitung

Einleitung

Angeborene Anomalien sind bei der Geburt in Erscheinung tretende Fehlbildungen von Organen oder Organteilen, die außerhalb der normalen Variation einer Spezies liegen. Diese Defekte führen häufig zum Abort oder zum Tod des Tieres.

Umweltfaktoren wie pflanzliche Alkaloide, Viren, parasitäre Einzeller und chemische Stoffe kommen dafür als Ursachen in Frage.

Ein erheblicher Anteil an angeborenen Missbildungen lässt sich auf Erbfehler zurückführen. Unbemerkt verbreiten sich die Erbfehler verursachenden Defektallele vor allem dann, wenn der Erbgang rezessiv ist, da in diesem Fall nur Tiere sichtbar betroffen sind, wenn beide Elterntiere den Defekt vererben.

In dieser Arbeit wurden erstmalig neuartige Missbildungen bei fünf verschiedenen Kälbern beschrieben: zwei Kälber mit komplexen ZNS-Missbildungen; Skoliose und Herzdefekt; ein Kalb mit einseitigem Stummelohr; ein Kalb mit Spaltbecken, Blasenekstrophie und Abdominalhernie und ein Fall mit Skoliose und multiplen seltenen weiteren Anomalien. Ein Kalb mit hochgradigem Hydrozephalus und ein Kalb mit Dizephalus und Eisenmenger-Syndrom wurden aufgrund des sehr seltenen Auftretens ausführlich unter zu Hilfenahme moderner bildgebender Verfahren dokumentiert. Über neun Kälber mit familiärem Auftreten von Wirbelsäulenmissbildungen wurde im Zusammenhang mit den neuartigen Anomalien Brachyspina-Syndrom und CVM berichtet, welche in Deutschland sehr selten auftreten. In einem Bericht über Palatoschisis bei drei Kälbern wurde dargestellt, dass die mit dem Auftreten von Anomalien assoziierten wirtschaftlichen Schäden hoch sind. Bei je einem Fall über Schistosoma reflexum und Perosomus elumbis wurden ausführlich die möglichen embryonalen Entstehungswege diskutiert, um ein besseres Verständnis der Ätiologien zu erlangen. Ein Fall über eine angeborene Kleinhirnmissbildung wurde wahrscheinlich durch eine BVD- Virusinfektion ausgelöst.

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Kapitel 2

Ein Fall von hochgradigem Hydrozephalus internus und Dandy-Walker-Syndrom bei einem

schwarzbunten Kalb der Rasse Deutsche Holstein

Bettina Constanze Buck1, Henning Schenk2, Ilka Imbschweiler3, Heidi Kuiper1, Peter Wohlsein3, Ottmar Distl1

¹Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

²Klinik für Kleintiere der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

3Institut für Pathologie der Stiftung Tierärztlichen Hochschule Hannover

Angenommen zur Veröffentlichung in der „Deutschen Tierärztlichen Wochenschrift“

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2 Ein Fall von hochgradigem Hydrozephalus internus und Dandy-Walker-Syndrom bei einem schwarzbunten Kalb der Rasse Deutsche Holsteins

Zusammenfassung

Bei einem weiblichen Kalb der Rasse Deutsche Holsteins, Farbrichtung schwarzbunt, trat eine hochgradige Deformation des Schädels in Form eines „Turmschädels“ auf.

Das Tier zeigte eine Tetraparese und konnte nicht stehen. Weiterhin war ein bilateraler Strabismus divergens festzustellen, der Drohreflex fehlte und beiderseits waren die Pupillarreflexe verzögert. Die Untersuchung mittels Magnet-Resonanz- Tomographie und die pathologisch-anatomische Untersuchung zeigten, dass das Großhirn hochgradig bis auf 0,7 bis 2 cm breite Areale atrophiert und durch ein mit 1,5 Litern gefülltes Ventrikelsystem verdrängt worden war. Die Kleinhirnhemisphären wurden durch den dilatierten vierten Ventrikel auseinandergedrängt. Zusätzlich fielen eine Agenesie von Vermis und Pons sowie eine bis in den Halswirbelsäulenbereich reichende Flüssigkeitsansammlung im Subarachnoidalraum auf. Auf dem Betrieb waren keine weiteren missgebildeten Nachkommen der Eltern, von denen das hier untersuchte Kalb abstammt, bekannt. Das Tier war aufgrund der Pedigreeinformationen nicht ingezüchtet. Die Untersuchung auf Chromosomenanomalien an 30 Metaphasen war ohne besonderen Befund.

Infektiöse und parasitäre Ursachen konnten ausgeschlossen werden. Sehr seltene Defektallele könnten zur Entstehung der Missbildung geführt haben.

Schlüsselwörter: ZNS, Missbildung, Deutsche Holsteins, Hydrozephalus internus, Dandy-Walker-Syndrom.

Summary

A black and white female German Holstein calf showed a highly deformed cranium.

The animal was not able to stand. Further findings were bilateral strabismus divergens and negative pupillary light reflexes. Magnetic resonance imaging and

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pathological-anatomical examination showed that the cerebrum was replaced to a high degree by the ventricle system filled with 1.5 litter of cerebrospinal fluid. The hemispheres of the cerebellum were ruptured by the dilated fourth ventricle. In addition, the vermis and pons were missing and fluid accumulation in the subarachnoidal space extending up to the first spinal cord segments was visible.

Inbreeding was not detected in the three-generation-pedigree. No other affected calves from the same parents were known at the farm. Chromosomal abnormalities could not be detected after examination of 30 metaphase spreads using a light microscope. Infections and parasitic diseases could be ruled out for this anomaly.

Very rare defect alleles might have been involved in the development of these inborn defects.

Keywords: CNS, malformation, German Holstein, hydrocephalus internus, Dandy- Walker-syndrome.

Einleitung

Bei der Ausbildung des zentralen Nervensystems bei Rindern kann eine Vielzahl unterschiedlicher Defekte auftreten (Greene et al., 1973). Kongenitale Anomalien des Zentralen Nervensystems (ZNS) äußern sich in Abweichungen der Struktur, Funktion oder Formation. Kongenitaler Hydrozephalus tritt in drei Formen auf. Der Hydrozephalus externus ist durch eine vermehrte Ansammlung von Flüssigkeit im arachnoidalen System charakterisiert, beim Hydrozephalus internus liegt eine Akkumulation von Flüssigkeit im Ventrikelsystem vor und beim kommunizierenden Hydrozephalus sind Flüssigkeitsansammlungen im Ventrikelsystem sowie im arachnoidalen Raum festzustellen. Beim Hydrozephalus internus tritt häufig die Ansammlung von Flüssigkeit in der kranialen Höhle des Ventrikelsystems auf. Diese Form des Hydrozephalus internus kann isoliert vorkommen oder in Kombination mit weiteren Missbildungen auftreten. Das Vorkommen dieser Anomalie ist bei Rindern etwa genauso häufig wie beim Menschen (Leipold et al., 1983; Leipold und Dennis, 1987; Cho und Leipold, 1978; Leech et al., 1978). Eine weitere Form des Hydrozephalus internus, bei der das kaudale Ventrikelsystem erweitert ist, ist die

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„Dandy-Walker-Malformation“ (DWM). Diese Missbildung stellt sich als eine Kombination von Hydrozephalus internus, Aplasie oder Hypoplasie des zerebellären Vermis, zystischer Erweiterung des vierten Ventrikels und seiner Wand und einem veränderten, verdünnten, medullaren Velum dar (Leipold und Dennis, 1987). Beim Menschen stellt sich die DWM als klinisch heterogene Anomalie dar, die vermutlich durch mehrere Gene beeinflusst wird (Murray et al., 1985). Es gibt zahlreiche Ursachen für das Auftreten eines angeborenen Hydrozephalus internus. Herzog (2001) nimmt an, dass Störungen im Abfluss-System des Liquor cerebrospinalis, wie bei Stenosen des Aquaeductus sylvii oder Verlagerung der Foramina interventriculares oder Magendii, eine vermehrte Flüssigkeitsansammlung verursachen. Es werden stoffwechselbedingte, genetische und umweltbedingte Ursachen beschrieben (Embury und Jerett, 1985; Leipold et al., 1983; Urman und Grace, 1964). Als infektiöse Erreger werden vor allem intrauterine virale Infektionen wie das Bovine Virus Diarrhöe-Virus (BVDV) und Bluetongue-Virus sowie Protozoeninfektionen genannt. Des Weiteren werden als toxische Auslöser von Hydrozephalus pflanzliche Alkaloide beschrieben (Tunca et al., 2006, Washburn und Streeter, 2004 Dubey et al., 1998). Auch genetische Zusammenhänge werden vermutet (Leech et al., 1978; Nuss et al., 1967; Urman und Grace; 1964 Barlow und Donald, 1963). Als Ursachen für angeborenen Hydrozephalus werden zum Beispiel erbliche Kupferakkumulationen und freie Radikale in der Leber bei Ayrshire Rindern beschrieben (Nuss et al., 1967). Zwei Fälle von DWM wurden von Jeffrey et al.

