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Archiv "PSYCHOSOMATIK: Hoffnung auf bessere Kooperation" (26.11.1982)

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Die Information:

Bericht und Meinung

BRIEFE AN DIE REDAKTION

und Tod, die mit der Phan- tasie einer machbaren ewi- gen Gesundheit und Fit- ness einhergehe. Dement- sprechend formuliere ich:

„Wir (die Ärzte) müssen diesen Widerspruch einer Gesellschaft täglich austra- gen, die zwar allenthalben nach mehr Menschlichkeit und nach einem würdige- ren Sterben in der Medizin schreit, im gleichen Augen- blick indessen Gesunder- haltung um jeden Preis ver- langt und uns mit Hilfe juri- stischer Einschüchterun- gen unter einen kaum er- träglichen Erfolgszwang setzt."

Bezüglich der Diagnose- mitteilung gegenüber dem Kranken wird mir vorgehal- ten: „Richter wendet sich gegen eine Unwahrhaftig- keit vieler Ärzte." Tatsäch- lich beziehe ich keine mo- ralische Vorwurfshaltung gegen Kollegen, sondern betone ausdrücklich die Schwierigkeit, mit Patien- ten über das Sterben zu re- den: „Wie kann man denn über das Sterben reden, wenn dieses anscheinend keinen Sinn mehr hat für eine Gesellschaft, die be- reits Schwäche, Leiden, Ohnmacht als reine Negati- vität bewertet und die ein- seitig grandiose Vitalität, Stärke und Fitness verherr- licht?" Im übrigen vertrete ich in der Aufklärungsfrage eine sorgsam differenzie- rende Position, nachlesbar in meinem Aufsatz: „Der Krebs als psychisches Pro- blem" (Med. Welt - 32:

177-184 [1981]).

Meine von Federlin u. a. be- anstandete Rede plädiert nicht, wie behauptet, ge- gen die „naturwissen- schaftliche Medizin" (auch die Forschung in meinem Fach, der Psychosomatik, bedient sich bekanntlich naturwissenschaftlicher Methoden), sondern gegen ein irrationales, giganto- manes Fortschrittsdenken in der Gesellschaft allge- mein. In diesem Sinne zitie- re ich den katholischen

Theologen J. B. Metz: „Die Verdrängung des Todes hat uns zu hemmungslo- sen Unterwerfern gemacht.

Sind wir inzwischen aber nicht längst unserem eige- nen Unterwerfungsprinzip unterworfen, jenem Herr- schaftsprinzip, das den Tod nur verdrängen kann, indem es selbst immer neue tote Verhältnisse pro- duziert und so die Frage nach einem Leben vor dem Tod immer mehr zu einer Frage des reinen Überle- bens reduziert?"

Prof. Dr. med. Dr. phil.

Horst Eberhard Richter Zentrum für Psycho- somatische Medizin am Klinikum der JLU Friedrichstraße 33 6300 Gießen

Hoffnung auf bessere Kooperation

Die Kritik ... könnte den Eindruck erwecken, als ob H. E. Richter die Leistun- gen der heutigen Medizin und ihrer Vertreter ledig- lich angegriffen und abge- wertet habe. Es wird dort gesagt, Richter habe von

„inhumaner Apparatemedi- zin" gesprochen, die den Patienten zum „Meßdaten- Patienten" herabwürdige u. ä. Wenn Richter nur so gesprochen hätte, wäre ei- ne kritische Entgegnung si- cherlich gerechtfertigt ge- wesen. Die überwiegende Anzahl derjenigen, die ein- mal auf ärztliche Hilfe an- gewiesen waren — ein- schließlich des Schreibers dieser Zeilen — hat operati- ve und andere ärztliche Be- treuung dankbar erfahren.

