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Archiv "Psychisch Kranke: Nicht gern gesehene Kranke" (07.12.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 49

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7. Dezember 2012 A 2469

Das Leser-Forum

Beiträge im Deutschen Ärzteblatt sollen zur Diskussion anregen. Deshalb freut sich die Redaktion über jeden Leserbrief. Wir müssen aus der Vielzahl der Zuschriften aber auswählen und uns Kürzungen vorbehalten. Leserbriefe geben die Meinung des Autors, nicht die der Redaktion wieder. E-Mails richten Sie bitte an leserbriefe@aerzteblatt.de, Briefe an das Deutsche Ärzteblatt, Ottostraße 12, 50859 Köln.

P ARTIKELTHER A PIE

Zwei neue Anlagen gehen nicht wie ge- plant in Betrieb (DÄ 43/2012: „Aus für Anlagen in Kiel und Marburg“).

Politiker haben Schuld

Ich habe jahrelang das Problem mit der Partikeltherapieanlage in Kiel mitverfolgt.

Schon von Anfang an war klar, dass die Kapazitäten, die geplant waren und das Gerät rentabel gemacht hät- ten, nicht erreicht würden.

Der damalige Wirtschaftsminister de Jager war darüber in Kenntnis.

Die Kapazitäten konnten nicht er- reicht werden, weil erstens bisher gesicherte Indikationen nur für ei- nen kleinen Anteil seltener Tumo- ren bestehen, circa 1 000 im Jahr für ganz Deutschland, zweitens es allen ehrenhaft denkenden Men- schen klar sein musste, dass For- schung auf diesem Gebiet nicht auf Kosten der Krankenkassen erfolgen darf bei Indikationen, die noch nicht gesichert sind. Wie dies ja auch in allen anderen Fällen wäre.

Neben dem Problem, ob die Thera- pie wirklich eine Besserung dar- stellt, sind Kosten von mehr als 20 000 Euro pro Patient zu nennen.

Es reicht ein Forschungsgerät in Heidelberg aus, um in Studien die Indikationen zu überprüfen. Nicht

auf Kosten der Krankenkassen.

Die bisher sehr kleine Zahl an be- troffenen Patienten und Studien - patienten muss die Unannehm - lichkeit einer Reise in Kauf neh- men . . .

In Kiel haben wir jetzt an einem ehemals schönen grünen Fleck vor der Universitätsklinik einen Klotz stehen. Millionen liegen jetzt dort in sechs Meter dicken Wänden sechs Meter tief vergraben – Schuld soll jetzt Siemens haben.

Nein, Schuld haben Politiker, die Prestigeobjekte suchen und dann Kiel verlassen (de Jager), und auch Kollegen, die von vornherein den- ken, alles Neue in der Medizin sei auch besser . . .

Dr. med. Thomas Thormann, 24105 Kiel Z

g p 4 A M

PS Y CHISC H KR ANKE

Psychiatrische Insti- tutsambulanzen ha- ben sich nach mehr als drei Jahrzehnten als Versorgungsform für schwer psy- chisch Kranke eta - bliert und bewährt (DÄ 40/2012: „Psych - iatrische Institutsambulanzen: Leis- tungsfähig, bedarfsgerecht und innova- tiv“ von Andreas Spengler).

Nicht gern gesehene Kranke

. . . In der Tat sind PIAs Eckpfeiler der psychiatrischen Versorgung, ob- wohl sich die Zahl der niedergelas- senen Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie und der Nervenärzte seit der Einführung der PIAs im Rahmen der Psychiatrie-Enquete vor fast 40 Jahren mehr als verfünffacht hat. Immer häufiger geraten schwer psychisch Kranke dennoch ins Ab-

seits, da ihre fachgerechte Versor- gung so unterfinanziert ist, wie es in jedem anderen medizinischen Ge- biet als himmelschreiender Skandal gebrandmarkt würde.

Im immer mehr als Wertschöpfungs- kette organisierten Medizinbetrieb sind diese Menschen nicht gern ge- sehen. Sie gelten in den somatischen Fächern als schwierig, sie „kosten“

Zeit. Sie brauchen phasenspezifisch angepasste und niederschwellig er- reichbare Behandlung durch ihren Psychiater, manchmal lebenslang.

