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dem die Insulinsekretion am emp- findlichsten reguliert wird, ist bei Glukokinase-defizienten Patienten gegenüber Kontrollpersonen er- höht. Die Ergebnisse dieser Studien sprechen für erhöhte Blutzucker- Schwellenwerte für die Insulinfrei- setzung bei Patienten mit Gluko- kinasemangel (3).
In der Leber ist die Glukokina- se wesentlich für die Aufrechterhal- tung des Glukosegradienten beid- seits der Hepatozytenmembran ver- antwortlich, der für die Aufnahme der Glukose aus dem Portalblut wichtig ist. Eine verminderte Enzym- aktivität wird daher am ehesten in verminderter Aufnahme bezie- hungsweise verstärkter Abgabe von Glukose in der Leber führen und so zur Hyperglykämie beitragen.
Klinische Beobachtungen
Eine neue sich abzeichnende genetische Klassifikation ermög- licht es erstmals, verschiedene NIDDM-Formen auf klinische Un- terschiede hin zu untersuchen. Ob- wohl die Fallzahlen im Augenblick noch klein sind, so ist dennoch er- kennbar, daß Patienten mit Gluko- kinase-Defekten bei der Erstdia- gnose ein insgesamt niedrigeres Durchschnittsalter haben als Pati- enten frühdiabetischer Familien, die keine Kopplung mit dem Glu- kokinase-Genlocus auf dem Chro- mosom 7 aufweisen. Gleichzeitig zeigt diese Form eine mildere Glu- koseintoleranz. Die BMI (body mass index)-Werte liegen zudem weitaus niedriger als in der Ver- gleichsgruppe (6).
Die Mehrzahl der Patienten mit Glukokinasemutationen sind durch eine relativ milde, über Jahre nur langsam sich verschlechternde Glukosetoleranz gekennzeichnet, die in der Regel diätetisch oder mit oralen Antidiabetika gut kontrol- liert werden kann. Die Prävalenz von Risikofaktoren für die korona- re Herzerkrankung (arterielle Hy- pertonie, Dyslipoproteinämien) ist niedrig. Mikro- und makrovaskulä- re Komplikationen sind selbst bei älteren Patienten relativ selten. Die Langzeitprognose dieser Patienten
AKTUELL / FÜR SIE REFERIERT
ist daher als gut zu beurteilen. Da- durch unterscheidet sich der Gluko- kinase-defiziente MODY von ande- ren MODY-Formen, bei denen schon im sehr frühen Erwachsenen- alter Spätkomplikationen auftreten können.
Schlußfolgerungen
Jüngste Erfolge der Humange- netik und Molekularbiologie auf den Gebieten der Hypertonie und Diabetesforschung berechtigen zu der optimistischen Annahme, daß wir bald weitere wichtige Risikoge- ne auch anderer häufiger multifak- torieller Erkrankungen wie der koronaren Herzerkrankung, des Asthma bronchiale oder der Mali- gnome identifizieren werden.
Bei vielen dieser Erkrankun- gen ist ein grundlegender Fort- schritt unseres pathophysiologi- schen Wissens in den letzten Jahren ausgeblieben. Die Charakterisie- rung wichtiger Gene durch ihre Lo- kalisierung im Genom, die Analyse ihrer DNA-Sequenz („positional cloning") und ihrer Funktion sozu- sagen „von unten her", bei der mR- NA angefangen über das Protein bis zu seiner Rolle im Stoffwechsel („reverse genetics"), wird neue Er- kenntnisse für Pathophysiologie, Biochemie und Pharmakologie bringen. Mit den Glukokinase-Gen- defekten wurde erstmals eine kau- sale Beziehung zwischen Mutatio- nen eines glykolytischen Enzyms und der Entwicklung eines NIDDM gezeigt.
Diese Erkenntnisse können helfen, in Zukunft weitere Diabe- tes-verursachende Gene von Enzy- men des Glukosestoffwechsels oder ihrer regulatorischen Faktoren auf- zudecken, die die Pathogenese an- derer Diabetesformen erklären. Es darf vermutet werden, daß wir bald Mutationen in anderen Genen fin- den, die die Insulinsekretion der 13-Zelle oder die Insulinwirkung an den Zielorganen des Insulins verän- dern können (9, 12). Ein umfassen- des Verständnis dieser Gene wird unserem Ziel dienen, neue rationa- le therapeutische Strategien zu ent- wickeln, die gezielt an diesen ab-
normen physiologischen Regelkrei- sen angreifen.
Deutsches Arzteblatt
91 (1994) A-2853-2857 [Heft 42]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.
Anschrift für die Verfasser:
Dr. med. Markus Stoffel (Assistant Professor)
Howard Hughes Medical Institute Research Laboratories
The University of Chicago 5841 S. Maryland Avenue MC 1028
USA-Chicago, Illinois 60637
Sjögren-Syndrom und Helicobacter pylori-Infektion
Dem Sjögren-Syndrom liegt ei- ne Autoimmunerkrankung, ge- kennzeichnet durch Xerophthalmie und Xerostomie zugrunde. Histolo- gisch findet sich eine charakteristi- sche Infiltration unter Beteiligung von Lymphozyten und Plasmazellen mit progressiver Abnahme der Se- kretion aller exokrinen Drüsen.
Vier Patienten mit Sjögren- Syndrom, wurden endoskopiert.
Bei drei Patienten wies man Helico- bacter pylori nach. Im Rahmen ei- ner Triple-Therapie mit erfolgrei- cher Keimeradikation kam es zu ei- ner deutlichen Besserung von Xerophthalmie und Xerostomie.
Diese war im Shirmertest (Tränen- test) verifizierbar. Die Autoren ver- muten, daß durch Helicobacter py- lori stimulierte Antikörper für die Erkrankung eine Rolle spielen könnten.
N. Figura, N. Giordano, D. Burroni et al.:
Sjögren's syndrome and Helicobacter py- lori infection. Europ. J. Gastroenterol. &
Hepatol. 1994; 6: 321-322
Institute of Medical Pathology, Le Scotte Hospital, Institute of Immunobiological Research, and the Institute of Pathologi- cal Anatomy, University of Siena, 1-53100 Siena
Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 42, 21. Oktober 1994 (69) A-2857