Integrierte Versorgung
Nicht alles Gold, was glänzt
Experten raten zur genauen Überprüfung.
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und 170 Verträge zur Inte- grierten Versorgung wur- den bis Anfang Oktober bun- desweit abgeschlossen. Das erklärte Dr. med. Leonhard Hansen bei einer AOK-Ver- anstaltung in Berlin. Man dürfe aber nicht für jeden Schnupfen ein neues Ver- tragsmodell schaffen, mahnte der Zweite Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesver- einigung (KBV). Andernfalls steuere man geradewegs in ei- ne „Integrierte Versorgung light“. Am Ende fehle das Geld bei den Projekten, die dem ursprünglichen Leitge- danken der Integrierten Ver- sorgung gerecht würden.Tatsächlich gehen derzeit zahlreiche Anträge bei den Krankenkassen ein.Allein bei den Ortskrankenkassen seien in den vergangenen Monaten mehr als 1 500 Anträge ein- gereicht worden, sagte Fritz Schösser,Verwaltungsratsvor- sitzender des AOK-Bundes- verbandes. Diese gelte es ge- nau zu prüfen. Denn nicht al- les, was unter dem Stichwort
„Integrierte Versorgung“ ge- handelt werde, entspreche der ursprünglichen Idee. Vielen
sei in erster Linie daran gele- gen, einen Teil des eigens für die Integrierte Versorgung ge- schaffenen Budgets abzu- schöpfen. Im Rahmen der Ge- sundheitsreform ist dafür ein Prozent der Gesamtvergütung vorgesehen.
Qualität und Zuspruch zur Integrierten Versorgung lassen sich nach Ansicht des KBV- Vorsitzenden, Dr. med. Man- fred Richter-Reichhelm, noch verbessern. Viele niedergelas- sene Ärzte fühlten sich von
den nur schwer überschauba- ren Paragraphen überfordert.
Deswegen sei es notwendig, das Gesetz so zu gestalten, dass auf Wunsch der Leistungser- bringer auch die Organe der Selbstverwaltung in den Ge- staltungsprozess eingebunden
werden können. TB
KV Bayerns
Interesse an Zukunftsthema
Umfrage zur Integrierten Versorgung
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as Interesse an der Inte- grierten Versorgung (IV) ist bei den niedergelassenen Ärz- ten und Psychotherapeuten in Bayern sehr groß. Dies zeigt ei- ne Befragung der Kassenärzt- lichen Vereinigung Bayerns (KVB), an der sich 2 500 Ärz- tinnen und Ärzte beteiligten.Demnach will kaum ein Arzt den Anschluss bei diesem „Zu- kunftsthema“ verpassen: 85 Prozent der Befragten gaben an, schriftliches Informations- material zur IV erhalten zu wollen, knapp 70 Prozent sind an Informationsveranstaltun- gen interessiert, und jeder Fünfte will die Möglichkeit ei- nes persönlichen Beratungsge- sprächs bei der KVB wahrneh- men. Zwölf Prozent der Ärzte beteiligen sich bereits an der Entwicklung eines Modells zur Integrierten Versorgung. Da- bei stellt die Kooperation mit Krankenhäusern im Vergleich zu der Mitarbeit in Medizini- schen Versorgungszentren die bevorzugte Lösung dar.
Die KVB bietet ihren Mit- gliedern in den Bezirksstellen eine kostenfreie Beratung zu den neuen Versorgungsfor- men an. So können sich die Ärzte über die rechtlichen und vertraglichen Rahmenbedin- gungen, Gestaltungsoptionen, Chancen und Risiken, Refe- renzprojekte sowie inhaltliche und organisatorische Anforde- rungen zur Entwicklung von Versorgungs- und Vertrags- konzepten informieren. JF A K T U E L L
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A2990 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 455. November 2004
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ie Herausnahme von nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten aus dem Lei- stungskatalog der Gesetzli- chen Krankenversicherung (GKV) soll rückgängig ge- macht werden. Die FDP hatin einem Antrag die rot-grüne Bundesre- gierung aufgefordert, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzule- gen und damit einen
„großen Fehler“ in der jüngsten Gesundheits- reform wieder zu korri- gieren.
Nach Ansicht der FDP ist die Verschrei- bungspflicht ein unge- eignetes Kriterium zur Abgrenzung zwischen erstattungspflichtigen und nicht erstattungs- pflichtigen Arzneimitteln, denn sie sei an das Risi- ko- und Missbrauchspoten- zial gekoppelt und nicht an die Frage der therapeutischen Notwendigkeit oder des Nut-
zens. Bei rezeptfreien Medi- kamenten handele es sich in der Regel um bewährte Arz- neien, die als Therapieoption wichtig seien.
Als Folge der Ausgren- zung aus dem GKV-Lei- stungskatalog hat die FDP einen Anstieg der Verord- nung verschreibungspflichti- ger Präparate ausgemacht, die im Regelfall mit stärke- ren Nebenwirkungen ver- bunden und zum Teil deut- lich teurer seien als die in ihrer Wirkungsweise ver- gleichbaren rezeptfreien Me- dikamente. Die Konsequen- zen für die Patienten seien gravierend: Geringverdiener müssten entweder auf die notwendige Therapie ver- zichten oder Arzneien ein- nehmen, die häufig teuer und medizinisch belastender sein könnten, heißt es in der Begründung.
Die FDP fordert deshalb, die Negativliste so zu über- arbeiten, dass sie alle nicht erstattungsfähigen Medika- mente verzeichnet. HK FDP kritisiert Folgen der Gesund-
heitsreform für die Patienten.
Auch über Medizinische Versorgungszentren können sich Ärzte an der Integrierten Versorgung beteiligen.
Rezeptfreie Arzneimittel
Ausgliederung „großer Fehler“
FDP: Kassen sollen wieder für rezeptfreie Präparate zahlen; Negativliste soll überarbeitet werden.
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