Die ärztliche Kunst, von der diese Menschen profitieren und die ihnen hilft, ihre Krankheit dauerhaft zu kontrollieren, basiert ganz entschei- dend auf einer dem Krankheitsstadi- um angemessenen Kontaktzeit mit dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder Nervenarzt.

Die Honorierung dieser spezifischen fachärztlichen Behandlung, die sich wesentlich vom ärztlichen Gespräch anderer Disziplinen, aber auch von

Richtlinien-Psychotherapie unter- scheidet, ist diesen gegenüber je- doch deutlich benachteiligt.

Ironischerweise hat das Psychothe- rapeutengesetz, das 1999 eingeführt dem Patienten den Direktzugang zum Psychologischen Psychothera- peuten ermöglichte, diese Unterfi- nanzierung dieser multimodalen und niederschwelligen vertragsärztlichen Versorgung aus verschiedensten Gründen noch verschärft.

Derzeit droht mit der Einführung des neuen Entgeltsystems nach DRG-Muster in Klinken für Psych - iatrie und Psychosomatik ein erneu- ter Ressourcenkahlschlag. Sollte es erneut so kommen wie nach der Psychiatrie-Enquete, nämlich dass stationäre Ressourcen abgebaut und in den ambulanten Bereich verlagert werden, ohne dass gleichzeitig ein entsprechender Ressourcentransfer stattfindet, werden psychische Er- krankungen noch sehr sehr lange die

„Hitlisten“ der Frührenten- und AU-

S C SC

P t b a a f c bliertund bewährt (D

B R I E F E

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A 2470 Deutsches Ärzteblatt

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7. Dezember 2012 Tage begründenden Diagnosen an-

führen. Ganz zu schweigen von dem enormen Leid, den oft lebenslangen beruflichen, finanziellen und gesell- schaftlichen Nachteilen für die Be- troffenen und deren Angehörige, ins- besondere auch deren Kinder.

Wir brauchen deshalb in allen Ver- sorgungssektoren mehr Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, gleichermaßen mehr psychiatrische Kenntnisse in den Weiterbildungs- ordnungen der übrigen medizini- schen Fachgebiete. Wir können es uns in der Medizin schon lange nicht mehr leisten, auszublenden, dass das Gehirn ein hochkomplexes Organ ist, das mindestens genauso oft und vielfältig erkranken kann wie jedes andere Körperteil auch.

Dr. med. Christa Roth-Sackenheim, 56626 Andernach

Probleme der Niedergelassenen

Herrn Spengler einen Dank, dass er die schwierige Situation der nieder-

gelassenen Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie und der Nerven- ärzte direkt anspricht. Diese tragen unter miserablen Arbeitsbedingun- gen weiter die Hauptlast der Versor- gung . . .:

1. Unzureichende Vergütung der zentralen psychiatrischen Ge- sprächsleistungen. Diese sind auch noch gedeckelt mit einem Fallwert von – je nach Bundesland – 40 bis 70 Euro/Fall und Quartal. Und dafür müssen wir eine komplexe Infra- struktur vorhalten, die zum Beispiel deutlich über der der Psychothera- peuten liegt.

2. Die unsäglichen Regresse im Arzneimittelbereich haben in der Vergangenheit die Schnittstelle Kli- nik-Niedergelassener Facharzt aufs schwerste belastet. Nur unter In- kaufnahme persönlicher existenziel- ler Risiken war eine konsequente Weiterbehandlung der schwerer er- krankten psychiatrischen Patienten mit ihrer komplexen Medikation möglich und letztlich budgetär limi- tiert.

3. Die Regressdrohungen im Heil- mittelbereich – im Falle der psych - iatrischen Versorgung vorwiegend Ergotherapie – nahmen uns die Möglichkeit der Erstellung indivi- dualisierter gestufter Behandlungs- pläne, besonders im nachstationären Bereich, aus der Hand . . .

