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Beeinträchtigte Medikamentenabsorption bei einer Helicobacter-pylori-Infektion

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Academic year: 2022

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S I M O N OT T H

Die Infektion mit Helicobacter pylori verursacht eine chronische Entzündung der Magenschleimhaut, welche zu einer Veränderung der physiologischen Funk- tionen des Magens führen kann. So kann es einerseits zu einer Dysfunktion der myoelektrischen und motorischen Akti- vität des Magens und damit zu einer be- einträchtigten Magenentleerung kom- men, während andererseits eine durch Helicobacter pylori induzierte Korpus- gastritis eine funktionelle Inhibition der Parietalzellen und damit eine Beein- trächtigung der Magensäuresekretion hervorrufen kann. Darüber hinaus kön- nen die chronischen entzündlichen Schädigungen aber auch zu einem per- manenten Verlust von Parietalzellen führen, wodurch eine Atrophie und Hypochlorhydrie der Magendrüsen her- vorgerufen wird. Diese durch die Helico- bacter-pylori-Infektion bedingten Verän- derungen der physiologischen Magen- funktionen können die Absorption von

Medikamenten beeinflussen und dem- entsprechend deren Wirksamkeit verän- dern. Vor diesem Hintergrund wurde an- hand einer systematischen Analyse der Ergebnisse von fünf früher veröffent - lichten Studien untersucht, wie sich eine Helicobacter-pylori-Infektion auf die Ab- sorption der Wirkstoffe L-Dopa, Thyro- xin beziehungsweise Delavirdin auswir- ken kann.

Verringerte Absorption von L-Dopa

Zur Bedeutung der Helicobacter-pylori- Infektion für die Absorption von L-Dopa zeigte eine kleinere Studie mit 6 Patien- ten, die an einer fortgeschrittenen Par- kinson-Erkrankung litten und einen hohen IgG-Antikörper-Titer gegen Heli- cobacter pylori aufwiesen, dass die Eradikationstherapie zu einem Anstieg der L-Dopa-Plasma-Konzentration um 21 Prozent und damit einhergehend zu einer klinischen Verbesserung führte.

Dieses Ergebnis wurde in einer randomi- sierten kontrollierten Studie mit 34 Par-

kinson-Patienten mit einer histologisch nachgewiesenen aktiven Helicobacter- pylori-Gastritis bestätigt, in welcher die siebentägige Eradikationstherapie mit Omeprazol, Amoxicillin und Clarithro- mycin nach drei Monaten eine Zunahme der Absorption von L-Dopa um 54 Pro- zent bewirkte. Darüber hinaus wurde eine signifikante Verbesserung des kli - nischen Zustands festgestellt, während die Gastritiswerte erwartungsgemäss signifikant abnahmen. Interessanter- weise wurde bei den 2 Patienten, die nicht auf die Eradikationstherapie ange- sprochen hatten, weder die L-Dopa- Pharmakokinetik noch die neurologi- sche Symptomatik verbessert. Obwohl der Mechanismus der durch Helico- bacter pylori induzierten Beeinträchti- gung der Absorption noch nicht voll- ständig geklärt werden konnte, lässt sich aufgrund der pH-abhängigen Löslichkeit von L-Dopa vermuten, dass die mit der Eradikation erreichte Normalisierung der Magensäuresekretion die L-Dopa- Absorption erhöht und das klinische An- sprechen verbessert.

Da in der Altersgruppe mit der höchsten Prävalenz der Parkinson-Erkrankung auch die Helicobacter-pylori-Infektion mit einer hohen Inzidenz vorkommt, könnte das bei älteren Patienten mit einem Morbus Parkinson oftmals nur ungenügende Ansprechen auf eine The- rapie mit L-Dopa auf eine mit Helico- bacter pylori zusammenhängende Be- einträchtigung der L-Dopa-Absorption zurückzuführen sein.

Beeinträchtigte Medikamentenabsorption bei einer Helicobacter-pylori-Infektion

Gemäss den Resultaten einer systematischen Analyse von mehreren kleineren Studien ist die Absorption von L-Dopa, Thyroxin oder Delavirdin bei Patienten mit einer Helicobacter-pylori-Infektion gegenüber nicht infizierten Patienten deutlich vermindert. Die beeinträchtigte Wirkstoff- absorption kann durch eine Eradikationstherapie wieder verbessert werden.