Doch eine Kritik dieser Art lag Richter fern. Er hat un- ter anderem versucht, die Stellung des Arztes in einer Zeit wachsender technolo- gischer Einflüsse und vor dem Hintergrund einer kri- tiklosen Erwartung an die Segnung des technischen Fortschrittes (gerade von seiten der Patienten) zu be-

trachten. Es ging ihm um das oft zu beobachtende Übergewicht der apparati- ven Seite der Medizin (so wichtig sie ist) gegenüber dem unmittelbaren Um- gang mit dem Kranken, mit seinen Ängsten, mit sei- nen Erwartungen, seinen Lebensumständen, seinen persönlichen Krisen, die, wie wir wissen, häufig, wenn auch in unterschied- lichem Maße, an der Ent- stehung der Krankheiten beteiligt sind und auch auf die Überwindung dieser Krankheiten starken Ein- fluß haben können. Wenn Richter etwa beklagt, daß der in der Praxis tätige Arzt für Gespräche mit seinen Patienten in der Gebühren- ordnung weit niedriger eingestuft wird als für den Einsatz apparativer Mittel, so kann das kaum als ein Angriff auf die Ärzte- schaft betrachtet werden.

Ebensowenig die Feststel- lung, daß die Überbe- wertung der „Fitness" in un- serer Gesellschaft zu ansprüchlichen Erwartun- gen an den Arzt als „un- fehlbaren Superexperten"

oder als „Gesundheitsinge- nieur" führt und ihn da- durch unter Druck setzt. Es geht hier um Auswirkun- gen eines Glaubens an die Technik und an das „Mach- bare", der gerade heute an seine Grenzen stößt, wie viele wissenschaftliche Äu- ßerungen betonen. Es wird weiterhin kritisiert, daß Richter einen besonderen Anspruch der psychoso- matischen Medizin vertre- ten habe. Daß die psycho- somatische Medizin als re- lativ junges Fach noch vie- le weiße Flecken in ihrer wissenschaftlichen Land- karte hat, daß ihre Behand- lungsverfahren häufig zeit- raubend sind, daß den Er- wartungen vieler Organme- diziner oft nicht genügend entsprochen werden kann, das wird niemand bestrei- ten. Ebenso ist es aber nicht zu bestreiten, daß viele Patienten, die z. B.

den Internisten aufsuchen, nach gründlicher Abklä-

rung etwaiger organischer Ursachen zum Psychothe- rapeuten überwiesen wer- den müssen, weil sonst ei- ne befriedigende Therapie ihres Leidens nicht mög- lich ist.

Die Psychosomatik ist also ein ärztliches Fach wie vie- le andere auch und zeich- net sich im allgemeinen nicht durch übertriebene Anmaßung aus. Vielleicht ist die zu Beginn genannte Kontroverse ein geeigneter Anlaß, um einmal festzu- stellen, daß in die Haltung mancher Organmediziner gegenüber der psychoso- matischen Medizin eine Ambivalenz oder sogar di- rekt ablehnende Haltung einfließt, die auch mit den o. g. Mängeln nicht zu er- klären ist. In Diskussionen oder privaten Gesprächen wird dann zur Begründung häufig auf die „harten Da- ten" der naturwissen- schaftlichen Medizin hin- gewiesen und diese gegen die „unbewiesenen Be- hauptungen" der Psycho- somatik ins Feld geführt.

Man begegnet dann auch einer kritischen Haltung, die sich oft letzten Endes auf die Tatsache bezieht, daß „Einfühlung" zu den Instrumenten der Psycho- therapie gehört, besonders dort, wo sie psychoanaly- tisch betrieben wird. Die- ses „Instrument" wird auch in der Zukunft nicht durch experimentelle Ergebnisse und Apparate ersetzt wer- den können. Es ist über- flüssig, darauf hinzuwei- sen, daß experimentelle Er- gebnisse in der psychoso- matischen Grundlagenfor- schung in großer Zahl vor- liegen. Die eben genannte Kritik richtet sich aber in erster Linie nicht gegen diese experimentellen Er- gebnisse, sondern gegen die Aufforderung, sich im therapeutischen Handeln direkt mit den Gefühlen, Konflikten, mit aggressiven oder depressiven Haltun- gen und besonders mit den unbewußten Tendenzen einzulassen — wobei „Ein-

8 Heft 47 vom 26. November 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe B

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BRIEFE AN DIE REDAKTION

fühlung" und „Sich-einlas- sen" ja auch bedeutet, ein Stück an ihnen teilzuha- ben. Diese Haltung liegt na- turgemäß anderen Thera- pieverfahren ferner. Sie liegt häufig auch der Expe- rimentalpsychologie und den lerntheoretisch fun- dierten psychotherapeuti- schen Verfahren ferner, und man kann deshalb — abgesehen von sachlichen Diskussionen — auch dort oft auf das eben erwähnte Unbehagen treffen. Leider wird, vielleicht aus den eben erwähnten Gründen, ab und zu auch im Unter- richt vor Medizinstudenten die Psychosomatik in un- sachlicher Weise abge- wertet.

Wenn wir noch einmal zu

dem Problem „Apparate- medizin" zurückkehren, dann ist auch festzustellen, daß tatsächlich den Patien- ten in einer Klinik oft in ih- ren persönlichen Ängsten und Befürchtungen zu we- nig geholfen wird. Das Hauptgewicht liegt auch hier auf den notwendigen organmedizinischen Maß- nahmen. In einzelnen Klini- ken versucht man hier Ab- hilfe durch besonders ge- schulte Ärzte oder Psycho- logen zu schaffen, bzw.

leisten psychosomatische Kliniken Konsiliardienste.

Nun muß festgestellt wer- den, daß die obigen Aus- führungen kein direkter In- halt der anfangs erwähnten Professorenkritik waren.

Sie sind aber als ein Hin- weis auf die sehr verschie- denen Anforderungen zu verstehen, die beispiels- weise an den Chirurgen ei- nerseits und den Psycho- therapeuten andererseits gestellt werden und die auch deshalb zu den o. g.

Mißverständnissen führen.

Allerdings gibt es auch zwi- schen näher verwandten Fächern, wie etwa der inne- ren Medizin und der Psy- chosomatik oft nicht ohne weiteres erklärbare Diffe- renzen.

Abschließend kann ergänzt werden, daß der eingangs

zitierte Ausdruck „Meßda- ten-Patient" von Thure von Uexcüll stammt, dem ver- dienten Gießener Interni- sten, der der Justus-Liebig- Universität von 1955 bis 1962 angehörte. Sowohl die Kritiker als auch H. E.

Richter hoffen auf eine bessere Kooperation ver- schiedener Fachgebiete im Interesse der Patienten, ei- ne Hoffnung, der man sich wohl überzeugt anschlie- ßen darf.

Prof. Dr. H.

Müller-Braunschweig Zentrum für Psycho- somatische Medizin der Justus-Liebig- Universität Gießen Ludwigstraße 76 6300 Gießen

Nochmals überdenken

Vielleicht gelingt es den Autoren, auf ihrer Flucht nach vorn (eine ebenso

„falsche Devise" wie die

„menschliche Anfälligkeit und menschliches Leiden resignierend zu akzeptie- ren") für einen Moment in- nezuhalten (zurück können wir nicht, dem stimme ich zu, stehenbleiben, wo wir sind, verdeckt unseren Standpunkt), ... vielleicht überdenken sie dann noch- mals ihr Menschenbild, das besagt „in uns gäbe es nicht genug zu suchen", vielleicht gelingt es ihnen, neben all ihrem Sachwis- sen, ihrem Fachwissen und

ihrer wissenschaftlichen Analyse zu sehen, daß es da doch noch ein anderes Potential heilender und helfender Formen ärztli- cher Menschlichkeit gibt, wenn nicht, stürmen Sie weiter und erfreuen sich Ih- res Fortschritts, aber er- schrecken Sie nicht, wenn der Dialog auf der Strecke bleibt.

Dipl-Psych. cand. med.

Hubert Portz Forsthausstraße 11 6500 Mainz

• Weitere Zuschriften folgen Die ormation:

Bericht und Meinung

Wyeth

Tavor

Zusammensetzungen:

1 Tablette Tavor 1,0 enthält 1 mg Lorazepam 1 Tablette Tavor 2,5 enthält 2,5 mg Lorazepam Anwendungsgebiete:

Tavor ist therapeutisch bei den meisten Zuständen, bei denen Angst eine wichtige Rolle spielt, wirksam:

Angst als komplizierender Faktor bei organischen Erkrankungen;

emotional bedingte Störungen wie z.B. Magen-Darm-Störungen oder Schlafstörungen;

Psychoneurosen wie Angstneurosen, Zwangsneurosen, Phobien; Angst- zustände bei Depressionen und Schizophrenien;

Sedierung vor diagnostischen und operativen Eingriffen.