(1990) beschrieben. Beide Kälber zeigten zystenähnliche Dilatationen des 4.

Ventrikels und eine Aplasie des zerebellären Vermis. Nur beim ersten Kalb konnte eine BVD-Virus Infektion festgestellt werden. Bei beiden Tieren konnte kein Foramen Magendii vorgefunden werden, welches einen Austrittspunkt für zerebrospinalen Liquor des vierten Ventrikels darstellt (Wilson, 1937). Das zweite Kalb zeigte zusätzlich eine Agenesie des Corpus callosums. Die Ursachen der Anomalien konnten nicht gefunden werden. Beim Menschen werden viele Ursachen für angeborenen Hydrozephalus internus beschrieben (Baethmann et al., 2000; Sandig et al., 1979). In einer Studie mit 35 Patienten mit angeborenem Hydrozephalus internus wurden bei einigen Patienten postinfektiöse Ursachen in Form von

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Toxoplasma gondii und Rubella-Infektion nachgewiesen sowie genetische Ursachen in Verbindung mit VACTERL-Assoziation (autosomal oder X-gekoppelt), Walker- Warburg-Syndrom, Wolf-Hirschhorn-Syndrom, Hurler-Krankheit, Achondroplasie, Krabbe-Krankheit, complex brain malformation und nicht klassifizierte Erkrankungsformen vorgefunden. Beim Hydrozephalus kommen beim Menschen sowohl autosomal wie X-rezessiv vererbte Formen vor (Zlotogora et al., 1994). Beim Menschen wurde zudem eine sehr seltene Form des Hydrozephalus internus mit zerebellärer Agenesie beschrieben. Die Ursache hierfür wurde in einem X-rezessiven Defekt vermutet (Riccardi und Marcus, 1978). In der vorliegenden Arbeit soll ein zwei Tage altes weibliches Kalb mit hochgradigem angeborenem Hydrozephalus internus und massiver Atrophie aller Strukturen des zentralen Nervensystems näher untersucht und mögliche Ursachen diskutiert werden. Die Besonderheit an diesem Fall war, dass das Tier trotz der hochgradigen Veränderungen der Großhirnhemisphären infolge des Hydrozephalus internus zwar nicht aufstehen und laufen konnte, sonst jedoch alle lebenswichtigen Funktionen zeigte und mehrere Tage mit nahezu ungestörtem Allgemeinbefinden leben konnte.

Material und Methoden

In einem Milchviehbetrieb mit ca. 100 Deutschen Holstein Kühen wurde ein weibliches Kalb der Rasse Deutsche Holsteins, Farbrichtung schwarzbunt, mit einem

„Turmschädel“ geboren. Im Alter von zwei Tagen wurde das Kalb an das Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung der Stiftung Tierärztliche Hochschule zur weiteren Untersuchung gebracht (Abb. 2.1). Die Geburt erfolgte per vias naturales, verlief jedoch aufgrund des zu großen Kopfes mit einigen Komplikationen beim Auszug. Der Vater des Kalbes war ein Deutsch-Holstein-Besamungsbulle der Farbrichtung rotbunt. Am fünften Lebenstag wurde das Kalb euthanasiert. Am Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung wurde eine Allgemeinuntersuchung durchgeführt, und es wurden Liquorproben für weitere Untersuchungen entnommen.

Am Institut für Virologie erfolgte eine virologische Untersuchung mittels ELISA auf Antigen (Ag) und Antikörper (Ak) von BVDV und Infektiöser Boviner Rhinotracheitis (IBR). In der Klinik für Kleintiere der Tierärztlichen Hochschule wurde eine

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ophthalmologische Augenuntersuchung einschließlich einer sonographischen Darstellung der Augen und Sehnerven durchgeführt. Im Anschluss an eine neurologische Untersuchung wurde eine Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT, Magnetom impact plus, 1,0 Tesla, Siemens, Medical Solutions Magnetic Resonance Imaging, Forchheim) sowie eine Computertomographie (CT, Somatom spiral AT, Siemens) des Kopfes in Vollnarkose vorgenommen. Sowohl die CT- als auch die MRT-Untersuchung erfolgte in Brustbauchlage. Am Institut für Pathologie wurde das Tier einer pathologisch-anatomischen und pathologisch-histologischen Untersuchung unterzogen. Von dem betroffenen Tier konnten die Abstammungsdaten erfasst und mittels des Programmes Opti-Mate, Version 3.81 (Wrede und Schmidt, 2003) analysiert werden.

Ergebnisse

Klinische Untersuchung

Das Tier wog bei der Ankunft 38 kg. Das Kalb konnte nicht aufstehen und verharrte in aufrechter Brust-Bauch-Lage. Es war während der Untersuchungen ruhig und aufmerksam. Der stark vergrößerte Kopf wurde von dem Tier meistens auf dem Boden aufgestützt, konnte jedoch auch ohne Unterstützung aufgerichtet werden. Das Kalb zeigte bei der Allgemeinuntersuchung einen gut ausgebildeten Saugreflex und eine gute Nahrungsaufnahme. Der Ernährungszustand des Tieres war gut. Die Atemfrequenz lag bei 26 Zügen in der Minute, die Herzfrequenz bei 86 Schlägen in der Minute. Es konnte eine Durchfallerkrankung festgestellt werden.

Neurologische Untersuchung

Das Bewusstsein war ungestört. Das Tier zeigte eine hochgradige Tetraparese bei fehlenden Haltungs- und Stellreaktionen auf allen vier Gliedmaßen. Bei der Untersuchung der spinalen Reflexe zeigte das Kalb an der linken Vordergliedmaße einen klonischen M.-extensor-carpi-radialis-Reflex. Die spinalen Reflexe der anderen Gliedmaßen waren ohne besonderen Befund. Die Untersuchung der Kopfnerven ergab eine beiderseits negative Drohantwort, einen bilateralen Strabismus divergens sowie eine ebenfalls beidseitig verzögerte direkte und indirekte Pupillarreaktion. Die

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erhobenen neurologischen Befunde sprachen für multifokale Läsionen im Bereich des Hirnstamms, des Mittelhirns und des hochzervikalen Bereiches im Rückenmark.

Augenuntersuchung

Der Drohreflex war beidseitig negativ, der Blendreflex ebenfalls. Der Pupillarreflex war beidseitig verzögert. Der intraokuläre Druck betrug beidseitig zehn mm Hg. Die Kornea und die vordere Augenkammer waren ohne besonderen Befund. Bei der Untersuchung der Linse fanden sich beidseitig an der posterioren Linsenkapsel Reste der Tunica vasculosa lentis ohne Blutführung. Bei der Fundusuntersuchung zeigte sich eine Vorwölbung der Papillen. Bei der Ultraschalluntersuchung konnten der Augenhintergrund, die Arteria hyloidea und die vorgewölbten Papillen dargestellt werden (Abb. 2.2).

Computertomographische und magnetresonanztomographische Untersuchung Die Computertomographie des Schädels demonstrierte deutlich die knöchernen Strukturen des schon äußerlich offensichtlichen Turmschädels mit einem mittig auf dem Apex gelegenen, längsovalen Knochendefekt von acht cm Länge und einer Breite von fünf cm (Abb. 2.3). Bei der MRT wurden vom Schädel T1- und T2- gewichtete Sequenzen in dorsaler, transversaler und sagittaler Schnittrichtung sowie eine sagittale T2-gewichtete Sequenz im Bereich der Halswirbelsäule durchgeführt.

Es zeigte sich eine hochgradige Dilatation des gesamten Ventrikelsystems mit einer Ausdehnung an der weitesten Stelle von 16,0 cm Länge, 12,5 cm Breite und 13,4 cm Höhe. Nahezu die gesamte Hirnhöhle war durch die vergrößerten Ventrikel ausgefüllt. Die Großhirnrinde im Bereich des frontalen und parietalen Kortex war auf eine maximale Dicke von 2,1 cm atrophiert. Der okzipitale Kortex war nicht darstellbar (Abb. 2.4). Die kaudale Hälfte der Hirnhöhle wurde von zwei dünnen, septenartigen Strängen durchzogen, die dorsal einen gemeinsamen Ursprung hatten und getrennt voneinander in einem Winkel von 26° nach ventral verliefen, um an der Schädelbasis zu enden. Der Hirnstamm und die Medulla oblongata stellten sich sehr schmal dar und der Pons schien nicht angelegt zu sein. Die Kleinhirnhemisphären waren vorhanden, aber stellten sich als voneinander getrennt dar, da kein Vermis

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angelegt war und der dilatierte vierte Ventrikel die beiden Kleinhirnhemisphären auseinander drängte. Beim Übergang in das Rückenmark bestand ab dem ersten Halswirbel eine hochgradige Dilatation des Subarachnoidalraums, der sich bis zum Übergang zwischen dem zweiten und dritten Halswirbel fortsetzte und sich im weiteren kaudalen Verlauf des Rückenmarks verringerte.

Liquoruntersuchung

Der Liquor zerebrospinalis aus den erweiterten Seitenventrikeln wies in der zytologischen Untersuchung 1 Leukozyten pro µl [Referenz: 0-5 Leukozyten/µl], sowie 200 Erythrozyten pro µl [Referenz: 0-1 Erythrozyten/µl] auf. Die biochemische Untersuchung ergab einen Glucosegehalt von 4,9 mmol/l (88 mg/dl) und einen Proteingehalt von 10 mg/dl [Referenz: < 40 mg/dl]. Damit ergaben sich keine Hinweise auf entzündliche oder infektiöse Prozesse im ZNS. Die erhöhte Erythrozytenzahl ist als ein Punktionsartefakt zu interpretieren.

Virologische Untersuchung

Die virologischen Untersuchungsergebnisse des Kalbes und seiner Mutter auf IBR- und BVDV-Antigen und -Antikörper verliefen negativ.

Pathologisch- anatomische Untersuchung

Der Schädel zeigte eine dorso-ventrale Auswölbung von 22 cm Höhe. Vom Niveau der Augen aus gemessen betrug die Aufwölbung der Schädelkalotte 11 cm. Rostro- kaudal fand sich eine 14 cm lange und latero-lateral eine 13 cm lange Ausdehnung des Schädelknochens. Dorsal zeigte sich ein ca. 8,5 x 5 cm großer, zentral gelegener, nur von einer Membran bedeckter Knochendefekt (Abb. 2.5). Das Herz zeigte eine geringgradige, akute Rechtsherzdilatation. Die linke Niere war kleiner als die rechte Niere, beide Nieren waren hochgradig zystisch verändert (Abb. 2.6). Die Untersuchung des ZNS ergab einen hochgradigen Hydrozephalus internus mit einem Flüssigkeitsvolumen von ca. 1,5 Litern im Großhirnbereich und eine hochgradige Atrophie der gesamten Großhirnsubstanz. Es waren überwiegend lateral zusammenhängende Großhirnareale mit hirnwindungsartiger Struktur vorzufinden.

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Diese dorsal nicht verbundenen Areale der Großhirnhemisphären waren an ihrer schmalsten Stelle ca. 0,7 cm und an ihrer breitesten Stelle ca. zwei cm breit. Auch ventral und kaudal waren diese Areale teilweise nur über schmale Streifen miteinander verbunden (Abb. 2.7). Das Gehirn zeigte keinen Pons. Anstelle des Kleinhirnvermis zeigte sich zwischen den Kleinhirnhemisphären dorsal eine im Durchmesser 0,3 cm starke Gewebebrücke als Verbindung beider Seiten (Abb. 8).

Pathologisch- histologische Untersuchung

Die Auskleidung des flüssigkeitsgefüllten Hohlraumes im Großhirn bestand aus ependymartigen Zellen. Das zentrale Nervensystem wies im Kleinhirn in zahlreichen Lamellen segmental Verdacht auf fehlende Purkinjezellen. Der Cortex war ohne besonderen Befund, die vorhandenen Fasern bestanden aus weißer Substanz und Gefäßen. Bei der Untersuchung der rechten Niere fanden sich eine Zystenniere und eine hochgradige Hydronephrose mit hochgradig dilatierten, distalen Tubuli, unvollständig ausgebildeten Nierenkörperchen, mittelgradiger Papillenfibrose sowie eine geringgradige lympho-histiozytäre interstitielle Nephritis. Bei der Untersuchung der linken Niere konnte eine hochgradige Papillenfibrose, Zystenbildung und eine hochgradige Hydronephrose mit Fehlen von distalen Tubulusabschnitten im Bereich der Papille, mit rudimentär angelegten Nierenkörperchen und einer mittelgradigen multifokalen interstitiellen Fibrose festgestellt werden.

Zytogenetische Untersuchung

Bei der zytogenetischen Untersuchung des Kalbes konnten lichtmikroskopisch weder erkennbare Abweichungen in der Chromosomenanzahl noch strukturelle Chromosomenanomalien nachgewiesen werden. Das Tier wies den Karyotyp eines weiblichen Rindes mit 2n = 60, XX auf.

Analyse der Pedigrees

Das Pedigree des missgebildeten Deutsch-Holstein-Kalbes war über drei Generationen nachverfolgbar. Weitere missgebildete Nachkommen waren auf dem Betrieb nicht bekannt. Es konnten keine gemeinsamen Vorfahren väterlicher und

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mütterlicherseits in dem Pedigree ermittelt werden. Die Mutter des Kalbes hatte bereits fünf klinisch unauffällige Kälber geboren.

Diskussion

Die Besonderheit dieses Falles ist durch die Kombination eines Dandy-Walker- Syndroms mit einem hochgradigen Hydrozephalus internus der Seitenventrikel gegeben. Die hochgradige Tetraparese des Kalbes erklärt sich wahrscheinlich durch das Fehlen von Pons und Vermis, da beide Gehirnbereiche maßgeblich an der Entstehung und Koordination des Gangs beteiligt sind (Lorenz und Kornegay, 2004).

Bei Läsionen im Bereich des Hirnstamms kann es ebenso zu vestibulären Symptomen wie zur Ausbildung eines Strabismus, Nystagmus oder einer Kopfschiefhaltung kommen (Duensing und Schaefer, 1957). Bei dem hier beschriebenen Fall war ein Strabismus divergens als vestibuläres Symptom ausgeprägt. Eine beidseitig fehlende Drohantwort kann neben ophthalmologischen Ursachen auch durch neurologische Läsionen im Bereich der Sehbahnen, des Hirnstamms und des Kleinhirns erklärt werden. Da es sich aber um eine in den ersten Lebenswochen erlernte Reaktion handelt, kann im vorliegenden Fall nicht klar von einem neurologischen Defizit gesprochen werden (Constable, 2004). Der klonische M.-extensor-carpi-radialis-Reflex in der linken Vordergliedmaße kommt durch eine einseitig fehlende Inhibition im Bereich des oberen motorischen Neurons zu Stande. Dies kann sowohl durch die Kleinhirnmissbildung als auch durch eine Läsion in Folge der Dilatation des Subarachnoidalraums im Bereich des oberen Halsrückenmarks bedingt sein (Vandevelde et al., 2001). Es ließen sich aber keine eindeutigen strukturellen Ursachen für das einseitige Auftreten der klonischen Reflexantwort finden, so dass dieser Befund nur funktionell zu erklären ist. Die zu Grunde liegende Ursache für die hier beschriebenen neurologischen Ausfälle liegt vermutlich in der massiven Ausprägung des Hydrozephalus internus. Durch die invasive Ausbreitung der mit 1,5 Litern Flüssigkeit gefüllten zystenartigen Erweiterung des Ventrikelsystems kam es zum Verlust von Gehirnsubstanz in Folge der Druckatrophie. Der massive intrakranielle Druck ist ebenso ursächlich für die auffallende Aufwölbung des Schädels und des Angesichts sowie für die vorgewölbten

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Papillen des Sehnervs. Wie beim Dandy-Walker-Syndrom beschrieben (Madarame et al., 1990; Leipold und Dennis, 1987), wies das Tier eine Kombination zwischen Hydrozephalus internus, Agenesie von Vermis und Pons und zystischer Dilatation der Ventrikel mit ependymaler Auskleidung auf. Allerdings ist beim Dandy-Walker- Syndrom häufig nur der vierte Ventrikel dilatiert und das Großhirn normal ausgebildet, während in dem hier beschriebenen Fall das Großhirn massive Veränderungen und eine starke Erweiterung der beiden Seitenventrikel zeigte.

