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Archiv "Häusliche Gewalt gegen Frauen: Ärzte sind wichtige Ansprechpartner" (04.06.2004)

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T H E M E N D E R Z E I T

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A1656 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 234. Juni 2004

S

chätzungen zufolge sei jede dritte bis fünfte Frau im Verlauf ihres Lebens mit körperlicher oder sexueller Ge- walt konfrontiert, die mehrheitlich von dem aktuellen oder ehemaligen Lebens- partner verübt werde, betonte Dr. Birgit Schweikert, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, während der Berliner Fachtagung zum S.I.G.N.A.L.-Interventionsprogramm gegen häusliche Gewalt. In diesem Modellprojekt wurde an der Berliner Charité, Campus Benjamin Franklin (CCBF), erstmalig die Fortbildung pflegerischen und medizinischen Fach- personals zum Umgang mit Opfern häuslicher Gewalt erfolgreich erprobt.

Für viele Frauen, die Opfer häus- licher Gewalt geworden sind, ist eine medizinische Einrichtung die erste Anlaufstelle. Deshalb müssten Ärzte und Pflegefachkräfte geschult werden, wie sie die Frauen gezielt unterstützen können, fordert Prof. Dr. med. Martin Paul, Dekan der Charité-Universitäts- medizin Berlin, der das „Best practise“- Projekt gern an der gesamten Charité implementieren möchte.

Häusliche Gewalt ist nach Überzeu- gung von Dr. med. Ursula Auerswald, Vizepräsidentin der Bundesärztekam- mer, nicht nur in der Klinik, sondern auch bei Niedergelassenen ein Thema.

Deshalb sei man bemüht, Ärzten Ratschläge zum Umgang mit diesem Problem zu geben, denn „mit der alleini- gen Behandlung von Verletzungen ist es nicht getan“. Die gerichtsverwertbare Dokumentation aller Befunde und An- gaben sei besonders wichtig, ergänzte Prof. Dr. Helmut Maxeiner, Institut für Rechtsmedizin, Freie Universität Berlin.

Häusliche Gewalt kann jede Frau treffen, erklärte S.I.G.N.A.L.-Projekt- koordinatorin Marianne Peters – unab- hängig von Bildungsstand, Nationalität,

Einkommen, Religion, Alter oder eth- nischer Zugehörigkeit. Vor diesem Hin- tergrund begann das Interventionspro- jekt 1999 seine Arbeit am Universitäts- klinikum Benjamin Franklin (UKBF), heute CCBF, und entwickelte zielgrup- penspezifische Fortbildungskonzepte für Pflegekräfte und Ärzte, mit dem Er- folg, wie Claire Hemmert-Seegers, Ret- tungszentrum der Charité, betonte, dass Pflegekräfte im Rahmen der zweitägi- gen Schulung „Bloß nicht nachfragen!

Das ist Privatangelegenheit.“ ihre Hal- tung verändern konnten und seither eher in der Lage seien, zuzuhören, nachzufragen und Hilfe zu vermitteln.

Studie zu Gewalterfahrungen

Für die Ärzte sei ein wesentlich kür- zeres modulares Fortbildungskonzept entwickelt worden, erläuterte die Ge- sundheitswissenschaftlerin Hildegard Hellbernd, Technische Universität Ber- lin. Die Begleitforschung in den Jahren 2000 bis 2003 zeigte, dass es aufgrund

der starken zeitlichen Belastung und des hohen Arbeits- und Qualifikations- drucks an einer Universitätsklinik am ehesten im Rahmen von Pflichtveran- staltungen möglich ist, Ärzte für das Thema zu sensibilisieren.

Um den Versorgungsbedarf zu klären, wurde 2002 eine erste deutsche Studie zu Gewalterfahrungen unter Erste-Hilfe-Patientinnen durchgeführt.

Die Befragung von 806 Patientinnen der Ersten Hilfe/Notaufnahme am da- maligen UKBF ergab, so Petra Brzank, dass 52 Prozent der Frauen im Alter von 18 bis 60 Jahren mindestens eine Form von Gewalterfahrung in ihrem Leben hatten; 39 Prozent berichteten von körperlicher Gewalt, 20 Prozent von sexueller Gewalt, 31 Prozent von emo- tionaler Gewalt durch Angst, Bedro- hung, Kontrolle, Isolation oder Demüti- gung. 37 Prozent hatten nach ihrem 16. Lebensjahr häusliche Gewalt durch den Partner, den ehemaligen Partner oder Familienangehörige erlebt.

Wobei diese Ergebnisse aufgrund des spezifischen Einzugsbereichs der Berli-

Häusliche Gewalt gegen Frauen

Ärzte sind wichtige Ansprechpartner

Für Opfer häuslicher Gewalt ist eine medizinische Einrichtung oft die erste Anlaufstelle.

Im Rahmen des Interventionsprogramms S.I.G.N.A.L. wurde ein Fortbildungskonzept für Ärzte und Pflegekräfte erfolgreich erprobt.

Ein Kampagnen-Plakat des „Weißen Rings“ gegen häusliche Gewalt. Das Bild haben Studierende der Bauhaus-Universität Weimar im Auftrag der Opferschutz- organisation gestaltet.