4. Das Angebot einer multiprofessio- nellen Diagnostik und Behandlung könnte auch im Bereich der nieder- gelassenen Fachärzte vorgehalten werden. Die Kinder- und Jugend - psych iatrie zeigt dies mit der Sozial- psychiatrie-Vereinbarung vorbild- lich. Dies gilt umso mehr, da immer weniger Psychiater immer mehr Pa- tienten betreuen müssen . . . Gefragt sind hier die einzelnen Fachärzte und der Berufsverband, die psychiatri- sche Versorgung durch innovative Modelle weiterzuentwickeln, deren zentrales Element Kooperation ist.

Gefragt sind auch die Krankenkas- sen, um gemeinsam mit den KVen die notwendigen Rahmenbedingun- gen herzustellen . . .

Dr. med. univ. Martin Ehrlinger, 80331 München

DDR-BEZIRK RZTE

Die Inhaber dieser Schlüsselposition hatten regelmäßig Kontakt zur Stasi (DÄ 43/2012: „Im Zwei- felsfall für die sozia- listische Sache“ von Rainer Erices und Antje Gumz).

Politisch sattelfest

Als ich den Bericht über die Stasi- arbeit der DDR-Bezirksärzte las, stellte sich mir die Frage:

Was haben diese Leute eigentlich nach der politischen Wende ge- macht? Ist der Ostberliner Bezirks- arzt, der vertrauliche Krankenakten an die Stasi lieferte und Patienten aus ideologischen Gründen in die Psychiatrie einweisen ließ, zur Ver- antwortung gezogen worden?

Nach meiner Erfahrung waren die meisten medizinischen Schlüsselpo- sitionen in der DDR mit Parteimit- gliedern als sogenannte staatliche Leiter besetzt. Bezirksarzt wurde nur jemand, welcher der SED poli-

tisch sattelfest erschien. Während einer sportärztlichen Zusatzausbil- dung als Sportarzt in den Siebziger- jahren an der DHfK Leipzig ließ der lehrgangsleitende Bezirkssport- arzt von Leipzig zunächst eine

„Parteigruppe“ bilden, deren Mit- glieder wohl zusätzliche Informa- tionen erhielten. Nach der Wende traf ich diesen Kollegen bei einem Refresherkurs für Chirotherapie wieder. Er hatte eine sportärztlich orientierte Praxis in Leipzig. Wäh- rend eines ähnlichen sportärztlichen Lehrganges in Dresden meinte die dortige Bezirkssportärztin, dass man wohl gut ohne Parteigruppe auskäme. Das Ergebnis einer Befra- gung von medizinischen Mitarbeitern zum eigenen Gesundheitsverhalten erreichte nicht die vorgesehene medizinische Zeitschrift, sondern kam mit ideologisch motivierten Randbemerkungen des Bezirkgut- achters, dessen Frau Bezirksärztin war, zu mir zurück.

Etliche staatliche Leiter im Gesund- heitswesen der DDR waren nach meiner Beobachtung mehr „Lei-

der“, weil ihre nach außen gezeigte Positionierung nicht mit ihrem wah- ren Inneren harmonierte, so dass sie sich in die seelische Emigration be- gaben. Die meisten Ärzte in der DDR waren eher bürgerlich orien- tiert und arbeiteten so gut wie mög- lich SED-fern.

Dr. med. Jürgen Fege, 09600 Berthelsdorf

Wertvoller Beitrag

Ein wertvoller Beitrag, und zwar aus folgenden Gründen: Noch im- mer liegt im Vergleich zu anderen Gebieten die zeitgeschichtliche For- schung über das Gesundheitswesen in der DDR im Hintertreffen. Aber besonders beeindruckt, dass gleich- falls eine für die DDR-Geschichte insgesamt wichtige und zu oft ver- gessene beziehungsweise nicht be- wusste Frage angegangen wird, noch dazu mit so guter Quellenfun- dierung. In bestimmten Positionen im Partei- und Staatsapparat bedurf- te es gar nicht einer Tätigkeit als IM, um trotzdem durch mit der Po- sition fast organisch verbundene D

S h K 4 f l Rainer Erices undAn

B R I E F E

Referenzen

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