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Archiv "Wenn Ärzte Ärzte anstellen: Es droht Gewerbesteuer" (27.08.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 34–35⏐⏐27. August 2007 A2363

W I R T S C H A F T

I

n einem Urteil des Finanzgerichts Sachsen-Anhalt vom 24. August 2006 (Az.: I K 982/03) wird eine Praxis für Anästhesiologie wie zu- vor bereits vom Finanzamt als Ge- werbebetrieb eingestuft. Die Folge:

Alle Einkünfte unterliegen der Ge- werbebesteuerung, was zu einer er- heblichen Mehrbelastung führt.

Hintergrund der Entscheidung ist – vereinfacht ausgedrückt –, dass die Berufsträger und Inhaber der Praxis für Anästhesiologie ärztliche Tätig- keiten durch angestellte Ärzte (ande- re Anästhesisten) ausführen lassen, ohne deren Tätigkeit ständig und all- gegenwärtig zu überwachen oder dabei selbst leitend tätig zu sein. Im Urteilsfall betrieb die betroffene Ge- meinschaftspraxis unter anderem ei- nen mobilen Anästhesiedienst, im Rahmen dessen auch die angestell- ten Anästhesisten allein in anderen Arztpraxen Termine wahrnahmen und dort die Anästhesie während der Operation eines Patienten durch- führten und überwachten.

Freiberufler handeln eigenverantwortlich

Aufgrund dieser Praxisorganisation sahen die Finanzrichter das für die Freiberuflichkeit unumgängliche Kriterium der Eigenverantwortlich- keit nicht mehr erfüllt. So genüge es nicht, dass der Praxisinhaber ge- genüber seinen Auftraggebern die Verantwortung übernehme und dass er durch Arbeitsplanung und Ar- beitsverteilung, durch stichproben- artige Überprüfung, Erteilung von Ratschlägen und durch Festlegung der Grundsätze für die Organisation des Tätigkeitsbereichs seiner Mit- arbeiter tätig werde, so das Gericht.

Vielmehr liegt eine eigenverant- wortliche Tätigkeit nur vor, wenn die persönliche Teilnahme an der praktischen Arbeit in ausreichen- dem Umfang gewährleistet ist. Ob ein ausreichender Umfang gegeben

ist, hängt dabei von den Gegeben- heiten jeder einzelnen Praxis ab.

Im vorliegenden Fall sahen die Richter keine ausreichende Eigen- verantwortlichkeit der Praxisinha- ber, weil erforderliche Entscheidun- gen während einer Behandlung nur durch den behandelnden Arzt getrof- fen werden könnten. Soweit die Be- handlung jedoch außerhalb der eige- nen Praxis von einem Angestellten durchgeführt werde, könne nicht mehr von einer eigenverantwortlichen Tä- tigkeit der Praxisinhaber ausgegan- gen werden. Beispielsweise könne ein Eingriff in Notfällen seitens des Praxisinhabers nicht stattfinden.

Das Gericht führte jedoch weiter aus, dass sich unter Umständen ein anderes Ergebnis ergeben könnte, wenn die Anästhesien ausschließ- lich in den Räumen der Gemein- schaftspraxis für Anästhesiologie durchgeführt würden und die Pra- xisinhaber im Notfall kurzfristig in die Behandlung mit einbezogen würden oder eingreifen könnten.

Diesem Gedankengang folgend wurde ebenfalls seitens des Finanz- gerichts Sachsen-Anhalt (Az.: 1 K 30035/02) am selben Tag eine wei- tere Entscheidung in einem ver- gleichbaren Fall getroffen, diesmal wurde der Arzt jedoch weiterhin als Freiberufler eingestuft. En détail handelte es sich im entschiedenen Sachverhalt um einen Zahnarzt, der in seiner Praxis einen Angestell- ten (zunächst nur als Ausbildungs- assistent und später als approbierten Zahnarzt) beschäftigte.

Das Gericht kam diesmal zu dem Schluss, dass ein niedergelassener Arzt oder Zahnarzt durchaus freibe- ruflich tätig sein könne, auch wenn er einen anderen approbierten Arzt oder Zahnarzt beschäftige. Als maß- gebend für die Beurteilung, ob ein Freiberufler noch eigenverantwort- lich tätig sei, sahen die Richter das Berufsbild an, welches vor allem

durch das Erscheinungsbild der Be- tätigung nach außen geprägt werde.

Daher ist es nicht entscheidungser- heblich, ob der Praxisinhaber stets an jedem einzelnen Auftrag beteiligt ist. Vielmehr wird das Berufsbild des selbstständigen, niedergelasse- nen Arztes durch Größe und Organi- sation der Praxis bestimmt. Sofern der Praxisinhaber weiterhin die Be- zugsperson und Anlaufstelle des Pa- tienten ist, ist auch eine Eigenver- antwortlichkeit gegeben. Es muss dem Patienten daher ohne nähere Überlegung bewusst und eingängig sein, dass der Praxisinhaber der ei- gentliche Ansprechpartner ist und dieser für die medizinische Betreu- ung immer zur Verfügung steht, auch wenn die unmittelbare Be- handlung durch einen angestellten Arzt erfolgt. Im Blickwinkel des Pa- tienten muss die Unterordnung des angestellten Arztes gegenüber dem Praxisinhaber deutlich werden.

Das Erscheinungsbild der Praxis als wichtiges Kriterium

In Anbetracht des Gefahrenpotenzi- als durch eine drohende Gewerbe- steuerbelastung müssen die Unter- schiede der beiden Einzelsachver- halte jedem niedergelassenen Arzt, der angestellte Ärzte beschäftigt, deutlich werden. Summa summa- rum stellt das Gericht darauf ab, ob der Praxisinhaber zu den Behand- lungen durch die beschäftigten Ärz- te ohne weiteres hinzugezogen wer- den kann. Weiterhin ist das Erschei- nungsbild der Praxis ein zu gewich- tendes Kriterium, weil den Patienten immer klar sein muss, dass der sie behandelnde Arzt „nur“ ein Ange- stellter und die eigentliche Bezugs- person der Praxisinhaber selbst ist.

Auch wenn der betroffene Anäs- thesist gegen die Entscheidung beim Bundesfinanzhof in München Revi- sion (Az.: XI B 155/06) eingelegt hat, sollte nicht allzu viel Hoffnung auf die höchstrichterliche Entschei- dung gelegt werden. Vielmehr ist es ratsam, in ähnlichen Sachverhal- ten wie beim mobilen Anästhesie- dienst die generelle Praxisorganisa- tion zu überdenken, um Schaden ab-

zuwenden. I

Christoph Iser E-Mail: Stb.Iser@Steuerempfehlung.de

WENN ÄRZTE ÄRZTE ANSTELLEN

Es droht Gewerbesteuer

Nur wenn der Praxisinhaber jederzeit eingreifen kann,

gilt er weiterhin als Freiberufler.

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