KONGRESS-NACHRICHTEN
5-Aminosalicylsäure therapeutisches Agens des Salazopyrin
Salicylazosu lfapyrid in (Salazopy- rin) wird im Darm durch Bakte- rien in Sulfapyridin und 5-Amino- salicylsäure gespalten. Das Medi- kament gilt als Mittel der Wahl bei Morbus Crohn und Colitis ul- cerosa. Bislang war unklar, wel- che der drei Substanzen das wirksame Agens darstellt. Meier, Stuttgart, berichtete über eine kontrollierte prospektive Studie, bei der die obengenannten drei Medikamente bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darm- erkrankungen eingesetzt wur- den. Die Ergebnisse zeigen, daß 5-Aminosalicylsäure mindestens ebenso antiphlogistisch wirksam ist wie das Gesamtmolekül. Zu ähnlichen Ergebnissen kam van Tongeren, Nijmegen, so daß wohl feststehen dürfte, daß 5-Amino- salicylsäure das therapeutisch aktive Molekül von Sulfapyridin darstellt.
(Xl. Internationaler Kongreß für Gastro- enterologie, Juni 1980, Hamburg)
Aspirationsgefahr bei Narkose
Die Regurgitation und die häufig damit verbundene Aspiration von Mageninhalt zählt zu den gefähr- lichsten Narkosezwischenfällen.
Der untere Ösophagussphinkter hat als Regurgitationsbarriere ei- ne wesentliche Bedeutung für die Verhinderung des Rückflusses von Mageninhalt in den Ösopha- gus (Sehhati, Institut für Anästhe- siologie der Universität Mainz).
Verschiedene Arzneimittel und vor allem Narkotika vermindern den Ruhedruck des unteren Öso- phagussphinkters. Wie Sehhati festgestellt hat, kommt es unter intravenösen Narkotika innerhalb von zwei Minuten zu hochsignifi- kanten Druckabfällen des unte- ren Ösophagussphinkters, und
zwar bei Ketamin um 93 Prozent, bei « Fentanyl um 92 Prozent, bei Etomidate um 69 Prozent und bei Thiopental-Natrium um 66 Pro- zent. Die Präparate reduzieren al- lerdings auch den Druck im Ma- gen. Die genannten intravenösen Narkotika sollten bei der Einlei- tung einer Narkose bei Notfallpa- tienten mit Verdacht auf vollen Magen wegen der Aspirationsge- fahr nur mit größter Vorsicht an- gewendet werden. KW
(III. Fortbildungsveranstaltung des Instituts für Anästhesiologie der Universitätsklini- ken Mainz, Juni 1980, Mainz)
Das
Mitralprolaps-Syndrom
Bei unklaren Herzrhythmusstö- rungen, unklarer T-Negativität im EKG, unklaren Herzschmerzen, einem mittelsystolischen Klick- Geräusch mit und ohne spätsy- stolisches Geräusch und bei unklaren Bewußtseinsstörungen (zerebrale Mikroembolien) sollte man an ein Mitralprolaps-Syn- drom denken (Kreuzer, Medizini- sche Universitätsklinik Göttin- gen, Abteilung Kardiologie). Das Mitralprolaps-Syndrom ist der häufigste Herzfehler überhaupt, er hat aber kaum einmal hämo- dynamische Auswirkungen. Das Schwergewicht des klinischen Bildes liegt auf den supraventri- kulären und ventrikulären Rhyth- musstörungen, die in seltenen Fällen auch einmal zum plötzli- chen Herztod führen können.
Dieses Mitralvitium (myxödema- töse Verdickung der Mitralklap- pe, verdickte, geschrumpfte Se- gel, Dilatation des Anulus fibro- sus, keine entzündliche Verände- rungen) hat eine recht gute Pro- gnose; es schreitet nur bei weni- gen Patienten allmählich fort. Die Therapie muß sich in erster Linie nach den Rhythmusstörungen richten. Die Herzschmerzen beim Mitralprolaps-Syndrom sind nicht koronaren Ursprungs. KW
(2. Kardiologisches Seminar, Mai Bad Oeynhausen)
Alkoholische
Leberzirrhose wird immer häufiger
Aufgrund seiner Erfahrungen an einem Krankengut von 4160 chronischen Alkoholikern glaubt Thaler, Wien, daß der alkoholi- schen Leberzirrhose stets eine al- koholische Hepatitis (Fettleber- hepatitis) vorausgeht. Für die Zirrhoseentstehung ist im allge- meinen ein Alkoholabusus von über sechsjähriger Dauer sowie ein täglicher Konsum von mehr als 160 Gramm reinen Alkohols erforderlich, bei alkoholempfind- lichen Personen kann sich die Zirrhose jedoch schon nach zweijährigem Alkoholmißbrauch etablieren. Als kritische Grenze sieht Thaler tägliche Alkohol- mengen von 60 Gramm reinen Al- kohols beim Mann und über 20 Gramm bei der Frau an. Für die Behandlung bereits eingetrete- ner alkoholischer Schäden ist strikte und lebenslange Alkohol- karenz die unerläßliche Voraus- setzung.
(7. Kongreß der Gesellschaft für Gastro- enterologie in Bayern, November 1979, Salzburg)
Colitis-ulcerosa- Karzinom
Bei ausgedehnter, über zehn Jah- re anhaltender Colitis ulcerosa wächst das Risiko der malignen Entartung schlagartig. Das Coli- tis-ulcerosa-Karzinom ist sehr bösartig, stets undifferenziert, und kaum ein Patient erreicht da- mit die Fünfjahresgrenze (Gall, Chirurgische Universitätsklinik Erlangen). Jährliche koloskopi- sche Kontrolle reicht für die Frühdiagnose des Kolitiskarzi- noms nicht aus. Deshalb emp- fehlen die Chirurgen unbedingt die rechtzeitige prophylaktische Proktokolektomie. KW
1980, (VI. Internationales Kissinger Kolloquium, April 1980, Bad Kissingen)
2426 Heft 41 vom 9. Oktober 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT