Gespräch mit dem FDP-Vorsitzenden
Fragen der Gesundheits- und Sozialpolitik in der neuen Legislaturperiode erörterte der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Karsten Vilmar, mit dem Vorsitzenden der FDP, Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher, Anfang November in Bonn. Im Mittelpunkt des eingehenden Gesprächs, an dem auch der sozial- und gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Hansheinrich Schmidt (Kempten), 2. v. r., sowie der Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekam- mer, Prof. J. F. Volrad Deneke (1. v. I.), und der Justitiar der Bundesärztekammer, Dr. Jürgen W. Bösche (1. v. r.), teilnahmen, standen Fragen der Weiterentwicklung der Kranken- und der Rentenversicherung, insbesondere die Sicherung der Selb- ständigkeit der berufsständischen Altersversorgungswerke; der Meinungsaus- tausch galt weiterhin den anstehenden Gesetzes- und Verordnungsvorhaben, näm- lich dem Krankenhausfinanzierungsgesetz, dem Gesundheitssicherstellungsge- setz, dem Psychotherapeutengesetz und der Ärztlichen Gebührenordnung (das Gesundheitssicherstellungsgesetz war bereits Gegenstand des Gesprächs der Repräsentanten der Bundesärztekammer mit Bundesgesundheitsminister Frau Antje Huber, DÄ 47 vom 20. November 1980, Seite 2780) EB/Foto: Bundesbildstelle
NACHRICHTEN
Neue Staatssekretäre im Bundesarbeits- und Gesundheitsministerium
Das Bundesarbeitsministerium und das Bundesgesundheitsmini- sterium haben neue beamtete Staatssekretäre bekommen. Im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung ist es Helmut Fin- gerhut (59), der ehemalige lang- jährige Staatssekretär im Bun- desverteidigungsministerium, im Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit Prof. Dr.
med. Georges Fülgraff (47), der bisher Präsident des Bundesge- sundheitsamtes war.
Fingerhut ist Nachfolger von Dr.
Reinhard Strehlke (53), Fülgraff Nachfolger von Prof. Dr. med.
Hans-Georg Wolters. Die beiden ehemaligen Staatssekretäre hat- ten ihre Häuser wegen Differenzen mit ihren Ministern verlassen.
Fingerhut war im Februar 1978 in Zusammenhang mit dem Rücktritt des Verteidigungsministers Georg Leber und dem Spionagefall Lut- ze/Wiegel in den vorzeitigen Ruhe- stand versetzt worden. Fülgraff hatte, bevor er im Jahr 1974 seine Tätigkeit beim Bundesgesund- heitsamt in Berlin aufnahm, an der Universität Frankfurt einen Lehr- stuhl für Pharmakologie und Toxi- kologie inne. EB
Drogenkonsum — Eltern schlagen
Präventionsprogramm vor
Eltern drogengefährdeter und dro- genabhängiger Jugendlicher ha- ben ihre eigenen Erfahrungen und das erworbene Wissen in Vor- schläge zur Drogenbekämpfung bei Schülern umgesetzt. Für die Klassen 7 bis 9 aller Schulformen haben sie ein fächerübergreifen- des Präventionsprogramm entwik- kelt. Darin werden zum Beispiel erste Anzeichen des Konsums be- schrieben und empfohlen, den Drogenabhängigen „emotionslos
mit dem zu konfrontieren, was den Nichtkonsumenten an Verände- rungen auffalle". Erfahrungen hät- ten nämlich gezeigt, daß viele Dro- genabhängige trotz äußerlich ab- lehnender Haltung eine solche In- formation aufnähmen, ja sich nach dem Engagement der Eltern oder Lehrer geradezu gesehnt hätten.
Kritik übt der Elternkreis an der Flut angeblich jugendgerechter Informationen über die Drogenge- fährdung. Diese würden vielfach die Neugierde erst wecken.
Grundsätzlich sei die wirksamste Vorbeugung nicht Information oder Warnung, sondern eine „rea- litätsgerechte Persönlichkeitsent- wicklung". Der Elternkreis wendet sich auch gegen das beruhigende Vorurteil, Kinder aus intakten Fa-
milien seien nicht drogengefähr- det. Entscheidend bei der Verfüh- rung sei vielmehr der Gruppen- druck, unter dem die Jugendli- chen jeweils stünden. Die Schule könne im Anfangsstadium ohne Polizei und Strafjustiz helfen, zum Beispiel durch eine Beurlaubung;
denn solange Drogenkonsum und Schulbesuch zugleich möglich sind, bestehe für den betreffenden Jugendlichen keine Notwendig- keit aufzuhören. Gegen den Dro- genhandel sollte die Schule je- doch direkt die Polizei einschal- ten. Über die sehr schwierige Pha- se der Resozialisierung heißt es:
„Der Weg zurück ist schwer, aber wenn er begonnen wird, bevor fa- miliäre und schulische Bindungen zerstört sind, ist die Aussicht auf Heilung um eben diese beiden un- ersetzlichen Sozialisationsfakto- ren größer". KNA/NJ
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 49 vom 4. Dezember 1980 2901