Madarame et al. (1990) beschrieben einen ähnlichen Fall eines Kalbes mit Dandy- Walker-Syndrom in einem Japanese Black-Kalb. Es zeigte eine Agenesie des Vermis und der kaudalen Hälfte des Kleinhirns und eine zystische Dilatation des vierten Ventrikels. Der stark erweiterte vierte Ventrikel war mit zwei Lagen unterschiedlichen Gewebes ausgekleidet, wobei die innere Membran ependymale und die äußere Membran arachnoidale Strukturen enthielten. Die Großhirnhemisphären erschienen von außen normal. Die Pons war jedoch in seiner Größe reduziert. Dieses Kalb konnte ebenfalls nicht stehen und zeigte unkoordinierte Bewegungen. Weitere Ähnlichkeiten zeigt der hier von uns beschriebene Fall mit den von Barlow und Donald (1963) aufgeführten Fällen in einer Ayrshire-Herde, in der es in zwei Jahren zu Geburten von 15 Kälbern mit Hydrozephalus-Symptomatik kam. Die Tiere zeigten verschiedene Veränderungen: meist war die Fontanelle offen, die lateralen Ventrikel und die ventrale Hemisphäre dilatiert und die Großhirnrinde bis auf eine dünne Gewebeschicht reduziert. Bei zwei Kälbern war der Sehnerv verschattet, bei einigen das dorsale Angesicht länger und mehr konvex. Das Kleinhirn erschien in allen Fällen normal. Eine erbliche Ursache wurde vermutet, konnte aber nicht ausreichend belegt werden. Auch bei dem hier untersuchten Fall war die Fontanelle offen, der Sehnerv verändert und das Angesicht aufgrund des „Turmschädels“ missgebildet.

Auch eine deutliche Reduktion der Großhirnrinde wurde vorgefunden. Im Unterschied zu den von Barlow und Donald (1963) beschriebenen Fällen zeigte auch das Kleinhirn erhebliche Defekte. Eine weitere Ähnlichkeit besteht mit dem von Ueltschi et al. (1973) beschriebenen Fall eines zwei Tage alten Kalbes, welches Pendelbewegungen, Opisthotonus und gestreckte Gliedmaßen zeigte. Alle Reflexe waren vorhanden, der Augenhintergrund war unauffällig. Neben einer Erweiterung

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des mittleren und kaudalen Großhirnabschnittes wurde eine Arachnoidalzyste vorgefunden. Im Bereich des Okzipitallappens war die Rinde stark verdünnt. Das Tier konnte nicht stehen. Eine Infektion mit BVDV, die von Jeffrey et al. (1990) im Zusammenhang mit dem Auftreten eines Dandy-Walker-Syndroms beschrieben wurde, konnte durch virologische Untersuchungen ausgeschlossen werden. Dubey et al. (1998) stellten den Fall eines aufgrund von Neospora caninum abortierten Kalbes vor, welches flüssigkeitsgefüllte, dilatierte Seitenventrikel und eine Hypoplasie von Kleinhirn und Medulla aufwies. Bei dem hier von uns beschriebenen Fall wurden weder in der Untersuchung des Liquors noch in der pathologisch-histologischen Untersuchung Anzeichen einer Infektion oder eines entzündlichen Geschehens vorgefunden. Auch konnten pathologisch-histologisch keine Anzeichen einer stoffwechselbedingten Erkrankung festgestellt werden. Somit können infektiöse und stoffwechselbedingte Ursachen für den hier vorliegenden Fall ausgeschlossen werden. Eine genetische Ursache kann hier anhand der vorhandenen Daten nicht nachgewiesen, aber auch nicht ausgeschlossen werden. Allerdings sind keine weiteren derartigen Fälle von missgebildeten Kälbern dieses Bullen oder seiner Mutter bekannt und es konnten keine Chromosomenanomalien des Kalbes festgestellt werden. Bei einem seltenen Allel oder seltenen Allelkombinationen können derartige einzelne Fälle infolge von genetischen Mutationen auftreten. Eine X-rezessive Vererbung wie dies beim Menschen bei DWM oder Hydrozephalus der Fall sein kann, ist bei diesem weiblichen Kalb jedoch auszuschließen, da männliche Merkmalsträger nicht lebensfähig sind, und weibliche Merkmalsträger nur entstehen können, wenn auch der Vater X-chromosomale Defektallele überträgt.

Danksagung

Die Autoren danken der Klinik für Rinder der Stiftung Tierärztliche Hochschule für die Meldung des Falles sehr herzlich.

Literatur

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Barlow RM, Donald LG (1963): Hydrocephalus in calves associated with unusual lesions in the mesencephalon. J Comp Path 73: 410–415.

Cho DY, Leipold HW (1978): Agenesis of corpus callosum in calves. Cornell Vet 68:

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Dubey JP, Abbitt B, Topper MJ, Edwards JF (1998): Hydrocephalus associated with Neospora caninum infection in an aborted bovine fetus. J Comp Path 118:

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Kapitel 3

Zwei seltene Gehirnmissbildungen bei schwarzbunten Kälbern der Rasse Deutsche

Holsteins

Bettina Buck1, Reiner Ulrich2, Anne Wöhlke1, Heidi Kuiper1, Marion Hewicker- Trautwein2, Ottmar Distl1

¹Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

²Institut für Pathologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

Angenommen zur Veröffentlichung in der „Deutschen Tierärztlichen Wochenschrift“

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3 Zwei seltene Gehirnmissbildungen bei schwarzbunten Kälbern der Rasse Deutsche Holsteins

Zusammenfassung

Bei zwei weiblichen Kälbern der Rasse Deutsche Holsteins Farbrichtung schwarzbunt traten Fehlbildungen im Bereich des Großhirns auf. Bei einem Kalb lag eine Zystenzephalie vor und beim zweiten Kalb eine Meningoenzephalozele. Die Tiere stammten aus zwei verschiedenen Betrieben. Als möglicherweise ursächliche Veränderung am Großhirn konnte bei dem Tier mit Zystenzephalie eine Agenesie des Corpus callosum festgestellt werden. Bis auf eine Druckatrophie waren die restlichen Teile des Gehirns makroskopisch sowie histologisch unauffällig. Auch bei dem zweiten Tier waren Großhirn, Stammhirn und Kleinhirn bis auf die Umfangsvermehrung ohne besonderen Befund. Das Tier mit der Zystenzephalie wies eine einseitige Anophthalmie auf. Zusätzlich zeigten beide Tiere Wirbelsäulenmissbildungen in Form von Brachyurie, Verdopplungen und Fusionen von Wirbelkörpern und Rippen sowie Herzanomalien in Form von Ventrikelseptumdefekten. Die Kälber zeigten nur geringgradige klinische Symptome.

Beide Tiere stammten von Besamungsbullen ab, die jedoch miteinander nicht verwandt waren. Das Tier mit der Zystenzephalie war nach den Pedigreeinformationen nicht ingezüchtet. Für das Tier mit Meningoenzephalozele waren dagegen kaum Pedigreeinformationen bekannt, so dass Inzucht nicht nachweisbar war. Weitere betroffene Tiere konnten in beiden Beständen nicht ermittelt werden. Die Untersuchung auf Chromosomenanomalien war ohne besonderen Befund.

Schlüsselwörter: ZNS-Missbildung, Deutsche Holsteins, Enzephalozyste, Meningoenzephalozele, Agenesie des Corpus callosum.

