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Archiv "Interview mit Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer: „Kein Sondergesetz gegen Ärzte“" (18.01.2013)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 3

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18. Januar 2013 A 61

„Kein Sondergesetz gegen Ärzte“

Im Kampf gegen Korruption fordert der Präsident der Bundesärztekammer erweiterte Kompetenzen für die Ärztekammern und höhere Strafen für berufsrechtliche Vergehen.

Zugleich mahnt er mehr Sachlichkeit in der Debatte an.

Herr Professor Montgomery, Union, SPD und Kassen fordern einen neuen Straftatbestand für korruptes Verhalten bei niedergelassenen Ärzten, weil sie berufs- und sozialrechtliche Regelungen für stumpfe Schwerter halten.

Ruhen der Approbation oder ein- schränkende Auflagen in das Be- nehmen der Ärztekammern zu stel- len, damit diese zügiger, schneller und spürbarer handeln können.

Lehnen Sie ein eigenes Korruptions - gesetz grundsätzlich ab?

Montgomery: Wir lehnen ein lex specialis gegen Ärzte ab. Wir wür- den uns aber nicht gegen einen Pa- ragrafen wehren, der für alle Frei- berufler gilt, also auch für Architek- ten, Anwälte oder Journalisten.

Wenn ein Gesetz geschaffen wird, dass bei allen greift, die in freibe- ruflicher Tätigkeit gegen die Inter - essen ihrer Mandanten oder Pa - tienten verstoßen, prüfen wir das gerne. Wir haben dazu bereits Vor- schläge erarbeitet, die wir aber noch mit der Politik abstimmen müssen.

Sie fordern mehr Ermittlungskompe- tenzen für die Kammern. Welche?

Montgomery: Wir können uns nicht ohne weiteres Akten vorlegen lassen oder gar Praxen durchsuchen. Aber wir könnten zum Beispiel gemeinsa- me Arbeitsgruppen von Ärzten aus den Kammern und Staatsanwalt- schaften einrichten, deren medizini- sche und juristische Expertisen sich ergänzen. Dann könnte man sehr viel schneller zu guten Ermittlungs- ergebnissen kommen.

Wie gut oder schlecht funktioniert denn die Zusammenarbeit zurzeit?

Montgomery: Das Problem ist, dass immer diese Trennung vollzo- gen wird. Entweder wird der Staats- anwalt tätig, also der Staat, oder die Kammern, also die Selbstverwal-

tung. Das war beim Transplantati- onsskandal das Gleiche. Ich bin im- mer sehr dafür, dass man zusam- menarbeitet. Deshalb sollte der Ge- setzgeber den Staatsanwaltschaften erlauben, mit den ärztlichen Berufs- gerichten gemeinsame Ermittlungen zu führen, wenn, wie im aktuellen Fall, die Vorteilsnahmen niederge- lassener Ärzte untersucht werden.

Und wie funktioniert die Zusammen - arbeit innerhalb der Selbstverwaltung, um Fehlverhalten aufzudecken?

Montgomery: Auch da gibt es De- fizite. Ein Beispiel: Um Korruption zu bekämpfen, wurden nach § 128 Sozialgesetzbuch V die Ermitt- lungsstellen der Krankenkassen ge- schaffen. Mir ist zumindest aus Hamburg keine einzige Meldung dieser Stellen über korruptives Ver- halten eines Arztes bekannt. Hier könnte die Zusammenarbeit sicher- lich verbessert und gesetzlich klarer formuliert werden.

Die Ärztekammern haben in den letzten drei bis fünf Jahren in 487 Fällen im Rahmen des Ratiopharm- Skandals und in 448 weiteren Fäl- len ermittelt. Im selben Zeitraum sind bei der freiwilligen Selbstkon- trolle des Verbands forschender Arzneimittelhersteller 340 Fälle verhandelt worden. Manchmal fra- ge ich mich, ob das Volumen an Korruption, das da immer behaup- tet wird, nicht grotesk überzogen dargestellt wird. Und es kommt da- bei immer zu einer Generalanklage gegen die Ärzte. Wir könnten Kor- ruption wesentlich effektiver be- kämpfen, wenn wir sachlicher und weniger konfrontativ vorgingen.

Das Interview führte Heike Korzilius.

INTERVIEW

mit Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer

Montgomery: Das sehe ich anders.

Wir haben Regelungen im ärztli- chen Berufs- und Sozialrecht, die greifen. Wir müssen allerdings aner- kennen, dass unsere Ermittlungen in berufsrechtlichen Verfahren schwie- rig und zuweilen langwierig sind.

Wirkt das berufsrechtliche Strafmaß denn ausreichend abschreckend?

Montgomery: Der Gesetzgeber muss den Strafrahmen im Berufs- recht erhöhen. In einigen Kammern können bei Vergehen nur wenige Tausend bis 10 000 Euro verhängt werden. Das ist zu wenig. Es wäre auch überlegenswert, beispielswei- se den Entzug beziehungsweise das

Frank Ulrich Montgomery ist ein Urgestein der Berufspolitik. Er ist seit 2011 Präsident der Bundesärzte- kammer und steht mit einer Unterbre- chung seit 1994 der Ärztekammer Ham- burg vor. 18 Jahre lang war er Vorsit- zender der Ärzte - gewerkschaft Mar- burger Bund.

Foto: picture alliance/Tobias Hase für Deutsches Ärzteblatt

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