Foto:ddp

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Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 234. Juni 2004 AA1657

ner Universitätsklinik nur bedingt ver- allgemeinert werden könnten, betonte Brzank, weil im Umfeld des Klinikums eine hauptsächlich mittelständische Be- völkerung im mittleren bis höheren Alter und mit hauptsächlich deutsch- kultureller Herkunft wohne. Internatio- nale Studien weisen darauf hin, dass ein jüngeres Alter, Kinder im erziehungs- pflichtigen Alter und ein relativ geringes Familieneinkommen zu einer größeren psychosozialen Belastung führen, die das Risiko für Gewalterleben erhöht. So stellten die im CCBF ermittelten Werte eher eine untere Schätzung dar.

67 Prozent aller Frauen gaben an, dass Ärztinnen und Ärzte im Fall von erleb- ter Gewalt Ansprechpersonen für sie wären. 45 Prozent der von Gewalt be- troffenen Frauen hätten sich ein Nach- fragen durch den Arzt gewünscht. Mehr als zwei Drittel der Befragten befürwor- teten eine Frage nach Gewalterfahrung als Teil der allgemeinen Anamnese.

Die Ergebnisse der Studie unter Lei- tung von Prof. Dr. Ulrike Maschewsky- Schneider, Institut für Gesundheits- wissenschaften, Technische Universität Berlin, ebenso wie praktische Hinweise für den Umgang mit gewaltbetroffenen Frauen sind in dem Praxishandbuch

„Häusliche Gewalt gegen Frauen“ zu- sammengestellt. Wegen großer regio- naler Unterschiede besteht das Ziel für die nächsten Jahre darin, bundes- weit Möglichkeiten zur Umsetzung des S.I.G.N.A.L.-Projektes auszu- loten. Das Thema „Häusliche Ge- walt“ müsse fester Bestandteil in der Aus-, Weiter- und Fortbildung von Ärzten und Pflegekräften werden, unterstrich S.I.G.N.A.L.-Vorsitzende Angelika May. Karin Dlubis-Mertens

Literatur

1. Hellbernd H, Brzank P,Wieners K, Maschewsky-Schneider U (2004): Häusliche Gewalt gegen Frauen: gesund- heitliche Versorgung. Das S.I.G.N.A.L.-Interventions- programm. Handbuch für die Praxis. Wissenschaftlicher Bericht, 2004.

(zu beziehen über das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, www.bmfsfj.de Download:<http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/Ka tegorien/Forschungsnetz/forschungsberichte,did=182 04.html)

2. Hellbernd H: Synopse zur Aus-, Fort- und Weiterbil- dung: Häusliche Gewalt – Erkennen, Sensibilisieren und Erlernen des Umgangs, 2004. (zu beziehen über:

Bundeskoordination Frauengesundheit, www.bkfrauen gesundheit.de)

Ü

bergewicht und Adipositas sind ein weltweit zunehmendes Ge- sundheitsrisiko. Das gilt auch für Kinder und Jugendliche. Ursachen sind insbesondere Bewegungsmangel und der Konsum energiereicher Lebensmit- tel. Die MDK-Gemeinschaft hat im Auftrag der Spitzenverbände der Krankenkassen eine gutachtliche Stel- lungnahme zu ambulanten Gewichts- reduktionsprogrammen für überge- wichtige/adipöse Kinder und Jugend- liche erarbeitet.

Nach Angaben der Arbeitsgemein- schaft Adipositas im Kindes- und Ju- gendalter sind in Deutschland neun bis zwölf Prozent aller Kinder zwi- schen fünf und sieben Jahren bei der Schuleingangsuntersuchung über- gewichtig. 2,5 bis 3,5 Prozent der Kinder sind von Adipositas betroffen. Überge- wicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter haben in den letzten zwan- zig Jahren deutlich zugenommen und

werden sich voraussichtlich weiter aus- breiten. Derzeit etablieren sich bundes- weit zahlreiche Gewichtsreduktions- programme für dicke Kinder und Jugendliche. Diese werden außerhalb oder im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung von verschiedenen Lei- stungsanbietern erbracht. Die MDK- Gemeinschaft hat solche Programme beurteilt und hierfür Qualitäts- und Bewertungskriterien erarbeitet.

Leistungsrechtliche Rahmenbedingungen

Ab einem bestimmten Ausprägungs- grad wird Adipositas von einigen Ex- perten als Krankheitszustand angese- hen. Daraus lässt sich aber nicht gleich- zeitig eine Verpflichtung der Gesetzli- chen Krankenversicherung (GKV) zur Finanzierung von Behandlungsmaß- nahmen ableiten. Behandlungsversu- che bei adipösen Kindern und Jugendli- chen gelten als gerechtfertigt, wenn ne- ben einem erhöhten Bodymass-Index (BMI) eine Krankheit vorliegt, zu de- ren erfolgreicher Behandlung eine Ge- wichtsreduktion beitragen könnte. Zu- dem müssen Kind und Familie moti- viert sein, ihre Lebensgewohnheiten wesentlich zu ändern. Das Bundessozi- algericht hat im Februar 2003 entschie- den, dass eine Behandlung zulasten der GKV unter bestimmten Umständen bei extremer Adipositas erfolgen kann. Ei- ne Teilnahme an einem ambulanten Ge- wichtsreduktionsprogramm kann dann im Rahmen ergänzender Leistungen zur Rehabilitation gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in Anspruch genommen werden.

Zur Bewertung der Evidenz von Ge- wichtsreduktionsprogrammen wurden die Daten aus der internationalen und nationalen Literatur zusammengetra-

Adipositas

Was adipösen Kindern hilft

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen bewertet Gewichtsreduktionsprogramme.

Schuleingangsuntersuchungen: 2,5 bis 3,5 Pro- zent aller Kinder zwischen fünf und sieben Jahren sind adipös.

Foto:DAK/Wigger

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