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Archiv "Helicobacter pylori und Refluxkrankheit der Speiseröhre" (06.08.2001)

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ie European Helicobacter Pylori Study Group hat auch in ihrer jüngsten Verlautbarung (Maa- stricht II) die Sanierung einer präexi- stenten H.-pylori-Infektion vor Beginn einer antisekretorischen Langzeitthera- pie einer Refluxkrankheit der Speise- röhre als ratsame Indikation aufge- führt. Hintergrund dieser Empfehlung ist die Beobachtung, dass es unter einer medikamentösen oder operativen (Va- gotomie) antisekretorischen Behand- lung zu einer Verstärkung der Corpus- gastritis kommt. Dies trifft sowohl für Antazida, Pirenzepin, H2-Blocker als auch für die als Mittel der ersten Wahl bei der Refluxkrankheit geltenden Pro- tonenpumpenhemmer (PPI) zu, wobei bei den PPI als einziger Substanz sich gleichzeitig die Gastritis im Antrum bessert (8). Die korpusdominante Ga- stritis gilt jedoch als Risikokondition für das Magenkarzinom (7). Die in Deutschland derzeit laufende Prisma- Studie soll den Nutzen einer H.-pylori- Therapie bei diesem Gastritistyp bei Männern im Alter zwischen 55 und 65 Jahren evaluieren. 1996 publizierten Kuipers et al. (4) eine Studie, in der zwei Gruppen von Patienten mit einer Refluxösophagitis miteinander vergli- chen wurden: Eine Kohorte aus den Niederlanden wurde sieben Jahre lang mit dem PPI Omeprazol behandelt, als Vergleichsgruppe diente eine Kohorte aus Schweden, bei der eine Fundoplica- tio durchgeführt worden war. Nur unter der PPI-Therapie von H.-pylori-positi- ven Patienten war eine jährliche Atro- phierate von 6,1 Prozent beobachtet worden, nicht bei den H.-pylori-negati- ven Patienten und bei den operierten Patienten. Diese aus methodischen Gründen stark kritisierte Studie wurde prospektiv von Lundell et al. (6) wie-

derholt, die bei 310 Patienten, die über drei Jahre nachbeobachtet wurden, kei- nen Unterschied zwischen den mit PPI- behandelten und den operierten Pati- enten bezüglich der Entwicklung einer Corpusatrophie sahen.

Helicobacter pylori spielt bei der Pathogenese der Refluxkrankheit der Speiseröhre sicher keine Rolle. Der Keim findet sich in gleicher Häufig- keit bei Patienten mit Refluxösopha- gitis, bei der Endoskopie-negativen Refluxkrankheit und bei gesunden Kontrollen.

Synergie von H. pylori und Protonenpumpeninhibitoren

Helicobacter pylori verstärkt den Ef- fekt einer PPI-Therapie: Das von dem Bakterium produzierte Ammoniak neutralisiert etwa 50 Prozent der inner- halb von 24 Stunden im Magen produ- zierten Salzsäure. So wundert es nicht, dass die Heilungsraten der Refluxöso- phagitis unter einer PPI-Therapie bei H.-pylori-positiven Patienten signifi- kant höher liegen als bei H.-pylori-ne- gativen Patienten (3). Ob dieser Ein- spareffekt an PPI, wie er sich in der Akuttherapie nachweisen lässt, auch für die Langzeitbehandlung zutrifft, ist bislang nicht eindeutig belegt (2).

Festzuhalten bleibt jedoch, dass eine Sanierung der H.-pylori-Infektion die Rezidivneigung beziehungsweise den natürlichen Verlauf der Refluxkrank- heit nicht negativ zu beeinflussen ver- mag (1), Beobachtungen bei Ulkus-

duodeni-Patienten, die nach Sanierung ihrer Ulcuskrankheit durch H.-pylori- Eradikation refluxkrank wurden (5), dürfen nicht auf das Gros der Re- fluxpatienten übertragen werden, da eine Syntropie zwischen Ulkuskrank- heit und Refluxkrankheit im Sinne ei- ner säureassoziierten Erkrankung be- steht.

Welche Konsequenzen ergeben sich aus diesen Feststellungen für die Praxis, das heißt, ist die von den Experten der European Helicobacter Pylori Study Group ausgesprochene Empfehlung wirklich verpflichtend?