Gegenanzeigen:

Myasthenia gravis. Anwendung in der Schwangerschaft nur bei strenger Indikationsstellung.

Nebenwirkungen:

In den ersten Behandlungstagen oder bei nicht angepaßter, zu hoher Dosierung können Müdigkeit, Benommenheit und Schwindel auftreten, die im weiteren Verlauf der Behandlung oder, wenn notwendig, bei Herabset- zen der Dosis meist verschwinden. Weitere Nebenwirkungen, die gelegent- lich festgestellt wurden, sind leichte Übelkeit, Mundtrockenheit, Appetit- und Gewichtsveränderungen. Bei hohen Dosen sind infolge des muskel- relaxierenden Effektes Gangunsicherheit, ataktische Erscheinungen, Doppelbilder und Artikulationsstörungen möglich.

Wechselwirkungen:

Zwischen Tavor und anderen zentraldämpfenden Pharmaka (z.B. An- algetika, Schlafmittel, Psychopharmaka) ist eine wechselseitige Wirkungs- verstärkung möglich.

Dosierung:

Zur Erreichung eines optimalen Effektes soll eine individuelle Dosierung erfolgen. Die angegebenen Dosen sollen daher nur als allgemeine Richt- linien angesehen werden.

- in der allg. und internistischen Praxis:

2- bis 3mal 1 Tablette Tavor 1,0 pro Tag. Bei emotional bedingten Schlaf- störungen genügt in der Regel 1TabletteTavor1,0 vor dem Schlafengehen.

- in der Chirurgie und Anaesthesiologie:

Praeoperativ 2 Tabletten Tavor 1,0 etwa 1 Stunde vor dem Eingriff. Am Vor- abend der Operation sowie postoperativ in geeigneten Zeitabständen Ibis 2 Tabletten.

- in der Psychiatrie:

Die Dosierung, besonders in der Einleitungsbehandlung, muß dem Einzel- fall entsprechend dem breiten Indikationsgebiet und dem individuellen Ansprechen des Patienten angepaßt werden, bei organischen Hirnpro- zessen und leichteren dysphorischen Verstimmungszuständen beginnend mit 1-3X 1 mg/Tag. Phobien, Angstsymptome 3 bis 7,5 mg (3x 1 Tablette Tavor1,0 bis 3x 1 Tablette Tavor 2,5) pro Tag, Erhaltungsdosis nach initialer Dosenanpassung.

Bei ambulanter Behandlung, zu Beginn oder Ende der Therapie sowie zur Ermittlung der individuellen Dosierung können auch halbe Tabletten ange- wandt werden. Im Anschluß an eine länger dauernde Behandlung soll die Medikation ausschleichend beendet werden.

Besondere Hinweise:

Dieses Arzneimittel kann auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das Reaktionsvermögen soweit verändern, daß die Fähigkeit zur aktiven Teil- nahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträch- tigt wird. Dies gilt in verstärktem Maße im Zusammenwirken mit Alkohol.

Bei einem Psychopharmakon dieses Typs ist es nicht völlig auszu- schließen, daß längere und hochdosierte Anwendung bei entsprechend disponierten und zu Mißbrauch neigenden Patienten zu einer gewissen Abhängigkeit führen kann.

Packungsgrößen und Preise:

Tavor 1,0 Tavor 2,5

Tabletten zu 1 mg Tabletten zu 2,5 mg O.P. 20 Tabletten DM 8,20 O.P. 20 Tabletten DM 15,01 0.P. 50 Tabletten DM 19,32 0.P. 50 Tabletten DM 35,75 A.P. 500 Tabletten A.P. 500 Tabletten Alle Tabletten sind mit einer Teilungsrille versehen.

Wyeth

VVYETH-PHARMA GMBH • POSTFACH 8808 4400 MÜNSTER

10 Heft 47 vom 26. November 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe B

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