• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Psychisch Kranke: Bessere Versorgung durch strukturierte Zusammenarbeit" (23.01.2015)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Psychisch Kranke: Bessere Versorgung durch strukturierte Zusammenarbeit" (23.01.2015)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 120 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 112

|

Heft 4

|

23. Januar 2015

D

ie strukturierte Zusammenar- beit von Hausärzten, Fach- ärzten und Psychotherapeuten trägt entscheidend zum Behandlungser- folg von psychisch und neurolo- gisch erkrankten Menschen bei. Bis- lang ist diese Kooperation nicht im- mer und nicht überall optimal, auch weil sich die Praxisstrukturen stark unterscheiden. Die Vertragswerk- statt der Kassenärztlichen Bundes-

vereinigung (KBV) hat deshalb ge- meinsam mit ärztlichen und psycho- therapeutischen Verbänden ein Ver- sorgungskonzept erarbeitet, das eine strukturierte und nahtlose Versor- gung sicherstellen soll. Bei diesem Konzept – das noch mit dem GKV- Spitzenverband abgestimmt werden muss – wird besonderer Wert auf ei- nen verbesserten Austausch und ei- ne intensivere Zusammenarbeit von

Ärzten und Psychotherapeuten ge- legt. Gewährleistet werden soll eine bessere Akutversorgung mit schnel- len Zugangswegen zur fachärztli- chen und zur psychotherapeutischen Diagnostik und Therapie.

Abhängig von Diagnose und Komplexitätsgrad koordiniert je- weils der Hausarzt, der Facharzt oder der Psychotherapeut die Be- handlung (Kasten). Dieser Koordi- nator soll den Patienten der am bes- ten geeigneten Versorgungsebene zu- ordnen, also der hausärztlichen, der fachärztlichen oder der psychothera- peutischen Versorgung. Wartezeiten auf Behandlungstermine und Thera- pieplätze sollen so verringert und gleichermaßen stationäre Einweisun- gen vermieden werden, Arbeitsunfä- higkeitszeiten reduziert und einer Chronifizierung vorgebeugt werden.

Ein Bündel an Maßnahmen und Therapieangeboten, die über die Regelversorgung insbesondere bei Psychotherapeuten hinausgehen, soll Fachärzte im Sinne des Konzepts:

Fachärzte (FÄ) für Nervenheil - kunde

FÄ für Neurologie und Psychiatrie

FÄ für Neurologie

FÄ für Psychiatrie und Psycho - therapie

FÄ für Psychiatrie

FÄ für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

FÄ für Kinder- und Jugendpsychia- trie und Psychotherapie

Psychotherapeuten:

Psychologische Psychotherapeuten

Ärztliche Psychotherapeuten

FÄ für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Kinder- und Jugendlichenpsycho- therapeuten

FACHÄRZTE UND PSYCHOTHERAPEUTEN

PSYCHISCH KRANKE

Bessere Versorgung durch

strukturierte Zusammenarbeit

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat ein Konzept für eine bessere Versorgung von psychisch Kranken erarbeitet. Im Mittelpunkt stehen eine

intensive Kooperation von Ärzten und Psychotherapeuten und ein Fallkoordinator.

Foto: iStockphoto

(2)

Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 112

|

Heft 4

|

23. Januar 2015 A 121 dazu beitragen, diese Versorgungs-

ziele zu erreichen. Psychotherapeu- ten erklären sich bereit, Sprechstun- den einzuführen, um abzuklären, ob eine krankheitswertige Störung vor- liegt und weitere Hilfen notwendig sind. Die Sprechstunden dienen als niedrigschwellige therapeutische Erstintervention mit Clearingcha- rakter. Eine Terminvergabe soll in- nerhalb von zehn Werktagen nach haus- oder fachärztlicher Anfrage möglich sein. Angeboten werden soll auch eine psychotherapeutische Akutversorgung.

Weiter soll der Psychotherapeut eine frühzeitige diagnostische Ab- klärung durchführen, die eine klini- sche Einschätzung, differenzialdiag- nostische Erwägungen, eine Relexi- on der Befunde und eine Diagnose beinhaltet. Der Befund soll dem zu- weisenden Arzt mitgeteilt werden.

