A2698 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 40⏐⏐5. Oktober 2007
P O L I T I K
A
usgebrannt, körperlich er- schöpft, dem beruflichen Stress und den familiären Verpflichtungen nicht gewachsen – so fühlen sich vie- le junge Ärztinnen und Ärzte schon nach wenigen Berufsjahren. Bei je- dem fünften Arzt sind die Symptome für Burn-out so eindeutig, dass Inter- ventionsmaßnahmen geboten erschei- nen. Das zumindest legt das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Instituts für Freie Berufe, Nürnberg, nahe, die von der Ärztekammer Nord- rhein Mitte September anlässlich des Rheinischen Ärztetages in Düsseldorf vorgestellt wurde. Angaben von 1 308 Ärztinnen und Ärzten aus sechs Kam- merbezirken in West und Ost, deren Approbation nicht länger als sieben Jahre zurückliegt, wurden ausgewer- tet. Bei Krankenhausärzten ist Burn- out überdurchschnittlich häufig, unter nicht kurativ tätigen Ärzten eher sel- tener. Dabei spielt die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben eine be- sondere Rolle. Diese „Work-Life- Balance“ beurteilt die Hälfte der Befragten für sich persönlich als„eher schlecht“ (33,7 Prozent) oder
„schlecht“ (16,3 Prozent).
Vor diesem Hintergrund nimmt es nicht wunder, dass 29 Prozent der Befragten nicht nochmals Medizin studieren würden. „Wer das ärztliche Ethos und die hohe Leistungsbereit- schaft der jungen Kollegen weiter ausnutzt, ruiniert die Zukunft der heu- te noch guten Patientenversorgung in Deutschland“, sagte Dr. med. Arnold Schüller, Vizepräsident der Ärzte- kammer Nordrhein, zu den Umfrage- ergebnissen, die jene des Marburger Bundes (DÄ, Heft 38/2007) und der Studie von Dr. Judith Rosta (DÄ, Heft 36/2007) ergänzen. Das Bild wäre aber verzerrt, würde man ausblenden, dass ein großer Teil der Ärztinnen und Ärzte nach den ersten Berufsjahren
durchaus zufrieden im Beruf ist (siehe Grafik). Dabei ist die Berufszufrie- denheit der ambulant angestellten Ärzte mit einem Anteil von 80 Pro- zent am größten, an zweiter Stelle fol- gen die Ärzte, die sich schon nieder- gelassen haben (68 Prozent). Beson- ders unzufrieden sind die Klinikärzte.
Ein Beruf mit Perspektive
„Es ist etwas nicht in Ordnung – trotz der großen Zahl von Stellenangeboten für Ärzte“, sagte Kammerpräsident Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe zur Eröffnung des Rheinischen Ärzte- tages, der den Berufsperspektiven junger Ärzte und Medizinstudieren- den gewidmet war. „Ärzte wollen kei- ne Handlanger anderer sein, sondern als echte Freiberufler im Sinne ihrer Patienten arbeiten.“ Hier sieht Hoppe, zugleich Präsident der Bundesärzte- kammer, Gefahren angesichts eines Staates, der nicht nur die Mittelaus- stattung für das Gesundheitswesen festlege, sondern auch die Prozeduren der Medizin zu bestimmen versuche.
Dr. med. Hans Georg Faust (CDU), stellvertretender Vorsitzen- der des Bundestagsgesundheitsaus- schusses, war bestrebt, die Zukunft nicht zu dunkel zu zeichnen. „Die Politik hat erkannt, dass es ohne Ärzte
nicht geht.“ Faust sieht Anlass zu der Hoffnung, dass ärztliches Handeln künftig besser honoriert werde. Auch Dr. med. Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender des Marburger Bundes und Vizepräsident der Bundesärzte- kammer, ist sicher, dass sich der Mangel an Ärzten auch im Porte- monnaie auswirken werde: „Rare Güter kauft man teuer ein.“ Über Geld und Verdienstmöglichkeiten mochte Dr. rer. pol. Klaus Goedereis, Vorstand des katholischen Klinik- trägers St. Franziskus-Stiftung in Münster, nicht reden. Er versicherte aber, Krankenhausarzt sei ein Beruf mit sehr guten Perspektiven, „auch in Deutschland“. Goedereis empfahl den jungen Ärzten, sich gründlich über potenzielle Arbeitgeber zu in- formieren, gerade auch über die Weiterbildung: „Die Krankenhäuser haben unterschiedliche Konzepte für den ärztlichen Dienst.“
Dass der Bedarf an Informatio- nen zu den Berufsperspektiven groß ist, zeigten die mehr als 400 Medi- zinstudenten und junge Ärzte, die an einem Samstag zum Ärztetag ka- men. Viele nutzten die Gelegenheit, sich von Experten der Kammer be-
raten zu lassen. I
Heinz Stüwe
BERUFSPERSPEKTIVEN
Viele Ärzte sind schon in jungen Jahren ausgebrannt
Eine Umfrage belegt: Die hohe Arbeitsbelastung in den ersten Berufsjahren hat Folgen.
Gleichwohl ist jeder zweite jüngere Arzt mit seinem Beruf zufrieden.
GRAFIK
Berufszufriedenheit von Ärzten
40 % 35 % 30 % 25 % 20 % 15 % 10 % 5 % 0 %
sehr zufrieden zufrieden teils/teils weniger zufrieden unzufrieden 37,4 38,5 36,1
11,9 12,4 11,3
37,3 38,1 36,3
9,1 8,0 10,5
4,3 3,0 5,9
„Wie zufrieden sind Sie mit ihrer aktuellen Tätigkeit insgesamt?“
Quelle:Institut für Freie Berufe,Nürnberg
insgesamt (n = 1 302) Ärztinnen (n = 709) Ärzte (n = 593)
Rund die Hälfte aller jüngeren Ärztinnen und Ärzte sind mit ihrer Arbeit zufrieden.