Summary

Two black and white female German Holstein calves showed malformations of the cerebrum. The first calf exhibited a cystencephaly and the second calf a meningoencephalocele. The animals originated from two different dairy farms. Both

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calves were sired by two unrelated natural service sires. The calf affected by cystencephaly was lacking the corpus callosum which may had been caused the cystencephaly. Except for a pressure atrophy, the remaining parts of the brain were macroscopically and histologically inconspicious. Histological examination of the cerebrum, brain stem and cerebellum in the second calf did not reveal specific changes. A further finding in the second calf was a unilateral anophthalmia. Both animals were affected by additional defects in the spinal column including brachyuria, duplications and fusions of vertebral bodies and rips as well as malformations of the heart such as ventricular-septal defects. Only mild clinical symptoms could be observed in both calves. The calves were not inbred and further calves affected by the identical anomalies could not be ascertained at the farms where the calves were born. Chromosomal anomalies could not be detected after examination of metaphase spreads using light microscopy.

Keywords: CNS, malformation, German Holsteins, cystencephaly, meningoencephalocele, agenesis of corpus callosum.

Einleitung

Angeborene zerebrale Defekte kommen im Vergleich zu anderen Anomalien beim Rind selten vor. GREENE et al. (1973) beschrieben 1275 kongenitale Defekte bei Rindern, davon waren 12,1 % im Zentralnervensystem lokalisiert. Störungen des zentralen Nervensystems lassen sich untergliedern in Agenesie des Corpus callosum, Anenzephalie, Arhinenzephalie, Exenzephalie, Hydranenzephalie, Hydrozephalus, Meningoenzephalozele und Microenezephalie (CHO et al. 1977, LEIPOLD et al. 1983, LEIPOLD et al. 1987). Das Corpus callosum tritt erst bei höheren Säugern neben der Commissura rostralis und der Commissura hippocampi als neue Querverbindung zwischen den beiden Neocortexhemisphären auf (NICKEL et al. 1992). Es kommt nicht bei Vögeln vor, die nur eine Commissura rostralis ausgebildet haben, und dient unter anderem der Dynamogenese symmetrischer Großhirnanteile (FRAUCHIGER u. FANKHAUSER, 1957). Beim Menschen kann die Agenesie des Corpus callosum asymptomatisch verlaufen oder in Verbindung mit

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Autismus, Schizophrenie und anderen psychischen Störungen auftreten (CHINNASAMY et al. 2006, IMATAKA et al. 2006, VIDAL et al. 2006). Ein Fehlen des Corpus callosum kommt bei Rindern selten vor, wurde allerdings bei anderen Haustierarten auch beschrieben. Das Vorwölben von flüssigkeitsgefüllten Meningen durch einen Schädeldefekt wird als (Hydro-)meningozele, ein Vorwölben von Meningen einschließlich der erweiterten und druckatrophischen Hirnblase wird als (Hydro-) enzephalozele bzw. Meningoenzephalozele bezeichnet (DAHME et al.

1988). Der Reiz für eine Nervenzelle, sich zu Großhirnstrukturen zu entwickeln und zu proliferieren, geht unter anderem von Kontakten der neuronalen Vorläuferzelle mit der Pia mater aus. Für angeborene Anomalien des Großhirns werden bei Mensch und Maus Genmutationen vermutet (GUPTA et al. 2002). FIEDLER u. AGTHE (1973) beschrieben ein schwarzbuntes Kalb mit enteneigroßer Enzephalohydromeningozele und hochgradiger Störung des Allgemeinbefindens in Form von Apathie und fehlendem Saugreflex. Eine Ursache der Defekte wurde nicht genannt. Als Ursachen von ZNS-Missbildungen werden genetische oder umweltbedingte Ursachen vermutet (LEIPOLD et al. 1987). Eine häufige Ursache dafür sind intrauterine Infektionen mit dem BVD-Virus. Weiterhin werden das Bluetongue-Virus, Cache-Valley-Virus, Akabane Virus, Aino- und Chuzan Virus als infektiöse Ursachen genannt, auch eine Aufnahme der Alkaloide von Verratrum californicum und Astragalus spp. kann derartige Anomalien auslösen (WASHBURN u. STREETER 2004). Angeborene Wirbelsäulenverkürzungen, wie Verkürzung oder Fusion von Wirbelkörpern vor allem im cervikothorakalen Bereich, Missbildungen der Rippen und des Sternums, sowie das Auftreten von Skoliosen werden bei Holsteinrindern häufig der CVM („Complex Vertebral Malformation“) zugerechnet. Bei CVM bleiben die Feten in ihrem Wachstum zurück, werden oft ab dem siebten Monat abortiert, und es besteht eine bilaterale Krümmung der Karpal- und Metakarpalgelenke (AGERHOLM et al. 2004). Zudem sind oft Ventrikel-Septum- Defekte im Herzen feststellbar. CVM ist ein absoluter Letalfaktor infolge Abort oder Totgeburt (AGERHOLM et al. 2001, DUNCAN et al. 2001, NAGAHATA et al. 2002, AGERHOLM et al. 2004). In dem vorliegenden Bericht sollen hochgradige zystische Umfangsvermehrungen im Großhirnbereich bei zwei Deutschen Holsteinkälbern

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beschrieben und mögliche Ursachen diskutiert werden. Beide Tiere zeigten zusätzlich angeborene Veränderungen an der Wirbelsäule und Herzmissbildungen, die eine Ähnlichkeit mit CVM aufwiesen. Um CVM als Ursache der Missbildungen zu bestätigen oder auszuschließen, wurde molekulargenetisch das Exon 4 des bovinen SLC35A3 Gens untersucht, in dem die für CVM ursächliche Mutation beschrieben wurde (THOMSEN et al. 2006).

Material und Methode

Am Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover wurden zwei weibliche Kälber der Rasse Deutsche Holsteins, Farbrichtung schwarzbunt, wegen hochgradiger Anomalien im Schädelbereich gemeldet. Tier 1 war am Tag der Einstellung im Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung der Stiftung Tierärztliche Hochschule bereits neun Wochen, Tier 2 erst drei Tage alt. Die Tiere wurden zunächst klinisch, röntgenologisch und ophtalmologisch untersucht. Für weiterführende Untersuchungen wurden Blutproben der Kälber und der Mütter genommen. Die betroffenen Kälber wurden im Anschluss an die klinische Untersuchung euthanasiert und im Institut für Pathologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover pathologisch-anatomisch und pathologisch- histologisch untersucht. Die pathologische Untersuchung umfasste eine vollständige Untersuchung aller Organsysteme. Die veränderten Organe wurden zusätzlich einer histologischen Untersuchung unterzogen. Die Gehirne wurden in toto entnommen und für mindestens zehn Tage in 10 %-igem gepuffertem Formalin fixiert.

Anschließend wurden die Gehirne komplett lamelliert und mehrere Proben aus Kleinhirn, Hirnstamm, Thalamus, Hypothalamus, Corpus callosum, Cortex cerebri sowie den makroskopisch veränderten Bereichen in einer aufsteigenden Alkoholreihe entwässert und bei 56 °C in einem Paraffin-Paraplast-Gemisch (Histo-Comp, Vogel, Gießen) eingebettet. Mit Hilfe eines Rotationsmikrotoms wurden von den Paraffinblöcken 2-3 µm dicke Schnitte angefertigt und auf SuperFrost/Plus- Objektträger aufgezogen und maschinell in einem Färbeautomaten (Leica ST 4040, Nussloch) mit Hämatoxylin-Eosin (HE) gefärbt. Von den ausgewählten Lokalisationen wurden zur Darstellung der Neurofibrillen zusätzlich fünf µm dicke Schnitte einer

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Silberfärbung nach Bielschowsky (Romeis, 1989) sowie zur gleichzeitigen Darstellung der Nissl-Substanz einer anschließenden Gegenfärbung mit Kresylechtviolett unterzogen. Die mikroskopische Auswertung erfolgte bei 20- bis 400-facher Vergrößerung unter einem Mikroskop, an dem eine Videokamera zur digitalen Dokumentation (Color View II, 3,3 Megapixel CCD, Soft Imaging System, Münster) angeschlossen war. Am Institut für Virologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover erfolgte eine Untersuchung auf BVD–Virus-Antigen (Ag) mittels ELISA (Herd Check BVD Ag/Serum Plus, IDEXX Laboratories) und BVD- Virus-Antikörper (AK) mittels ELISA (Herd Check BVDV Ak, IDEXX Laboratories).

Beide Tiere waren IBR frei. Von Tier 1 konnten die Abstammungsdaten erfasst und mittels des Programmes Opti-Mate, Version 3.81 (WREDE und SCHMIDT, 2003) analysiert und Inzuchtkoeffizienten berechnet werden.

Mittels molekulargenetischen Untersuchungen sollte geklärt werden, ob die betroffenen schwarzbunten Deutschen Holstein Kälber, die für CVM verantwortliche Punktmutation im Exon 4 des Solute Carrier Family 35 (SLC35A3, UDP-N- acetylglucosamine (UDP-GlcNAc) transporter, member A3) Gens zeigen (THOMSEN et al. 2006). Aus EDTA-Blutproben der betroffenen Kälber wurde mit Hilfe des QIAamp 96 DNA Blood Kit (QIAGEN, Hilden) hochreine genomische DNA isoliert.

Zur PCR-Amplifikation wurde das Primerpaar CVM_Ex4F (5´- GGAAATGGTTGCATTTTTACC-3´) und CVM_Ex4R (5´- AAAAGGAACCAAAAGGGATG-3´) aus der publizierten Sequenz (Accession No.

AY160683) ausgewählt, die einen Bereich von 432 bp des bovinen SLC35A3 Gens mit dem gesamten Exon 4 sowie flankierenden Intronabschnitten amplifizieren. Bei den von CVM betroffenen Tieren tritt ein homozyogter Einzelbasenaustausch von G zu T in Codon 180 auf, was eine Veränderung der Aminosäuresequenz von Valin zu Phenylalanin bewirkt.

Das PCR Reaktionsvolumen betrug 50 µl und enthielt ca. 25 ng genomische DNA, 1,5 mM MgCl2, je 5 pmol Primer, 100 mM je Desoxyribonukleosidtriphosphat (dNTP) und 1 U Taq DNA Polymerase (Q-Biogene, Heidelberg). Die PCR Amplifikate der betroffenen Kälber wurden anschließend direkt auf dem automatischen Kapillar- Sequenziergerät MegaBACE 1000 (GE Healthcare, Freiburg) sequenziert.

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Ergebnisse Anamnese

Tier 1 fiel im Betrieb durch einen stark aufgewölbten Schädel im Stirnbereich und eine zu kleine linke Lidspalte mit fehlendem Augapfel auf (Abb. 3.1). Da keine Öffnung in der Schädeldecke zu fühlen war, entschieden sich die Halter dafür, das Tier zunächst zu behalten und zu beobachten. Nach einiger Zeit wurde das Tier aber zunehmend schreckhafter und nervöser und trank schlechter. Daraufhin wurde das Tier an das Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover überwiesen. Die Mutter des Kalbes hatte bereits in drei vorhergehenden Abkalbungen drei klinisch unauffällige Kälber zur Welt gebracht.

Tier 2 fiel im Betrieb aufgrund einer nicht geschlossenen Schädelkalotte im kaudalen Schädelbereich auf, aus der sich unbehaarte gehirnwindungsähnliche Haut stark hervorwölbte (Abb. 3.2). Das Kalb war im Betrieb sonst unauffällig.

Klinische Untersuchung der Tiere

Beide Tiere waren in der Lage, ohne Probleme aufzustehen und zu laufen, und sie bewegten sich unauffällig. Das Verhalten der Tiere war unauffällig. Bei Tier 1 war eine mittelgradige Verkrümmung der Wirbelsäule nach dorsal und bei Tier 2 eine leichte dorsale Krümmung der Lendenwirbelsäule zu beobachten. Tier 1 nahm an seiner Umgebung sehr aufmerksam teil und ließ ein reges Ohrenspiel und eine geringe Schreckhaftigkeit erkennen, was möglicherweise mit der zumindest einseitigen Blindheit zusammenhing. Tier 1 zeigte keine Anzeichen von zentralnervösen Störungen oder weiterem veränderten Verhalten außer einer leichten Kopfschiefhaltung. Der Ernährungszustand von Tier 1 war gut, von Tier 2 dagegen mäßig. Die getesteten Reflexe (Drohreflex, Pupillarreflex, Lidreflex, Kornealreflex, Schluckreflex, Zungenreflex, Pannikulusreflex, Patellarreflex) waren bei beiden Tieren unauffällig. An den Augen mit Ausnahme des linken Auges von Tier 1 waren keine besonderen Befunde zu erheben. Die Herzfrequenz bei Tier 1 war auf 133 Schläge pro Minute erhöht. Es konnte ein endokardiales Rauschen, jedoch ohne eindeutige Puncta maxima diagnostiziert werden. Am zweiten Tag der

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Einstellung zeigten sich plötzlich Husten, Diarrhoe und Anorexie, die nach einer antibiotischen Behandlung abklangen. Bei der röntgenologischen Untersuchung konnten eine massive Aufwölbung des Os frontale und ein linsengroßes Loch in der Schädeldecke festgestellt werden. Tier 2 zeigte eine erhöhte Herzfrequenz von 147 Schlägen in der Minute und ein systolisches und diastolisches „Maschinengeräusch“.

Das Allgemeinbefinden war geringgradig gestört. Die virologischen Untersuchungsergebnisse beider Kälber und ihrer Mütter auf BVD-Antigen und- Antikörper verliefen negativ.

Pathologie Tier 1

Bei der pathologisch-anatomischen Untersuchung zeigte das Gehirn eine komplette Agenesie des Corpus callosum (Abb. 3.3). Zwischen den rostral und dorsal des dritten Ventrikels komplett getrennten Großhirnhälften befand sich median eine große mit Liquor gefüllte zystenartige Umfangsvermehrung, deren Wand eine neuropilartige Differenzierung aufwies (Abb. 3.4). Die zystische Umfangsvermehrung war durch die Meninx von den anderen Gehirnhemisphären getrennt. Das Lumen der zystischen Umfangsvermehrung zeigte eine weitlumige Verbindung zum dritten Ventrikel dorsorostral der Foraminae interventriculares. Die Umfangsvermehrung wies in ihrer dorsokranialen Wand einen porenzephalischen Defekt von elf x fünf cm auf, der von einem membranartigen Verschluss bedeckt wurde. Die pathologisch-histologische Untersuchung ließ erkennen, dass die Wand der Umfangsvermehrung eine unregelmäßige neuropilartige Differenzierung mit unregelmäßiger großhirnartiger Architektur mit deutlicher teils radiärer Gefäßproliferation und eine mittelgradige, akute Stauungshyperämie aufwies. Sie enthielt zahlreiche Blastenlager und multifokale dystrophisch verkalkte Einzelzellen. Der Hohlraum war mit Ependym ausgekleidet. Es lag eine linksseitige Anophthalmie vor. Distal des Chiasma opticum betrug der Durchmesser des linken Sehnervs nur ca. einem mm. Die Lidspalte war nur ca. 2,4 cm im Durchmesser groß (rechte Lidspalte 4,8 cm). Bei der pathologisch- histologischen Untersuchung des Inhaltes der linken Augenhöhle wurde neben den Augenlidern der Knorpel des dritten Augenlides vorgefunden sowie die Tränendrüse, die ohne besonderen Befund war. Die Muskulatur der Orbitalhöhle war multifokal mit

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teils knäuelartigen Nervenfasern durchsetzt, die vereinzelt axonale Degenerationen zeigten. Bulbusstrukturen waren nicht zu identifizieren. An der Wirbelsäule befand sich vom zehnten bis dreizehnten Brustwirbelkörper eine Skoliose nach links und leicht nach dorsal. Am zehnten und elften Brustwirbelkörper war eine Fusion der Wirbelkörper-Rippengelenke und der Rippenköpfchen zu erkennen. Die fusionierte Rippenanlage teilte sich nach ca. 15 cm lateral der Wirbelsäule in zwei Rippenkörper (Abb. 3.5). Die ersten bis dritten Lendenwirbelkörper wiesen eine Skoliose nach rechts auf. Rechts dorsal zeigte sich eine teilweise Verdopplung des ersten Lendenwirbels. Am ersten bis fünften Lendenwirbelkörper war eine Kyphose mit ventral keilförmiger Gestalt des dritten und vierten Lendenwirbels ausgebildet (Abb.

3.6). Am Herzen zeigte sich ein Ventrikelseptumdefekt direkt unterhalb des Aortenursprungs mit einem Durchmesser von vier cm.