Im Rahmen des psychotherapeu- tischen Versorgungsauftrags sollen zudem psychoedukative Gruppen an- geboten werden, um Patienten und Angehörige über die Krankheit und deren Behandlung zu informieren.

Nach erfolgter Psychotherapie kann eine Rezidivprophylaxe mit Be- handlungsterminen in größeren Ab- ständen fortgeführt werden. Fachärz- te und Psychotherapeuten verpflich- ten sich außerdem zu Qualitätszir- keln, Fallkonferenzen, Intervisions- oder Supervisionsgruppen.

Die Teilnahme an dem Versor- gungsvertrag ist für Ärzte und Psy- chotherapeuten grundsätzlich frei- willig. Da der Vertrag aber in enger Abstimmung mit den Berufsver- bänden* von Psychiatern, Nerven- ärzten, Neurologen und Psychothe- rapeuten entwickelt wurde, geht die KBV davon aus, dass diese ihre Mitglieder zur Teilnahme motivie- ren. Einen zusätzlichen Anreiz soll eine extrabudgetäre Vergütung über entsprechende Leistungspositionen im Einheitlichen Bewertungsmaß- stab (EBM) bieten.

Neu an dem Versorgungskon- zept ist insbesondere, dass explizit Krankheiten aus dem Bereich der F-und der G-Diagnosen aufgeführt werden, die je nach Schwere und Ausprägung vorgeben, wer die Be- handlung koordinieren soll. Wenn beispielsweise eine Depression

schwer oder chronisch verläuft, wür- de konzeptgemäß der Psychiater oder Nervenarzt die Behandlung ko- ordinieren. Die Fachärzte werden auch koordinierend tätig bei drohen- der Erwerbsminderung, länger als drei Monate andauernder Arbeitsun- fähigkeit, mehr als drei stationären Einweisungen in den letzten zwei Jahren oder bei Pflegebedürftigkeit.

In allen anderen Fällen aus dem Be- reich der F-Diagnosen kann auch der Psychotherapeut die Behandlung koordinieren und mit den Ärzten ab- stimmen. In diesen Fällen soll der Facharzt kooperativ-konsiliarisch tätig sein. Sofern die Koordination beim Facharzt liegt, soll der Psycho- therapeut kooperativ-konsiliarische Aufgaben übernehmen. Der Psycho- therapeut soll jedoch nach wie vor nicht überweisen dürfen, sondern dem Pa tienten den Besuch beim Facharzt empfehlen.

Die freie Arztwahl des Patien- ten bleibt unberührt; er kann eine Zweitmeinung bei einem Arzt sei- ner Wahl einholen. Ansprechpartner

für den Patienten und seine Ange- hörigen ist einzig der Koordinator.

Der „Vertrag zur Versorgung von Patienten mit neurologischen und psychischen Erkrankungen“ ist als Anlage zum Bundesmantelvertrag konzipiert. Das hat den großen Vor- teil, dass alle Krankenkassen und alle entsprechend qualifizierten Ärz- te und Psychotherapeuten daran teil- nehmen können.

Der Vertrag soll der besseren Ver- sorgung von Erwachsenen dienen;

für psychisch oder neurologisch er- krankte Kinder und Jugendliche wird ein eigener Vertrag entwickelt wer- den müssen, weil sich die Strukturen, Vorgehensweisen und auch die Be- rufsgruppen deutlich unterscheiden.

Dies will die KBV nach eigenen An- gaben demnächst angehen.

Petra Bühring

*Berufsverband Deutscher Nervenärzte, Berufs - verband Deutscher Neurologen, Berufsverband Deutscher Psychiater, Bundesverband der Ver- tragspsychotherapeuten e.V. , Berufsverband der Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Deutschlands e.V., Deutsche PsychotherapeutenVereinigung

Die freie Arztwahl wird in dem Versorgungsvertrag nicht ein- geschränkt. Dem Patienten wird empfohlen, Arzt oder Psychotherapeut XY aufzusu- chen. Funktioniert das?