Fest steht, dass eine PPI-Therapie der Refluxkrankheit der Speiseröhre für mindestens zehn Jahre ohne Risiko ist, auch bei H.-pylori-positiven Patien- ten. Ob eine sich unter einer Langzeit- PPI-Therapie verstärkende Corpus- gastritis zu einem „Ausbrennen“ der Refluxkrankheit führt, wissen wir nicht. Epidemiologische Daten aus den USA machen es wahrscheinlich, dass eine Corpusgastritis vor einer Reflux- krankheit schützt (relatives Risiko:

0,30). Auf der anderen Seite liegen noch keine Interventionsstudien vor, die belegen, dass eine Sanierung der H.-pylori-Infektion bei Patienten mit einer „Risikogastritis“ karzinomprä- ventiv wirkt. Der vorsichtige Arzt wird deshalb bei jungen H.-pylori-positiven Patienten vor Initiierung einer PPI- Langzeittherapie eine Sanierung der Infektion anstreben, auch wenn diese Empfehlung nicht evidenzbasiert ist, kann er doch davon ausgehen, dass zumindest die durch H. pylori induzier- te Antrum- und Corpusgastritis aus- heilt. Der kostenbewusste Arzt wird die säureneutralisierende Wirkung von H. pylori bei der „reinen“ Säurekrank- heit Refluxösophagitis nutzen und PPI M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 31–32½½6. August 2001 AA2029

1 Medizinische Klinik (Direktor: Dr. med. Wolfgang Rösch) am Krankenhaus Nordwest der Stiftung Hospital zum Heiligen Geist, Frankfurt am Main

2Medizinische Klinik (Direktor: Priv.-Doz. Dr. med. Joa- chim Labenz), Jung-Stilling-Krankenhaus, Siegen

Helicobacter pylori und Refluxkrankheit der Speiseröhre

Wolfgang Rösch

1

, Joachim Labenz

2

Editorial

(2)

sparen können, zumindest in der Akut- therapie, und sich mit den epidemiolo- gischen Daten zufrieden geben, dass die H.-p.-Infektion immer seltener (bei Kindern heute unter zehn Prozent), die Refluxkrankheit der Speiseröhre aber immer häufiger wird (Verzehnfachung innerhalb der letzten 30 Jahre). Ob die- ser gegenläufige Trend zwischen Ul- kus- und Refluxkrankheit kausal ver- knüpft ist, das heißt, ob H. pylori vor der Refluxkrankheit schützt, ist Ge- genstand der Spekulation; von der Hand zu weisen ist sie nicht.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2001; 98: A 2029–2030 [Heft 31–32]

Literatur

1. Axon ATR, Bardhan K, Moayyedi P et al.: Does eradi- cation of Helicobacter pylori influence the recurrence of symptoms in patients with symptomatic gastro- oesophageal reflux disease? A randomized double blind study. Gastroenterologie 1999; 116: A 117.

2. Carlsson R, Bate C, Dent J et al.: Does H. pylori infec- tion influence the response to treatment with acid in- hibition in patients with gastrooesophageal reflux dis- ease (GERD)? Scand J Gastroenterol 1997; 32 (suppl 224): 56.

3. Holtmann G, Cain CR, Malfertheiner P: Gastric Helico- bacter pylori infection accelerates healing of reflux oesophagitis during treatment with the proton pump inhibitor pantoprazole. Gastroenterology 1999; 117:

11–16.

4. Kuipers EJ, Lundell L, Klinkenberg-Knol EC et al.: Atro- phic gastritis and Helicobacter pylori infection in patients with reflux esophagitis treated with ome- prazole or fundopication. N Engl J Med 1996; 334:

1018–1022.

5. Labenz J, Tillenburg B, Peitz U et al.: Long-term clini- cal course of ulcer disease and incidence of reflux oe- sophagitis in a cohort of duodenal ulcer patients follo- wed after eradication of Helicobacter pylori. Gut 1995; 35 (suppl 1) A6.

6. Lundell L, Miettinen P, Myrvold HE et al.: Lack of ef- fect of acid suppression therapy on gastric atrophy.

Gastroenterology 1999; 117: 319–326.

7. Meining A, Bayerdörffer E, Müller P et al.: Gastric carcinoma risk index in patients infected with Helico- bacter pylori. Virchows Arch 1998; 432: 311–314.

8. Stolte M in Malfertheiner P: Helicobacter pylori – von der Grundlage zur Therapie. Stuttgart, New York:

Thieme 1996.

