Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 14|
9. April 2010 A 633 GESUNDHEITSFACHBERUFEBessere Versorgung durch Kooperation
Der Fachkräftemangel und der Stand der Zusammen arbeit waren Themen der 22. Konferenz der Fachberufe
im Gesundheitswesen bei der Bundesärztekammer.
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öglicherweise ist dies der geeignetste Weg zu einem besseren Miteinander der Gesund- heitsberufe in der ambulanten Ver- sorgung: Am 24. April wird die Bundesärztekammer in Berlin eine interprofessionelle Fortbildungsta- gung veranstalten zum Thema „Ver- sorgung des chronischen Schlag - anfallpatienten – wie können un - terschiedliche Berufsgruppen zum Wohle des Patienten effektiv zusam - menarbeiten?“. Ärzte, Medizinische Fachangestellte, Ergotherapeuten, Logopäden, Diätassistenten, Orth - optisten, Physiotherapeuten und Pflegeberufe werden ihre Perspek- tive auf dieses Krankheitsbild dar- stellen und sich insbesondere mit der gemeinsamen Langzeitversor- gung von Schlaganfallpatienten in ihrem häuslichen Umfeld befassen.Vorgestellt wurde diese Fortbil- dungsveranstaltung auf der 22.
Konferenz der Fachberufe im Ge- sundheitswesen, zu der am 10.
März Vertreter von 40 Berufsver- bänden bei der Bundesärztekammer (BÄK) zusammenkamen. Ein wich- tiges Thema war der Fachkräfte- mangel, der nicht allein die ärztli- che Versorgung betrifft, sondern auch in der Pflege bereits deutlich spürbar ist. „In ländlichen Regio- nen bleiben Arztsitze unbesetzt, Krankenhausärzte fehlen, und in der pflegerischen Versorgung herrscht Personalknappheit bei gleichzeitig weiter steigender Ar- beitsbelastung“, warnte Dr. med.
Cornelia Goesmann, BÄK-Vizeprä- sidentin. Die Vertreter der Gesund- heitsfachberufe appellierten des- halb an die Politik, die Arbeits- und Vergütungsbedingungen der Ge- sundheitsberufe sowie die Perso-
nalschlüssel zu verbessern, damit die Arbeitsplätze für Berufseinstei- ger wieder attraktiver werden.
Weniger offensiv als in den ver- gangenen Jahren wurde auf der Konferenz die Forderung nach mehr Kompetenzen für die Fach - berufe durch die Substitution ärztlicher Tätigkeiten laut. Etwas ausführlicheren Diskussionsbedarf gab es anlässlich der Vorstellung des BÄK-Fortbildungscurriculums
„Nicht-ärztliche Praxisassistentin“.
Dergestalt fortgebildete Medizini- sche Fachangestellte (MFA) dürfen künftig delegierbare Leistungen bei den Patienten zu Hause erbringen.
Hier wurde kritisch nachgefragt, warum man bei dem Thema Arzt- entlastung lediglich die MFA im Blick gehabt habe. Sinnvoller wäre es doch gewesen, im Bedarfsfall die jeweils qualifizierten Gesundheits- fachberufe hinzuzuziehen.
Schleppende Umsetzung der Modellvorhaben
Vertreter der Pflege kritisierten, dass dort, wo Praxisassistenten die Wundversorgung bei den Patienten zu Hause übernehmen, Konkurrenz zu den ambulanten Pflegediensten entstehen könnte. Die BÄK-Vize- präsidentin suchte solche Befürch- tungen zu zerstreuen. Es gehe vor allem um das „direkte Reagieren auf neue Sachverhalte“, betonte Goesmann. Bei Auffälligkeiten im häuslichen Umfeld der Patienten, zum Beispiel bei Sprache oder Be- wegung, müssten die jeweiligen Spezialisten hinzugezogen werden.
Zudem wurde betont, dass im Rah- men der Praxisassistenz eine konti- nuierliche Wundversorgung gar nicht möglich sei; diese müsse wei-
terhin der ambulante Pflegedienst übernehmen.
Thema der Fachberufekonferenz war auch der Stand der schleppen- den Umsetzung der seit 2008 in
§ 63 SGB V verankerten Modell- vorhaben, bei denen ärztliche Tätig- keiten auf die Physiotherapeuten und die Pflegeberufe übertragen werden sollten. Für die Pflege soll der G-BA in Richtlinien festlegen, bei welchen Tätigkeiten eine Über- tragung der Heilkunde im Rahmen von Modellvorhaben erfolgen soll.
Hierzu hat ein G-BA-Unteraus- schuss Ende 2009 die Beratungen aufgenommen. Während die Vertre- ter der Ärzte dort weiterhin die Substitution ärztlicher Tätigkeiten ablehnen und die Letztverantwor- tung auf dem Weg der Delegation beim Arzt belassen wollen, hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft inzwischen einen Katalog von Tä- tigkeiten, die Angehörige der Pfle- geberufe im Krankenhaus eigenver- antwortlich ausüben sollen, in die Verhandlungen eingebracht. ■
Thomas Gerst
Bei der Versorgung chronisch Kranker sollte es künftig mehr interprofessio- nelle Zusammenar- beit geben.
Foto: ddp