Pathologie Tier 2

Bei der pathologisch-anatomischen Untersuchung wurde eine neuroektodermale Zyste in der Meninx median über dem Großhirn mit einem Durchmesser von ca.

sechs cm festgestellt (Abb. 3.7). Die Zyste war mit Liquor gefüllt und erstreckte sich bis unter die äußere Haut. Eine Verbindung des liquorgefüllten Zystenlumens mit dem Ventrikelsystem des Gehirns konnte nicht festgestellt werden (Abb. 3.8). In den mittels Bielschowsky-Versilberung und Kresylechtviolett gefärbten Schnitten im Bereich der Großhirnrinde waren keine Besonderheiten feststellbar. In Abb. 3.9 ist ein der Gehirnoberfläche zugewandter Teil der Umfangsvermehrung zu sehen. Die Umfangsvermehrung war von der normalen Großhirnoberfläche vollständig durch eine unterschiedlich dick ausgebildete Schicht meningealen Gewebes getrennt.

Direkt an die Meninx angrenzend wies die Wand der Umfangsvermehrung eine zellarme Schicht auf, die an die Molekularschicht (I) der normalen Großhirnrinde erinnerte. Darunter folgte eine Schicht kleinerer, eher rundlicher Neurone, wie sie auch in der äußeren Körnerzellschicht (II) der normalen Großhirnrinde zu finden sind.

Darunter waren noch weitere, nur undeutlich voneinander abgrenzbare laminäre Veränderungen der Zelldichte und Zellform zu erkennen. Insbesondere konnte eine tiefe Schicht großer eher polygonaler bis dreieckiger Zellen mit prominenten

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argyrophilen Neuriten identifiziert werden, die an die Zellen der inneren Pyramidenzellschicht (V) erinnerte. Eine dem subkortikalen Marklager entsprechende dicke Schicht tangential zur Oberfläche verlaufender Fasern war in der Wand der Umfangsvermehrung jedoch nicht ausgebildet.

Deutlich traten die auf Grund einer Stauungshyperämie mit Erythrozyten gefüllten radiär verlaufenden Blutgefäße in Erscheinung. Die zur Mitte der Umfangsvermehrung gerichtete, eher polymorphe Schicht grenzte direkt an den mit einem von Zilien besetzten Ependym ausgekleideten zentralen Hohlraum. In Abb. 9B ist eines der pyramidenzellähnlichen Neurone aus der Tiefe der Wand der Umfangsvermehrung zu erkennen. Im Perikaryon ist deutlich die blau-violette, granulierte Nissl-Substanz zu erkennen. Das Perikaryon setzt sich in mindestens drei mit argyrophilen Neurofibrillen angefüllten Neuriten fort. Die pathologisch- histologische Untersuchung der Zystenwand zeigte im ventralen Bereich eine neuropilartige Differenzierung mit ungefähr spiegelbildlicher großhirnrindenähnlicher Architektur sowie eine umfangreiche intraparenchymale Kapillarsprossung. Der Hohlraum der Zyste war mit Ependym ausgekleidet. Die dorsale Wand enthielt im der Haut zugewandten Bereich myxoides, meninxartiges Stroma aus spindelartigen Zellen. Einige Bereiche des Großhirns zeigten eine Druckatrophie. Das Stammhirn sowie das Kleinhirn waren ohne besonderen Befund. Das Rückenmark zeigte eine akute, diffuse Stauungshyperämie. Weiterer Befund war eine halbseitige Fusion des zehnten und elften Brustwirbelkörpers auf der rechten Körperseite (Abb. 3.10). Aus diesem Wirbelkörper gingen rechts eine und links zwei Rippen hervor, so dass das Tier insgesamt auf der rechten Seite 13 Rippen und auf der linken Seite 14 Rippen aufwies. Bei der Betrachtung des Herzens wurde ein Ventrikelseptumdefekt direkt unter dem Aortenursprung mit einem Durchmesser von 2,5 cm festgestellt.

Analyse der Pedigrees und molekulargenetische Untersuchungen

Das Pedigree von Tier 1 war über drei Generationen verfolgbar. Der Vater des ersten Kalbes stammt von einem Besamungsbullen ab und gehört der Rasse Deutsche Holsteins Farbrichtung schwarzbunt an. Weitere missgebildete Nachkommen sind nicht bekannt. Es traten keine gemeinsamen Vorfahren väterlicher- und

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mütterlicherseits auf. Die Mutter von Tier 1 hatte bereits drei klinisch unauffällige Kälber. Der Vater von Kalb 2 stammt von einem Besamungsbullen ab und gehört der Rasse Deutsche Holsteins an. Weitere missgebildete Nachkommen waren nicht bekannt. Die für CVM beschriebene Punktmutation wie auch weitere Mutationen in Exon 4 des SLC35A3 Gens waren nichtfeststellbar.

Ergebnisse der zytogenetischen Untersuchung

Bei der zytogenetischen Untersuchung der Kälber konnten lichtmikroskopisch keine erkennbaren Abweichungen in der Chromosomenanzahl nachgewiesen werden.

Beide Tiere wiesen den Karyotyp weiblicher Rinder mit 2n = 60, XX auf.

Diskussion

Die untersuchten Kälber zeigten angeborene Anomalien des zentralen Nervensystems, der Wirbelsäule und des Herzens. Tier 1 zeigte klinisch in Anbetracht der Hochgradigkeit der Defekte ein relativ hohes Lebensalter bei klinisch sehr geringen, unspezifischen Symptomen, wie erhöhter Aufmerksamkeit und Nervosität. Dieses ist eventuell damit zu erklären, dass der Defekt so früh in der Embryonalentwicklung entstand, dass der Schädel der Umfangsvermehrung nachgeben konnte. Tier 2 hatte ebenfalls nur geringgradige klinische Symptome, da die Umfangsvermehrung durch einen fehlenden Verschluss der Schädeldecke nach außen ausweichen konnte. Tier 1 wies eine liquorgefüllte, zystische Umfangsvermehrung mit neuropilartiger Struktur in einer erweiterten knöchernen Schädelhöhle auf. Ähnliche Umfangsvermehrungen werden auch von PÜSCHNER u. FANKHAUSER (1968), FRAUCHIGER u. FANKHAUSER (1957) beschrieben.

FIEDLER u. AGTHE (1973) beschrieben ein schwarzbuntes Kalb mit enteneigroßer Enzephalohydromeningozele. Bei Tier 1 war kein Corpus callosum ausgebildet. Oft sind davon betroffene Tiere klinisch unauffällig oder nur durch weitere Missbildungen auffällig (FRAUCHIGER u. FANKHAUSER, 1957). CHO u. LEIPOLD (1978) beschreiben zwei Kälber mit fehlendem Corpus callosum, Hydrozephalus, Mikrenzephalie und Zysten dorsal des Thalamus. Klinisch waren die von CHO u.

LEIPOLD (1987) beschriebenen Tiere zunächst unauffällig, ein Tier lag fest, das

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andere begann ein paar Stunden nach der Geburt zu taumeln und lag dann fest. Ein Tier starb nach 24 Stunden, das andere musste eingeschläfert werden. Es konnten keine erblichen oder infektiösen Ursachen gefunden werden. Das Endhirn stellt in der embryonalen Entwicklung nach der Abgrenzung des Zwischenhirns zunächst eine einheitliche, unpaare Blase dar. Die seitlichen Teile vergrößern sich zunehmend und werden zu den beiden Hemisphärenbläschen. Durch das Wachstum der Hemisphärenbläschen gelangt die Lamina terminalis in die Tiefe, und über ihr ziehen die Kommissurenfasern von einer Hemisphäre zur anderen. In diesem Gebiet bildet sich die Kommissurenplatte (Corpus callosum) aus (MICHEL 1986). Eine Agenesie des Corpus callosum könnte die Ursache sein für die Ausbildung einer Blase aus dem Ventrikelsystem, die bis an die Pia mater reicht, da das Corpus callosum teilweise das Ventrikelsystem von dorsal begrenzt. Da ein Kontakt mit der Pia mater eine Differenzierung von neuronalen Vorläuferzellen zu Großhirnstrukturen nach sich ziehen kann (GUPTA et al. 2002), wäre denkbar, dass sich diese Blase in der Embryonalentwicklung durch Kontakt zur Pia mater an der Oberfläche zum Großhirn entwickelt hat und somit eine zusätzliche großhirnhemisphärenähnliche Struktur ausbildete. Die in der frontalen Großhirnrinde histologisch beobachtete Schichtung der Neurone entsprach bei beiden Tieren im Prinzip dem von ROHEN (2001) für den menschlichen Kortex beschriebenen sechsschichtigen Aufbau. Bei Tier 2 wurde eine neuroektodermale Zyste in der Meninx festgestellt. Die Zyste war mit Liquor gefüllt und trat bis unter die äußere Haut hervor. Eine Verbindung des liquorgefüllten Zystenlumens mit dem Ventrikelsystem des Gehirns konnte nicht festgestellt werden.

Eine mögliche Hypothese zur Zystogenese ist eine versprengte neuroektodermale Anlage, die sich weiterdifferenziert hat.

Bei Tier 1 fanden sich eine halbseitige Anophthalmie und eine Verkürzung des Schwanzes vor. Occuläre Anomalien können auch in Zusammenhang mit Hydrozephalus auftreten (LEIPOLD et al. 1971, GREENE et al. 1973). PÜSCHNER u. FANKHAUSER (1968) beschreiben drei Fälle von seltenen Gehirnmissbildungen bei Kälbern. Eines der Tiere war ein vier Wochen altes Simmentalerkalb mit Zystenzephalie, Anophthalmie und Anurie. Häufig tritt Schwanzlosigkeit (Anurie) oder Stummelschwänzigkeit (Brachyurie) in Verbindung mit anderen Missbildungen wie

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Anophthalmie (Anurie-Anophthalmie-Syndrom) und/oder ZNS-Missbildungen auf (THOM 1963, RIECK 1966, FRAUCHIGER u. FANKHAUSER 1957, PÜSCHNER u.

FANKHAUSER 1968). Mit 14 mm Scheitel-Steiss-Länge senkt sich die Linsenplakode beim Rinderfötus zur Linsengrube ein und schnürt sich schließlich völlig als Linsenbläschen von der Epidermis ab (SCHNORR et al. 1996). Da bei Tier 1 keine Linsenanlage gefunden werden konnte, wohl aber eine Augenhöhle, ist der Defekt vermutlich in etwa diesem Zeitraum aufgetreten. Weiterhin war auffällig, dass beide Tiere ähnliche Wirbelsäulenmissbildungen sowie denselben Herzdefekt aufwiesen, die große Ähnlichkeit mit denen für CVM beschriebenen Symptomen zeigten. Da CVM immer in Zusammenhang mit Verkrümmung der Karpal- und Metakarpalgelenke sowie vermindertem Körpergewicht auftritt (AGERHOLM et al.

2004, NAGAHATA et al. 2002, AGERHOLM et al. 2001, DUNCAN et al. 2001), ist CVM auszuschließen. Aufgrund der hohen Ähnlichkeit zu CVM könnte bei diesen Tieren möglicherweise eine neue Variante dieser Anomalie vorliegen. Es wurden keine Anzeichen eines entzündlichen Geschehens beobachtet, wie es von WASHBURN et al. (2004) beschrieben wurde. Eine Untersuchung auf BVD- Antikörper und –Antigen zeigte bei beiden Kälbern sowie deren Müttern ein negatives Ergebnis, weswegen diese infektiöse Ursache auszuschließen ist.

Danksagung

Die Autoren danken den praktischen Tierärzten für die Meldung der Fälle sehr herzlich. Der Klinik für Pferde der Tierärztlichen Hochschule Hannover sei für die Anfertigung von Röntgenbildern und für die Durchführung der ophthalmologischen Untersuchung gedankt. Die Autoren danken Bettina Buck für die technische Assistenz.

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Kapitel 4

Auftreten einer einseitigen Ohrmissbildung mit Thymushypoplysie bei einem Kalb der Rasse

Deutsche Holsteins

Bettina Constanze Buck1, Cornelia Bull2, Robert Kreutzer3, Peter Wohlsein3 und Ottmar Distl1

¹Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

²Klinik für Kleintiere der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

3Institut für Pathologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

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4 Auftreten einer einseitigen Ohrmissbildung mit Thymushypoplasie bei einem Kalb der Rasse Deutsche Holsteins

Zusammenfassung

Bei einem männlichen Kalb der Rasse Deutsche Holsteins, Farbrichtung schwarzbunt, wurde eine mittelgradige Hypoplasie der linken Ohrmuschel beobachtet. Mittel- und Innenohrstrukturen waren an diesem Ohr weder durch die Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT), die Computertomographie (CT) noch bei der pathologisch-anatomischen Untersuchung darstellbar. Die Messung Hirnstamm- evozierter Potentiale ergab eine einseitige Gehörlosigkeit. Die rezidivierenden Pneumonien und Enteritiden mit der Folge eines zurückgebliebenen Wachstums und schlechten Allgemeinzustands sind auf das Fehlen des Thymus zurückzuführen. Die bei dem Kalb gefundenen Anomalien sind dem DiGeorge oder Velocardiofacial Syndrom des Menschen sehr ähnlich. Auf dem Betrieb war noch ein weiteres älteres weibliches Tier mit beidseits missgebildeten Ohrmuscheln vorhanden. Die Tiere waren jedoch über 3 Generationen nachweislich nicht miteinander verwandt.

Abstract

Appearance of a one-sided ear-malformation and hypoplasia of the thymus in a black and white German Holstein calf

Key words: Microtia - aplasia of the middle and inner ear - calf - black and white German Holstein

A male black and white German Holstein calf showed moderate hypoplasia of the left outer ear. Middle and inner ear structures could not be observed on the left body side using magnetic resonance imaging, computer tomography and pathological examination. Brainstem auditory evoked potentials revealed unilateral deafness. The calf also suffered from recurring pneumonia, enteritis and reduced growth, possibly caused by the lack of a thymus. The malformations of the present calf were very

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similar to the DiGeorge or velo-cardio-facial syndrome of man. A further older female animal with malformed ears was on the farm, but the two animals were not related over three generations.

1 Einleitung

Das Fehlen der Ohrmuschel (Anotie) ist eine beim Rind sehr seltene angeborene Anomalie (Bähr und Distl, 2004). Im Zusammenhang mit Ohrkerben können Tiere gefunden werden, denen nahezu beide Ohrmuscheln fehlen (Stummelohren, Mikrotie) (Scheider et al., 1994). Dieser Defekt der Ohrmuscheln tritt dann auf, wenn Rinder beide dominanten Allele für Ohrkerben homozygot aufweisen (Scheider et al., 1994). Außer bei Schottischen Hochlandrindern (Scheider et al. 1994) wurden Stummelohren auch bei Holstein Friesians in den USA und Skandinavien beschrieben (Herzog, 2001; MacDonald, 1957; Wriedt, 1925). Des Weiteren können Stummelohren als Begleiterscheinung bei Ichtyosis congenita auftreten (Molteni et al., 2006; Hill, 2003). Bei zwei Schweizer Braunvieh Kälbern wurden bilaterale Chondropathien sowie beidseitig symmetrische Anotie mit nahezu vollständig herabgesetztem Hörvermögen beschrieben (Bleul et al., 2006). Mittels computertomographischen, bakteriologisch-zytologischen und pathologisch- anatomischen Untersuchungen konnten jedoch keine Auffälligkeiten des Innen- und Mittelohres bei diesen Kälbern nachgewiesen werden. Außer bei Rindern werden auch bei Schweinen verkürzte Ohren, Aplasien des Innenohres sowie verkürzte Ohrmuscheln beschrieben, die ohne auffällige Veränderungen des Innenohres einhergehen. Für diese Ohranomalien werden genetische Ursachen vermutet (Hamori, 1983). Bei Ziegen wird die Ohrlänge als inkomplett dominantes Merkmal vererbt. Bei Homozygoten ist kein äußeres Ohr vorhanden und Heterozygote weisen eine um 30% verminderte Ohrlänge auf (Basrur und Yadar, 1990). Bei Ziegen mit beidseitigen Stummelohren sollen keine Beeinträchtigungen des Hörvermögens vorliegen (Herzog, 2001). Bei Schafen mit Anotie wurde vollständige Taubheit nachgewiesen, obwohl die Anlage des Innenohres vorhanden war (Wriedt, 1914, 1919, 1925). Beim Menschen treten Mikrotie und Anotie signifikant häufiger bei

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