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Erhöhter Thyroxinbedarf

Zur Absorption von Thyroxin zeigen die Resultate einer Fallkontrollstudie, dass der tägliche Bedarf an Thyroxin bei den 133 euthyreoten Patienten mit einer multinodularen Struma und einer Hypo- chlorhydrie infolge einer durch Helico- bacter pylori induzierten Gastritis um signifikante 22 bis 34 Prozent höher war als bei den 135 Strumapatienten mit normalen Magensäurewerten. Ausser- dem bewirkte die Eradikationstherapie in der Subgruppe der Patienten, deren Thyroxinbedarf infolge der Helicobac - ter-pylori-Infektion erhöht war, eine Abnahme des Thyrotropinspiegels um 94 Prozent. Die Bedeutung der norma- len Magensäuresekretion für die kor- rekte Absorption von Thyroxin wird durch das Resultat einer weiteren Sub- gruppenanalyse gestützt, wonach der Bedarf an Thyroxin bei Patienten mit Sodbrennen unter einer Therapie mit Omeprazol anstieg und nach Beendi- gung der antisekretorischen Behand- lung wieder auf die anfänglichen Werte abfiel. Bezüglich der Gründe für die Be- einträchtigung der Thyroxinabsorption bei einer Helicobacter-pylori-induzierten Hypochlorhydrie kann die Hypothese aufgestellt werden, dass die Hypochlor - hydrie selbst oder die für die Helico- bacter-pylori-Infektion charakteristische Ammo niakbildung den Ionisierungszu- stand und die Konformation des Thyro- xinmoleküls und damit dessen Absorp- tionseffizienz verändern kann.

Gemäss den Resultaten einer neueren Studie leiden 53 Prozent aller Patienten mit einer Schilddrüsenerkrankung auch an einer durch Helicobacter pylori indu- zierten atrophen Gastritis, weshalb im Fall eines erhöhten Bedarfs an Thyroxin oftmals eine Helicobacter-pylori-Infek- tion vorliegen dürfte.

Wirkungsverlust von Delavirdin

Im Rahmen einer kleinen Studie zur Be- deutung der Hypochlorhydrie für die Absorption von Delavirdin führte die Eradikationstherapie bei 5 HIV-positiven Patienten, die einen intragastralen pH- Wert über 3 und eine positive Helico- bacter-pylori-Serologie hatten, zur Auf- lösung der Hypochlorhydrie und gleich- zeitig zu einem signifikanten Anstieg der Absorption von Delavirdin. Im Einklang mit diesem Ergebnis ergab eine rando- misierte Crossoverstudie mit 21 HIV-po- sitiven Patienten, dass die Absorption von Delavirdin bei den 10 hypochlorhy- drischen Patienten im Vergleich zu den 11 Patienten ohne Hypochlorhydrie um 47 Prozent reduziert war. Diese verrin- gerte Absorption konnte durch die Ein- nahme von Delavirdin zusammen mit Orangensaft um 57 Prozent erhöht wer- den, was auf eine Verbesserung der Ab- sorption von Delavirdin bei einem tiefen intragastralen pH-Wert hinweist. Diese Verbesserung lässt sich dadurch erklä- ren, dass Delavirdin als schwach basische Verbindung in einer sauren Umgebung um ein Vielfaches löslicher ist.

Diagnostischer Nachweis einer Helicobacter-pylori-Infektion

Die Resultate der vorliegenden Analyse zeigen, dass bei Helicobacter-pylori- positiven Patienten die Absorption von L-Dopa, Thyroxin und Delavirdin gegen- über nicht infizierten Patienten deutlich vermindert ist, was vermutlich auf die bei Helicobacter-pylori-positiven Patien- ten verringerte Säuresekretion zurück- zuführen ist. Die beeinträchtigte Wirk- stoffabsorption konnte durch eine Eradi- kationstherapie wieder verbessert werden, weshalb bei Patienten mit einem ungenügenden Ansprechen auf eine Therapie mit L-Dopa, Thyroxin oder Delavirdin eine spezifische dia - gnostische Abklärung bezüglich einer durch Helicobacter pylori induzierten Hypochlorhydrie und/oder einer mit Helicobacter pylori zusammenhängen- den Gastritis indiziert ist.

Lahner E, Annibale B and Delle Fave G. Systematic review:

Heliocobacter pylori infection and impaired drug absorption.

Alimentary Pharmacology & Therapeutics 2009; 29: 379—386.

Dr. med. Simon Otth, Horgen Vizepräsident der APA O F F I Z I E L L E S O R G A N

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