Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 111|
Heft 14|
4. April 2014 A 605 ÄRZTEPORTALBessere Information und Kooperation
Das Städtische Klinikum Dessau führt ein internetbasiertes Ärztepor- tal ein, um niedergelassenen Ärzten künftig einen schnelleren Zugriff auf Diagnosen und Behandlungsin- formationen ihrer Patienten im Krankenhaus zu ermöglichen. Nach eigenen Angaben schicken mehr als 900 niedergelassene Ärzte aller Fachrichtungen und aus dem ge- samten Bundesgebiet Patienten ins Dessauer Klinikum. Mehrheitlich befinden sich diese Zuweiserpraxen in Dessau-Roßlau und in einem Umkreis von etwa 60 Kilometern.
Bei einzelnen Fachgebieten, wie Augenheilkunde oder Dermatolo- gie, werden aber auch Patienten aus Sachsen, Thüringen, Berlin und Niedersachsen dort behandelt.
Zusätzlich zum Arztbrief, den der weiterbehandelnde Praxisarzt per Post einige Tage nach der Entlas- sung seines Patienten erhält, kann er jetzt auch direkt über das Ärzteportal
den Weg seines Patienten im Klini- kum verfolgen. Er erfährt, wann die Aufnahme erfolgte und welche Ver- legungen stattfanden.
Im ersten Schritt kann er den Arztbrief als Dokument abrufen, künftig aber auch Laborergebnisse sowie Röntgen-, CT- und MRT-Bil- der. Der Weg in das kostenfreie Ärzteportal führt über einen Nut- zungsvertrag, der zwischen nieder- gelassenem Arzt und Klinikum ge- schlossen wird. Per Passwort kann sich der Praxisarzt in die Plattform einwählen. Technisch muss in der Praxis ein internetfähiger Computer angeschlossen sein. Rechtlich müs- sen die Patienten ihr Einverständnis zum Datenabruf erteilt haben.
„Seit Jahresanfang bitten wir je- den Patienten bei der Aufnahme, die Einverständniserklärung dafür zu unterschreiben“, berichtete der Verwaltungsdirektor des Klini- kums, Dr. André Dyrna. „Neben
dem zuweisenden Arzt sollten auch der Hausarzt und mitbehandelnde Fachärzte dazu berechtigt werden.“
Die Sicherheitsinfrastruktur des Portals umfasst unter anderem den personifizierten Zugang und die au- tomatische Löschung der im Ärzte- portal gespeicherten Patientendaten spätestens nach sechs Monaten.
Die ersten Portalnutzer – zu- nächst niedergelassene Fachärzte aus dem Raum Dessau-Roßlau – er- proben seit Anfang Januar das On- line-Netz als Pilotpraxen. „Der digi- tale Informationsaustausch zwi- schen den Praxiskollegen und unse- ren Klinikärzten wird die Schnitt- stellen von Einweisung und Entlas- sung besser verzahnen“, meinte Dr.
med. Joachim Zagrodnick, der Ärzt- liche Direktor des Klinikums. Je besser die Zusammenarbeit zwi- schen allen Beteiligten, desto erfolg- reicher gelinge auch die Versorgung
der Patienten. EB
GEHÖRMODELLIERUNG
Wie hört der Mensch?
Im Projekt „Two!Ears“ arbeiten Forscher an einem intelligenten Modell der auditiven Wahrneh- mung. Ziel ist es, die Nachbildung des menschlichen Hörens mit tech- nischen Systemen zu verbessern.
Dabei wird ein neuer Ansatz ver- folgt: Während die Gehörmodellie- rung bislang auf dem reinen Aus- werten der Ohrsignale beruhte und daher ausschließlich signalgetrie- ben war, soll künftig der hörende Mensch als multimodales Wesen betrachtet werden, das seine Vor- stellung von der Welt durch interak- tives Hören und Sehen entwickelt.
Dazu soll das System die beim Hören entstehenden Wahrneh- mungsereignisse erfassen und diese mit Informationen aus visueller und Eigenwahrnehmung (zum Beispiel zur eigenen Kopfposition oder Posi-
tion im Raum) kombinieren. Es soll damit in der Lage sein, eine akusti- sche Szene in der gleichen Weise zu beschreiben, wie es ein menschli- cher Zuhörer etwa hinsichtlich Emp- findungen wie Lautstärke, Klangfar- be und räumliche Ausdehnung kann.
Das System wird auf Basis einer Ro- boterplattform umgesetzt, die aktiv ihre physische Umwelt analysiert, sich anhand des Wahrgenommenen orientiert und sich in der Umgebung
bewegt. Es hat eine offene Architek- tur, so dass es einfach modifiziert und erweitert werden kann.
Das internationale Forschungs- projekt wird von der Europäischen Union für drei Jahre mit drei Millio- nen Euro gefördert. Als deutsche Partner beteiligen sich die Techni- sche Universität Berlin (Prof. Dr.
Alexander Raake) und die Universi- tät Bochum (Dr. Klaus Obermayer).
Informationen: www.twoears.eu EB Mit Hilfe eines
Roboters soll das Hören entschlüsselt und nachgebildet werden.
Foto: TU Berlin/PR/Ulrich Dahl