Gibis: Das wird sich zeigen. Ko- operation kann man nicht ver- ordnen oder dekretieren. Letzt- endlich hängt das Funktionieren des Vertrags wesentlich von der Bereitwilligkeit und der Kollegia- lität der Beteiligen vor Ort ab.

Uns ist klar, dass in puncto Ver- bindlichkeit oder Fallmanage- ment weitergehende Lösungen vorstellbar sind.

Der Psychotherapeut soll in bestimmten Fällen den Behandlungsverlauf kom- plett koordinieren können.

War das schwierig durch - zusetzen?

Gibis: Das geht tatsächlich über die alte Vorstellung hinaus, dass ein Psychotherapeut nur für die Richtlinientherapie da ist. Mit der Zustimmung der ärztlichen Verbände wird jetzt eingeräumt, dass zum Beispiel bei leichteren Verläufen einer Depression oder einer Anpas- sungsstörung, der Therapeut die Fallkoordination und die Absprache mit den Ärzten übernimmt. Wichtig ist in je- dem Fall das Zugeständnis der Ärzte, den Psychotherapeuten eine weitergehende Funktion in der Versorgung einzuräu- men, gerade auch vor dem Hintergrund der steigenden Krankheitslast der Bevölke- rung. Wir haben uns gefreut, dass die Verbände hier kon- struktive Vorschläge unterbrei- tet haben.

Das Konzept muss noch mit den Krankenkassen ver- handelt werden. Wie realis- tisch ist es, dass ein Vertrag daraus wird?

Gibis: Die Erfahrungen der letz- ten Jahre zeigen, dass die Krankenkassen vor allem die Beitragssatzstabilität im Auge haben. Der GKV-Spitzenverband tut sich mit Verhandlungen leichter, wenn er einen explizi- ten Gesetzesauftrag dazu hat.

Deshalb ist ein Signal des Ge- setzgebers erforderlich, derarti- ge Ansätze obligat zur Verhand- lung zu bringen. Der Vorstand hat den Bundesgesundheitsmi- nister angeschrieben und da- rauf hingewiesen, dass jetzt ei- ne Blaupause für eine bessere Versorgung psychisch Kranker vorliegt und ein gesetzlicher Auftrag wünschenswert wäre.

3 FRAGEN AN . . .

Dr. med. Bernhard Gibis, KBV-Dezernent, Leiter des Geschäfts - bereichs Sicherstellung und Versorgungsstruktur

P O L I T I K

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

öffentlichten Ergebnisse der amerika- nischen NSABP-R-02-Studie zeigten jedoch, dass die postoperative Radio- chemotherapie selbst bei Lokalrezi- divraten von nur noch

Er sagt nicht, daß der Betreu- ungsumfang psychisch Kranker zu- mindest gleich hoch geblieben sein muß (denn es ließen sich keine Ko- sten einsparen), und daß zusätzliche

Er sagt nicht, daß der Betreu- ungsumfang psychisch Kranker zu- mindest gleich hoch geblieben sein muß (denn es ließen sich keine Ko- sten einsparen), und daß zusätzliche

Viele Patienten klagen über Störungen, die sie schädlichen Umwelteinflüssen zuschreiben, ohne dass auch bei sorg- fältiger Untersuchung eine Belastung durch Noxen oder Allergene

Gewalt als Hilferuf, so der Tenor der Tagung, spiegelt in den meisten Fällen ein Phänomen psychiatrischer Störungen wider, das sich gegen den Betroffenen selbst und nur selten gegen

Dies bedeutet, für psychisch Kranke in Krisen dazusein (Selbsthilfegrup- pen, Tag- und Nachtbetten in Krankenhäusern, Sozial- psychiatrische Dienste) und ihnen in ihren Proble-

Insbesondere müsste in diesem Rahmen thematisiert werden, dass die Versorgungssituation dieser Patientinnen und Patienten vor al- lem durch die gerade bei ihnen vorlie-

Der Grund liegt vor allem darin, daß es viele Patienten gibt, die zwar relativ schwer psychisch krank sind, aber doch nicht oder zumindest nicht auf Dauer der stationären