Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 111|
Heft 48|
28. November 2014 A 2089RANDNOTIZ
Michael Schmedt
Der Versicherungskonzern Generali plant ein „verhaltensbasiertes Versi- cherungsmodell“, bei dem Daten zu Fitness, Ernährung und Lebensstil gesammelt werden und eine ge- sunde Lebensführung mit Gutschei- nen oder Rabatten belohnt werden soll. „Wir wollen dem Zeitgeist ent- gegenkommen und den Leuten, die sich gerne vermessen, etwas bie- ten“, sagte eine Sprecherin des
Versicherungskonzerns. Man wolle möglicherweise auch spezielle Smartphone-Apps anbieten.
In einer Zeit, in der persönliche Daten als Währung gehandelt wer- den, ist dies ein logischer und zu- gleich beängstigender Schritt. Nicht nur Amazon oder Google werten Nutzerdaten detailreich aus, um dem Kunden „nur das Beste“ anbie- ten zu können, auch Krankenversi- cherungen haben ein Interesse am Verhalten ihrer Mitglieder, denn de- ren Gesundheit bestimmt das Ge- schäftsergebnis. Eine junge gesun- de Klientel ist da gefragt. Dass diese zudem internetaffin ist, Rabatte schätzt und Fitnessarmbänder trägt, die Körperdaten messen, ist die per- fekte Kombination für die Pläne der Versicherung.
Nun, Bonusprogramme gibt es heute schon, werden Befürworter anführen. Aber rechtfertigt dies eine rein auf manipulationsanfälligen, statistischen Daten beruhende Be- wertung der Lebensführung? Ist derjenige gesünder, der viel Sport treibt, sich aber ungesund ernährt oder der Vegetarier, der ein Sport- muffel ist? Und was ist mit chro- nisch Kranken und Älteren, die aus der Zielgruppe der Apps herausfal- len? Nein, Gesundheit ist nicht so einfach messbar. Und ja, eine Ge- sellschaft muss auf ihre Gesundheit achten, aber ohne Kontrollwahn.
Ich habe mein Fitnessarmband meinem Hund umgebunden.
Kontrollwahn
Die neu gegründete „Deutsche Stif- tung für junge Erwachsene mit Krebs“ will sich für eine spezielle medizinische und psychosoziale Versorgung von Krebskranken zwi- schen dem 15. und 39. Lebensjahr
einsetzen. Ziel sei es, die Thera - piemöglichkeiten und die Versor- gungssituation zu verbessern, in- dem die Forschung intensiviert werde sowie Projekte zur Verbesse- rung der Versorgung, Nachsorge und Wiedereingliederung unter- stützt würden, erklärte der „Vater“
der Stiftung, Prof. Dr. med. Mathias STIFTUNGSGRÜNDUNG
Bessere Versorgung junger Krebspatienten
Freund, Vorsitzender des Stiftungs- kuratoriums und Geschäftsführen- der Vorsitzender der Deutschen Ge- sellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO), Mitte November in Berlin.
Die bestehenden Unter- stützungsangebote reichten für diejenigen Patienten, die sich erst auf dem Weg ins private und berufliche Leben befänden, nicht aus, erläuter- te Diana Lüftner, Vorsitzende der DGHO. „Mit der Grün- dung der Stiftung wollen wir die Lücke zwischen der spezifischen Behandlung der Patienten im Kindesalter und der Therapie und Nachsorge älterer Menschen schließen.“
Konkret will die Stiftung Sprech- stunden einrichten, die sich mit Fra- gen der Langzeittoxizität von Anti- Tumor-Therapien befassen. Auch Programme zur Armutsprävention, zur Unterstützung bei der Wieder- eingliederung ins Berufsleben und zur Erfüllung eines Kinderwun- sches sind geplant. ER Erstmals seit zehn Jahren sind die
Krankschreibungen wegen der Di- agnose Burnout zurückgegangen.
Das teilte die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) am 24. No- vember mit. Danach gab es 2013 ein Drittel weniger Fehltage als im Jahr zuvor. Demgegenüber stieg die Zahl der diagnostizierten Depressionen weiter an. Insgesamt sind die Leis- tungsausgaben der DAK-Gesund- heit für die Behandlung von psy- chischen Erkrankungen in den letz- ten fünf Jahren um 15 Prozent auf 236,5 Millionen Euro gestiegen.
Nach einer Analyse der Versiche- rungsdaten entfielen 2012 auf 1 000 DAK-Versicherte 100 Fehltage we- gen Burnout. 2013 sank die Zahl auf nur noch 67 Tage. Auch im ersten Quartal 2014 setzte sich dieser Trend fort. Der steile Anstieg in den KRANKENKASSE
Zahl der Burnout-Diagnosen geht zurück
letzten Jahren – von sechs Ausfallta- gen 2004 auf 100 Tage 2012 – wur- de somit gestoppt. Bei den Depres- sionen hat sich dagegen die Zahl der Fehltage in den vergangenen 13 Jah- ren um 178 Prozent erhöht. Als Grund für diese Entwicklung sieht die Kasse unter anderem einen dif- ferenzierteren Umgang von Ärzten und Patienten mit psychischen Er- krankungen. „Wir beobachten, dass sich das Bewusstsein und die Sensi- bilität sehr verändert haben, wenn es um das Thema Burnout, aber auch um psychische Erkrankungen im Allgemeinen geht“, erläuterte DAK- Ärztin Elisabeth Thomas. „Eine zu- nehmend differenziertere Diagnose- praxis führt mittlerweile dazu, dass häufiger eine Depression erkannt wird, die eigentlich hinter dem Burn -
out steckt.“ kna
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