Anschrift der Verfasser:

Prof. Dr. med. Wolfgang Rösch

Medizinische Klinik am Krankenhaus Nordwest der Stiftung Hospital zum Heiligen Geist Steinbacher Hohl 2–26

60488 Frankfurt am Main

Priv.-Doz. Dr. med. Joachim Labenz Medizinische Klinik

Jung-Stilling-Krankenhaus Wichernstraße 40 57074 Siegen

M E D I Z I N

A

A2030 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 31–32½½6. August 2001

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ie gastroösophageale Refluxkrank- heit (GERD) gehört inzwischen zu den häufigsten internistischen Krankheitsbildern und gilt als Volks- krankheit. In Deutschland leiden, einer Umfrage unter 5 000 Europäern zufolge, 29 Prozent der Bevölkerung an Sodbren- nen. Zehn Prozent sind täglich oder min- destens zwei- bis dreimal wöchentlich da- von betroffen; von diesen weisen zehn Prozent (ein Prozent der Bevölkerung) eine Refluxösophagitis auf. Jeder 100.

Refluxpatient entwickelt eine Zylinder- zellmetaplasie der Speiseröhre (Barrett- Ösophagus), jeder 1 000. ein Adenokar- zinom (8, 10, 11). Jeder Refluxpatient bietet dabei sein individuelles Entzün- dungsstadium, eine Progression scheint, zumindest unter einer effizienten Be- handlung, nur selten vorzukommen.

Bis vor wenigen Jahren galt das Leit- symptom Sodbrennen als harmlose Be- findlichkeitsstörung und nicht als Aus- druck einer Erkrankung. Inzwischen weiß man, dass das Refluxösophagitis- Folgekarzinom seit den 70er-Jahren der Tumor mit der höchsten Progressions- rate ist und eine sehr enge Korrelation zwischen Dauer und Intensität von Re- fluxsymptomen und dem Risiko der Entwicklung eines Malignoms besteht (8, 11).

Unter dem Begriff gastroösophagea- le Refluxkrankheit (GERD) werden alle Symptome und Begleiterkrankun- gen subsummiert, die durch die Einwir- kung von saurem Magensaft auf die Ösophagusschleimhaut hervorgerufen werden (1–3, 6, 9). Betont werden muss, dass nur in 40 Prozent der Fälle eine endoskopisch positive Verlaufs- form mit sichtbaren Erosionen und Ulzera vorliegt, mehrheitlich dagegen (60 Prozent) handelt es sich um die en-

Gastroösophageale Refluxkrankheit

Klotzen, nicht kleckern

Daniel Jaspersen

1

, Wolfgang Rösch

2

Zusammenfassung

Die gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) nimmt in den industrialisierten Ländern dra- matisch zu. So hat sich in den USA die Zahl der Refluxkranken in den letzten 30 Jahren verzehn- facht. Bei 50 bis 80 Prozent der Betroffenen ist je nach Schweregrad eine Langzeitbehandlung erforderlich. Mittel der Wahl sowohl bei der Akuttherapie als auch zur Remissionserhaltung sind die Protonenpumpenblocker (PPI). Dennoch wird häufig, vor allem im Bereich der nieder- gelassenen Ärzte, nach dem Step-up-Schema zunächst mit Antazida, dann mit Histamin- (H2-) Rezeptorantagonisten und erst zuletzt mit Pro- tonenpumpenblockern therapiert. Für die Pa- tienten bedeutet dies eine erheblich längere Behandlungsdauer, eine protrahierte Leidens- zeit und für die Solidargemeinschaft wesentlich höhere Kosten.

Schlüsselwörter: gastroösophageale Reflux- krankheit, Step-up-Therapie, Step-down-The- rapie, Protonenpumpenblocker

Summary

Gastroesophageal Reflux Disease: Step- Down Superior to Step-Up Therapy Gastroesophageal reflux disease (GERD) has in- creased dramatically in industrialized nations. In the United States the number of people with GERD symptoms has grown ten fold over the last 30 years. 50 to 80 per cent of the patients affect- ed require long-term treatment. The gold stand- ard in both acute care and prevention of recur- rence are proton pump inhibitors (PPI). Especially in ambulatory settings, however, most patients are treated according to the step-up-therapy:

hereby antacids are prescribed primarily, after inadequate response followed by H2-receptor antagonists and ultimately by PPIs. This means a considerably longer treatment period and protracted discomfort for the patient and essen- tially higher costs for the health care system.

Key words: gastroesophageal reflux disease, step-up-therapy, step-down-therapy, proton pump inhibitor

1 Medizinische Klinik II, Klinikum Fulda (Direktor: Prof.

Dr. med. Daniel Jaspersen), Fulda

2Medizinische Klinik, Krankenhaus Nordwest (Direktor:

Prof. Dr. med. Wolfgang Rösch), Frankfurt

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